17.01.2018 Drucksache 6/4954Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 30. Januar 2018 Nutzen Thüringer Bestatter eine Gesetzeslücke im Bestattungsrecht? - Teil II Die Kleine Anfrage 2587 vom 29. September 2017 hat folgenden Wortlaut: In der Thüringer Allgemeinen wurde am 4. September 2017 berichtet, dass in Sachsen-Anhalt bei einer unklaren Todesursache keine Obduktion vorgeschrieben ist. Bestatter aus Thüringen würden diese Regelung nutzen, um die strengeren Regeln in Thüringen zu umgehen. Offenbar werden Verstorbene von Thüringen aus dorthin zur Verbrennung transportiert, um Obduktionen zu vermeiden. Rechtsmediziner kritisieren , dass so die Möglichkeit bestünde, dass Todesfälle mit einer nicht natürlichen Todesart/Todesursache so nicht erkannt würden und Beweise bei Verbrennungen vernichtet würden. In den Medien wird seit vielen Jahren immer wieder berichtet, dass Kriminalisten und renommierte Rechtsmediziner beklagen, dass etwa jeder zweite Mord wegen mangelhafter Leichenschauen unentdeckt bleibe. Dazu gibt es auch eine Studie der Universität Münster aus dem Jahr 1997. Die darin genannten erschreckenden Zahlen sollen auch heute noch aktuell sein, so ein Bericht im Internet*. Die Gründe für nicht entdeckte Morde sind verschieden, beginnen aber immer mit der Leichenschau durch den herbeigerufenen Arzt. Nur eine qualifizierte Leichenschau kann Verbrechen aufdecken, deshalb fordern auch Rechtsmediziner bundesweit seit vielen Jahren neue gesetzliche Regelungen mit dem Vorschlag, dass nur speziell ausgebildete Ärzte diese vornehmen sollten. In einem Bericht auf der Homepage von WELT und N24 heißt es dazu beispielsweise: "Zwei von drei Tötungsdelikten bleiben unentdeckt. Todesursachen werden oft falsch eingeschätzt, Morde nicht erkannt. Ärzten fehlen Erfahrung und Zeit. Außerdem sitzen ihnen die Trauernden im Nacken." In § 6 Abs. 4 Thüringer Bestattungsgesetz (ThürBestG) ist eindeutig geregelt, wie bei einem nicht natürlichen Tod oder einer unklaren Todesursache zu verfahren ist. In § 21 ThürBestG ist geregelt, dass bei einer Feuerbestattung eine zweite Leichenschau durchzuführen ist. Ich frage die Landesregierung: 1. Welche Personalsituation gibt es derzeit in Thüringen in der Rechtsmedizin und wird diese als ausreichend eingeschätzt? Wie viele Obduktionen wurden in Thüringen in den Jahren 2014 bis 30. Juni 2017 jeweils vorgenommen? 2. Welche Maßnahmen will die Landesregierung einleiten, damit künftig die immer wieder von Fachleuten beschriebene hohe Dunkelziffer der unentdeckten Morde erheblich reduziert wird? Welche konkreten Gesetzesänderungen und personelle Maßnahmen müssten dafür ergriffen werden? Welche Rolle spielt bei den Überlegungen der Landesregierung der Kostenfaktor für das Land, der eigentlich bei diesem wichtigen, weil auch strafrechtlich besonderem Thema, nicht relevant sein sollte? K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Lehmann (CDU) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Inneres und Kommunales 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/4954 3. Kommt für die Landesregierung eine eigene und bundesweit beispielgebende Thüringer Regelung mit speziell für die Leichenschau ausgebildeten Ärzten, die beispielsweise wie die Amtsärzte bei den Landkreisen /kreisfreien Städten angesiedelt sind und ausschließlich die erste Leichenschau vornehmen dürfen , in Betracht, um mehr unnatürliche oder unklare Todesfälle aufzudecken? Falls nein, weshalb nicht? 4. Wie will die Landesregierung ihrer Verantwortung für die Bürger und die Einhaltung der Rechtsstaatlichkeit vollumfänglich in diesem Bereich künftig wahrnehmen beziehungsweise nachkommen? Das Thüringer Ministerium für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage namens der Lan desregierung mit Schreiben vom 16. Januar 2018 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Es gibt in Thüringen neben dem Institut für Rechtsmedizin im Universitätsklinikum Jena noch das Institut für Rechtsmedizin Gera-Zwickau, welches als gemeinnützige Stiftung im Zuständigkeitsbereich der Landesdirektion Sachsen liegt. Das letztgenannte Institut erbringt für den Einzugsbereich Gera auch rechtsmedizinische Leistungen für Thüringen. Es liegen der Landesregierung keine Angaben zur Personalsituation der Rechtsmedizin in Thüringen insgesamt und zur Gesamtzahl der Obduktionen in Thüringen vor. Zu 2.: Wie bereits im Teil I beschrieben, gibt es nach Auffassung der Landesregierung keine Gesetzeslücke. Die vorhandenen Regelungen bedürfen einer nachhaltigen Umsetzung. Die Klärung unklarer Todesfälle darf nach Auffassung der Landesregierung nicht vom Kostenfaktor abhängig sein. Zu 3.: Die geltenden Regelungen ermöglichen schon heute eine qualitätsgerechte ärztliche Leichenschau zur Aufdeckung unnatürlicher und unklarer Todesfälle. Auch die Landesärztekammer Thüringen betont, dass sich die Thüringer Ärztinnen und Ärzte durch Inanspruchnahme von entsprechenden Weiter- und Fortbildungsangeboten hinreichend für eine qualitätsgerechte Durchführung der ärztlichen Leichenschau qualifizieren können. Zudem muss auch in Thüringen der die zweite Leichenschau durchführende Arzt ein entsprechend qualifizierter Arzt des Öffentlichen Gesundheitsdienstes oder ein Facharzt für Rechtsmedizin, Pathologie oder Anatomie sein. Um jedoch die Regelung einer ärztlichen Leichenschau mit speziell für die Leichenschau ausgebildeten Ärzten , die ausschließlich die erste Leichenschau vornehmen dürfen, bewerten zu können, sollten die Erfahrungen des Bremer Modellprojekts abgewartet werden. Denn auch das Bremer Modellprojekt hat bereits eine Öffnung des ursprünglich auf Rechtsmediziner und auch besonders erfahrene Ärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes festgelegten Fachkreises für die qualifizierte Leichenschau dahingehend erfahren, dass nunmehr auch wieder qualifizierte Krankenhausärzte oder niedergelassene Ärzte die Leichenschau durchführen können. Die Landesregierung wird die weitere Entwicklung aufmerksam verfolgen. Zu 4.: Die Landesregierung kommt bereits derzeit ihrer Verantwortung für die Bürger und die Einhaltung der Rechtsstaatlichkeit in diesem Bereich nach. Meier Minister Endnote: * Siehe: www.kriminalpolizei.de. Nutzen Thüringer Bestatter eine Gesetzeslücke im Bestattungsrecht? - Teil II Ich frage die Landesregierung: Zu 1.: Zu 2.: Zu 3.: Zu 4.: Endnote: