09.04.2015 Drucksache 6/473Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 20. April 2015 Hochwasserschutz in Eisenach Die Kleine Anfrage 174 vom 19. Februar 2015 hat folgenden Wortlaut: Die Stadt Eisenach mit ihren neun Ortsteilen ist aufgrund der Lage an Nesse und Hörsel hochwassergefährdet . Maßnahmen zum Hochwasserschutz sind begonnen worden, dennoch sind große Flächen der Stadt, vor allem auch im Innenstadtbereich, noch nicht hinreichend geschützt. Medienberichten zufolge sollen in Eisenach für den Hochwasserschutz bis zum Jahr 2022 bis zu 60 Millionen Euro investiert werden, vorwiegend aus EU-Mitteln (vgl. Bericht der Thüringer Allgemeinen vom 26. Juni 2014). Im Koalitionsvertrag haben sich die Regierungsparteien für einen effektiven und natürlichen Hochwasserschutz ausgesprochen. Das Landesprogramm Hochwasserschutz solle dahin gehend angepasst werden. "Zusätzlichen Retentionsflächen, der Auenrevitalisierung und vergleichbaren Maßnahmen soll künftig Vorrang vor technischen Hochwasserschutzmaßnahmen eingeräumt werden", heißt es im Koalitionsvertrag weiter (vgl. Seiten 35 und 36 des Koalitionsvertrags). Diese vorgesehenen Ziele und Maßnahmen werden ausdrücklich begrüßt. Bezogen auf die Stadt Eisenach ergeben sich dennoch eine Reihe konkreter Fragen. Ich frage die Landesregierung: 1. Wie ist der Stand des für den Bereich Eisenach (Hörsel bis Nesse) erforderlichen Planfeststellungsverfahrens ? 2. Wie soll sichergestellt werden, dass die Hörsel nicht zu einem bloßen wasserführenden "Kanal" herabgestuft wird, sondern weiterhin wichtiger Bestandteil des regionalen Naturraums bleibt? 3. Ist für die Umsetzung der Hochwasserschutzmaßnahmen ein Ausgleich in Form eines Polders vorgesehen ? 4. Sind durch die Projektrealisierung sogenannte Unterlieger künftig höheren Gefahren ausgesetzt? 5. Mit welchem Kostenvolumen für das Gesamtprojekt rechnet die Landesregierung (bitte Aufschlüsselung nach Teilabschnitten)? 6. Aus welchen Programmen sind entsprechende Förderungen zu erwarten? K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Walk (CDU) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Umwelt, Energie und Naturschutz 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/473 7. Welche Förderregularien (Voraussetzungen) sind zu erfüllen? 8. Wie hoch wäre bei einer Förderung der Eigenanteil der Stadt Eisenach? 9. Ist eine Übernahme von Kosten durch Dritte rechtlich zulässig und vorgesehen, sollte die Stadt Eisenach keinen Eigenanteil leisten? 10. Wird eine Bürgerbeteiligung angestrebt? Wenn ja, in welcher Form? 11. Wann ist mit dem Beginn der Baumaßnahmen zu rechnen (gegebenenfalls zeitliche Darstellung der Teilabschnitte)? 12. Wann wird der Hochwasserschutz im Bereich Eisenach funktionstüchtig sein? Das Thüringer Ministerium für Umwelt, Energie und Naturschutz hat die Kleine Anfrage namens der Lan desre gierung mit Schreiben vom 8. April 2015 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Der Bereich Eisenach ist in fünf Abschnitte (Maßnahmenkomplexe - MK) geteilt, die gesondert planfestgestellt werden. MK1 von Fluss-km 4+050 bis 0+000 (Stedtfelder Straße bis Mündung in die Werra bei Hörschel) MK2 von Fluss-km 6+500 bis 4+050 (Einmündung des Mühlgrabens unterstrom der Brücke Kasseler Stra- ße bis Stedtfelder Straße); Teilobjekt Spicke Bereich des MK2 oberhalb des Gewerbegebiets "Auf dem Gries" MK3 von Fluss-km 10+000 bis 4+050 der Hörsel (Brücke Langensalzaer Straße bis Kasseler Straße) sowie von Fluss-km 0+420 bis 0+000 der Nesse (Brücke Langesalzaer Straße bis Mündung in die Hörsel ) MK4 von Fluss-km 5+460 bis 0+420 der Nesse MK5 von Fluss-km 15+000 bis 10+000 der Hörsel Zum MK1 liegt ein Planfeststellungsbeschluss vom 9. Dezember 2014 vor. Die bauvorbereitenden Fällarbeiten wurden Ende 2/2015 abgeschlossen. Der Beginn der Baumaßnahme ist im Sommer/Herbst 2015 vorgesehen, die bauliche Umsetzung erfolgt in 2015 und 2016. Für den MK2, Teilobjekt Spicke, wurde der Planfeststellungsantrag im Herbst 2014 eingereicht. Die bauliche Umsetzung ist für 2016/2017 vorgesehen. Der Bereich soll vorgezogen realisiert werden, um das Risiko für das Gewerbegebiet so früh wie möglich zu reduzieren. Für die MK2 und MK3 erfolgen die Abstimmungen mit der Öffentlichkeit im März/April 2015. Die Beantragung der Planfeststellung ist im Frühsommer 2016 vorgesehen. Die bauliche Umsetzung erfolgt in Teilabschnitten frühestens ab 2018 bis 2023. Für die MK4 und MK5 beginnen die Planungen in 2015. Der Projektstand wird zukünftig auf der Projekthomepage fortgeschrieben (http://www.thueringen.de/th8/ tlug/umweltthemen/wasserwirtschaft/wasserbau/projekte/howa_ea/index.aspx). Derzeit befindet sich die Seite im Aufbau bzw. in Bearbeitung. Zu 2.: Die Hörsel ist derzeit "kanalartig" im Stadtbereich ausgebaut. Zum Wiedererlangen der Leistungsfähigkeit wurden in den letzten zwei Jahren umfangreiche Fällarbeiten durchgeführt. Ein Ziel der Hochwasserschutzplanungen ist es, die Gewässerstruktur zu verbessern, das Gewässer also naturnaher zu gestalten. Das ist jedoch in dem durch die Infrastruktur begrenzten Raum nur so weit möglich, wie es im Einklang mit den Hochwasserschutzzielen steht. Auch soll das Gewässer besser in das Umfeld einbezogen werden. Hierzu sollen unter anderem Zugangsmöglichkeiten zum Gewässer geschaffen werden. 3 Drucksache 6/473Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Bestandteil der Aufgabenstellung für die Ingenieurbüros ist deshalb unter anderem der Nachweis der Konformität zur Wasserrahmenrichtlinie, der Nachweis der Umweltverträglichkeit, ein Landschaftspflegerischer Begleitplan, die Berücksichtigung städtebaulicher Belange und die Integration der Hochwasserschutzplanungen in das Stadt- und Landschaftsbild. Zu 3.: Untersuchungen zu Hochwasserrückhaltebecken gingen den derzeitigen Planungen voraus, die Suche nach Retentionsräumen in den Oberläufen von Nesse und Hörsel erfolgte planungsbegleitend. Hochwasserschutz durch technischen Rückhalt lässt nicht den Verzicht auf die innerörtlichen Maßnahmen zu. Ein Rückhalt in Form eines technischen Polders oder eines Hochwasserrückhaltebeckens wurde aufgrund fehlender Wirtschaftlichkeit für die weitere Planung ausgeschlossen. Zu 4.: Verschlechterungen für die Unterlieger durch die Hochwasserschutzmaßnahmen wird es nicht geben. Der Nachweis ist im Zuge der Genehmigung zu führen. Durch die Maßnahmen in Eisenach wäre ohne entsprechende Gegenmaßnahmen die Ortslage Stedtfeld schlechter gestellt. Aus diesem Grund werden die Gegenmaßnahmen im MK1, auf Höhe der Ortslage Stedtfeld, zuerst realisiert. Zu 5.: Die Kosten (Bauleistung, Planung, Sonstige Leistungen) unterliegen je nach Planungsstand immer noch hohen Unsicherheiten. Für die einzelnen Abschnitte rechnet die Landesregierung derzeit mit folgenden Kosten: MK1: rund 3 Millionen Euro MK2, Teilobjekt Spicke: rund 1,9 Millionen Euro MK2: rund 10 Millionen Euro MK3: gesamt rund 35 Millionen Euro MK4: 1,2 Millionen Euro MK5: 1,4 Millionen Euro Insgesamt kann von einem Investitionsvolumen von 50 bis 60 Millionen Euro ausgegangen werden. Zu 6.: Die Finanzierung der baulichen Umsetzung erfolgt aus dem Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE IV) - 2014 bis 2020. Zu 7.: Die Maßnahmen in Eisenach erfüllen die Fördervoraussetzungen. Zu Details verweise ich auf das Operationelle Programm des EFRE IV (2014 – 2020). Zu 8.: Vorhabensträger ist der Freistaat Thüringen. Eine Finanzierung aus dem EFRE IV beinhaltet einen 80-prozentigen EU- und einen 20-prozentigen Landesanteil. Regularien zur Beteiligung der durch das Vorhaben begünstigten Kommunen gibt es nicht. Somit steht ein Eigenanteil der Stadt nicht zur Diskussion. Zu 9.: Siehe Antwort zu Frage 8. Zu 10.: Eine Information und Beteiligung von Bürgern und vor allem Betroffenen bereits vor dem Planfeststellungsverfahren ist Voraussetzung für einen zügigen Planungs- und Umsetzungsprozess. Nach Klären der möglichen Varianten findet für die MK2 und MK3 die Öffentlichkeitsbeteiligung im März/April 2015 statt. Die Thüringer Landesanstalt für Umwelt und Geologie würde es begrüßen, sollte sich im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung die Möglichkeit eröffnen, konkrete Ansprechpartner, z. B. Vertreter der Anwohner, zu gewinnen und sie begleitend in die weiteren Planungen einzubeziehen. Zu 11.: Siehe Antwort zu Frage 1. 4 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/473 Zu 12.: Nach Umsetzung der Abschnitte MK2 und MK3 werden die Eisenacher Innenstadt sowie das Gewerbegebiet am Grieß vor Hochwasser geschützt sein. Damit ist das Risiko einer Überschwemmung für die Teile Eisenachs mit dem höchsten Schadenspotenzial reduziert. Anvisiert ist hierfür das Jahr 2023. Für die im Nachgang zu realisierenden Abschnitte im MK4 und MK5 wird mit einer Fertigstellung im Jahr 2025 gerechnet. Diese Zeitangaben sind mit Unsicherheiten behaftet. Wesentliche Unsicherheitsfaktoren sind dabei Dauer und Verlauf des Planfeststellungsverfahrens sowie die Bereitschaft der Betroffenen zur Mitwirkung. In Vertretung Möller Staatssekretär