19.01.2018 Drucksache 6/5226Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 2. Februar 2018 Studentenverbindungen in Thüringen Die Kleine Anfrage 2690 vom 30. November 2017 hat folgenden Wortlaut: An den Thüringer Hochschulen gibt es eine Vielzahl an traditionsreichen Studentenverbindungen, darunter welche die nur Männer oder nur Frauen aufnehmen sowie gemischte Bünde. Leider kommt es immer wieder zu (teils politisch motivierten) Vorfällen, bei denen Mitglieder und Eigentum der Korporationen Opfer von Gewalt werden. Ich frage die Landesregierung: 1. Wie viele Studentenverbindungen gibt es nach Kenntnis der Landesregierung in Thüringen? 2. Wie bewertet die Landesregierung den Beitrag, den Studentenverbindungen für die Gesellschaft im Allgemeinen und ihre Hochschule sowie Hochschulstadt im Speziellen leisten? 3. Gibt es einzelne Mitglieder in den Thüringer Studentenverbindungen, die durch Aktivitäten dem rechtsextremen Spektrum zugerechnet werden können (wenn ja, bitte nach Person, Hochschulstudium und Abschluss, Studentenverbindung sowie Aktivitäten auflisten)? 4. Wie bewertet die Landesregierung das Verhältnis der vom Verfassungsschutz beobachteten Burschenschaft Normannia zu Jena zu anderen Studentenverbindungen in Thüringen? 5. Gibt es nach Auffassung der Landesregierung in Thüringen Studentenverbindungen, die hinsichtlich des Zugangs zu ihnen in rechtlich zu beanstandender Weise diskriminieren? 6. Sind der Landesregierung Fälle von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit oder Diskriminierung von Menschen in Thüringen aufgrund deren Mitgliedschaft in einer Studentenverbindung bekannt (beispielsweise bei Mitgliedschaft in Vereinen/Parteien, Zutritt zu öffentlichen Veranstaltungen et cetera)? 7. Welche Fälle von Gewalt gegen Mitglieder von Studentenverbindungen beziehungsweise deren Eigentum (Häuser oder ähnliches) in Thüringen sind der Landesregierung seit dem Jahr 2010 bekannt (bitte nach Verbindung, Datum, Delikt und wenn möglich Verortung im Bereich Politisch motivierte Kriminalität aufschlüsseln)? K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Gruhner (CDU) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/5226 Das Thüringer Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft hat die Kleine Anfrage namens der Lan desre gierung mit Schreiben vom 19. Januar 2018 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Die Landesregierung hat keine Kenntnis über die Anzahl der in Thüringen ansässigen beziehungsweise organisatorisch aktiven Studentenverbindungen, da hierüber keine Statistik geführt wird. Zu 2.: Bei Studentenverbindungen handelt es sich um privatrechtliche Vereinigungen. Der Landesregierung liegen über die allgemein bekannten und zugänglichen Quellen hinaus keine besonderen Informationen zu deren Aktivitäten, politischer Ausrichtung, Aufnahmekriterien oder ähnliches vor. Für eine allgemeine Bewertung der Bedeutung ihres Wirkens besteht keine Veranlassung. Zu 3.: Das Amt für Verfassungsschutz beobachtet derzeit eine Burschenschaft in Thüringen, zu der tatsächliche Anhaltspunkte für rechtsextremistische Bestrebungen vorliegen. Hierbei handelt es sich um die Burschenschaft Normannia zu Jena. Es liegen Erkenntnisse über die personelle Verzahnung mit dem rechtsextremistischen Spektrum durch Mitgliedschaft aktiver Rechtsextremisten in der Burschenschaft vor. Die genaue Zahl ist nicht bekannt. Es wird ergänzend auf die Kleine Anfrage 733 "Burschenschaften in Thüringen" (Drucksache 6/1746) verwiesen. Im Übrigen wird von weiteren Angaben unter Hinweis auf Artikel 67 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Verfassung des Freistaats Thüringen insbesondere aus Datenschutzgründen abgesehen (vergleiche auch Thüringer Oberverwaltungsgericht vom 5. März 2014 - AZ 2E0 386/13). Zu 4.: Über eine strukturierte Zusammenarbeit der Burschenschaft Normannia zu Jena mit anderen Studentenverbindungen in Thüringen liegen keine Erkenntnisse vor. Gleichwohl können persönliche Kontakte untereinander nicht ausgeschlossen werden. Zu 5.: Hinsichtlich der Aufnahme in Studentenverbindungen und den Zugang zu deren Veranstaltungen wird auf die allgemein zugänglichen Quellen verwiesen. Kriterien können unter anderem Geschlecht, deutsche Volks- beziehungsweise Staatsangehörigkeit, weltanschauliches und religiöses Bekenntnis und universitäres Studium sein. Diesen Merkmalen kommt als Ausschlusskriterium bei Aufnahmen und dem Zugang zu privatrechtlichen Vereinigungen objektiv eine diskriminierende Wirkung zu, die aber rechtlich nur im Ausnahmefall zu beanstanden sein wird. Ungeachtet der hier in den Blick zu nehmenden Schutznormen, insbesondere Artikel 3 Grundgesetz (GG), wäre dies vor dem Hintergrund des durch die Vereinigungsfreiheit (Artikel 9 Abs. 1 GG) als Ausdruck der Privatautonomie geschützten Prinzips der freien sozialen Gruppenbildung nur der Fall, wenn die Rechtsordnung mit Rücksicht auf schwerwiegende Interessen der Betroffenen die Selbstbestimmung des Vereins über die Aufnahme von Mitgliedern nicht hinnehmen kann. Hiervon ist nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung nur auszugehen, wenn der Vereinigung eine überragende Machtstellung im wirtschaftlichen oder sozialen Bereich zukommt, was bei Burschenschaften nicht der Fall ist. Zu 6.: Die Landesregierung sieht Diskriminierung als eine illegitime Benachteiligung von Menschen aufgrund ihrer Zuordnung zu bestimmten sozialen oder kulturellen Kategorien. Diskriminierungskategorien sind insbesondere Geschlecht, sexuelle Orientierung, Hautfarbe, Alter, Behinderung, Religion oder soziale Herkunft. Die Landesregierung versteht unter gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit verschiedene, sich aus einer Ideologie der Ungleichwertigkeit ergebende, abwertende und ausgrenzende Einstellungen gegenüber Gruppen anderer Menschen. Einzelne Ausprägungen sind hier: Rassismus, Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus , Islamfeindlichkeit, Etabliertenvorrechte gegenüber dazukommenden Menschen, Sexismus sowie Heterophobie, verstanden als Angst vor Gruppen, die von der sogenannten Mehrheitsgesellschaft als "anders " definiert werden (zum Beispiel Homosexuelle, Behinderte oder auch Obdachlose). 3 Drucksache 6/5226Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Unabhängig davon, ob die Zugehörigkeit zu einer Studentenverbindung zu einer sozialen oder kulturellen Kategorisierung im vorverstandenen Sinn führt, sind der Landesregierung hieraus resultierende illegitime Benachteiligungen nicht bekannt. Zu 7.: Erkenntnisse im Sinne der Fragestellung liegen der Landesregierung nicht vor. Die Angehörigkeit der Geschädigten von Straftaten zu Parteien, Organisationen oder Vereinigungen wird im Rahmen der statistischen Auswertung nicht erfasst. Tiefensee Minister Studentenverbindungen in Thüringen Ich frage die Landesregierung: Zu 1.: Zu 2.: Zu 3.: Zu 4.: Zu 5.: Zu 6.: Zu 7.: