10.04.2015 Drucksache 6/476Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 20. April 2015 Erfahrungen beim Bau von Justizvollzugsanstalten Die Kleine Anfrage 180 vom 25. Februar 2015 hat folgenden Wortlaut: Am 5. September 2014 wurde in Arnstadt die neue Jugendstrafanstalt in Betrieb genommen. Der Freistaat Thüringen plant in Kooperation mit dem Freistaat Sachsen den Bau einer weiteren Justizvollzugsanstalt in Zwickau. Dazu wurde eine Vereinbarung auf Länderebene geschlossen. Ich frage die Landesregierung: 1. Welche Erfahrungen wurden seit Inbetriebnahme der Jugendstrafanstalt in Arnstadt gemacht? 2. Welche Ansätze zur Optimierung anderer Justizvollzugsanstalten hinsichtlich Gebäude, Ausstattung und Organisation des Strafvollzugs gibt es? 3. Inwieweit werden die Erfahrungen und Hinweise der JustizvolIzugsbediensteten in die Planung und Umsetzung neuer Justizvollzugsanstalten einbezogen? Das Thüringer Ministerium für Migration, Justiz und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage namens der Lan desre gierung mit Schreiben vom 9. April 2015 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Die aufgelockerte und kleinteilige Bauweise der am 7. Juli 2014 in Betrieb genommenen Jugendstrafanstalt (JSA) Arnstadt wirkt sich positiv auf die Organisation des Haftalltags innerhalb der Hafthäuser und Vollzugsabteilungen aus. Durch die Integration der Diensträume des zuständigen Vollzugspersonals im jeweiligen Hafthaus werden die Wege sehr kurz gehalten und so können beispielsweise notwendige Gespräche zwischen den Gefangenen und Vollzugsabteilungsleiter, Vollzugsbediensteten, Sozialdienst und Psychologischem Dienst vor Ort geführt und die Organisation von abteilungsinternen Besprechungen und Maßnahmen deutlich vereinfacht werden. Insofern wird mit der für die Jugendstrafanstalt Arnstadt gewählten Bauweise den besonderen Anforderungen an einen Jugendvollzug Rechnung getragen. Darüber hinaus hat die Bauweise zu einer entspannten Atmosphäre beigetragen. K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Kowalleck (CDU) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Migration, Justiz und Verbraucherschutz 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/476 Zu 2.: Neben der Jugendstrafanstalt Arnstadt entspricht auch die Justizvollzugsanstalt (JVA) Tonna den Anforderungen eines modernen Strafvollzuges. Nach Fertigstellung des Neubaus der gemeinsamen Justizvollzugsanstalt mit dem Freistaat Sachsen in Zwickau sind unter Beachtung des aktuellen Haftplatzbedarfs in Thüringen bei den übrigen verbleibenden Justizvollzugsanstalten - die Verbesserung der Unterbringungsbedingungen der Gefangenen, insbesondere in Hinsicht der Um- setzung des gesetzlichen Anspruchs auf Einzelunterbringung, - die Verbesserung und der Ausbau der Behandlungs-, Beschäftigungs-, Therapie-, Freizeit- und Sport- möglichkeiten der Gefangenen und - die Verbesserung der Arbeitsbedingungen der Bediensteten weiterhin erforderlich. Ein weiterer Ansatz zur Optimierung ist die Erneuerung der technischen Ausstattung der Justizvollzugsanstalten (Betriebs- und Sicherheitstechnik) vor dem Hintergrund aktueller Vorschriften zum Brandschutz und des technischen Wandels von analoger auf digitale Technik. Die technischen Anlagen in den Thüringer Justizvollzugseinrichtungen entsprechen, mit Ausnahme der neuen Jugendstrafanstalt Arnstadt, nicht dem heutigen Stand der Technik. Daher wurde 2011 zunächst für die JVA Tonna ein Entwicklungskonzept zur Erneuerung der Nachrichten- und Sicherheitstechnik sowie zur Verbesserung des Blitzschutzes erstellt, das sich gegenwärtig in der Ausführungsplanung (Erstellung HUBau ) befindet. Neben den bauerhaltenden Maßnahmen und gesetzesbedingten Modernisierungen werden in den Justizvollzugsanstalten vor dem Hintergrund energetischer Anforderungen auch Energieeffizienzmaßnahmen durchgeführt . Als Beispiel sei hier die Installation von Photovoltaikanlagen auf den Dächern der JVA Goldlauter und JSA Arnstadt, die Errichtung und Betrieb einer Holzhackschnitzelanlage in der JVA Goldlauter und das Energieeinsparcontracting mit Blockheizkraftwerk in der JVA Untermaßfeld genannt. Zu 3.: Die Planung und Errichtung einer neuen Justizvollzugsanstalt wird zunächst grundsätzlich durch die gesetzlichen Rahmenbedingungen, insbesondere im Hinblick auf die Anforderungen an die Unterbringung, Behandlung und Beschäftigung als auch durch die künftige Zuständigkeit der Justizvollzugsanstalt bestimmt. Zudem werden solchen Neubaumaßnahmen durch bau- und haushaltsrechtliche Vorgaben Grenzen gesetzt. Orientierung für die konkrete Planung sind darüber hinaus, so auch bei dem gemeinsamen Neubau der Justizvollzugsanstalt mit Sachsen, die Empfehlungen für den Bau von Justizvollzugsanstalten. Diese bundeseinheitlichen Empfehlungen resultieren aus den Erfahrungen, die über Jahre beim Bau einer Vielzahl von Justizvollzugsanstalten bundesweit gewonnen wurden, und spiegeln die sich an die stetig fortentwickelnde Gesetzeslage und Rechtsprechung angepassten Bauneuordnungen im Bereich des Justizvollzuges wider. Zudem gewährleisten die Vorgaben der RLBau hinsichtlich der Verfahren und Zuständigkeiten bei der Durchführung von Bauaufgaben, dass der Nutzer bzw. die künftig nutzende Dienststelle von Beginn an bei der Planung der Neubaumaßnahme beteiligt ist. Die nutzende Dienststelle erstellt den Bauantrag und definiert damit die Bedarfsanforderung. In die Bedarfsanforderung fließen die Erfahrungen und Hinweise der in der nutzenden Dienststelle tätigen Bediensteten ein. Bei allen Bauvorhaben werden die Erfahrungen und Nutzeranforderungen soweit realisier - und vertretbar berücksichtigt und regelmäßig auch in den gemeinsamen Baubesprechungen erörtert. Dies gilt im Übrigen auch für die Maßnahmen der Bauunterhaltung, die einerseits auf den durch die Justizvollzugsanstalten gemeinsam mit dem TLBV erstellten Baubedarfsnachweisen und andererseits auf den Besprechungen zwischen Nutzer und dem TMMJV beruhen. Des Weiteren werden beim Neubau von Justizvollzugseinrichtungen die baulichen und technischen Erfahrungen der in den Fachreferaten der jeweils beteiligten Ministerien tätigen Bediensteten, die bereits Erfahrungen mit dem Bau von Justizvollzugseinrichtungen haben, eingebracht. Für den Neubau der gemeinsamen JVA Zwickau wurde gemäß Staatsvertrag eine eigene Baukommission eingerichtet, die sich aus Vertretern der beteiligten Ministerien beider Länder zusammensetzt. Der Baukommission obliegt die Aufgabe, den gemeinsamen Baubedarf einschließlich Erstausstattung der Vertragspart- 3 Drucksache 6/476Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode ner zu ermitteln und zu überwachen und notwendige Abstimmungen in der Bauplanung- und ausführung vorzunehmen. Sie soll dem Freistaat Thüringen die Möglichkeit eröffnen, eigene planerische Vorstellungen einzubringen und die Ziele des Staatsvertrages interessengerecht bereits während der Bauzeit umzusetzen. Auch hier werden die jeweiligen Erfahrungen aus den zurückliegenden Neubaumaßnahmen und die Hinweise der Bediensteten aus dem Betrieb dieser einfließen. Lauinger Minister