11.08.2017 Drucksache 6/4337Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 18. August 2017 Politische Neutralität an Hochschulen - Teil I Die Kleine Anfrage 2336 vom 27. Juni 2017 hat folgenden Wortlaut: Im Rahmen einer Veranstaltung des Studiums Fundamentale mit dem Titel "Die Qual der Wahl" hatte die Universität Erfurt Kandidaten aller Parteien, die eine realistische Chance haben, in den nächsten Bundestag einzuziehen, zu einem Infobasar eingeladen. Der Besuch des Fragestellers und Spitzenkandidaten der Thüringer AfD für die Bundestagswahl 2017 wurde von umfangreichen akustischen und physischen Störungen begleitet, die einen Meinungsaustausch nahezu unmöglich machten. In einem offenen Brief vom 22. Juni 2017 unterstützt der Studierendenrat der Universität Erfurt nun nachträglich die Störungen und bezeichnet diese als "begrüßenswert". Weiter distanzierte sich der Studierendenrat in dem offenen Brief von den Inhalten der Alternative für Deutschland. Ich frage die Landesregierung: 1. Gilt das Gebot der politischen Neutralität auch für Thüringer Hochschulen und wie begründet die Landesregierung ihre Aussage? Auf welche rechtlichen Grundlagen stützt die Landesregierung ihre Aussagen? 2. Welche Maßnahmen werden ergriffen, um die politische Neutralität der Hochschulen gegebenenfalls zu wahren? Wie und durch wen erfolgt dabei die Kontrolle der Einhaltung der Neutralität? Welche Maßnahmen werden bei der Nichteinhaltung getroffen? 3. Inwiefern ist es für die Wahrung der politischen Neutralität notwendig, dass zu einer Veranstaltung, insbesondere wenn sie Teil einer Lehrveranstaltung ist, alle politisch relevanten demokratischen Kräfte geladen werden und wie begründet die Landesregierung ihre Aussage? Unter welchen Umständen ist es nicht notwendig, alle relevanten demokratischen Kräfte zu laden oder zu diskutieren? 4. Inwiefern obliegt es dem Studierendenrat einer Hochschule die politische Neutralität zu wahren? Wie begründet die Landesregierung ihre Aussage und auf welche juristische Grundlage stützt sie diese? Das Thüringer Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft hat die Kleine Anfrage namens der Lan desre gierung mit Schreiben vom 10. August 2017 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Ein generelles Gebot politischer Neutralität besteht für Hochschulen nicht, dies folgt aus den Grundrechten der Meinungs- und der Wissenschaftsfreiheit. Anerkannt ist jedoch, dass den Hochschulen, wie auch der K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Brandner (AfD) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/4337 verfassten Studierendenschaft, kein allgemeines politisches Mandat zukommt. Zudem ergibt sich aus ihrer Rechtsstellung als Teil der staatlichen Verwaltung ein Gebot parteipolitischer Neutralität. Dieses basiert auf dem Demokratieprinzip, Artikel 20 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz, welches, insbesondere in Wahlkampfzeiten , vom Gebot der Chancengleichheit der politischen Parteien als Ausfluss des Artikels 21 Grundgesetz flankiert wird. Als grundsätzliche Maßgabe gilt, dass die Hochschulen jedenfalls nicht aktiv auf die politische Willensbildung zugunsten oder zulasten politischer Parteien einwirken dürfen und parteiergreifende wettbewerbsverzerrende Maßnahmen zu vermeiden haben. Das betrifft beispielsweise negative Äußerungen über eine Partei oder die Durchführung von Wahlkampfveranstaltungen. Dagegen ist der politische Diskurs auf dem Campus, beispielsweise durch Studierende in Veranstaltungen, zulässig und es verstößt auch nicht gegen das Gebot parteipolitischer Neutralität, wenn nicht gleichzeitig Vertreter aller, sondern zum Beispiel nur einer Partei geladen sind. Die Auseinandersetzung mit Meinungen gehört in einer freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Rahmen der Grundrechte und der Gesetze zum Hochschulalltag. Zu 2.: Nach § 17 Thüringer Hochschulgesetz unterliegen die Hochschulen in Selbstverwaltungsangelegenheiten der Rechtsaufsicht und in Auftragsangelegenheiten der Fachaufsicht des Landes. Rechtswidrige Beschlüsse und Maßnahmen können in diesem Rahmen beanstandet werden. Zu 3.: Wie unter Antwort zu Frage 1 dargestellt, erfordert das Gebot parteipolitischer Neutralität nicht, dass jeweils Vertreter aller politisch relevanter demokratischer Kräfte geladen werden. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. Zu 4.: Die Studierendenschaften der Thüringer Hochschulen verfolgen die ihnen nach § 73 Abs. 1 Thüringer Hochschulgesetz übertragenen Aufgaben, insbesondere die Förderung der politischen Bildung und des staatsbürgerlichen Verantwortungsbewusstseins der Studierenden. Im Rahmen der Wahrnehmung hochschulpolitischer Belange können die Studierendenschaften in hochschulbezogenen Debatten eigene, auch kritische Positionen im Sinne der hochschulpolitischen Mehrheitsfraktionen vertreten. Tiefensee Minister Politische Neutralität an Hochschulen - Teil I Ich frage die Landesregierung: Zu 1.: Zu 2.: Zu 3.: Zu 4.: