22.09.2017 Drucksache 6/4530Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 5. Oktober 2017 Informationen zur Durchführung der Gebietsreform in Thüringen - Gespräche mit Gemeinden im Thüringer Ministerium für Inneres und Kommunales Die Kleine Anfrage 2211 vom 17. Mai 2017 hat folgenden Wortlaut: Im Rahmen der Freiwilligkeitsphase zu Neugliederungen kreisangehöriger Gemeinden finden seit vielen Monaten persönliche Gespräche mit Bürgermeistern, Verwaltungsgemeinschaftsvorsitzenden und/oder weiteren kommunalen Mandatsträgern im Thüringer Ministerium für Inneres und Kommunales statt. Die dabei mündlich gegebenen Auskünfte entsprechen nach Kenntnis der Fragestellerin scheinbar nicht immer der aktuellen Gesetzeslage nach dem Thüringer Gebietsreform-Vorschaltgesetz (ThürGVG) und der Thüringer Kommunalordnung (ThürKO) beziehungsweise lassen konkrete Fragen ohne Antworten, die jedoch für die Entscheidungsfindung vor Ort wichtig sind. Unter anderem fand ein solcher Beratungstermin im Thüringer Ministerium für Inneres und Kommunales am 9. Februar 2017 unter Anwesenheit von einer Mitarbeiterin vom Thüringer Ministerium für Inneres und Kommunales, von zwei Mitarbeitern des Thüringer Landesverwaltungsamts sowie zwei Mitarbeiterinnen der unteren Rechtsaufsichtsbehörde mit Vertretern der Verwaltungsgemeinschaft Bad Tennstedt statt. Entsprechend dem Thüringer Gebietsreform-Vorschaltgesetz vom 2. Juli 2016 sollen Einheits- und Landgemeinden auch im Jahr 2035 eine Einwohnerzahl von mindestens 6.000 erreichen. Eine privilegierte Landgemeinde nach § 45 a Abs. 13 ThürKO soll eine Mindestgröße von 10.000 Einwohnern haben. Gemäß § 5 Abs. 1 ThürGVG sollen Gemeinden, die im Landesentwicklungsprogramm Thüringen 2025 als Ober- oder Mittelzentrum ausgewiesen sind, durch Eingliederungen vergrößert werden. Nach der Fragestellerin vorliegenden Informationen wurden die betreffenden Ober- und Mittelzentren aufgefordert, bis Oktober 2017 ihre "Eingliederungswünsche" abzugeben. Im Nachgang zum oben genannten Gespräch ergeben sich folgende Fragen. Ich frage die Landesregierung: 1. Wie verfährt das zuständige Ministerium beziehungsweise die Landesregierung mit Verwaltungsgemeinschaften , deren Mitgliedsgemeinden sich innerhalb der "Freiwilligkeitsphase" bis zum 31. Oktober 2017 nicht auf freiwilliger Basis zu einer Landgemeinde zusammenschließen, hinsichtlich der zwangsweisen Durchsetzung welches der beiden gesetzlich möglichen Gemeindemodelle? Wird dann generell ausschließlich jeweils eine Einheitsgemeinde gebildet? 2. Entstehen bei einer zwangsweise neu gebildeten Gebietskörperschaft praktische beziehungsweise rechtliche Nachteile im Gegensatz zu einer freiwillig neu gebildeten Gebietskörperschaft (ausgenommen der Gemeindeneugliederungsprämie)? Wenn ja, welche? K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Lehmann (CDU) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Inneres und Kommunales 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/4530 3. Sollte sich die Mehrheit der heute in einer Verwaltungsgemeinschaft organisierten Gemeinden zu einer freiwilligen Gemeindeneugliederung bis 31. Oktober 2017 entschließen, andere Gemeinden der jetzigen Verwaltungsgemeinschaft beziehungsweise Umlandgemeinden der geplanten Gebietskörperschaft jedoch zwangsweise per Gemeindeneugliederungsgesetz zugeordnet werden: wie wird dann mit der in Aussicht gestellten Gemeindeneugliederungsprämie (100 Euro je Einwohner) verfahren? 4. Auf welches Jahr bezieht sich die Einwohnerzahl von 10.000 Einwohnern für eine privilegierte Landgemeinde ? Gilt bei freiwilliger Bildung einer privilegierten Landgemeinde die Einwohnerzahl (10.000 Einwohner ) anhand aktueller Einwohnerzahlen aus den Jahren 2015/2016 und nicht auf das Jahr 2035 bezogen ? Welche Rechtsnorm ist hierfür anwendbar? 5. Werden die angrenzenden Gemeinden oder Verwaltungsgemeinschaften über die oben genannten Eingliederungswünsche der Ober- und Mittelzentren informiert? Wenn ja, wann wird diese Information weitergegeben ? Wenn nein, weshalb ist keine Information vorgesehen? 6. Sollte die Eingliederung einzelner Gemeinden in ein Ober- beziehungsweise Mittelzentrum dazu führen, dass angrenzende Grundzentren mit den ihnen verbleibenden Umlandgemeinden keine den Bestimmungen des Vorschaltgesetzes genügenden freiwilligen Gemeindeneugliederungen vornehmen können : wie wird dann von Seiten der Landesregierung weiter verfahren? Wann und mit welcher Wichtung findet hier eine Interessenabwägung statt? 7. Gilt die Aussage des Innenministers anhand der jetzigen gesetzlichen Möglichkeiten noch, dass die Kreisgrenzen nicht "gemeindescharf" anzuwenden seien und sind daher Anträge von einzelnen Gemeinden innerhalb der Freiwilligkeitsphase zu Kreisübertritten Erfolg versprechend? Ist es richtig, dass in diesen Fällen keine Kreistagsbeschlüsse erforderlich sind? Das Thüringer Ministerium für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage namens der Lan desregierung mit Schreiben vom 21. September 2017 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Der Gesetzgeber hatte den Gemeinden im Rahmen des Vorschaltgesetzes zur Durchführung der Gebietsreform in Thüringen vom 2. Juli 2016 eine Freiwilligkeitsphase bis zum 31. Oktober 2017 eingeräumt. Der Thüringer Verfassungsgerichtshof hat mit seinem am 9. Juni 2017 verkündeten Urteil entschieden, dass dieses Vorschaltgesetz aus formellen Gründen nichtig ist. Die Regelungen des Vorschaltgesetzes sind damit nicht mehr Grundlage des Handelns der Landesregierung. Der Koalitionsausschuss hat mit Beschluss vom 15. August 2017 festgelegt, dass die pflichtige Phase der Gemeindegebietsreform nunmehr bis zum Wirksamwerden der Kreisgebietsreform am 1. Juli 2021 umgesetzt werden soll. Die Landesregierung wird sich über die Einzelheiten des weiteren Vorgehens verständigen und anschließend hierüber informieren. Dies schließt auch die Frage ein, welche Gemeindemodelle im Falle einer pflichtigen Gemeindeneugliederung zur Anwendung kommen sollen. Dessen ungeachtet hat der Prozess der freiwilligen Gemeindeneugliederung eine hohe Priorität und wird aktiv, bürgernah und transparent begleitet werden. Zu 2.: Bei einer kommunalen Neugliederung, die nicht auf einem Antrag der beteiligten Gemeinden beruht, können die Vorteile einer freiwilligen Gemeindefusion nicht zum Tragen kommen. Hierzu gehört in erster Linie die Möglichkeit, durch die Antragstellung und ihre Begründung die künftige Gemeindestruktur aus eigener Kenntnis der Verhältnisse vor Ort mit zu beeinflussen, zum Beispiel auch zur Frage, welches Gemeindemodell zur Anwendung kommen soll. Zudem können die Gemeinden im Vorfeld von Gemeindefusionen auf freiwilliger Grundlage vertragliche Vereinbarungen regeln und so Interessen des jeweiligen Ortes im Rahmen der Zusammenlegungs- bezie- 3 Drucksache 6/4530Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode hungsweise Eingliederungsverträge rechtlich absichern. Dies betrifft beispielsweise Vereinbarungen zum Ortsrecht, zu den örtlichen kommunalen Einrichtungen, zur Art und Weise der künftigen Unterstützung der ortsansässigen Vereine, zur Verwendung vorhandener Rücklagen und zu geplanten Investitionen. Derartige Verträge können nur so lange abgeschlossen werden, wie die Gemeinden existieren. Darüber hinaus besteht kein Anspruch auf die Leistung einer Fusionsprämie für freiwillige Gemeindefusionen. Nicht zuletzt haben freiwillige Gemeindeneugliederungen in der Regel eine wesentlich höhere Akzeptanz vor Ort. Zu 3. bis 7.: Auf die Antwort zu Frage 1 wird verwiesen. Maier Minister Informationen zur Durchführung der Gebietsreform in Thüringen - Gespräche mit Gemeinden im Thüringer Ministerium für Inneres und Kommunales Ich frage die Landesregierung: Zu 1.: Zu 2.: Zu 3. bis 7.: