01.02.2018 Drucksache 6/5281Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 14. Februar 2018 Schutz der Artenvielfalt und naturgerechte Nutzung des Truppenübungsplatzes Ohrdruf Die Kleine Anfrage 2741 vom 20. Dezember 2017 hat folgenden Wortlaut: Wie der NABU - Naturschutzbund Deutschland e. V. auf einer Internetseite berichtet, hat sich auf ehemaligen Truppenübungsplätzen eine erstaunliche Artenvielfalt erhalten. Die außerordentliche Fülle von Flora und Fauna sei jedoch nicht auf den Rückzug der Armeen nach der Wiedervereinigung zurückzuführen, manche Arten haben sich gerade durch Schießbetrieb und Panzerfahrten beachtlich entwickeln können, da sich durch die zerstörerische Nutzung eine Eigendynamik herausbildete, die schlussendlich zum Fortbestand vieler Arten und Biotope führte. Diese Erkenntnisse führten zu einem Umdenken in der Biotoppflege: Biotope seien nicht termingerecht und in scharf abgegrenzten Parzellen zu pflegen, sondern, um die sogenannten Sukzessionsabläufe immer wieder zu durchbrechen, dürfte hinsichtlich der Biotoppflege in gewisser Weise "planlos" verfahren werden. Außerdem spiel(t)en einerseits Brände eine Rolle bei der Herausbildung von bestimmten Biotopen auf Truppenübungsplätzen, andererseits wurde nach der Umwandlung des Truppenübungsplatzes Ohrdruf in einen Standortübungsplatz die Feuerwehr der Bundeswehr abgezogen, so dass die Brandbekämpfung von den freiwilligen Feuerwehren gewährleistet werden muss. Ich frage die Landesregierung: 1. Wie stellt sich die aktuelle Situation in Hinsicht auf die Artenvielfalt von Flora und Fauna auf dem Truppenübungsplatz Ohrdruf dar? Sind dort besonders schützenswerte Arten heimisch und wenn ja, um welche Arten handelt es sich und welche Biotope besiedeln sie? Sind diese Lebensräume auf die (ehemals) militärische Nutzung zurückzuführen? 2. Werden von der Landesregierung Maßnahmen ergriffen, um den Erhalt der durch die militärische Nutzung entstandenen Biotope auf dem Truppenübungsplatz zu gewährleisten und wenn ja, um welche Maßnahmen handelt es sich? Wird der Erhalt der durch militärische Nutzung entstandenen Biotope präferiert oder soll den natürlichen Sukzessionsabläufen nach Abzug der Bundeswehr freien Lauf gelassen werden, was zur Verschiebung und Verarmung des Artenspektrums führen würde? 3. Erfolgt ein Monitoring bezogen auf Entwicklung der Artenvielfalt und möglicher Sukzessionsabläufe auf dem Truppenübungsplatz Ohrdruf und wenn ja, von wem wird das Monitoring durchgeführt und welche Ergebnisse liegen vor? 4. Sind für die Landesregierung Konzepte zur touristischen Nutzung der einmaligen Naturgegebenheiten vorstellbar, wie sie beispielsweise in der Nordoer Heide erfolgt? Wenn nein, warum nicht? Wenn ja, liegen Nutzungspläne beziehungsweise -gegebenheiten vor und wenn ja, wie sehen diese konkret aus? K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Kießling (AfD) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Umwelt, Energie und Naturschutz 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/5281 Werden dabei privaten Investoren Möglichkeiten der touristischen Nutzung unter Beachtung beziehungsweise Förderung des Naturschutzes eingeräumt? 5. Wie viele Einsätze der freiwilligen Feuerwehren erfolgten seit Abzug der Bundeswehrfeuerwehr auf dem Gelände des Truppenübungsplatzes Ohrdruf (bitte nach Jahren aufschlüsseln) und wie effektiv erfolgte die Brandbekämpfung? Welche Feuerwehren waren beteiligt? 6. Erhalten die freiwilligen Feuerwehren Unterstützung von der Landesregierung beziehungsweise der Bundeswehr und wenn ja, welche? Ist eine Unterstützung der Aufgabe der Brandbekämpfung durch Dritte denkbar, wenn nein, warum nicht? Das Thüringer Ministerium für Umwelt, Energie und Naturschutz hat die Kleine Anfrage namens der Lan desre gierung mit Schreiben vom 31. Januar 2018 wie folgt beantwortet: Vorbemerkung: Der überregionale Truppenübungsplatz (TÜP) Ohrdruf wurde 2013 zum regionalen Standortübungsplatz umgewidmet. In der nachfolgenden Beantwortung der Kleinen Anfrage wird er daher als solcher bezeichnet. Zu 1.: Der Standortübungsplatz Ohrdruf umfasst circa 4.640 Hektar Fläche und wird fast vollständig von zwei herausragenden Thüringer NATURA-2000-Gebieten überlagert, dem FFH-Gebiet DE 5130-302 "TÜP Ohrdruf - Jonastal" und dem Europäischen Vogelschutzgebiet DE 5130-420 "Ohrdrufer Muschelkalkplatte und Apfelstädtaue". Auf Grund der langjährigen militärischen Nutzung, verbunden mit einer geringen Stickstoffdüngung und keinem Pestizideinsatz, haben sich die Flächen zu besonderen Refugien für selten gewordene Lebensraumtypen und Arten entwickelt, die auf Landesebene teilweise herausragende Vorkommen aufweisen . Daher wurden die Flächen als wertvolle Bestandteile des ökologischen Netzes NATURA 2000 vom Freistaat an die EU-Kommission gemeldet. Im Dezember 2004 wurde es in die Liste von Gebieten von gemeinschaftlicher Bedeutung aufgenommen. Für das Europäische Vogelschutzgebiet "Ohrdrufer Muschelkalkplatte und Apfelstädtaue" erfolgte die Meldung an die EU-Kommission mit Schreiben vom April 2007. In den Standarddatenbögen sind die vorkommenden Arten und Lebensräume aufgeführt und können im Internet* eingesehen werden (Stand: Mai 2017). Zu 2.: Der Standortübungsplatz Ohrdruf befindet sich im Eigentum der Bundesanstalt für Immobilienangelegenheiten und ist an die Bundeswehr verpachtet, die ihn noch intensiv nutzt. In Wahrnehmung seiner Verantwortung für den Erhalt und die Verbesserung der Erhaltungszustände der NATURA-2000-Schutzgüter in den beiden unter Antwort zu Frage 1 genannten NATURA-2000-Gebieten hat der Freistaat Thüringen mit dem Bundesministerium der Verteidigung sowie der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben am 20. August 2013 eine "Vereinbarung über den Schutz von Natur und Landschaft auf militärisch genutzten Flächen des Bundes " geschlossen, die den Standortübungsplatz Ohrdruf umfasst. Ziel der Vereinbarung ist es, die grundsätzliche privilegierte Funktionssicherung der militärischen Nutzung mit den Zielen der ausgewiesenen NA- TURA-2000-Gebiete und den Normen des Bundes- und Landesnaturschutzgesetzes in größtmöglichem Umfang zum Ausgleich zu bringen. Die Frage nach einer Zulassung natürlicher Sukzession stellt sich nicht, weil der Platz noch militärisch genutzt wird. Außerdem besteht ein naturschutzrechtliches Verschlechterungsverbot für die Gebiete und damit auch für gemeldete pflegeabhängige Lebensraumtypen und Arten. Zu 3.: Nach Artikel 11 der FFH-Richtlinie ist der Erhaltungszustand der NATURA-2000-Schutzgüter zu überwachen . Daher wird auch auf den unter Antwort zu Frage 1 genannten NATURA-2000-Flächen des Standortübungsplatzes gemäß der unter Antwort zu Frage 2 zitierten Vereinbarung vom Bund in Abstimmung mit den zuständigen Naturschutzbehörden des Freistaats ein Monitoring durchgeführt. Die Ergebnisse werden im Jahr 2018 zusammengestellt und fließen in den für das Jahr 2019 anstehenden Bericht des Bundes und der Länder nach Artikel 17 FFH-Richtlinie an die EU-KOM ein. 3 Drucksache 6/5281Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Zu 4.: Die bestehende militärische Nutzung des Standortübungsplatzes sowie die auf circa 1.000 Hektar gegebene Munitionsbelastung schließen eine touristische Nutzung der in Rede stehenden Flächen aus. Es besteht ein Betretungsverbot. Zu 5.: Mit der Umwidmung vom überregionalen Truppenübungsplatz zum regionalen Standortübungsplatz Ohrdruf ist die Zuständigkeit für die Sicherstellung des Brandschutzes und der Allgemeinen Hilfe gemäß §§ 2 und 9 Thüringer Brand- und Katastrophenschutzgesetz (ThürBKG) auf die örtlich zuständigen Anrainergemeinden übergegangen. Auf Grund der Ausdehnung des Übungsplatzes sind mehrere Gemeinden im Landkreis Gotha und im Ilm-Kreis zuständig. Hinsichtlich der Effektivität der Einsätze werden keine Statistiken erhoben. Folgende Einsatzzahlen liegen der Landesregierung vor: Jahr Tag Einsätze Beteiligte Feuerwehren LK Gotha Ilm-Kreis 2015 01.07.2015 1 Brandeinsatz (Flächenbrand) Ohrdruf 01.09.2015 1 Fehleinsatz (Rauchentwicklung) Ohrdruf 2017 02.02.2017 1 Fehleinsatz (Rauchentwicklung) Ohrdruf 29.03.2017 1 Brandeinsatz (Flächenbrand) Ohrdruf, Wölfis 06.04.2017 Brandeinsatz (großer Flächenbrand über Truppenübungsplatz hinaus) Gossel, Crawinkel, lmenau, Rudisleben , Ichtershausen, Plaue, Arnstadt 22.06.2017 1 Brandeinsatz (Blitzeinschlag) Ohrdruf, Wölfis Arnstadt Zu 6.: Gemäß den sich aus dem Thüringer Brand- und Katastrophenschutzgesetz festgelegten Zuständigkeiten für die allgemeine Gefahrenabwehr sind zunächst die Gebietskörperschaften gehalten ihren Pflichtaufgaben nachzukommen. Die Gemeinden sind für die Aufgaben des örtlichen Brandschutzes und der örtlichen Allgemeinen Hilfe und die Landkreise für die Aufgaben des überörtlichen Brandschutzes und der überörtlichen Allgemeinen Hilfe zuständig. Darüber hinaus erhalten die Freiwilligen Feuerwehren sowohl von der Landesregierung als auch von der Bundeswehr Unterstützung im Rahmen der rechtlichen Vorgaben. Derzeit beschafft der Landkreis Gotha ein Tanklöschfahrzeug TLF 4000 für die Stützpunktfeuerwehr Ohrdruf , welches im Jahr 2018 in Dienst gestellt werden soll. Das Land beteiligt sich an dieser Beschaffung mit einer Zuwendung in Höhe von 120.000 Euro. Des Weiteren kann das Land die Gemeinden bei der Sicherstellung der Löschwasserversorgung, zum Beispiel bei Wald- und Flächenbränden auf schwer zugänglichem Gelände, durch die im Katastrophenschutzlager Ostthüringen an der Thüringer Landesfeuerwehrund Katastrophenschutzschule (TLFKS) vorgehaltenen Löschwasseraußenlastbehälter unterstützen. Die TLFKS hält insgesamt sieben Löschwasseraußenbehälter (3 x 5.000 Liter und 4 x 900 Liter Fassungsvermögen ) vor, welche im Ereignisfall abgerufen und mittels Hubschrauber zur jeweiligen Einsatzstelle transportiert werden können. Die Bundeswehr unterstützt die Feuerwehren durch Maßnahmen wie Festlegung von Rettungspunkten (definierte Anfahrtsstellen für Rettungsfahrzeuge), Verteilung von spezifischen Schrankenschlüsseln an jede Anrainerfeuerwehr zur Gewährleistung der Zufahrt, Bereitstellung von Feuerwehrplänen, Kennzeichnung von mit Munition belasteten Flächen mit roten, deutlich sichtbaren Warnschildern, Begleitung durch einen orts- und sachkundigen Feuerwerker beim Betreten dieser Flächen, Bereitstellung von Lotsen der Leit- und Kontrollstelle des Standortübungsplatzes zur Begleitung der Einsatzkräfte im Notfall und so weiter. Ergänzend dazu wird seitens der Bundeswehr bei bestimmten Schießübungen auf dem Standortübungsplatz noch eine Brandschutzkomponente (personell und materiell) gestellt. 4 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/5281 Weitere notwendige Unterstützungen hinsichtlich der Sicherstellung der Aufgabe der Brandbekämpfung ergeben sich aus den rechtlichen Vorgaben nicht. Siegesmund Ministerin Endnote: * Siehe: http://www.thueringen.de/th8/tlug/umweltthemen/naturschutz/natura2000/download_bereich/index.aspx. Schutz der Artenvielfalt und naturgerechte Nutzung des Truppenübungsplatzes Ohrdruf Ich frage die Landesregierung: Vorbemerkung: Zu 1.: Zu 2.: Zu 3.: Zu 4.: Zu 5.: Zu 6.: Endnote: