18.09.2017 Drucksache 6/4484Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 27. September 2017 Deichrückverlegung an der Unteren Gera - Teil I Die Kleine Anfrage 2436 vom 3. August 2017 hat folgenden Wortlaut: Im Thüringer Landesprogramm für Hochwasserschutz 2016 bis 2021 findet sich ein Maßnahmenkatalog zum Ausbau und zur Optimierung bestehender Hochwasserschutzinstrumente. Dazu zählt auch eine Deichrückverlegung am Risikogewässer Gera im Bereich zwischen Gebesee und Walschleben. Ich frage die Landesregierung: 1. Wie begründet die Landesregierung die Notwendigkeit einer Deichrückverlegung im Bereich zwischen Gebesee und Walschleben? 2. Hat die Landesregierung Alternativen zur Deichrückverlegung geprüft? Wenn ja, warum präferiert die Landesregierung die Deichrückverlegung? Wenn nein, warum nicht? 3. Welche Flächen im Bereich zwischen Gebesee und Walschleben sind bei der entsprechenden Maßnahme als Polder vorgesehen und welche Flächen werden für den Deichneubau beansprucht? 4. Wie weit ist nach Kenntnis der Landesregierung das Planungsverfahren der Maßnahme fortgeschritten und inwieweit werden Anlieger in dieses Verfahren einbezogen? 5. In welchem Zeitraum sollen die baulichen Maßnahmen vorgenommen werden und inwiefern wird es dabei zu Beeinträchtigungen bei der landwirtschaftlichen Nutzung der anliegenden Flächen kommen? 6. Trifft es zu, dass durch die Deichrückverlegung auch landwirtschaftlich genutzte Flächen als Polder genutzt werden sollen? Wenn ja, in welchem Umfang? 7. Trifft es zu, dass durch die Deichrückverlegung auch landwirtschaftlich genutzte Flächen für den Deichneubau genutzt werden sollen? Wenn ja, in welchem Umfang? 8. Werden neben den Flächen für Polder sowie Deiche weitere Flächen beansprucht? 9. Wer ist zukünftig für die Unterhaltung der beanspruchten Flächen zuständig? 10. Inwiefern wird die landwirtschaftliche Nutzung der entsprechenden Flächen durch die Deichrückverlegung beeinträchtigt? K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Kellner (CDU) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Umwelt, Energie und Naturschutz 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/4484 Das Thüringer Ministerium für Umwelt, Energie und Naturschutz hat die Kleine Anfrage namens der Lan desre gierung mit Schreiben vom 14. September 2017 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Während der Hochwasserereignisse 1994, 2003, 2011 und zuletzt im Mai/Juni 2013 kam es an mehreren Deichabschnitten entlang der Gera zu problematischen Situationen. Die Deiche wurden teils überströmt, teils durchströmt und konnten nur mit massiven Kräften vor Ort gehalten werden. Im Ergebnis einer für Teilbereiche der Hochwasserschutzanlagen durchgeführten Zustandsanalyse wurden ernsthafte Defizite in der Standsicherheit festgestellt. Dies war der Anlass für die Erstellung eines Hochwasserschutzkonzeptes. In diesem wurden verschiedene Varianten, unter anderem auch die Sanierung im Bestand untersucht. Dieses ergab, dass der Ausbaugrad der Bestandsdeiche nicht ausreichend ist, um den anliegenden Ortschaften einen angestrebten Hochwasserschutz von einem HQ100 zu gewährleisten. Die Variante Deichrückverlegung wurde im Ergebnis des Hochwasserschutzkonzepts unter anderem aus folgenden Gründen umgesetzt: 1. Die Deichrückverlegung war gegenüber den anderen Varianten (auch der Erhöhung auf der Bestandstrasse ) die wirtschaftlichste Variante. 2. Durch die Rückverlegung der Deiche können diese deutlich niedriger ausgeführt werden, als direkt am Gewässer liegende Deiche. 3. Die deutlich niedrigeren Deiche bei der Deichrückverlegung führen zu einem geringeren Flächenverbrauch. 4. Durch die niedrigeren und teilweise kürzeren Deiche können künftig die Unterhaltungskosten reduziert werden. Zudem ist eine grundsätzliche wasserwirtschaftliche Zielstellung, vernichteten Retentionsraum zur Reduzierung der Risiken für Unterlieger wieder zu aktivieren. Bei einer Erhöhung der bestehenden Anlagen wäre der Retentionsraum dauerhaft vernichtet und die Hochwassersituation für die Unterlieger verschlechtert worden . Damit wäre die Genehmigungsfähigkeit der Variante "Erhöhung und Verbreiterung auf der Bestandstrasse " nicht gegeben. Erst das Abrücken der Deiche vom Gewässer ermöglicht es somit, die Bevölkerung in den Ortschaften künftig vor einem HQ100 zu schützen. Nach dem Hochwasser 2013 wurde auf einer Sonderumweltministerkonferenz unter Thüringer Vorsitz die Aufstellung eines Nationalen Hochwasserschutzprogramms beschlossen. In diesem nationalen Programm werden die Maßnahmen geführt, die eine besondere länderübergreifende Bedeutung für den Hochwasserschutz haben. Das Projekt in der nördlichen Geraaue erfüllt die Kriterien. Es ist der Thüringer Beitrag für einen überregional bedeutenden Hochwasserschutz in dem von der Bundesregierung über den Sonderrahmenplan "präventiver Hochwasserschutz" anteilig finanzierten Programm. In dieses Programm werden ausschließlich retentionsraumschaffende Maßnahmen und insbesondere Deichrückverlegungen aufgenommen . Zu 2.: Ja, Alternativen wurden geprüft. Ich verweise auf die Antwort zu Frage 1. Zu 3.: Ein Polder im technischen Sinn (mit Steuerbauwerken) ist nicht vorgesehen. Es entstehen durch den Umbau des Hochwasserschutzsystems Flächen, die ab circa HQ20 mit Wasser bespannt werden. Im IST-Zustand ist dies ab circa HQ50 der Fall. Das Überschwemmungsgebiet bei einem HQ100 wird durch die Maßnahmen der Deichrückverlegung gegenüber dem IST-Zustand kleiner. Im IST-Zustand werden hier circa 940 Hektar, im PLAN-Zustand circa 700 Hektar landwirtschaftliche Fläche überschwemmt. Bei der Variantenplanung war es eine Zielstellung, dass auch nach einem Umbau des Deichsystems die landwirtschaftliche Nutzung grundsätzlich weiterhin gewährleistet ist. Dies ermöglicht die Variante der Deichrückverlegung. Für den Deichneubau vor den Ortslagen werden nach derzeitigem Planungsstand circa 25 Hektar an Fläche , davon circa 23 Hektar landwirtschaftliche Flächen, benötigt. 3 Drucksache 6/4484Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Zu 4.: Die Vorplanung liegt vor, die Entwurfsplanung wurde begonnen. Die Genehmigungsplanung soll bis Ende 2018 fertiggestellt sein. Anschließend soll das Vorhaben zur Genehmigung eingereicht werden. Das Konzept zur Planung wurde in Bürgerversammlungen in den betroffenen Gemeinden vorgestellt. Des Weiteren haben Abstimmungen mit den Bürgermeistern, dem Landratsamt, den Gemeindeverwaltungen und betroffenen Landwirten stattgefunden. Im Genehmigungsverfahren gibt es weiterhin eine formale Beteiligung. Zu 5.: Die Baumaßnahme wird in einzelnen Bauabschnitten umgesetzt. Hierzu sind insgesamt circa fünf bis sechs Jahre vorgesehen. Während der baulichen Umsetzung wird es zu Beeinträchtigungen von landwirtschaftlich genutzten Flächen im Bauumfeld kommen. Baustraßen und Baustelle werden sich weitgehend auf den Bereich der Trassen der Deichanlagen und der Schutzstreifen beschränken lassen. Zuwegungen, Baustraßen und Lagerflächen werden im Vorfeld der Ausschreibung mit den Landwirtschaftsbetrieben abgestimmt um Beeinträchtigungen zu minimieren. Der genaue Umfang wird im Zuge der Entwurfs- und Ausführungsplanung ermittelt. Zu 6.: Siehe Antwort zu Frage 3. Zu 7.: Siehe Antwort zu Frage 3. Zu 8.: Außer für Deichaufstandsflächen und Deichschutzstreifen werden keine weiteren Flächen in Anspruch genommen . Zu 9.: Für die Unterhaltung der Gera (Flusslauf) und der Hochwasserschutzbauwerke an der Gera ist die Thüringer Landesanstalt für Umwelt und Geologie zuständig. Zu 10.: Eine landwirtschaftliche Nutzung der Überschwemmungsflächen ist weiterhin gegeben. Die Überschwemmungsflächen werden zukünftig statistisch häufiger circa alle 20 Jahre überschwemmt. Auflagen, die eine landwirtschaftliche Nutzung der im Überschwemmungsgebiet liegenden Flächen einschränken, sind nicht vorgesehen. Auf den Deichaufstandsflächen ist eine landwirtschaftliche Nutzung nicht möglich. Im Übrigen verweise ich auf die Antworten zu den Fragen 1 und 3. Siegesmund Ministerin Deichrückverlegung an der Unteren Gera - Teil I Ich frage die Landesregierung: Zu 1.: Zu 2.: Zu 3.: Zu 4.: Zu 5.: Zu 6.: Zu 7.: Zu 8.: Zu 9.: Zu 10.: