12.07.2017 Drucksache 6/4221Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 25. Juli 2017 Fachkräftegewinnung für die Energiewende in der dualen Ausbildung Die Kleine Anfrage 2277 vom 12. Juni 2017 hat folgenden Wortlaut: Die Energieversorgung der Bundesrepublik Deutschland befindet sich gegenwärtig im Umbruch. Unabhängig davon, wie man das gegenwärtige Vorgehen bewertet, werden für die Umsetzung der Energiewende technische Fachkräfte in vielen spezialisierten Bereichen, einschließlich Energieerzeugung und -speicherung , Energieeffizienz sowie Netzausbau, benötigt, die insbesondere auch im Rahmen der dualen Ausbildung für die Produktion, Installation, Instandhaltung und Wartung oder auch Forschung benötigt werden. Ich frage die Landesregierung: 1. In welchen Bereichen des schulischen Teils der dualen Ausbildung finden sich thematische Schwerpunkte , die zum Beispiel für die Umsetzung der Energiewende von besonderer Bedeutung sind (bitte jeweils einzeln und die jeweiligen inhaltlichen Bezüge zum genannten Thema darstellen)? 2. Welche Kenntnisse liegen der Landesregierung bezüglich eines möglicherweise in diesem Bereich zukünftig steigenden Fachkräftebedarfs im Rahmen des dualen Ausbildungssystems vor? 3. Welche zusätzlichen Maßnahmen will die Landesregierung konzeptionell in diesem Bereich ergreifen, um gegenwärtig und zukünftig in diesem Bereich den notwendigen Fachkräftebedarf zu sichern? 4. Welche Konzepte hat die Landesregierung aufgelegt, um im Bereich des schulischen Teils der dualen Ausbildung eine stärkere inhaltliche und fachliche Kooperation mit der Wirtschaft in diesem Feld zu ermöglichen ? 5. Plant die Landesregierung zusätzliche Weiterqualifizierungsmaßnahmen in diesem Bereich zu eröffnen (wenn ja, wie und welche)? Das Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport hat die Kleine Anfrage namens der Lan desregierung mit Schreiben vom 10. Juli 2017 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Eine vollständige Auflistung aller hierbei in Frage kommenden Ausbildungsberufe ist angesichts des breiten und nicht konkret abgrenzbaren Spektrums der mit der Energiewende verbundenen Bereiches nicht möglich . Besondere Schwerpunkte liegen aus Sicht der Landesregierung aber insbesondere in den Berufsfel- K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Gruhner (CDU) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/4221 dern Metalltechnik, Elektrotechnik, Bautechnik und Agrarwirtschaft. Die Rahmenlehrpläne für eine Vielzahl weiterer Ausbildungsberufe enthalten Inhalte, die im Rahmen der Energiewende Bedeutung erlangen. Exemplarisch sind nachfolgend die für diese Thematik bedeutendsten Berufe aufgeführt, wobei in den Lehrplanunterlagen der Einbezug der Thematik "regenerative Energien/Energiewende" in der Regel nicht explizit aufgeführt ist, sondern in verschiedenen Themenbereichen mit einbezogen behandelt wird: Ausbildungsberuf Bezug zum Thema Energiewende Anlagenmechaniker für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik Nutzung von Technologien zur Nutzung regenerativer Energien Behälter- und Apparatebauer Bau/Instandhaltung von Energiespeichern Bergbautechnologe Bau/Instandhaltung von Energiespeichern Technischer Systemplaner Planung von einschlägigen Anlagen Kfz-Mechatroniker, Schwerpunkt System- und Hochvolttechnik E-Mobilität Elektroanlagenmonteur Realisierung von einschlägigen Anlagen Elektroniker (Handwerk) Realisierung von einschlägigen Anlagen Elektroniker für Automatisierungstechnik Realisierung von einschlägigen Anlagen Elektroniker für Betriebstechnik Realisierung von einschlägigen Anlagen Elektroniker für Informations- und Systemtechnik Realisierung von einschlägigen Anlagen Elektroniker für Gebäude- und Infrastruktursysteme Realisierung von einschlägigen Anlagen Elektroniker für Geräte und System Realisierung von einschlägigen Anlagen Industrieelektriker Realisierung von einschlägigen Anlagen Informationselektroniker Realisierung von einschlägigen Anlagen Systemelektroniker Realisierung von einschlägigen Anlagen Bauzeichner Planung von einschlägigen Anlagen Wärme-, Kälte- und Schallschutzisolierer Bau/Instandhaltung von Energiespeichern Umwelttechnische Berufe (vier Berufe) Instandhalten einschlägiger Anlagen Landwirt Betrieb von Anlagen zur Energiegewinnung Fachinformatiker Realisierung von einschlägigen Anlagen IT-Systemelektroniker Realisierung von einschlägigen Anlagen Mechatroniker für Kältetechnik Realisierung von einschlägigen Anlagen Mechatroniker Realisierung/Instandhaltung von einschlägigen Anlagen Mikrotechnologe Realisierung von einschlägigen Anlagen Ofen- und Luftheizungsbauer Realisierung/Instandhaltung von einschlägigen Anlagen Produktionstechnologe Realisierung/Instandhaltung von einschlägigen Anlagen Vermessungstechniker/Geomatiker Verortung einschlägiger Anlagen Zu 2.: Im Ergebnis der vorliegenden Studie "Fachkräfteperspektive 2025" des Zentrums für Sozialforschung Halle e.V. an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (ZSH) aus dem Jahr 2013 wird bis 2025 ein Fachund Arbeitskräftebedarf für Thüringen von 280.000 Personen erwartet. Allein im Verarbeitenden Gewerbe wird mit einem Fach- und Arbeitskräftebedarf von 70.000 Personen ausgegangen - darüber hinaus von 68.800 Personen in den unternehmensnahen Dienstleistungen und 67.000 im Gesundheits- und Sozialwesen . Für den Arbeitskräftebedarf im Energiesektor (Energieversorgung im weiteren Sinne) werden in der Studie 2.000 Personen ausgewiesen. Aus der aktuellen Engpassanalyse der Bundesagentur für Arbeit (BA) vom Mai 2017 geht hervor, dass im Segment der Fertigungstechnischen Berufe bereits Engpässe an Fachkräften in der Energietechnik sowie in der Elektrotechnik bestehen. 3 Drucksache 6/4221Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Von Engpass wird dann gesprochen, wenn die Besetzung einer offenen Arbeitsstelle (Vakanzzeit) länger dauert als im Durchschnitt üblich oder wenn die Suche mangels Erfolgsaussichten aufgegeben wird. Die Vakanzzeit misst die Zeit vom geplanten Besetzungstermin bis zur Abmeldung einer Stelle und erfasst so die Zeit, in der Besetzungsmöglichkeiten verloren gehen. Im Bereich der Fahrzeugtechnik betrug die Vakanzzeit 2016 beispielsweise 135 Tage. Zum Vergleich: Die durchschnittliche Vakanzzeit in allen Berufsgruppen betrug 97 Tage. Zu 3.: Thüringen hat sich mittlerweile zu einem Wirtschaftsstandort mit breit gefächerter Branchenstruktur, hohem Beschäftigungsstand und vergleichsweise niedriger Arbeitslosigkeit entwickelt. Vor diesem Hintergrund steigt die Nachfrage nach gut qualifizierten Arbeitskräften, so auch in diesem Bereich. Grundsätzlich ist darauf hinzuweisen, dass die Deckung des Fachkräftebedarfs im unternehmenseigenen Interesse liegt. Die Unternehmen sind gefordert, attraktive und wettbewerbsfähige Beschäftigungsbedingungen und berufliche Entwicklungsperspektiven anzubieten. Staatliche Angebote und Maßnahmen können nur einen flankierenden und unterstützenden Beitrag leisten. Die Landesregierung richtet ihre Anstrengungen auf die Aktivierung und Erhaltung des vorhandenen Arbeitskräftepotentials und die Gewinnung von externen Arbeitskräften . Hierzu wird auf die Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage "Fachkräftemangel in Thüringen" in der Drucksache 6/2549 verwiesen. Zu 4.: Hierzu ist festzustellen, dass im Rahmen der dualen Ausbildung die Bundesebene für die Abstimmung und den Erlass der einschlägigen Ordnungsmittel (Ausbildungsordnung/Rahmenlehrplan) zuständig ist. Der Erlass neuer Ausbildungsberufe beziehungsweise die Einleitung von Neuordnungsverfahren (zum Bespiel aufgrund technologischer Fortentwicklung) erfolgt regelmäßig auf Initiative der Sozialpartner (Wirtschaftsverbände /Gewerkschaften), die diesbezüglich auf das jeweils zuständige Bundesressorts zugehen. Die Länder wirken über Lehrkräfte im Rahmen der Erstellung der Rahmenlehrpläne im Auftrag der Kultusministerkonferenz an fachlichen Weiterentwicklungen mit. Insofern obliegt es nicht den Landesregierungen, hier Konzepte aufzulegen. Vielmehr werden entsprechende Bedarfe von den Sozialpartnern beziehungsweise direkt von den zuständigen Bundesministerien identifiziert. Zu 5.: Bereits jetzt können Weiterbildungsvorhaben von Unternehmen und Arbeitnehmern über die Weiterbildungsrichtlinie des TMASGFF, in aktualisierter Fassung veröffentlicht im Thüringer Staatsanzeiger 25/2017, mit Mitteln des ESF gefördert werden. Dies sind: a) Vorhaben zur beruflichen Anpassungsqualifizierung von Beschäftigten und Selbstständigen; b) Vorhaben und Netzwerke, die zur Ausweitung der Weiterbildungsbeteiligung und/oder zur Fachkräftesicherung beitragen; c) die individuelle Weiterbildung von sozialversicherungspflichtig Beschäftigten (Weiterbildungscheck). Sollten weitere Instrumente erforderlich werden, wird die Landesregierung dieses gemeinsam mit den Sozialpartnern bedarfsgerecht etablieren. In Vertretung Ohler Staatssekretärin Fachkräftegewinnung für die Energiewende in der dualen Ausbildung Ich frage die Landesregierung: Zu 1.: Zu 2.: Zu 3.: Zu 4.: Zu 5.: