07.12.2017 Drucksache 6/4837Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 19. Dezember 2017 Prostituiertenschutzgesetz umsetzen - Situationsanalyse nach neuer gesetzlicher Regelung - Teil III Die Kleine Anfrage 2475 vom 23. August 2017 hat folgenden Wortlaut: Mit dem neuen Prostituiertenschutzgesetz gibt es einige Neuregelungen, die zu einem veränderten Umgang mit diesem Thema auch in Thüringen führen. Neue Vorschriften für Bordellbetreibende, Meldepflichten für die Prostituierten, Kondompflicht für Freier, Auflagen für Bordellbetreiberinnen und Bordellbetreiber sollen das Vorgehen gegen Zwangsprostitution erleichtern und die Ausbeutung im Sexgewerbe bekämpfen. Es besteht keine Transparenz und Klarheit für Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter seit dem am 1. Juli 2017 in Kraft getretenen Prostituiertenschutzgesetz. Das Gesetz bringt einige Neuerungen für Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter sowie Bordellbetreiberinnen und Bordellbetreiber, die auf einen besseren Schutz von Frauen und Männern in der Prostitution abzielen sollen. Betroffenenverbände sehen das skeptisch und Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter sehen sich in ihren Persönlichkeitsrechten beschnitten. Bis heute gibt es keine Regelungen und das führt zu großer Verunsicherung bei den Betroffenen. Für Thüringen gibt es nach Schätzungen des Landeskriminalamts Thüringen aus dem Jahr 2016 circa 500 Prostituierte an circa 197 Orten. Allerdings sind das keine verlässlichen Zahlen und speisen sich aus Kontrollen und polizeilichem Handeln. Die Umsetzung des neuen Gesetzes braucht Ideen, Konzepte und Mindeststandards. Ich frage die Landesregierung: 1. Wie sieht die Landesregierung die medizinische und psychologische Betreuung und Beratung der Prostituierten in Thüringen gesichert und welche Schwierigkeiten sind hier in den letzten Jahren zutage getreten? 2. Welche Ausstiegshilfen wurden und werden Prostituierten in Thüringen angeboten, wie wurden diese in den letzten fünf Jahren in Anspruch genommen und wie vielen Prostituierten gelang in den letzten Jahren konkret mit welchen Hilfen der Ausstieg? 3. Welche Maßnahmen zum Ausbau der Sozial- und Beratungsangebote für Prostituierte plant die Landesregierung ? 4. Ist eine Sozialberatung und/oder Ausstiegsberatung für Prostituierte in Thüringen vorgesehen? Gibt es Konzepte für eine Ausstiegsberatung, die der Landesregierung vorliegen? Welcher Träger soll die Beratungsarbeit übernehmen? 5. Welche Haushaltsmittel standen und stehen für Sozial- und Beratungsangebote für Prostituierte in den Jahren 2016, 2017 und 2018 zur Verfügung und welche Rolle spielen hier die Selbstorganisationen der Prostituierten? K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Stange (DIE LINKE) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Inneres und Kommunales 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/4837 Das Thüringer Ministerium für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage namens der Lan desregierung mit Schreiben vom 5. Dezember 2017 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Die gesundheitliche Beratung gemäß § 10 Prostituiertenschutzgesetz (ProstSchG) ist eine neue Aufgabe für den öffentlichen Gesundheitsdienst. Die Beratung soll gemäß § 10 Abs. 2 ProstSchG insbesondere zu Fragen der Krankheitsverhütung, der Empfängnisregelung, der Schwangerschaft und der Risiken des Alkohol - und Drogengebrauchs erfolgen. Bislang standen und stehen Prostituierten die niederschwelligen und anonymen Beratungsangebote der Gesundheitsämter auf Grundlage von § 19 Infektionsschutzgesetz (IfSG) bezüglich sexuell übertragbarer Krankheiten zur Verfügung. Des Weiteren können Prostituierte zu dieser Thematik die Beratungsangebote der Thüringer Aidshilfen nutzen. Darüber hinaus können sie eine Betreuung und Beratung in einer der 29 Psychosozialen Beratungs- und ambulanten Behandlungsstellen für Suchtgefährdete, Suchtkranke und deren Angehörige in Thüringen in Anspruch nehmen. Schwierigkeiten speziell im Zusammenhang mit der Beratung von Prostituierten sind nicht an die Landesregierung herangetragen worden. Für die Durchführung der gesundheitlichen Beratung wurde von der Landesvereinigung für Gesundheitsförderung Thüringen (AGETHUR e.V.) als Hilfestellung für die Vollzugsbehörde beziehungsweise die Beratenden im Auftrag des Thüringer Ministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie (TMAS- GFF) ein Leitfaden erstellt. Ein weiterer Ausbau der gesundheitlichen Beratung ist seitens des TMASGFF derzeit nicht vorgesehen. Im Rahmen der Zuständigkeitsverordnung wird unter anderem angestrebt, die Landkreise und kreisfreien Städte als untere staatliche Verwaltungsbehörden im Sinne einer möglichst ortsnahen und niedrigschwelligen Beratung der Prostituierten mit den Aufgaben zu betrauen. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 1 der Kleinen Anfrage 2473 verwiesen. Zu 2.: In der Antwort zu Frage 9 der Kleinen Anfrage 1371 (Landtagsdrucksache 6/2872) wurde hierzu bereits Folgendes mitgeteilt: "Opfer von Zwangsprostitution und Menschenhandel konnten im Zeitraum von 1990 bis 2010 die Beratungsstelle im Frauenhaus der Schwestern vom Guten Hirten aufsuchen. Im genannten Zeitraum wurden mit 15 Frauen Beratungsgespräche durchgeführt. Eine weitergehende Betreuung wurde über diese Beratungsstelle koordiniert. Seit 2010 wird diese Beratung durch das Zentrum gegen Gewalt an Frauen, dem Frauenzentrum Brennessel in Erfurt, angeboten. Im Zeitraum 2011 bis 2015 wurden jährlich insgesamt zwei bis drei Beratungsgespräche geführt. Das Thema Zwangsprostitution kristallisierte sich dabei erst im Verlauf von Beratungen zu anderen Themenfeldern heraus. Hintergrund ist, dass betroffene Frauen in der Regel nicht prioritär über dieses Thema sprechen wollen. Eine weitergehende Betreuung und Begleitung fand im normalen Beratungskontext des Frauenzentrums statt." Im Zeitraum Januar 2016 bis einschließlich September 2017 suchten zwei Frauen die Sozial- und Ausstiegsberatung des Frauenzentrums Brennessel auf. Zu 3. und 4.: Es wird auf die Antwort zu Frage 2 der Kleinen Anfrage 2475 verwiesen. Die Förderung/Einrichtung einer weiteren Beratungsstelle ist aufgrund der niedrigen Fallzahlen nicht geplant. Der Landesregierung liegen auch keine Konzepte anderer freier Träger für eine Ausstiegsberatung vor. Zu 5.: In der Antwort zu Frage 10 der Kleine Anfrage 1371 (Landtagsdrucksache 6/2872) wurde hierzu bereits Folgendes mitgeteilt: "Das Frauenzentrum Brennessel wird im Rahmen der Bereitstellung von niedrigschwelligen Beratungsangeboten für Frauen nach der Thüringer Frauenzentrenförderverordnung gefördert. Auch hier erfolgt keine zusätzliche Förderung der Beratungsstelle für Opfer von Zwangsprostitution und Menschenhandel." Dem ist an dieser Stelle nichts hinzuzufügen. Auch künftig wird es bei der üblichen Förderung des Frauenzentrums Brennessel bleiben. Maier Minister Prostituiertenschutzgesetz umsetzen - Situationsanalyse nach neuer gesetzlicher Regelung - Teil III Ich frage die Landesregierung: Zu 1.: Zu 2.: Zu 3. und 4.: Zu 5.: