07.09.2017 Drucksache 6/4458Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 18. September 2017 Russland-Äußerungen von Verfassungsschutzpräsident Kramer Die Kleine Anfrage 2354 vom 29. Juni 2017 hat folgenden Wortlaut: In einem Interview mit dem MDR erklärte Thüringens Verfassungsschutzpräsident Kramer in Bezug auf die rechtsextremistische Szene in Thüringen: "Es gibt Vermutungen, dass diese rechtsextremistische Szene - wie alles andere, was sich in Russland abspielt - natürlich nicht ohne Aufmerksamkeit des Kremls beziehungsweise der russischen Sicherheitsorgane agiert. Insofern passt das in die Kategorie der Destabilisierungsstrategien , die in Russland gefahren werden und die wir auch in anderen europäischen Ländern erleben."1 Daneben soll Kramer Vermutungen über Russland-Netzwerke der "Rechtsextremen und Rechtsnationalen " nach Russland geäußert haben. In Russland äußerten sich Mitglieder der Legislative, ebenso wie Vertreter der Russischen Botschaft in Berlin, empört über die Vorwürfe Kramers.2 Ich frage die Landesregierung: 1. Welche Erkenntnisse oder tatsächlichen Anhaltspunkte liegen der Landesregierung zu Russland-Kontakten (im Sinne von personellen, organisatorischen und finanziellen Verknüpfungen) von Thüringer Rechtsextremisten , rechtsextremistischen Vereinigungen und solchen Personenzusammenschlüssen vor? 2. Welche Erkenntnisse oder tatsächlichen Anhaltspunkte liegen der Landesregierung zu der vom Präsidenten des Amts für Verfassungsschutz Kramer erwähnten "Destabilisierungsstrategie" Russlands vor? Worin besteht diese "Destabilisierungsstrategie"? In welchen "anderen europäischen Ländern" wird diese "Destabilisierungsstrategie" wie, durch welche Akteure und mit welchen Mitteln angewandt? 3. Wie definiert die Landesregierung "Rechtsnationale"? Welche Vereinigungen, Personenzusammenschlüsse , Vereine und Parteien in Thüringen fallen unter diese Definition? 4. Verfolgen nach Ansicht der Landesregierung "Rechtsnationale" in Thüringen verfassungsfeindliche Bestrebungen und wenn ja, welche? 5. Welche Erkenntnisse oder tatsächlichen Anhaltspunkte liegen der Landesregierung zu den Russland- Kontakten (im Sinne von personellen, organisatorischen und finanziellen Verknüpfungen) von Thüringer "Rechtsnationalen" vor? 6. Welche Erkenntnisse oder tatsächlichen Anhaltspunkte liegen der Landesregierung zu den personellen, organisatorischen und finanziellen Verknüpfungen von Thüringer Rechtsextremisten, rechtsextremistischen Vereinigungen und solchen Personenzusammenschlüssen in die folgenden Länder vor: K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Brandner (AfD) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Inneres und Kommunales 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/4458 a) Ukraine, b) Vereinigte Staaten von Amerika, c) Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (bitte einzeln benennen und gemäß der Fragestellung aufschlüsseln)? 7. Hat sich der Präsident des Amts für Verfassungsschutz zu seinen Äußerungen gegenüber der russischen Seite erklärt, gegebenenfalls entschuldigt und wenn nein, warum nicht? 8. Welche Auswirkungen haben die Äußerungen des Präsidenten des Amts für Verfassungsschutz nach Ansicht der Landesregierung auf die thüringisch-russischen Beziehungen? 9. Wie sollten Ausbau und die Intensivierung der thüringisch-russischen Beziehungen, namentlich der Beziehungen zwischen Thüringen und Tatarstan, erfolgen, wenn Russland - nach Ansicht des Präsidenten des Amts für Verfassungsschutz - gezielt die Destabilisierung Deutschlands und Thüringens betreibt? Das Thüringer Ministerium für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage namens der Lan desregierung mit Schreiben vom 6. September 2017 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Dem Amt für Verfassungsschutz liegen aus offener Nachrichtenbeschaffung folgende aktuelle tatsächliche Anhaltspunkte zu Russland-Kontakten von Thüringer Rechtsextremisten, rechtsextremistischen Vereinigungen und solchen Personenzusammenschlüssen vor: Am 7. Januar 2017 veranstaltete ein Südthüringer Rechtsextremist in dem Szeneobjekt "Gasthaus Goldener Löwe" in Kloster Veßra einen "Abend der deutsch-russischen Freundschaft". Hierbei trat der russische Liedermacher "Sadko" auf. Im März 2017 kündigte der bereits erwähnte Südthüringer Rechtsextremist für den Zeitraum vom 15. bis 19. Mai 2017 eine Reise nach Moskau an. Zu einer Durchführung der Reise ist es nicht gekommen. Auf dem Flyer zur Kundgebung "Rock gegen Überfremdung II" am 15. Juli 2017 in Südthüringen wurde ein Redner aus Russland angekündigt, der auch dort auftrat. Es handelt sich um den Gründer des Mode-Labels "White Rex". Er veranstaltete in der Vergangenheit europaweit diverse rechtsextremistische Kampfsportturniere . Zu 2.: Die Bundesrepublik Deutschland ist aufgrund ihrer wirtschaftlichen und politischen Stellung in Europa ein wichtiges Aufklärungsziel. Russische Nachrichtendienste interessieren sich für politische und wirtschaftliche Themen, insbesondere für die Bereiche Energie (Rohstoffsicherheit und Versorgung) und Militär (NATO Gipfel, Cyberstrategien, Wehrtechnik). Neben der reinen Informationsbeschaffung versuchen russische Dienste vermehrt, Einfluss auf Entscheidungsträger und die öffentliche Meinung in Deutschland zu nehmen. Wichtige Werkzeuge zur Verbreitung von Propaganda und Desinformationen sind soziale Netzwerke, der Kurznachrichtendienst Twitter, staatlich geförderte und private Institute sowie russische Staatsmedien. TV-, Radio - und Internetkanäle werden weltweit gezielt für Propaganda und Desinformationskampagnen eingesetzt . In Bezug auf die Situation in anderen europäischen Ländern besteht keine Zuständigkeit der Thüringer Landesregierung , so dass hierzu keine Aussagen erfolgen können. Zu 3. bis 5.: Die Fragen 3 bis 5 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Der Begriff des "Rechtsnationalismus" reicht bis in das 19. Jahrhundert zurück und bezeichnet kontinuierlich eine Strömung der politischen Rechten, die einen exklusiven Nationalismus vertritt. Vorrangiges ideologisches Merkmal ist die Betonung der eigenen Sprache und Kultur, mitunter komplementär die ausdrückliche Ausgrenzung anderer. Dementsprechend sind die Übergänge zum Rechtsextremismus fließend. 3 Drucksache 6/4458Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Die Verfassungsschutzbehörden verwenden den Begriff des "Rechtsnationalismus" nicht. Dementsprechend erfolgt durch das Amt für Verfassungsschutz keine Einordnung von Vereinigungen, Personenzusammenschlüssen , Vereinen und/oder Parteien als "rechtsnational". Zu 6 a): Dem Amt für Verfassungsschutz sind keine personellen, organisatorischen und finanziellen Verknüpfungen von Thüringer Rechtsextremisten, rechtsextremistischen Vereinigungen und solchen Personenzusammenschlüssen in die Ukraine bekannt. Zu 6 b): Dem Amt für Verfassungsschutz sind keine personellen, organisatorischen und finanziellen Verknüpfungen von Thüringer Rechtsextremisten, rechtsextremistischen Vereinigungen und solchen Personenzusammenschlüssen in die Vereinigten Staaten von Amerika bekannt. Zu 6 c): Verbindungen von Thüringer Rechtsextremisten, rechtsextremistischen Vereinigungen und solchen Personenzusammenschlüssen in die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union liegen vor allem in Form von Demonstrations - und Konzertteilnahmen sowie persönlichen Kennverhältnissen vor. Der Schwerpunkt liegt hierbei auf den Nachbarstaaten der Bundesrepublik Deutschland. Im Übrigen wird auf die Antworten der Landesregierung auf die Kleinen Anfragen 1919, 1920 und 1921 (Drucksachen 6/3753, 6/3722 und 6/3754) verwiesen. Darüber hinausgehende institutionelle Kooperationen oder ähnliches sind nicht bekannt. Zu 7. und 8.: Trotz der schwieriger gewordenen politischen und wirtschaftlichen Beziehungen zu Russland besteht ein Interesse, vor allem die kulturellen gesellschaftlichen und wissenschaftlichen Kontakte insbesondere auf regionaler Ebene weiter zu pflegen. Dabei sind auch bestehende Probleme, die im Verantwortungsbereich des Partners liegen, anzusprechen. Zu 9.: Seit dem Jahr 2011 haben sich die Kontakte zwischen Thüringen und der Republik Tatarstan, einer der wirtschaftlich interessantesten und dynamischsten Regionen in Russland, entwickelt. Im Juni 2016 wurde eine Projektliste (road map) unterzeichnet. Sie umfasst Projekte vor allem im wirtschaftlichen Bereich. Erfolgreiche Projekte auf regionaler Ebene können zur Stabilisierung der deutsch-russischen Beziehungen beitragen. Maier Minister Endnote: 1 Vergleiche http://www.mdr.de/nachrichten/politik/regional/blood-and-honour-neonazi-strukturen-thueringen-100.html. 2 Vergleiche https://de.sputniknews.com/politik/20170626316335555-thueringer-verfassungsschutzchef-kremls-neonezis /. Russland-Äußerungen von Verfassungsschutzpräsident Kramer Ich frage die Landesregierung: Zu 1.: Zu 2.: Zu 3. bis 5.: Zu 6 a): Zu 6 b): Zu 6 c): Zu 7. und 8.: Zu 9.: Endnote: