21.11.2017 Drucksache 6/4767Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 4. Dezember 2017 Verpflichtender Informatikunterricht an den Thüringer allgemeinbildenden Schulen Die Kleine Anfrage 2566 vom 6. September 2017 hat folgenden Wortlaut: Die Digitalisierung verändert die Arbeit. Tätigkeitsfelder und ganze Berufsbilder entfallen, neue Qualifikati onen und neue Kombinationen von Qualifikationen und damit auch neue Bildungsinhalte werden benötigt. Um die damit verbundenen Herausforderungen in der Gegenwart und Zukunft zu meistern, hat das Bun desministerium für Wirtschaft und Energie in der Digitalen Strategie 20251 die wichtigsten zehn Schritte in die Zukunft festgeschrieben. Darunter fällt auch die Zielstellung, die digitale Bildung in allen Lebensphasen zu realisieren. Konkret fordert das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, dass bis zum Jahr 2025 jeder Schulabgänger Grundkenntnisse in Informatik, der Funktionsweise von Algorithmen und im Program mieren haben soll. Im Kursplan Medienkunde für die Thüringer allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen sind die geforderten Qualifikationen wie die der Algorithmik und Programmierung nicht vorhanden. Ich frage die Landesregierung: 1. Stimmt die Landesregierung der These "Programmieren tritt künftig in seiner Bedeutung neben die Ba sisfähigkeiten Lesen, Schreiben und Rechnen." zu, wie sie in der WirtschaftsWoche Wahl'17, Ausgabe 37/2017 formuliert wurde und wie begründet sie ihre Haltung? 2. Teilt die Landesregierung die Zielstellung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie, dass bis zum Jahr 2025 jeder Schulabgänger Grundkenntnisse in Informatik, der Funktionsweise von Algorith men und im Programmieren haben soll und wie begründet sie ihre Haltung? 3. Sofern die Frage 2 mit Ja beantwortet wurde, welche Konsequenzen ergeben sich für die universitäre Lehrerausbildung, den Vorbereitungsdienst und in der Lehrerfort- sowie Lehrerweiterbildung bis zum Jahr 2019, damit jeder Schulabgänger bis zum Jahr 2025 über die oben genannten Grundkenntnisse verfügt? 4. Hat die Landesregierung eine entsprechende Vorsorge im Entwurf des Thüringer Haushaltsgesetzes 2018/2019 im Einzelplan 04 getroffen (wenn ja, bitte einzeln mit Verweis auf die jeweiligen Haushalts ansätze auflisten)? 5. Teilt die Landesregierung die Auffassung, dass die verpflichtende Einführung des Informatikunterrichts in Schulen mit einer Verdichtung der Besetzung offener Lehrstellen in der Thüringer Informatikbranche einhergeht und wie begründet sie ihre Haltung? 6. Teilt die Landesregierung die Auffassung, dass mit der verpflichtenden Einführung des Informatikunter richts in allgemeinbildenden Schulen die Grundlage einer attraktiven und wettbewerbsfähigen Berufs K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Krumpe (fraktionslos) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/4767 ausbildung im IT-Sektor geschaffen wird, sodass, wie der Thüringer Wirtschaftsminister Tiefensee in der Pressemitteilung vom 4. September 2017 konstatierte, Firmen in Thüringen mit den wachsenden Her ausforderungen der Industrie 4.0 Schritt halten können und wie begründet sie ihre Haltung? 7. Hält die Landesregierung daran fest, Medienkunde als Synonym für das Kernfach der informatischen Bildung zu verwenden, wie es aus der Drucksache 6/903 hervorgeht und wenn ja, wie begründet sie ihre Haltung? 8. Wie kann die Lern-, Leistungs- und Kompetenzentwicklung der Thüringer Schüler das oben genannte Mindestniveau in der informatischen Grundausbildung erreichen, wenn die Schulen einerseits eigenver antwortlich festlegen, wie die Ziele des Kursplans Medienkunde schülerorientiert vor dem Hintergrund des Schulprofils umgesetzt werden und andererseits das Erlernen von Algorithmen und Programmieren nicht Bestandteil des Medienkundeunterrichts in Thüringen ist? 9. In wie vielen Bundesländern ist das Fach Informatik für die allgemeinbildenden Schulen verpflichtend eingeführt, ab welcher Klassenstufe und wie ordnet sich die Thüringer Informatikbildung darin ein (bit te einzeln auflisten)? 10. In wie vielen allgemeinbildenden Schulen in Thüringen wird das Fach Informatik als Wahlpflichtfach an geboten (bitte aufschlüsseln zwischen grundlegendem und erweitertem Anforderungsniveau, aufge schlüsselt nach Schulart in der jeweiligen Relation zur Gesamtanzahl je Schulart im Freistaat Thüringen)? Das Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport hat die Kleine Anfrage namens der Lan desre gierung mit Schreiben vom 21. November 2017 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Die Landesregierung kann zu einer These auf hypothetischer Grundlage keine Aussagen treffen. Dem ho hen Stellenwert informatischer Bildungsinhalte wird in Thüringen bereits Rechnung getragen (siehe Antwor ten zu den Fragen 2 bis 4, 7 und 9). Zu 2. bis 4.: Eine Zielsetzung für das Jahr 2025 in Verbindung mit schon vorhandenen Bildungszielen muss differenziert und landesspezifisch betrachtet werden. Schon heute finden sich in den Thüringer Lehrplänen und im Kursplan Medienkunde informatische Inhalte zur Funktionsweise von Algorithmen und im Programmieren. Beispiel 1: "Der Schüler kann Grundlagen der Codierung von ausgewählten Daten beschreiben. (HTML, Unicode/ASCII, ...)"2 Beispiel 2: "Der Schüler kann einfache Gleichungen … mittels algebraischer Verfahren ohne Hilfsmittel lösen."3 Das Unterrichtsfach Informatik wird für alle Thüringer Schularten angeboten (Wahlfach, Wahlpflichtfach oder Fach mit grundlegendem beziehungsweise erhöhtem Anforderungsniveau). Zu 5. und 6.: Vor dem Hintergrund der Berufswahlfreiheit kann eine solche Hypothese durch die Landesregierung in ih rer tatsächlichen praktischen Wirkung nicht eingeschätzt werden. Zu 7.: Ja; der Kursplan Medienkunde vereint und verknüpft medienkundliche mit informatischen Inhalten und ist darauf ausgerichtet, den Schülerinnen und Schülern ein informatisches Basiswissen zu vermitteln. Insofern kann Medienkunde nicht als Synonym für ein Fach Informatik stehen. Es werden informatische Modelle zu gegebenen Sachverhalten vermittelt, die die Schülerinnen und Schüler darstellen können. Ebenso werden Medienprodukte auf der Grundlage von Modellierungen auch mithilfe von Informatiksystemen entwickelt. Schülerinnen und Schüler sollen unter anderem fachgerecht über informatische Sachverhalte kommuni zieren und bei der Lösung informatischer Probleme kooperieren, informatische Sachverhalte unter Benut zung von Fachbegriffen mündlich und schriftlich sachgerecht und altersgemäß darstellen sowie Wirkungs 3 Drucksache 6/4767Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode absicht und -ergebnis vergleichen und Schlussfolgerungen für künftige Produkte und deren informatische Modellierung ableiten. Zu 8.: Der Kurs Medienkunde für die Klassenstufen 5 bis 10 wird zurzeit von einem Team der Technischen Uni versität Ilmenau evaluiert. Ergebnisse liegen voraussichtlich Ende 2017 vor. Diese sollen Grundlage einer Überarbeitung des Kursplanes und der Rahmenbedingungen für die Umsetzung sein. Die Frage nach den informatischen Anteilen wird hierbei auch eine Rolle spielen. Zu 9.: In Thüringen ist Informatik in allen Schularten mit Sekundarstufe I Wahlpflichtfach. In der Qualifikationsphase der Thüringer Oberstufe wird Informatik als neu einsetzendes Fach mit grund legendem oder erhöhtem Anforderungsniveau angeboten. Im erhöhten Anforderungsniveau unter der Vor aussetzung der mindestens halbjährigen Teilnahme am Wahlpflichtfach Informatik in der Einführungsphase oder eines Nachweises anderweitig erworbener Kenntnisse und Fähigkeiten, die eine erfolgreiche Teilnah me erwarten lassen. Informationen über die verpflichtende Einführung des Fachs Informatik in den anderen Ländern liegen der Landesregierung nicht vor. Zu 10.: Die folgende Übersicht gibt einen Überblick über die Thüringer allgemeinbildenden Schulen, die im Schul jahr 2016/2017 den Kurs Medienkunde und das Fach Informatik anbieten. Für das Schuljahr 2017/2018 lie gen noch keine Daten vor. Es ist anzumerken, dass Informatik bis zur Klassenstufe 10 ein Wahlpflichtfach (aus mehreren angebotenen Fächern muss verpflichtend eine Anzahl ausgewählt werden) ist. In den Klas sen der Oberstufe ist es ein Wahlfach. Schulart ins ge samt Kurs Medienkunde* Fach Informatik als Wahlpflichtfach Als Wahlfach in der gymnasialen Oberstufe Auf grundlegendem Anforderungsniveau Auf erhöhtem Anforderungsniveau absolut in Prozente absolut in Prozente absolut in Prozente absolut in Prozente Grundschulen 444 444 100 Regelschulen 195 195 100 13 6,7 Gemeinschafts schulen 64 64 100 10 15,6 1 1,6 Gymnasien 96 96 100 47 49,0 87 90,6 6** 6,9 Gesamtschulen und sonstige 13 13 100 4 30,8 6 46,2 Kollegs 2 2 100,0 * Der Kurs Medienkunde wird verbindlich in allen allgemeinbildenden Schulen in den Klassenstufen 1 bis 10 fächer integriert nach schulinterner Lehr und Lernplanung unterrichtet. Für die Grundschulen gibt es den Kursplan Medi enkunde seit Februar 2017. ** Diese Gymnasien unterrichten auf grundlegendem und erhöhten Anforderungsniveau Holter Minister Endnote: 1 Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, URL: https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Publikationen/Digitale-Welt/ digitalestrategie2025.pdf, 5. September 2017. 2 Kursplan Medienkunde; URL:http://www.schulportal-thueringen.de/web/guest/media/detail?tspi=1897. 3 Lehrplan Mathematik, Regelschule; URL: http://www.schulportal-thueringen.de/web/guest/media/detail?tspi=1386. Verpflichtender Informatikunterricht an den Thüringer allgemeinbildenden Schulen Ich frage die Landesregierung: Zu 1.: Zu 2. bis 4.: Zu 5. und 6.: Zu 7.: Zu 8.: Zu 9.: Zu 10.: