25.07.2017 Drucksache 6/4265Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 8. August 2017 Energiearmut in Thüringen Die Kleine Anfrage 2268 vom 12. Juni 2017 hat folgenden Wortlaut: Auch im Jahr 2017 haben die Verbraucher wieder mit hohen Nachzahlungen und steigenden Abschlägen zu rechnen. In den letzten Jahren sind die Preise für Strom und Gas we sentlich schneller gestiegen als die Einkommen. Diese Tendenz ist besonders bei den Heizölpreisen zu verzeichnen. Bis zum Jahr 2020 wird eine Kostensteigerung des Brenn stoffs um 50 Prozent gegenüber dem Jahr 2012 erwartet, für das Jahr 2030 sogar eine Steigerung von 100 Prozent prognostiziert. Mehreren Millionen Menschen droht aufgrund dieser Tendenzen eine direkte Betroffenheit von Energiearmut. Der Energieverbrauch kann nur bedingt durch Bildungs- und Beratungsprogramme reduziert werden. Die Energiekosten steigen jedoch stetig - nicht zuletzt durch die regelmäßige Erhöhung des staatlichen Strompreisanteils . Auch konnten bisher nur wenige Menschen erreicht werden. Die finanzielle Unterstützung ist grundsätzlich zu knapp bemessen, wenn man bedenkt, dass die Zielgruppe gerade wegen ihrer ge ringen finanziellen Mittel und infolgedessen wegen der energieintensiven Altgeräte und des oft schlecht gedämmten Wohnraums einen erhöhten Energieverbrauch hat und somit einem erhöhten Risiko ausgesetzt ist, von Energiearmut betroffen zu sein. Ich frage die Landesregierung: 1. Wie viele Menschen sind in Thüringen derzeit von Energiearmut betroffen (bitte nach Landkreisen auflisten )? 2. Welche Bestrebungen und welche finanziellen Mittel gibt es, um mehr Men schen zu erreichen und für eine landesweite Abhilfe zu sorgen? 3. Gibt es Maßnahmen, um insbesondere die Sanierung beziehungsweise den Heizungsaus tausch von Mietwohnungen zu fördern und somit vor allem einkommens schwache Mieter vor hohen Nebenkosten zu schützen? 4. Wie hoch ist die Sanierungsquote von Eigenheimen im Vergleich zu Mietwoh nungen? K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Gruhner (CDU) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/4265 Das Thüringer Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie hat die Kleine Anfrage namens der Lan desre gierung mit Schreiben vom 24. Juli 2017 wie folgt beantwortet: Zunächst verweise ich auf die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Eva Bulling-Schröter, Caren Lay, Kerstin Kassner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. - Bundestagsdrucksache 18/11052 - "Energiearmut im Winter in Deutschland" vom 1. März 2017, mit welcher die grundsätzlichen Fragen der vorliegenden Kleinen Anfrage beantwortet werden. Ergänzend kann Folgendes gesagt werden: Zu 1.: In Deutschland existiert bisher weder eine wissenschaftliche noch eine politische Definition von Energiearmut. Es wird von vier möglichen Ursachen für Energiearmut ausgegangen: - schlechte finanzielle Situation der betroffenen Haushalte, schwieriger Umgang mit den zur Verfügung stehenden finanziellen Ressourcen, - Energiestandard der Wohngebäude und die Ausstattung mit Haushaltsgeräten, - ineffiziente Verhaltensweisen/Verbrauchsverhalten, - steigende Energiepreise. In Ermangelung einer einheitlichen Definition existiert im Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende auch keine amtliche statistische Erfassung zur Energiearmut. Hinsichtlich der finanziellen Situation der Haushalte ist zu sagen, dass die passiven Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II die Regelbedarfe, Mehrbedarfe und den Bedarf für Unterkunft und Heizung (§ 19 Abs. 1 Satz 3 SGB II) erfassen. Der Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts umfasst auch einen Anteil für Haushaltsenergie ohne die auf die Heizung und die Erzeugung von Warmwasser entfallenden Anteile (§ 20 Abs. 1 Satz 1 SGB II). Zum 1. Januar 2017 ist das Gesetz zur Ermittlung der Regelbedarfe nach § 28 SGB XII (Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz - RBEG) in Kraft getreten. Zur Bestimmung pauschalierter Bedarfe für bedarfsabhängige und existenzsichernde bundesgesetzliche Leistungen wurde entsprechend § 28 Abs. 1 bis 3 SGB XII eine Sonderauswertung der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 2013 zur Ermittlung der durchschnittlichen Verbrauchsausgaben einkommensschwacher Haushalte vorgenommen. Diese Regelbedarfe sind nach § 20 Abs. 1a SGB II auch in der Grundsicherung für Arbeitsuchende anzuerkennen. Die ermittelten Werte unterliegen bis zum nächsten Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz einer jährlichen Fortschreibung. Die Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind (§ 22 Abs. 1 SGB II). Insofern sichert das Grundsicherungssystem des SGB II grundsätzlich eine Deckung des Bedarfs für Haushaltsenergie und Heizenergie. Die Aussagen treffen gleichermaßen für existenzsichernde Leistungen im Bereich der Sozialhilfe zu. Maßgebliche Vorschriften hier sind die §§ 27a, 35 und 42 a SGB XII. Bei der Belieferung mit Haushaltsstrom wurde zum 1. Juli 2017 bei Zahlungsrückständen gegenüber dem Stromversorgungsunternehmen neben der Möglichkeit der Gewährung eines Darlehens (§ 37 Abs. 1 und Abs. 4 Satz 1 SGB XII) eine zusätzliche Spezialregelung eingeführt (§ 43a Abs. 4 SGB XII). Durch diese neue Vorschrift wird es den SGB-XII-Trägern ermöglicht, so genannte Direktzahlungen an den Stromversorger zu leisten, wenn aufgrund von Zahlungsrückständen eine Stromsperre droht. Seit Reformierung des Wohngeldrechts zum 1. Januar 2016 wird auch eine mögliche Dynamisierung des Wohngeldes, das heißt eine regelmäßige Anpassung wie sie etwa bei den Regelbedarfen erfolgt, auf Bundesebene geprüft (vgl. Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD vom 1. Juli 2015, Bundestagsdrucksache 18/5400; Beschluss des Deutschen Bundestages vom 2. Juli 2015 zu TOP 8, Plenarprotokoll 18/115). Zu 2.: Im Rahmen der Sozialen Wohnraumförderung werden bei der Förderung der Modernisierung und Instandsetzung von Mietwohnungen auch Maßnahmen zur Verbesserung der Energieeffizienz von Wohngebäuden und Wohnungen gefördert. Wesentliches Ziel der Förderung ist es, dass im Ergebnis belegungs- und mietpreisgebundene Wohnungen zu angemessenen und sozialverträglichen Mieten geschaffen und bereit- 3 Drucksache 6/4265Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode gestellt werden. Innerhalb der Förderung sind darüber hinaus Anreize zum Beispiel durch die Gewährung von Tilgungszuschüssen für ein energieeffizientes Bauen und Sanieren geschaffen worden. Auch im Wohneigentumsbereich (ThürMod-Eigenwohnraum) können entsprechende Maßnahmen gefördert werden. Zu 3.: Wie zu Frage 2 dargelegt, gibt es zum Heizungsaustausch, der Modernisierung und der Heizungsoptimierung umfangreiche Fördermöglichkeiten (KfW, BAFA). Mit Ersatz alter durch neue Heizungen sind einkommensschwache Mieter allerdings nicht automatisch vor hohen Nebenkosten geschützt. Die Maßnahme kann auch zur Erhöhung anderer Mietbestandteile führen. Zu 4.: Der Landesregierung liegen hierzu keine Daten vor. Der Begriff der "Sanierungsquote“ ist nicht abschließend definiert. Bestimmte Institute (zum Beispiel das IWU) beziehen sich bei der Berechnung der Quote nur auf die Fläche der Gebäudedämmung, andere wie zum Beispiel das Institut der Deutschen Wirtschaft beziehen auch die Heizung mit ein. Daneben würde sich die Frage des Sanierungszeitpunktes stellen, dessen Schwerpunkt in Thüringen in den 90er Jahren lag. Vor diesem Hintergrund ist eine statistische Aus- beziehungsweise Bewertung nicht möglich. In Vertretung Feierabend Staatssekretärin Energiearmut in Thüringen Ich frage die Landesregierung: Zu 1.: Zu 2.: Zu 3.: Zu 4.: