11.07.2017 Drucksache 6/4219Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 25. Juli 2017 Recycling von Windkraftanlagen Die Kleine Anfrage 2281 vom 12. Juni 2017 hat folgenden Wortlaut: Beim Ausbau der Windenergie muss bedacht werden, dass die Anlagen, die jetzt gebaut werden, nach 20 Jahren wieder abgebaut und verwertet werden müssen. Wie das Wirtschaftsmagazin "Capital" vor einiger Zeit berichtet hatte, würden Windräder deshalb in Zukunft zu einem großen Problem für die Recyclingindustrie werden, da die Entsorgung problematisch sei. Denn abgesehen von Beton, Stahl und anderen recycelbaren Materialien würden die Anlagen selbst aus Verbundstoffen hergestellt, die für die Rotorblätter und Gondelverkleidung verwendet werden. Diese Stoffe könnten nicht einfach wieder voneinander getrennt werden und daher auch nicht recycelt werden. Zurzeit werden diese nichtverwertbaren Teile zwischengelagert oder verbrannt. Doch die restlose Verbrennung aller Teile sei nicht möglich, da Einzelteile die Filter der Verbrennungsanlagen verstopfen. Es bestehe weiterer Forschungsbedarf, um ein ökonomisch und ökologisch sinnvolles Verwertungsverfahren zu entwickeln. Es wird daher eine Öko-Richtlinie gefordert, die in Zukunft vorschreibe, dass nur recycelbare und wiederverwertbare Rohstoffe beim Bau neuer Windkraftanlagen verwendet werden dürfen. Auch eine jüngst im Auftrag des Bundesumweltamts durchgeführte Studie empfiehlt, staatliche Siegel wie den Blauen Engel und das EU-Energielabel durch Ressourcenaspekte zu ergänzen und zu einem sogenannten "Recycling-Label" zu machen. Ich frage die Landesregierung: 1. Welche Maßnahmen ergreift die Landesregierung, um den Problemen bei der Wiederverwertung von Verbundstoffen zu begegnen? 2. Wie hoch sind nach Kenntnis der Landesregierung die Kosten für das vollständige Recyceln von Windkraftanlagen und insbesondere der eingesetzten Verbundstoffe? 3. Wer trägt nach Kenntnis der Landesregierung die Kosten für das Recycling? 4. Welche Maßnahmen ergreift die Landesregierung, um die Industrie dafür zu sensibilisieren, dass die Recyclingfähigkeit bei der Entwicklung und Herstellung von Produkten stärker berücksichtigt wird? K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Gruhner (CDU) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Umwelt, Energie und Naturschutz 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/4219 5. Inwiefern unterstützt die Landesregierung die Einführung eines "Recycling-Labels", das zum Beispiel ähnlich dem Vorbild der Elektronischen Geräte eine Rücknahmepflicht der Verbundstoffe von Windkraftanlagen durch die Hersteller vorsieht? Das Thüringer Ministerium für Umwelt, Energie und Naturschutz hat die Kleine Anfrage namens der Lan desre gierung mit Schreiben vom 6. Juli 2017 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Die Anlagenbetreiber sind - soweit rückgebaute Windkraftanlagen nicht weiter genutzt werden können - für die ordnungsgemäße Entsorgung der anfallenden Abfälle verantwortlich. Bisher fallen nach den der Landesregierung vorliegenden Informationen nur geringe Mengen von Verbundstoffabfällen an, die hauptsächlich zerkleinert und thermisch verwertet werden. Bei steigenden Mengen wird in den nächsten Jahren eine größere Nachfrage nach entsprechenden Entsorgungsdienstleistungen entstehen . Es wird daher erwartet, dass die Angebote der Entsorgungswirtschaft weiterentwickelt und ausgebaut werden. Das Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie (ICT), Pfinztal, und das Institut für Abfallwirtschaft und Altlasten der Technischen Universität Dresden führten in Unternehmen aus den Bereichen der Windenergietechnik und Faserverbundwerkstoffentsorgung zum aktuellen Stand der Entsorgung von Faserverbundmaterialen und speziell der Rotorblätter von Windkraftanlagen eine Recherche durch. Diese ergab, dass sich trotz der noch geringen Mengen die meisten der befragten Firmen des Problems der Entsorgung bewusst sind und sich zwei große Hersteller von Windkraftanlagen bereits mit der Thematik des Recyclings von Rotorblättern befassen. Es ist nicht Aufgabe der Landesregierung, in diesen Markt einzugreifen. Es ist Aufgabe der Wirtschaftsbeteiligten , ökologisch und ökonomisch vertretbare Entsorgungslösungen zu entwickeln. Vor dem Hintergrund der bisher noch nicht ausreichenden und geeigneten Entsorgungsmöglichkeiten verfolgen die Länder die aktuelle Entwicklung am Entsorgungsmarkt für faserhaltige Abfälle. Die Bund/Länder- Arbeitsgemeinschaft Abfall befasst sich in einem 2016 eingerichteten Ausschuss mit "Entsorgungsmöglichkeiten faserhaltiger Abfälle" und wird - soweit erforderlich - Empfehlungen erarbeiten. Betrachtet werden die bisherigen Aktivitäten in Forschung und Entsorgungspraxis, zum Beispiel das Forschungsprojekt "Recycling von Kompositbauteilen aus Kunststoffen als Matrixmaterial-ReKomp" der Technischen Hochschule Nürnberg und des Fraunhofer Instituts für Chemische Technologie sowie die bereits am Markt etablierte Firma neocomp, Bremen. Letztere stellt Ersatzbrennstoffe für die Zementindustrie unter anderem aus ausgedienten Rotorblättern von Windenergieanlagen her. Zu 2.: Hierzu liegen der Landesregierung keine Informationen vor. Zu 3.: Die Kosten sind durch den Betreiber zu tragen. Zu 4.: Produktgestaltung und Design sind der Schlüssel zum effizienten Material- und Energieeinsatz über den gesamten Lebenszyklus eines Produktes hinweg. Um die darin liegenden Potenziale auch hinsichtlich des Recyclings besser zu nutzen, sind gesetzliche Vorgaben zum Ökodesign voranzubringen. Entsprechende gesetzliche Regelungen sind in einem europäischen Markt nur auf europäischer Ebene sinnvoll möglich. Die Landesregierung hält daher weitere Aktivitäten der Europäischen Kommission für erforderlich, die Anforderungen an das Ökodesign von Produkten in der Ökodesign-Richtlinie weiter zu entwickeln und Aspekte wie Ressourceneffizienz, Langlebigkeit, Reparaturfähigkeit und Recyclingfähigkeit stärker zu berücksichtigen. Die praktische Schwierigkeit der Einbindung von Aspekten der Materialeffizienz in Ökodesignvorschriften besteht darin, dass erstens die Wechselwirkung zwischen Material- und Energieeffizienz sachgerecht abgewogen werden und zweitens die Einhaltung der Anforderungen durch das Instrument der Marktüberwachung am fertigen Produkt rechtssicher nachprüfbar sein muss. Bisher ist die Produktgruppe "Windkraftanlagen " nicht im Arbeitsprogramm der EU-Kommission für Ökodesign-Durchführungsmaßnahmen enthalten, so dass hierfür kurz- und mittelfristig keine Ökodesignanforderungen zu erwarten sind. Konkret für Windkraftanlagen enthält das Deutsche Ressourceneffizienzprogramm (ProgRess II) der Bundesregierung vom März 2016 einen Prüfauftrag, inwieweit die Ausdehnung und Anwendung der abfallrechtlichen Produktverantwortung für Windkraftanlagen in Betracht kommen kann. Das Prüfergebnis bleibt abzuwarten. 3 Drucksache 6/4219Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Neben gesetzlichen Vorgaben müssen Entwickler und Unternehmer einen gemeinsamen Weg finden, die Kommunikation bezüglich Ressourceneffizienzfragen einschließlich der Recyclingfähigkeit von Produkten zu verbessern. Die Landesregierung hat zu diesem Zweck ein branchenübergreifendes Informationsportal "Ressourceneffizienz in Thüringen" * eingerichtet, das einen umfassenden Überblick über Ansprechpartner bieten soll, über Fördermöglichkeiten informiert und gelungene Beispiele aus der Praxis vorstellt. Ziel ist es, alle relevanten Akteure zu vernetzen, vorhandenes Know-how zu bündeln und wertvolle Erfahrungen weiterzugeben. Zu 5.: In der Studie des Umweltbundesamtes "Konzeption für eine Ressourcenverbrauchs-Pflichtkennzeichnung für Produkte" (UBA-Text 81/2016), die in der Anfrage angesprochen wird, wurden Möglichkeiten für Produktinformationssysteme untersucht, die Aspekte des Ressourcenschutzes einschließlich des Recyclings umfassen. Ziel dieser Produktkennzeichnungen ist die Sensibilisierung der Verbraucher. Sie sollen damit in die Lage versetzt werden, Informationen zum Ressourcenverbrauch in ihre Kaufentscheidung einzubeziehen. Im Ergebnis ist keiner der in dieser Studie vorgestellten Vorschläge derzeit eindeutig zur Ressourcenverbrauchskennzeichnung geeignet. Es wird daher die Ergänzung bestehender Zeichen (EU-Energieverbrauchskennzeichnung ["Energielabel"] und Blauer Engel) um Ressourcenaspekte empfohlen. Das EU-Energielabel ist verbindlich für bestimmte Produktgruppen vorgeschrieben, wobei es sich derzeit im Wesentlichen auf Consumer Produkte und Haustechnik beschränkt. Bisher ist die Produktgruppe "Windkraftanlagen" nicht im Arbeitsprogramm der EU-Kommission zu delegierten Rechtsakten für die Energieverbrauchskennzeichnung enthalten, so dass hierfür kurz- und mittelfristig keine Labelanforderungen zu erwarten sind. Das deutsche Umweltzeichen Blauer Engel ist ein freiwilliges Instrument, umfasst bereits jetzt Produktgruppen aus Recyclingmaterialien und berücksichtigt die recyclinggerechte Konstruktion bei den Vorgaben für eine Reihe von Produktgruppen. Die Weiterentwicklung beider Kennzeichnungen wird durch die Landesregierung positiv gesehen. Mit diesen Produktkennzeichnungen ist allerdings keine Rücknahmepflicht für Hersteller verbunden. Die gesetzliche Regelung einer Rücknahmepflicht für Hersteller von Windenergieanlagen ist ein mögliches Instrument zur verpflichtenden Umsetzung der abfallrechtlichen Produktverantwortung (Kreislaufwirtschaftsgesetz des Bundes), das im Rahmen von ProgRess II durch die Bundesregierung geprüft wird (siehe auch Antwort zu Frage 4). In Vertretung Möller Staatssekretär Endnote: * (http://www.thega.de/ressourceneffizienz/) Recycling von Windkraftanlagen Ich frage die Landesregierung: Zu 1.: Zu 2.: Zu 3.: Zu 4.: Zu 5.: Endnote: