29.11.2017 Drucksache 6/4800Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 11. Dezember 2017 Psychosoziale Betreuung von Schulbediensteten und Schülern in Thüringen Die Kleine Anfrage 2605 vom 18. Oktober 2017 hat folgenden Wortlaut: Nach Gewalttaten, Schockerlebnissen und anderen belastenden Ereignissen kann eine psychosoziale Betreuung notwendig werden. Ich frage die Landesregierung: 1. Welche Angebote der psychologischen Beratung und Betreuung stehen für Schulbedienstete und Schüler im Falle beispielsweise einer Gewalttat oder anderer psychisch belastender Ereignisse zur Verfügung ? Wie hat sich dieses Angebot seit dem Jahr 2000 entwickelt? 2. Wie läuft im Falle beispielsweise eines Übergriffs auf einen Lehrer die ärztliche und psychologische (Erst)-Versorgung ab? 3. Wie viele Personen befinden sich aufgrund von Vorfällen an Schulen in psychologischer Behandlung und wie hat sich deren Anzahl seit dem Jahr 2000 entwickelt? 4. Hat die Landesregierung Kenntnis über Fälle, in denen Schulbediensteten oder Schülern die psychosoziale Betreuung verweigert wurde oder nicht angeboten werden konnte und wenn ja, um welche handelt es sich dabei? 5. Inwiefern sieht die Landesregierung Handlungsbedarf, die Angebote zur psychologischen und psychosozialen Beratung und Betreuung auszuweiten und welche Maßnahmen sind dazu vorgesehen? Das Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport hat die Kleine Anfrage namens der Lan desregierung mit Schreiben vom 27. November 2017 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Pädagoginnen und Pädagogen stehen unter einem besonderen Druck, denn sie müssen täglich Autorität ausstrahlen und zugleich vertrauensvolle Ansprechpersonen für die Schülerinnen und Schüler sein. Keine Lehrkraft soll sich mit psychischer oder physischer Gewalt allein gelassen fühlen. Für Pädagoginnen und Pädagogen gibt es die Möglichkeit, sich mit einer Unterstützungsanfrage an den Schulpsychologischen Dienst Thüringen (SpD) zu wenden. K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Muhsal (AfD) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/4800 Das Gleiche gilt für Schülerinnen und Schüler sowie alle anderen Akteure im Schulsystem. Alle Anfragen und Gespräche werden selbstverständlich vertraulich behandelt. Die Angebote des SpD sind für alle Ratsuchenden kostenfrei. Der SpD arbeitet eng mit anderen schulischen sowie psychosozialen Einrichtungen zusammen und unterstützt Ratsuchende gegebenenfalls auch bei der Suche nach weiteren individuell passenden Anlaufstellen . Zu den Teams an den Staatlichen Schulämtern gehören Psychologinnen und Psychologen sowie Beratungslehrerinnen und Beratungslehrer. Die Teams können mit einem externen Blick Rat geben, wie beispielsweise bei Konflikten unter Schülerinnen und Schülern vermittelt werden kann, wie Kindern mit Prüfungsangst geholfen werden kann und wie mit den eigenen besonderen Herausforderungen besser umgegangen werden kann. Das Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport hat ein Faltblatt veröffentlicht, mit dem Pädagoginnen und Pädagogen, aber auch Eltern sowie Schülerinnen und Schüler auf die Angebote des SpD aufmerksam gemacht werden sollen. Der Flyer enthält Informationen zu den Hilfestellungen und Beratungsleistungen für die unterschiedlichen Zielgruppen sowie die Kontaktmöglichkeiten über die jeweiligen Staatlichen Schulämter. Er steht unter folgendem Link* zum Download zur Verfügung. Seit den Geschehnissen vom 26. April 2002 am Gutenberg-Gymnasium in Erfurt standen Referentinnen und Referenten für Schulpsychologie vermehrt vor der Aufgabe der Konflikt- und Krisenbewältigung an Schulen und unterstützten die Nachsorge für Betroffene. 2002 wurden 16 Referentinnen und Referenten für Schulpsychologie eingestellt. Vom 15. September 2003 bis zum 14. September 2004 war ein zusätzlicher Psychologe direkt am Gutenberg-Gymnasium tätig. In den Jahren 2011 und 2012 wurde der SpD auf den heutigen Stand von insgesamt 35 Stellen für Psychologinnen und Psychologen ausgebaut. Schulbediensteten und Schülerinnen und Schülern mit psychologischem oder psychiatrischem Beratungsoder Behandlungsbedarf steht daneben das reguläre gesundheitliche Versorgungssystem zur Verfügung. Dazu zählen die Beratungsangebote in den Sozialpsychiatrischen Diensten (SpDi) an allen Gesundheitsämtern der Landkreise und kreisfreien Städte mit ihren teilweise angliederten psychosozialen Kontakt- und Beratungsstellen. Für die stationäre und tagesklinische psychiatrische Behandlung, zum Beispiel akute beziehungsweise posttraumatische Belastungsstörung in Folge einer Gewalttat, stehen im Freistaat Thüringen zwölf psychiatrische Kliniken sowie sechs psychiatrische Kliniken für Kinder und Jugendliche zur Verfügung. Die voll- und teilstationären Behandlungsmöglichkeiten in den Kliniken werden durch die angegliederten psychiatrischen Institutsambulanzen (PIA) für die ambulante Behandlung komplettiert. Daneben stehen im Rahmen der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung Nervenärzte, Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendpsychiater zur Verfügung. Sowohl die stationären und teilstationären Betten als auch die Anzahl der psychiatrischen Institutsambulanzen haben sich seit dem Jahr 2000 erhöht. So hat sich beispielsweise die Anzahl der vollstationären Betten von 2002 bis 2017 in der Kinder- und Jugendpsychiatrie von 216 auf 301 Betten und in der Erwachsenenpsychiatrie von 1.503 auf 1.768 Betten erhöht. Auch im Bereich der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung ist eine Erhöhung der Planstellen zu verzeichnen , zum Beispiel von 2014 bis 2017 um 30,3 Planstellen. Zu 2.: Die Versorgung im Einzelfall hängt von den jeweiligen Umständen ab. Die Einsatzkräfte vor Ort sind auch in Psychischer Erster Hilfe geschult. Die weitere ärztliche Versorgung erfolgt dann über die Krankenversicherung oder die Unfallkasse. Weitere schulpsychologische Unterstützung kann ebenfalls erfolgen. Diese wird entweder mit der Meldung als "Besonderes Vorkommnis" oder direkt im zuständigen Staatlichen Schulamt angefragt. Bei schwerwiegenden psychischen Beeinträchtigungen werden weitere Netzwerkpartner (psychiatrische Kliniken, Traumatherapeuten et cetera) vermittelt. 3 Drucksache 6/4800Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Zu 3.: Der Landesregierung liegen hierzu keine statistischen Daten vor. Zu 4.: Das Beratungsangebot des Schulpsychologischen Dienstes steht allen Ratsuchenden im Schulsystem (Lehrer/-innen, Eltern, Schüler/-innen et cetera) zur Verfügung. Im Rahmen der kapazitiven Möglichkeiten erhalten nach erfolgreicher Auftragsklärung alle Betroffenen, welche sich auf das spezifische Beratungsangebot einlassen, entsprechende Unterstützung. Hinsichtlich der Bewilligungspraktiken der Krankenversicherungen oder der Unfallkasse liegen der Landesregierung keine Erkenntnisse vor. Zu 5.: Die Landesregierung schätzt die Angebote zur psychologischen und psychosozialen Beratung und Betreuung als angemessen ein. Die Weiterentwicklung der Angebote erfolgt im Rahmen der haushalterischen Möglichkeiten bedarfsgerecht. Holter Minister Endnote: * Vergleiche www.schulpsychologie.schulaemter.de. Psychosoziale Betreuung von Schulbediensteten und Schülern in Thüringen Ich frage die Landesregierung: Zu 1.: Zu 2.: Zu 3.: Zu 4.: Zu 5.: Endnote: