31.07.2017 Drucksache 6/4292Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 10. August 2017 Tuberkulose-Fälle in Gera und im Freistaat Thüringen - Teil II Die Kleine Anfrage 2333 vom 23. Juni 2017 hat folgenden Wortlaut: Die Anzahl der Tuberkulose-Erkrankungen hat in den vergangenen zwei Jahren sowohl in Deutschland im Allgemeinen, als auch in Thüringen im Speziellen erheblich zugenommen. Lag die Tuberkulose-Inzidenz in Thüringen im Jahr 2007 bei 4,4 Neuerkrankungen pro 100.000 Einwohner, so ist sie bis zum Jahr 2015 auf 5,3 angestiegen. Im Jahr 2016 betrug sie 5,2 auf 100.000 Einwohner. Im Jahr 2016 wurde thüringenweit die höchste Inzidenz mit fast 14 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner in Gera erfasst. Demgegenüber betrug die Inzidenz in allen anderen kreisfreien Städten und Landkreisen zwischen null und neun Erkrankungen pro 100.000 Einwohner. Der hohe Anteil von Erkrankungen in Gera lässt sich laut Einschätzung des Thüringer Ministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie auf den Sitz der Thüringer Erstaufnahmeeinrichtung für Asylbewerber zurückführen. Wir fragen die Landesregierung: 1. Wie wird sichergestellt, dass die durch die Überwachung nach § 36 Abs. 1 Nr. 5 Infektionsschutzgesetz und die im Rahmen der Gesundheitsuntersuchung nach § 62 Asylgesetz festgestellten betroffenen Asylbewerber ausreichend über die Gefahren der Ansteckung anderer sensibilisiert werden? 2. Wie wird sichergestellt, dass an Tuberkulose erkrankte Asylbewerber die Krankheit nicht weiterverbreiten , wenn sie sich bewusst oder unbewusst trotz der durch die in der vorgenannten Frage genannten Maßnahmen nicht an den Verhaltenskodex zum eigenen Umgang mit der Erkrankung halten? 3. Welcher Art und durch wen wird die Meldepflicht an das Gesundheitsamt gemäß § 6 Abs. 2 Infektionsschutzgesetz ausgeübt, wenn Personen, die an einer behandlungsbedürftigen Lungentuberkulose leiden , eine Behandlung verweigern oder abbrechen und wie wird dies festgestellt? 4. Sind den verantwortlichen Behörden durch die Öffentlichkeit oder durch Ärzte Fälle benannt worden, nach denen Personen, die an einer behandlungsbedürftigen Lungentuberkulose leiden, eine Behandlung verweigern oder abbrechen und wenn ja, wie wurde mit diesen Meldungen umgegangen und führten diese Meldungen zu konkreten Aktionen der Behörden? 5. Wie oft wurde in den Jahren 2010 bis 2017 in Thüringen von Quarantänemaßnahmen gemäß § 30 Infektionsschutzgesetz bei Tuberkulose-Erkrankten Gebrauch gemacht (bitte Angabe in Jahresscheiben)? 6. Wie oft wurden in den Jahren 2010 bis 2017 durch das jeweils zuständige Gesundheitsamt Maßnahmen der Einweisung und Zwangsabsonderung in spezielle Behandlungseinrichtungen für den Personenkreis K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Herold und Brandner (AfD) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/4292 nach § 36 Abs. 1 Nr. 5 Infektionsschutzgesetz angeordnet (bitte Aufschlüsselung nach Jahr und Landkreisen beziehungsweise kreisfreien Städten)? 7. Durch welche Maßnahmen wird der weitere Krankheitsverlauf von an Tuberkulose erkrankten Asylbewerbern im Anschluss an die erstmalige Feststellung der Erkrankung kontrolliert und dokumentiert und wie wird der Behandlungserfolg insbesondere gewährleistet, wenn die betroffenen Personen in andere Landkreise und/oder andere Bundesländer übersiedeln? Das Thüringer Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie hat die Kleine Anfrage namens der Lan desre gierung mit Schreiben vom 28. Juli 2017 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Nach § 28 Infektionsschutzgesetz (IfSG) trifft das Gesundheitsamt alle notwendigen Schutzmaßnahmen, um eine Verbreitung der Tuberkulose zu verhindern. Nach Erhebung eines tuberkuloseverdächtigen Befundes werden Betroffene zur weiteren Diagnostik, Behandlung und Absonderung in ein Krankenhaus eingewiesen. Sie werden in der Regel für mindestens drei Wochen im Krankenhaus behandelt und abgesondert. Die Entlassung erfolgt üblicherweise erst nachdem drei aufeinander folgende Sputumproben mikroskopisch negativ getestet wurden und die Erkrankten nach ärztlicher Einschätzung nicht mehr ansteckend sind. Speziell zur Information von Menschen ausländischer Herkunft sind auf der Seite der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung Erregersteckbriefe in verschiedenen Sprachen verfügbar. Auch die Web- bzw. Appgestützte Informationsplattform ExplainTB bietet Aufklärungsangebote zur Tuberkulose in mehr als 20 Sprachen. Bei Bedarf werden auch Sprachmittler einbezogen. Zu 2.: Dem zuständigen Gesundheitsamt obliegt die Überwachung der Tuberkuloseerkrankten bis die Behandlung und weitere Nachkontrollen abgeschlossen sind. Das Gesundheitsamt stellt gegebenenfalls die Einnahme der Medikamente sicher durch eine überwachte Einnahme im Gesundheitsamt oder durch einen Pflegedienst . Das Gesundheitsamt veranlasst zudem Labor- und Röntgenkontrollen, um den Verlauf der Behandlung zu überprüfen. Es kann zudem nach § 28 IfSG das Aufsuchen von Räumen außerhalb der eigenen Wohnung und Kontakt mit anderen Menschen in Innenräumen für einen bestimmten Zeitraum untersagen. Zu 3.: Da die Behandlung einer Tuberkulose durch das Gesundheitsamt aktiv überwacht wird, erlangt dieses umgehend Kenntnis von Abweichungen. Außerdem besteht im Falle des Abbruchs oder der Verweigerung einer Behandlung an Tuberkulose gemäß § 6 Abs. 2 IfSG eine Mitteilungspflicht durch den feststellenden Arzt, in Krankenhäusern auch durch den leitenden Arzt an das zuständige Gesundheitsamt. Die namentliche Meldung muss unverzüglich erfolgen und spätestens innerhalb von 24 Stunden nach erlangter Kenntnis dem für den Aufenthalt des Betroffenen zuständigen Gesundheitsamt vorliegen. Zu 4.: Laut § 28 IfSG darf eine Heilbehandlung nicht angeordnet werden. Es kommt gelegentlich vor, dass die Tuberkulosebehandlungen abgebrochen, das heißt die Medikamente zur Behandlung einer Tuberkulose abgesetzt werden müssen, z. B. wenn eine Medikamentenunverträglichkeit besteht. Wird eine Behandlung an einer ansteckungsfähigen Tuberkulose abgebrochen oder verweigert, müssen diese Personen weiterhin abgesondert werden. Kommen die Betroffenen einer Anordnung zur Absonderung nicht nach oder ist nach deren Verhalten anzunehmen, dass sie einer solchen Anordnungen nicht ausreichend Folge leisten werden, so werden sie zwangsweise in einem abgeschlossenen Krankenhaus untergebracht (siehe Antwort zu Frage 6). Zu 5.: Alle Erkrankten mit einer ansteckungsfähigen Tuberkulose werden im Krankenhaus abgesondert bis sie nicht mehr ansteckend sind (siehe Antwort zu Frage 1). 3 Drucksache 6/4292Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Zu 6.: Patienten mit Zwangsabsonderung nach § 30 Abs. 2 IfSG werden aufgrund eines richterlichen Beschlusses in der Klinik für Lungen- und Bronchialheilkunde am Bezirkskrankenhaus Parsberg (Bayern) untergebracht . Für den Personenkreis nach § 36 Abs. 1 Nr. 5 IfSG liegen der Landesregierung folgende Zahlen vor: Jahr Anzahl der Absonderungen in Parsberg Gesundheitsamt 2010 0 2011 0 2012 0 2013 0 2014 1 Ilm-Kreis 2015 0 2016 1 Gera Zu 7.: Die Dokumentation der therapeutischen Maßnahmen und des Krankheitsverlaufs obliegt an erster Stelle dem behandelnden Arzt. Alle gesundheitsamtlichen Maßnahmen zur Überwachung der ansteckungsfähigen Tuberkuloseerkrankten werden durch das zuständige Gesundheitsamt in einer Akte dokumentiert. Wechselt ein an Tuberkulose Erkrankter den Wohnort, so hat er die Verpflichtung, dies dem bisher zuständigen Gesundheitsamt mitzuteilen. Dieses leitet alle notwendigen Dokumente an das Gesundheitsamt des neuen Wohnortes weiter. In Vertretung Feierabend Staatssekretärin Tuberkulose-Fälle in Gera und im Freistaat Thüringen - Teil II Wir fragen die Landesregierung: Zu 1.: Zu 2.: Zu 3.: Zu 4.: Zu 5.: Zu 6.: Zu 7.: