09.08.2017 Drucksache 6/4332Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 17. August 2017 Schulsozialarbeit in Thüringen Die Kleine Anfrage 2351 vom 29. Juni 2017 hat folgenden Wortlaut: Der Thüringer Rechnungshof kritisiert in seinem aktuellen Jahresbericht die Förderung der Schulsozialarbeit, die in Thüringen auf der Grundlage zweier Richtlinien stattfindet. Er bezeichnet diese als "aufwendig, intrans parent und unwirtschaftlich". Weiter heißt es innerhalb des Berichts, dass die parallelen Fördermöglichkeiten entgegen der ursprünglichen Ankündigung, die Förderung zukünftig auf die Förderrichtlinie "Schulsozialar beit" zu beschränken, noch bis Ende des Jahres 2018 über beide Richtlinien weitergeführt werden sollen. Ich frage die Landesregierung: 1. In welcher Höhe wird die Schulsozialarbeit aus Landesmitteln des Freistaats Thüringen gefördert (bitte nach Jahresscheiben seit dem Jahr 2010 und getrennt nach Förderrichtlinien auflisten)? 2. Welche Mittel nutzt die Landesregierung, um den Bedarf für Schulsozialarbeit festzustellen? 3. Teilt die Landesregierung die Auffassung des Thüringer Rechnungshofs, dass die Förderung der Schul sozialarbeit a) "aufwendig, b) intransparent und c) unwirtschaftlich" ist? Wie begründet die Landesregierung jeweils ihre Aussage (bitte differenziert beantworten)? 4. Wie viele Stellen wurden jährlich durch die Förderung der Schulsozialarbeit geschaffen (bitte in Jahres scheiben seit dem Jahr 2010 auflisten)? Wie viele Stellen in diesem Bereich stehen insgesamt zur Ver fügung? 5. Weshalb wurden im Jahr 2014 nur 100 Vollzeitstellen zusätzlich geschaffen, obwohl insgesamt eine För derung von 9,4 Millionen Euro zur Verfügung stand? 6. Weshalb wurde vonseiten der Landesregierung zunächst zugesichert, die parallele Förderung zukünftig auf eine Förderrichtlinie zu beschränken, wenn dies nicht vor Ende des Jahres 2018 geplant ist? 7. Weshalb ist es zwingend erforderlich die parallele Förderung bis Ende des Jahres 2018 beizubehalten? K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Muhsal (AfD) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/4332 8. Inwieweit ist die Förderung aus zwei Förderrichtlinien aufwendiger als die aus einer? 9. Ist die Landesregierung der Ansicht, dass trotz der Vollfinanzierung einer kommunalen Aufgabe das Sub sidiaritätsprinzip gewahrt wurde? Wie begründet die Landesregierung ihre Aussage? 10. Wie beurteilt die Landesregierung die Möglichkeit, eigene Bedarfsanalysen durchzuführen? Das Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport hat die Kleine Anfrage namens der Lan desre gierung mit Schreiben vom 8. August 2017 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Im Landesprogramm "Schulbezogene Jugendsozialarbeit" wurden seit dessen Beginn 2013 per Bewilli gungsbescheid folgende Summen (in Euro) zur Verfügung gestellt: 2013 2014 2015 2016 2017 2.410.050 9.683.275 9.917.916 10.407.400 10.626.000 Weiterhin kann Schulsozialarbeit aus der Richtlinie Örtliche Jugendförderung gefördert werden. Die Teil ausgaben für einzelne Bereiche der Förderung des Landes werden nicht gesondert erfasst. Die Förderung im Rahmen der Richtlinie läuft 2018 aus. Zu 2.: Die Planungsverantwortung obliegt, wie im gesamten Bereich der Kinder- und Jugendhilfe dem örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe, das heißt den Landkreisen und kreisfreien Städten. Dies beinhaltet Vor gaben für Aufwand, Transparenz und Wirtschaftlichkeit. Zu 3.: Die Förderung der Schulsozialarbeit richtet sich nach der Thüringer Landeshaushaltsordnung (ThürLHO), insbesondere §§ 23, 44 ThürLHO, und den einschlägigen Verwaltungsvorschriften. Aufwand, Transparenz und Wirtschaftlichkeit sind damit definiert. Das Landesprogramm "Örtliche Jugendförderung" - zuvor Jugendpauschale - besteht in den derzeitigen Grundzügen seit 2007. Es enthält unter anderem die Möglichkeit, Schulsozialarbeit (anteilig) zu finanzieren. Aufgrund jugendhilfepolitischer Schwerpunktsetzung wurde 2013 das neue Landesprogramm Schulsozial arbeit etabliert. Um beim Start dieses Förderprogramms, in das zum Teil Fördervorhaben aus der örtlichen Jugendförderung übergegangen sind, keine unerwünschten Förderlücken entstehen zu lassen, wurde nach § 35 Abs. 2 ThürLHO "zugelassen, dass Ausgaben im Rahmen des Verwendungszwecks auch geleistet wer den dürfen, wenn an anderen Stellen des Landeshaushalts Mittel für denselben Zweck veranschlagt sind" (Haushaltsvermerk Kapitel 04 31 Titel 633 06). Dieser Übergangszeitraum fällt in den Berichtszeitraum des Landesrechnungshofes, der sich auf die Jahre 2012 bis 2014 bezieht. Solange beide Finanzierungswege nebeneinander bestehen, entsteht dadurch ein Bedarf an Abgleich der Zuwendungsinhalte, jedoch keine Intransparenz. Die Förderung der Schulsozialarbeit ist weder aufwendig noch unwirtschaftlich, sie dient dem Ausbau des Arbeitsfeldes Schulsozialarbeit und der Sicherung der örtlichen Jugendarbeit nach der Richtlinie Örtliche Jugendförderung. Die Kommunen setzen nach wie vor gleich hohe, tendenziell leicht steigende Eigenmit tel für die Jugendarbeit ein. Die nicht mehr für Schulsozialarbeit erforderlichen Eigenmittel der Kommunen wurden - wie seitens des Landes intendiert - zur Konsolidierung und Ergänzung anderer Einrichtungen, Dienste und Angebote der Jugendarbeit verwendet. Der systemische Zusammenhang aller Angebote der Jugendarbeit und Jugendsozialarbeit sollte bei der Bewertung der Wirtschaftlichkeit des einen Förderpro gramms nicht außer Acht gelassen werden. 3 Drucksache 6/4332Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Zu 4.: Durch die Förderung des Landes werden jedem Landkreis beziehungsweise jeder kreisfreien Stadt ein ent sprechend der jeweiligen Richtlinie fester Betrag je Jahr zur Verfügung gestellt, keine Personalstellen. Die daraus resultierenden Stellen ergeben sich aus den Förderentscheidungen der Kommunen und dem jewei ligen tatsächlichen Personalausgabenbedarf, der sich aus der Entgeltgruppe und der Vergütungsstufe je Stelle ergibt. Auch Sachausgaben sind Teil der zuwendungsfähigen Gesamtausgaben. Im Ergebnis dessen stehen den Landkreisen und kreisfreien Städten seit 2010 folgende Zahl an Vollzeit stellen für Schulsozialarbeit zur Verfügung: Jahr Örtliche Jugendförderung1 Schulsozialarbeit Summe 2010 73 73 2011 86 86 2012 97 97 2013 1. Halbjahr 2. Halbjahr 99 27 195 99 222 2014 27 209 236 2015 26 197 223 2016 25 198 223 2017 ² 212³ Zu 5.: Vor Etablierung des Landesprogramms Schulsozialarbeit im Jahr 2012 waren in Thüringen 136 Fachkräfte in 97 Vollzeitstellen als Schulsozialarbeiter/-innen tätig, zirka ein Viertel davon wurden aus dem Bildungsund Teilhabepaket gefördert. Diese Förderung war befristet, so dass mit dem neuen Landesprogramm de ren Wegfall verhindert werden konnte. Soweit darüber hinaus Stellen anstatt wie bisher in der örtlichen Jugendförderung nun in der Schulsozial arbeit gefördert wurden, war dies jugendpolitisch gewollt, da damit das Arbeitsfeld der schulbezogenen Ju gendsozialarbeit im Rahmen eines einheitlichen Landesprogramms (durch fachliche Empfehlungen wie un ten angegeben die Umsetzung des Fachkräftegebotes, die tarifliche Bezahlung) gestärkt werden konnte. Weiterhin wird auf die Antwort zu Frage 3 verwiesen. Zu 6.: Aus fachlicher und haushaltsrechtlicher Sicht ist es unstrittig, dass die Schulsozialarbeit auf Dauer nicht aus zwei verschiedenen Förderrichtlinien finanziert werden sollte. Dieses Ziel kann jedoch in diesem Fall erst mit ausreichendem Vorlauf umgesetzt werden, um betroffenen Zuwendungsempfängern ausreichend Zeit zur Umstrukturierung zu lassen. Eine kürzere Frist wurde in den Stellungnahmen der kommunalen Partner vor Erlass der Richtlinie begründet abgelehnt. Zu 7.: Es wird auf die Antwort zu Frage 6 verwiesen. Zu 8.: Die Vermutung, die Förderung über zwei Förderrichtlinien sei verwaltungsaufwändig, traf nur für die Zeit des Übergangs in 2013/2014 zu. Es wird auf die Beantwortung zu Frage 4 verwiesen. 4 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/4332 Zu 9.: Das Subsidiaritätsprinzip in der Förderung der Landkreise und kreisfreien Städte wurde beachtet. Alle Land kreise und kreisfreien Städte beteiligen sich über die Bereitstellung von Räumen in den Schulen und die dafür notwendigen Sachkosten (unter anderem Energie, Wasser, Telefon) an den Gesamtkosten der Maßnahme. Weiterhin wird auf die Antwort zu Frage 3 verwiesen. Zu 10.: Es wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen. In Vertretung Ohler Staatssekretärin Endnote: 1 Zahlen beruhen auf Abfragen bei den Jugendämtern. 2 Daten liegen zurzeit noch nicht vor. 3 Beantragte Stellen über das Landesprogramm Schulbezogene Jugendsozialarbeit. Schulsozialarbeit in Thüringen Ich frage die Landesregierung: Zu 1.: Zu 2.: Zu 3.: Zu 4.: Zu 5.: Zu 6.: Zu 7.: Zu 8.: Zu 9.: Zu 10.: Endnote: