20.10.2017 Drucksache 6/4642Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 26. Oktober 2017 Ausführungen des Ministerpräsidenten zu Gemeindeneugliederungen im "Umland von Sonneberg" Die Kleine Anfrage 2447 vom 8. August 2017 hat folgenden Wortlaut: Die Zeitung "Freies Wort" fragte Ministerpräsident Bodo Ramelow in einem am 7. Juli 2016 veröffentlichten Interview "Gibt es Gemeindefusionen, die sie ablehnen werden?". Der Ministerpräsident antwortete wörtlich : "Da sage ich Ihnen ein aktuelles Beispiel aus Südthüringen. Es geht um drei Gemeinden im Umland von Sonneberg, die planen anscheinend jetzt so eine Art Abwehrfusion gegen Sonneberg." Anlässlich eines Besuchs in Neuhaus-Schierschnitz/Judenbach sagte der Ministerpräsident nach einem Bericht vom 24. Juli 2017 auf der Homepage des Abgeordneten Knut Korschewsky (Abruf 27. Juli 2017): "Der Kollege Korschewsky hatte mich im Nachgang sofort gerügt, wie ich so etwas verkünden könnte. Habe ich aber nicht, das wurde von einem Journalisten ergänzt, der wohl meinte, meine Gedanken lesen zu können. Ich hatte aber bei diesem Thema eine ganz andere Gemeinde im Kopf." In einem Bericht im Freien Wort vom 3. August 2017 ("Unschärfe" bei Abwehrfusionen - Ramelow: War nie gegen Föritztal) heißt es zu diesem Thema: "Bei der Autorisierung des Interviews habe es dann 'eine Unschärfe in der Staatskanzlei' gegeben, sodass die Aussage missverständlich sei." In einer Kontroverse mit der Fraktion der CDU im Thüringer Landtag und der Landtagsabgeordneten Beate Meißner auf Facebook schrieb der Ministerpräsident am 4. August 2017 hingegen wörtlich: "Das Interview vom 7. Juli 2016 ist eindeutig und von mir autorisiert worden. Also keine Beanstandung zu diesem Text ... Fakt ist und bleibt: ich habe keine Gemeinde Namen nicht genannt." (Satzbau des Originals beibehalten). Der Ministerpräsident führte im Rahmen der Kontroverse ferner aus: "In dem Interview wurden keine Namen genannt! Die Rede war von Krauthausen und Eisenach, sowie von Ichtershausen, Amt Wachsenburg und Arnstadt." Ich frage die Landesregierung: 1. Sind die zitierte Frage und Antwort so zu verstehen, dass der Ministerpräsident ein Beispiel für eine Gemeindefusion nennen wollte, die er ablehnt? 2. Ist die Antwort des Ministerpräsidenten so zu verstehen, dass er ausdrücklich ein Beispiel aus dem "Umland von Sonneberg" nennen wollte, dass er ablehnt? 3. Kann sicher ausgeschlossen werden, dass der Ministerpräsident Krauthausen, Eisenach, Ichtershausen , das Amt Wachsenburg und Arnstadt als zum "Umland von Sonneberg" gehörig ansah oder ansieht? 4. Enthält die zitierte Interviewpassage in Frage und Antwort "Unschärfen" oder ist sie "eindeutig", wie der Ministerpräsident annimmt, der den Text nach eigenen Angaben selbst autorisiert hat? K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Meißner (CDU) und A n t w o r t der Thüringer Staatskanzlei 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/4642 5. Welche Gemeinden im Landkreis Sonneberg planten zum Zeitpunkt des Interviews im Juli 2016 eine freiwillige Neugliederung? 6. Welche Gemeinden im Landkreis Sonneberg haben einen Antrag auf freiwillige Neugliederung eingereicht? 7. Auf welche Gemeinden hat sich der Ministerpräsident bezogen, nachdem er sein Beispiel selbst geographisch auf das "Umland von Sonneberg" eingeschränkt hat? 8. Können nach der Antrags- und Diskussionslage zum Zeitpunkt des Interviews im "Umland von Sonneberg " andere Gemeinden als Neuhaus-Schierschnitz, Judenbach und Föritz gemeint sein? 9. Ist nach hergebrachten Grundsätzen der Textauslegung davon auszugehen, dass der Ministerpräsident zum Zeitpunkt des Interviews diese geplante Gemeindefusion ablehnen wollte? 10. Wieso erweckte der Ministerpräsident gegenüber dem Landtagsabgeordneten Knut Korschewsky - nach seinen Angaben unmittelbar im Nachgang zu dem Interview - den Eindruck, dass er den freiwilligen Zusammenschluss der Gemeinden Neuhaus-Schierschnitz, Judenbach und Föritz nicht ablehne und sich darauf nicht bezogen habe? 11. Hat der Ministerpräsident zum Zeitpunkt des erwähnten Interviews mit dem Freien Wort am 7. Juli 2016 einen freiwilligen Zusammenschluss der Gemeinden Neuhaus-Schierschnitz, Judenbach und Föritz abgelehnt oder befürwortet? 12. Befürwortet der Ministerpräsident gegenwärtig einen freiwilligen Zusammenschluss der Gemeinden Neuhaus -Schierschnitz, Judenbach und Föritz oder lehnt er ihn ab? Der Thüringer Minister für Kultur, Bundes- und Europaangelegenheiten und Chef der Staatskanzlei hat die Kleine Anfrage namens der Lan desre gierung mit Schreiben vom 20. Oktober 2017 wie folgt beantwortet: Zu 1. bis 4. und 7. bis 10.: Herr Ministerpräsident hat sich im Laufe der Legislaturperiode in verschiedenen Medien zum Themenkomplex der Verwaltungs-, Funktional- und Gebietsreform geäußert. Mit diesen Äußerungen, die z. B. in Form von Interviews oder Berichterstattungen veröffentlicht wurden, verfolgte Herr Ministerpräsident einerseits das Ziel, die Bürgerinnen und Bürger über die von der Landesregierung beabsichtigten Maßnahmen in diesem für den Freistaat Thüringen notwendigen Reformprozess zu informieren. Andererseits zeigte er damit auch Problemlagen und Herausforderungen auf, die es im Reformprozess zu lösen gilt. Im Interview, das am 7. Juli 2016 im Freien Wort veröffentlicht wurde, ging Herr Ministerpräsident insbesondere auf die Probleme der Bildung von sog. "Kragengemeinden" bzw. von sog. "Abwehrfusionen" im Rahmen der Freiwilligkeitsphase der Gemeindegebietsreform ein. Zwar räumt die Landesregierung freiwilligen Neugliederungsmaßnahmen auf der gemeindlichen Ebene Vorrang ein. Eine entsprechende freiwillige Fusion kann jedoch nur dann Eingang in den Gesetzentwurf der Landesregierung zur Neugliederung von Gemeinden finden, wenn die begehrten Zusammenschlüsse sich an dem Leitbild und den entsprechenden Leitlinien für eine Gebietsreform orientieren und dem öffentlichen Wohl nicht zuwiderlaufen. Zum Zeitpunkt des o. g. Interviews waren das Leitbild und die Leitlinien der Gebietsreform im Freistaat Thüringen im Vorschaltgesetz zur Durchführung der Gebietsreform (ThürGVG) geregelt. Ein wesentlicher Aspekt dieses Leitbildes war die Stärkung der zentralen Orte. Intention dafür ist, dass die zentralen Orte höherer Stufe sowohl als historisch gewachsene überörtliche Versorgungszentren als auch als Impulsgeber und Ankerpunkt für die Regionalentwicklung hinsichtlich ihrer Umlandbedeutung eine wichtige Funktion zu erfüllen haben. Sowohl sog. "Kragengemeinden", die einen zentralen Ort im Fall ihrer Fusion teilweise umschließen , als auch sog. "Abwehrfusionen", die eingegangen werden, um einer Eingemeindung in den zentralen Ort zu entgehen, beeinträchtigen in negativer Weise die Entwicklungsmöglichkeit dieses Ortes. Überdies führt die Bildung von sog. "Kragengemeinden" dazu, dass die bestehenden Verflechtungsbeziehungen und die Belange der Regional- und Landesplanung oftmals unberücksichtigt bleiben. Im Rahmen der freiwilligen Gemeindeneugliederungen in der 5. Legislaturperiode wurden diese Aspekte seitens der damals amtierenden Landesregierung nicht immer in ausreichender Weise berücksichtigt. Dadurch sind zum Teil Gebietskörperschaften entstanden, die nunmehr einer zukunftsfähigen Bildung leistungs- und verwaltungs- 3 Drucksache 6/4642Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode starker Kommunen entgegenstehen. Dazu zählen auch Gemeindefusionen, die wie im Fall des Zusammenschlusses der Gemeinde Oberland und der Stadt Sonneberg, nach erfolgter Abwägung der Gründe des öffentlichen Wohls aus heutiger Sicht nicht hätten erfolgen dürfen. Auf diese Folgewirkungen hat Herr Ministerpräsident im Interview mit dem Freien Wort, das am 7. Juli 2016 veröffentlich wurde, hingewiesen. Das von ihm gewählte Beispiel "drei Gemeinden im Umland von Sonneberg " hatte Herr Ministerpräsident bewusst nicht konkretisiert, um nicht den laufenden Prüfungen des zuständigen Ministeriums für Inneres und Kommunales vorzugreifen. Bei den von Herrn Ministerpräsidenten auf Facebook am 4. August 2017 genannten Gemeinden - Krauthausen und Eisenach bzw. Ichtershausen, Amt Wachsenburg und Arnstadt - handelt es sich um derzeitige beispielhafte Fälle von zentralen Orten höherer Stufe, die von sog. "Kragengemeinden" umschlossen werden und die nicht im Umland von Sonneberg liegen. Soweit im Nachgang dieses Interviews Vermutungen seitens Dritter - am Interview unbeteiligter Personen - über konkrete Interviewinhalte angestellt werden, können sich diese denknotwendig nur im Bereich des Spekulativen bewegen. Rein spekulative Vermutungen und Interpretationen werden von der Landesregierung weder kommentiert noch bewertet. Zu 5. und 6.: Aus dem Landkreis Sonneberg stellten die Gemeinden Neuhaus-Schierschnitz, Judenbach und Föritz im Februar 2016 den Antrag auf Bestandsänderung nach § 9 Abs. 3 ThürKO (Gemeindezusammenschluss zur Einheitsgemeinde "Föritztal"), den sie am 15. Juni 2016 und 25. August 2016 ergänzten. Ob und gegebenenfalls welche freiwilligen Neugliederungen zum Zeitpunkt des Interviews im Juli 2016 im Landkreis Sonneberg außerdem geplant waren, ist der Landesregierung nicht bekannt. Zu 11. und 12.: Herr Ministerpräsident hat die Gemeinden Neuhaus-Schierschnitz, Judenbach und Föritz besucht, um sich vor Ort einen konkreten Eindruck in Bezug auf den von den Gemeinden gestellten Fusionsantrag zu verschaffen . Der Minister für Inneres und Kommunales erarbeitet derzeit den Entwurf eines Gesetzes zur freiwilligen Neugliederung kreisangehöriger Gemeinden. In diesen Gesetzentwurf werden die im Rahmen des o.g. Vor- Ort-Termins seitens Herrn Ministerpräsidenten gewonnenen Einschätzungen einfließen. Prof. Dr. Hoff Minister Ausführungen des Ministerpräsidenten zu Gemeindeneugliederungen im "Umland von Sonneberg" Ich frage die Landesregierung: Zu 1. bis 4. und 7. bis 10.: Zu 5. und 6.: Zu 11. und 12.: