06.10.2017 Drucksache 6/4598Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 18. Oktober 2017 Neonazistische Veranstaltungen "Rock gegen Überfremdung II" am 15. Juli 2017 und "Rock für Identität" am 29. Juli 2017 in Themar - Finanzen Die Kleine Anfrage 2424 vom 1. August 2017 hat folgenden Wortlaut: Am Sonnabend, dem 15. Juli 2017, fand in Themar das neonazistische "Rock gegen Überfremdung II", zwei Wochen später, am 29. Juli 2017, ein weiteres Rechtsrock-Event unter dem Namen "Rock für Identität" auf derselben Fläche statt. Beworben wurden, nach meinen Informationen, beide Veranstaltungen unter anderem mit einer "Abendkasse". Aus meinen Informationen, unter anderem aus Online-Kommentaren und Videos, geht hervor, dass für das "Rock gegen Überfremdung II" 35 Euro "Unkostenbeitrag" erhoben wurden , für das "Rock für Identität" 30 Euro. Die Veranstalter sprechen dabei auch von "Zahlungen" die "vorzunehmen " seien, um Tickets zu erhalten. Auf beiden jeweils als "politische Versammlung" angemeldeten Rechtsrock-Konzerten waren Verkaufsstände - von Verpflegungs- und Getränkeständen bis zu der rechten Szene zuzurechnenden Unternehmen und Versandhandelsfirmen - vertreten. Ich frage die Landesregierung 1. Hat die Landesregierung Erkenntnisse über die Eintritts- beziehungsweise Einlassregeln der beiden benannten Veranstaltungen am 15. und am 29. Juli 2017 in Themar? 2. Ist der Landesregierung bekannt, ob die Einlassregeln durch die Versammlungsbehörde oder Sicherheitsbehörden beobachtet und überprüft wurden (wenn ja, in welcher Weise und mit welchem Ergebnis)? 3. Hat die Landesregierung Kenntnis, ob die Teilnahme an den beiden Rechtsrock-Konzerten auch ohne die Zahlung von 30 Euro beziehungsweise 35 Euro möglich war und wenn ja, wie ist dies belegt? 4. Kann die Landesregierung bestätigen, dass für beide Veranstaltungen im Vorfeld Eintrittskarten beziehungsweise Tickets verkauft wurden und wenn ja, wie bewertet sie dies jeweils vor dem Hintergrund, dass beide Veranstaltungen im Rahmen des Versammlungsrechts stattfanden? 5. Liegen der Landesregierung Erkenntnisse oder Anhaltspunkte über Kosten für die als politische Versammlungen angemeldeten Rechtsrock-Konzerte vor, wie beispielsweise Bühne, Technik, Zelt et cetera (wenn ja, bitte einzeln nach Datum und Posten auflisten)? 6. Kann die Landesregierung eine Schätzung über Umsatz, Kosten und Gewinn der beiden Rechtsrock- Veranstaltungen abgeben (wenn ja, bitte einzeln auflisten)? K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten König-Preuss (DIE LINKE) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Inneres und Kommunales 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/4598 7. Ist der Landesregierung bekannt, ob die zuständigen Finanzbehörden Prüfvorgänge a) gegen die Organisatoren der Veranstaltungen und b) zu den Kontoinhabern eingeleitet haben und wenn nein, ist dies beabsichtigt (bitte jeweils begründen)? 8. Inwiefern wurden bislang Thüringer Finanzbehörden im Zusammenhang mit den beiden Veranstaltungen am 15. und am 29. Juli 2017 in Themar aktiv? 9. Liegen der Landesregierung Erkenntnisse oder Anhaltspunkte vor, welche Strukturen für das Entgegennehmen , Verwalten und Verteilen der Gelder aus den Veranstaltungen am 15. und am 29. Juli 2017 in Themar beteiligt waren und wofür mögliche Überschüsse verwendet werden, wenn ja, welche? 10. Liegen der Landesregierung weitere Kenntnisse über den Vertrieb der Tickets für die Konzerte vor, wenn ja, welche Angaben kann sie darüber machen? Das Thüringer Ministerium für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage namens der Lan desregierung mit Schreiben vom 6. Oktober 2017 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Der Landesregierung liegen hinsichtlich der Eintritts- beziehungsweise Einlassregeln des Veranstalters folgende Erkenntnisse vor: Die im Vorverkauf erworbenen Eintrittskarten wurden im Eingangsbereich zum Veranstaltungsgelände jeweils kontrolliert. Teilnehmer ohne Eintrittskarte konnten an einer Kasse am Einlass einen "freiwilligen Unkostenbeitrag " entrichten. Am 15. Juli 2017 wurde die Zahlung mittels Farbstifts durch ein Kreuz auf dem Handrücken des Teilnehmers gekennzeichnet; der zahlende Besucher am 29. Juli 2017 erhielt ein rotes Armbändchen. Zudem wurden bei beiden Veranstaltungen Versorgungscoupons in Höhe von zehn Euro an der Kasse zum Verkauf angeboten. Daran anschließend erfolgte eine Personenkontrolle durch den Ordnerdienst der Versammlung . Darüber hinaus lag am 15. Juli 2017 im Eingangsbereich vermutlich eine Namensliste aus. Teilweise konnten Teilnehmer nach Abgleich, ohne dass eine Zahlung ersichtlich war, das Versammlungsgelände betreten. Keine Erkenntnisse liegen vor, inwieweit diese Personen bereits im Vorfeld eine Zahlung geleistet haben. Zu 2.: Der Einlassbereich zum Versammlungsgelände wurde durch Polizeibeamte beobachtet. Eine Prüfung der Einlassregeln des Veranstalters fand nicht statt. Zu 3.: Anzunehmen ist, dass bei beiden Veranstaltungen das Funktionspersonal auch ohne Zahlung des jeweiligen Eintrittspreises auf das Veranstaltungsgelände gelangte. Auch die jeweiligen Redner/Bandmitglieder dürften mit großer Wahrscheinlichkeit keinen Eintritt entrichtet haben. Ob auch weitere Personen ohne Zahlung des Eintrittspreises an den Veranstaltungen teilnahmen, ist nicht bekannt. Im Übrigen wird ergänzend auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. Zu 4.: Für beide Veranstaltungen konnten Eintrittskarten im Vorverkauf erworben werden. Der Grundrechtsschutz des Artikels 8 Grundgesetz (GG) beschränkt sich nicht auf Zusammenkünfte traditioneller Art, sondern erfasst vielfältige Formen gemeinsamen Verhaltens. Der Verkauf von Eintrittskarten für die Veranstaltungen am 15. und 29. Juli 2017 in Themar und damit verbundene Gewinnerzielungsabsichten des Veranstalters stehen deren Einordnung als Versammlung im Sinne des Artikels 8 GG grundsätzlich nicht entgegen. Die nach § 1 Versammlungsgesetz erforderliche Öffentlichkeit der Versammlung bestimmt sich danach, ob die Versammlung einen abgeschlossenen oder einen individuellen nicht abgrenzbaren Personenkreis umfasst. Wesentliche Voraussetzung hierfür ist, dass jeder, der von einer solchen Zusammenkunft Kenntnis erhält, die Möglichkeit hat, an ihr teilzunehmen. Das Merkmal der Öffentlichkeit entfällt nicht 3 Drucksache 6/4598Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode deshalb, weil Eintrittsgelder erhoben werden. Auch zusammen mit dem Unterhaltungswert, der den Musikdarbietungen unstreitig zukommt, vermag dies hier das Übergewicht des Versammlungscharakters nicht in Frage zu stellen (vergleiche Verwaltungsgericht Meiningen, Beschluss vom 3. Juli 2017, 2 E 221/17 Me). Zu 5.: Erkenntnisse im Sinne der Fragestellung liegen nicht vor. Zu 6.: Einer Beantwortung dieser Frage stehen die Vorschriften des § 30 Abgabenordnung (AO) über den Schutz des Steuergeheimnisses entgegen. Auf Artikel 67 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Verfassung des Freistaats Thüringen wird insoweit verwiesen. Zu 7.: Es wird auf die Antwort zu Frage 6 verwiesen. Zu 8.: Im Vorfeld der genannten Veranstaltungen wurde von Seiten der Finanzverwaltung eine Schulungsmaßnahme für die bei den Veranstaltungen vor Ort Tätigen, wie die Polizeibeamten, durchgeführt. Damit wurde sichergestellt, dass zum Beispiel bei Auskunftsersuchen gemäß § 93 AO oder im Rahmen der Rechts- und Amtshilfe gemäß § 111 ff. AO umfassende und zielgerichtete Informationen, welche die steuerliche Auswertung unterstützen, zur Verfügung gestellt werden können. Soweit die Fragestellung darüber hinaus auf die durch das Steuergeheimnis geschützten Verhältnisse natürlicher oder juristischer Personen gemäß § 30 Abs. 2 AO zielt, wird auf die Antwort zu Frage 6 verwiesen. Zu 9.: Vorliegende Erkenntnisse deuten darauf hin, dass im Sinne der Fragestellung neben den Organisatoren auch Angehörige der rechtsextremistischen Gruppierung "Garde 20/Turonen" aufgrund deren organisatorischen Einbindung für die finanzielle Abwicklung der Veranstaltungen verantwortlich zeichneten. Zu 10.: Über soziale Netzwerke, Handys oder per E-Mail brachten die Organisatoren im Vorfeld Flyer der Veranstaltungen unter Angabe einer jeweiligen E-Mail-Kontaktadresse in Umlauf. Wurde per E-Mail Interesse an der Veranstaltung bekundet, beantwortete der Veranstalter diese und übermittelte Kontodaten, Preis und weitere Informationen. Im Falle einer Überweisung wurden dann zum Teil bereits einige Wochen vorher die Tickets per Post an die angegebene Wunschadresse verschickt und nähere Angaben zum Veranstaltungsort übermittelt. Das Bankkonto für die Überweisungen stellte für die Veranstaltung am 15. Juli 2017 ein Rechtsextremist aus Saalfeld und für die Veranstaltung am 29. Juli 2017 ein Rechtsextremist aus Bayern zur Verfügung. Maier Minister Neonazistische Veranstaltungen "Rock gegen Überfremdung II" am 15. Juli 2017 und "Rock für Identität" am 29. Juli 2017 in Themar - Finanzen Ich frage die Landesregierung Zu 1.: Zu 2.: Zu 3.: Zu 4.: Zu 5.: Zu 6.: Zu 7.: Zu 8.: Zu 9.: Zu 10.: