21.04.2015 Drucksache 6/518Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 30. April 2015 Amtsverständnis des Thüringer Ministerpräsidenten Die Kleine Anfrage 231 vom 13. März 2015 hat folgenden Wortlaut: In der Thüringischen Landeszeitung vom 12. März 2015 wird der Thüringer Ministerpräsident Bodo Ramelow (DIE LINKE) in einem Interview mit folgenden Worten zitiert: "Mein Ziel ist es, drei Parteien erfolgreich zur nächsten Landtagswahl zu führen. Ich bin der Repräsentant dieser drei Parteien." Ich frage die Landesregierung: 1. Inwieweit geht der Ministerpräsident gegebenenfalls davon aus, neben seiner eigenen Partei, in der er keine leitende Funktion bekleidet, auch die Parteien der Koalitionspartner zu repräsentieren? 2. Wie skizziert der Ministerpräsident dieses Amtsverständnis näher? 3. Auf Grundlage welcher Beschlüsse der Parteien kommt der Ministerpräsident zur Feststellung, er sei der Repräsentant der Parteien DIE LINKE, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN? 4. Inwieweit fühlt sich der Ministerpräsident gegebenenfalls an Beschlüsse von Parteien gebunden? 5. Wie erklärt der Ministerpräsident die Diskrepanz zwischen seinen Aussagen im Zeitungsinterview und dem in Artikel 71 Abs. 1 der Verfassung des Freistaats Thüringen festgeschriebenen Amtsverständnis des Ministerpräsidenten, wonach er zuerst seine Kraft dem gesamten Volk widmen soll? 6. Rechnet der Ministerpräsident damit, dass die Koalitionsparteien zur nächsten Landtagswahl mit einer einheitlichen Liste antreten werden? Wenn nein, warum nicht? Der Minister für Kultur, Bundes- und Europaangelegenheiten und Chef der Staatskanzlei hat die Kleine Anfrage namens der Lan desre gierung mit Schreiben vom 19. April 2015 wie folgt beantwortet: Zu 1.: In seiner vorherigen Funktion als Vorsitzender einer der beteiligten Fraktionen hat der Ministerpräsident den Koalitionsvertrag mit ausgehandelt und unterschrieben. In der Drucksache 6/31 vom 2. Dezember 2014 haben die Fraktionen DIE LINKE, der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN mit Herrn Bodo Ramelow den gemeinsamen Vorschlag für die Wahl des Ministerpräsidenten eingereicht. Dieser gemeinsame Vorschlag K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Gruhner (CDU) und A n t w o r t der Thüringer Staatskanzlei 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/518 führte zur Wahl zum Ministerpräsidenten. Dem Regierungsprogramm liegt dieser Koalitionsvertrag zugrunde . Die Koalition aus den Parteien DIE LINKE, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN findet ihren repräsentativen Ausdruck insoweit sowohl im Ministerpräsidenten und dem von ihm ernannten Kabinett als auch in den Beschlüssen der diese Koalition tragenden Parteien und Landtagsfraktionen. Zu 2.: Sein Amtsverständnis hat der Ministerpräsident in seiner Antrittsrede im Landtag am Tag seiner Wahl dargelegt und in seinem Amtseid bekräftigt. Zu 3.: Auf die Antwort auf Frage 1 wird verwiesen. Zu 4.: Der Ministerpräsident ist an Verfassung und Gesetze gebunden und hat geschworen, seine Kraft dem Wohle des Volkes zu widmen, Verfassung und Gesetze zu wahren, seine Pflichten gewissenhaft zu erfüllen und Gerechtigkeit gegen jedermann zu üben. Der Amtseid schließt weitergehende Bindungen aus. Er schließt aber nicht aus, dass Beschlüsse von Parteitagen - sowohl der Koalition als auch der Opposition - dazu beitragen können, das Wohl des Volkes zu mehren. Dies entspricht im Übrigen auch der den Parteien im Grundgesetz zugeschriebenen Aufgabenstellung der Mitwirkung an der politischen Willensbildung des Volkes. Im Übrigen entwickeln Beschlüsse von die Regierung tragenden Parteien nicht selten über ihren eigenen Bereich hinaus politisch wirksame Kraft, indem sie das Regierungsprogramm z. B. durch Übernahme in das Handeln der Regierungsmitglieder oder Beschlüsse des Landtags mittels der Mehrheitsfraktionen konkretisieren oder neue Programmpunkte hinzufügen können. Dies hat logischerweise Einfluss auf die Tätigkeit des Ministerpräsidenten. Zu 5.: Auf die Antwort zu Frage 4 wird verwiesen. Zu 6.: Die Landesregierung sieht davon ab, Bewertungen nicht in ihrem Verantwortungsbereich liegender, hypothetisch angenommener und offenkundig abwegiger Fallkonstellationen abzugeben. Prof. Dr. Hoff Minister