15.11.2017 Drucksache 6/4749Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 23. November 2017 Einführung des Elektronischen Rechtsverkehrs in Thüringen - nachgefragt Die Kleine Anfrage 2576 vom 28. September 2017 hat folgenden Wortlaut: Am 16. Oktober 2013 wurde das Gesetz zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten im Bundesgesetzblatt verkündet. Durch das Gesetz sollen neue elektronische Zugangswege für die Anwaltschaft zur Justiz eingerichtet werden. In Beantwortung der Kleinen Anfrage 1323 in Drucksache 6/2871 teilte die seinerzeitige Staatssekretärin des Thüringer Ministeriums für Migration, Justiz und Verbraucherschutz mit, dass der Gesetzgeber für die Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs das Datum 1. Januar 2018 festgeschrieben hat. Jedes Bundesland könne diesen Termin bis zu zwei Jahre nach hinten verschieben (Optout). Strategisches Ziel sei es, den elektronischen Rechtsverkehr im Freistaat Thüringen ohne Optout-Klausel zum 1. Januar 2018 zu eröffnen. Bei der zeitlichen Umsetzung sind Unterschiede in den einzelnen Bundesländern ersichtlich. So veröffentlichte der Freistaat Bayern am 31. Januar 2017 bereits eine Verordnung zur Änderung der E-Rechtsverkehrsverordnung Justiz. Ich frage die Landesregierung: 1. Wie ist der Stand des Gesetzgebungsverfahrens und wann wird es für den Freistaat Thüringen eine verbindliche Rechtsverordnung zur Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs geben? 2. Inwieweit wird der Eröffnungstermin für die Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs im Freistaat Thüringen zum 1. Januar 2018 von der Landesregierung bestätigt? 3. Welche Erfahrungen beziehungsweise Schlussfolgerungen ergeben sich aus der Pilotierung des elektronischen Rechtsverkehrs am Verwaltungsgericht Weimar? 4. Wurden im Jahr 2017 weitere Pilotierungen zur Eröffnung des elektronischen Rechtsverkehrs gestartet? Wenn ja, welche und mit welchem aktuellen Stand? 5. Welche Zeitschiene ist für die schrittweise Anbindung der Thüringer Gerichte an den elektronischen Rechtsverkehr vorgesehen und gibt es für die einzelnen Gerichte einen konkreten Zeitplan? 6. Warum ist nicht vorgesehen, zeitgleich mit der Eröffnung des elektronischen Rechtsverkehrs auf die elektronische Gerichtsakte zu wechseln (Drucksache 6/2871, Antwort zu Frage 1)? 7. Welche Zeitschiene ist für die Einführung der elektronischen Akte in Gerichtssachen und der elektronischen Akte in Verwaltungssachen vorgesehen? K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Kowalleck (CDU) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Migration, Justiz und Verbraucherschutz 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/4749 8. Wie ist in diesem Zusammenhang die in einem Artikel der Ostthüringer Zeitung vom 15. Dezember 2016 getroffene Aussage zu werten, dass die elektronische Akte im Jahr 2018 landesweit auf den Weg gebracht werden soll? 9. Welche Strategie verfolgt die Landesregierung, den Zeitraum des Nebeneinanders von papiergebundenen und digitalen Arbeitsweisen zu minimieren, um auf diese Weise tatsächliche Einsparungen zu erzielen? 10. Wie wurden beziehungsweise werden die Mitarbeiter der Thüringer Justiz auf die Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs vorbereitet? 11. Welche Kosten entstanden bisher für den Freistaat Thüringen im Zusammenhang mit der Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs und welche Ausgaben sind in den folgenden Jahren zu erwarten (Kostenaufstellung nach Jahren, Einzelplänen und Haushaltstiteln)? Das Thüringer Ministerium für Migration, Justiz und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage namens der Lan desre gierung mit Schreiben vom 13. November 2017 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Derzeit ist der Bundesrat mit der Zustimmung zur Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer -Rechtsverkehr-Verordnung - ERVV) in Drucksache 645/17 befasst. Sofern die Verordnung mit Zustimmung des Bundesrates mit Wirkung zum 1. Januar 2018 in Kraft tritt, bildet sie die verbindliche Vorgabe für den elektronischen Rechtsverkehr für die vom Geltungsbereich erfassten Rechtssachen. Zu 2.: Die Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs im Freistaat Thüringen soll zum 1. Januar 2018 erfolgen. Offen ist derzeit noch die Frage, ob der elektronische Rechtsverkehr auch für den Bereich der Bußgeldsachen zum 1. Januar 2018 eröffnet werden kann. Zu 3.: In der Pilotierung hat sich gezeigt, dass die organisatorischen Aspekte deutlicher hervortreten als die technischen Aspekte. Die technische Umsetzung ist erfüllt. Die bislang bestehende Größenbeschränkung von Nachrichten auf 30 Megabyte ist nicht für alle Übersendungen ausreichend. Dieser Umstand ist dem Betreiber bereits bekannt und eine Erweiterung auf 150 Megabyte absehbar. Darüber hinaus wurde deutlich, dass durchaus mehr Arbeitsaufwand entsteht und dass sich dieser unter anderem zwischen Dienstgruppen verschiebt und sich somit die Anforderungen an die Qualifikationen der Dienstposten ändern. Zudem haben sich Anforderungen an räumliche Voraussetzungen und Gegebenheiten ergeben. Zu 4.: Bis dato wurden weitere Pilotierungen nicht gestartet. Zu 5.: Die Anbindung der Thüringer Gerichte an den elektronischen Rechtsverkehr erfolgt nicht schrittweise, sondern zum Stichtag 1. Januar 2018. Zu 6.: Aufgrund der Komplexität der Prozesse einer führenden elektronischen Akte an den Gerichten und Staatsanwaltschaften ist die Einführung der elektronischen Gerichtsakte zum 1. Januar 2018 nicht vorgesehen. Welchen Aufwand die Erfassung und Abbildung dieser Komplexität erfordern, zeigen auch die beispielhaften eAkte-Pilotverfahren in anderen Bundesländern. Zu 7.: Gesetzlich fixiertes Umsetzungsziel der elektronischen Gerichtsakte ist das Jahr 2026. Strategisches Ziel in der Thüringer Justiz ist die schnellstmögliche Umsetzung bis Ende 2024. Für die elektronische Verwaltungsakte sieht der Entwurf zum Thüringer E-Government-Gesetz (ThürEGovG) der Landesregierung vor, dass die Behörden des Landes spätestens ab dem 1. Januar 2023 ihre Akten elek- 3 Drucksache 6/4749Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode tronisch in einem zentralen Verfahren führen und der elektronische Datenaustausch zwischen den Landesbehörden ab 1. Januar 2025 ausschließlich elektronisch erfolgt. Zu 8.: Die Aussage ist nicht exakt wiedergegeben. Vielmehr sollte ab 2018 die Planung der Einführung der elektronischen Akte an den Gerichten intensiviert werden. Zu 9.: Hinsichtlich der elektronischen Gerichtsakte wird auf die Antwort zu Frage 7 verwiesen. Die vollständige elektronische Vorgangsbearbeitung soll nach den Vorgaben des Entwurfs zum Thüringer E-Government-Gesetz zur Optimierung der Verwaltungsprozesse bis zum 1. Januar 2030 standardisiert abgebildet werden. Hierzu werden die elektronische Verwaltungsakte, elektronische Fachverfahren und elektronische Antragsverfahren sukzessive aufgebaut. Für elektronische Antragsverfahren sieht das Onlinezugangsgesetz eine Umsetzung bis Ende 2022 vor. Dabei ist die Landesregierung bestrebt, den Übergangszeitraum und die damit einhergehende Parallelität von elektronischen und papiergebundenen Verfahren möglichst gering zu halten. Zu 10.: Es fanden zahlreiche Informationsveranstaltungen für die Mitarbeiter statt. Zuletzt wurden alle Behördenleiter , Direktoren, Präsidenten, Geschäftsleiter, Verwaltungsreferenten und Richter des Landgerichts Gera, der Verwaltungsgerichte sowie des Amtsgerichts Mühlhausen informiert. Ziel ist es, in Kürze die Informationen im Intranet der Gerichte verfügbar zu machen. Die Mitarbeiter der Thüringer Justiz werden nach den zu erwartenden Berührungspunkten jeweils in die Lage versetzt, mit dem elektronischen Rechtsverkehr ab 1. Januar 2018 umzugehen. Die Posteingangsmitarbeiter werden in die Drucker eingewiesen und separat geschult hinsichtlich Arbeitsabläufen und Aufruf von elektronischen Eingängen in der Software. Die Servicemitarbeiter der Registraturen und Geschäftsstellen werden geschult in Arbeitsabläufen und Bedienung der neuen Software. Die Entscheiderebene (Richter, Rechtspfleger, Staatsanwälte et cetera) werden mittels Handreichung schriftlich in Kenntnis gesetzt. Da sie zunächst keinen Zugang zur Software des elektronischen Rechtsverkehrs haben werden, wird zunächst keine Schulung erforderlich sein. Die Gerichtsvollzieher werden ebenfalls mittels Handreichung in Kenntnis gesetzt. Zu 11.: Eine genaue Zuordnung der bisher entstandenen Kosten ist nicht möglich, da die Beschaffungen von Hardware , Lizenzen, Dienstleistungen sowie die Beschäftigung von Projektmitarbeitern zugleich auch die Themenbereiche Ertüchtigung der IT-Infrastruktur für die Einführung und den Betrieb des elektronischen Rechtsverkehrs und der eAkte an den Gerichten betreffen. Insofern wird auf den Landeshaushaltsplan 2016/2017 Einzelplan 16 zur Informations- und Kommunikationstechnik zu Kapitel 16 05 Titelgruppe 70 verwiesen. Die zu erwartenden Ausgaben in den folgenden Haushaltsjahren 2018/2019 sind derzeit Gegenstand des parlamentarischen Haushaltsverfahrens zum Einzelplan 16 zur Informations- und Kommunikationstechnik bei Kapitel 16 05 Titelgruppe 70 sowie im Einzelplan 05 bei Kapitel 05 03 Titelgruppe 70. Hinsichtlich der Kostenaufstellung nach Jahren, Einzelplänen und Haushaltstiteln wird auf die Einzelpläne verwiesen. Lauinger Minister Einführung des Elektronischen Rechtsverkehrs in Thüringen - nachgefragt Ich frage die Landesregierung: Zu 1.: Zu 2.: Zu 3.: Zu 4.: Zu 5.: Zu 6.: Zu 7.: Zu 8.: Zu 9.: Zu 10.: Zu 11.: