02.02.2018 Drucksache 6/5289Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 16. Februar 2018 Bußgeldbescheide auf Parkplätzen von Handelsketten in Thüringen Die Kleine Anfrage 2742 vom 21. Dezember 2017 hat folgenden Wortlaut: Anlässlich der sich häufenden Medienberichte über Handelsketten, die ihre Parkplätze zunehmend durch private Dienstleister überwachen lassen, sind Verbraucherinnen und Verbraucher auch in Thüringen irritiert . Hohe, von den Dienstleistern ausgestellte Bußgeldbescheide werden verschickt und fehlende Informationspraxis seitens der Handelsketten und der privaten Anbieter wird zum Ärgernis der Verbraucherinnen und Verbraucher. Die Dienstleister verteilen eigenständig Bußgeldbescheide an diejenigen Kundinnen und Kunden, die gegen die, oft nicht eindeutig erkenntliche, Parkplatzordnung verstoßen. Zu diesem Zweck müssen die Halterinnen beziehungsweise Halter der falsch geparkten Fahrzeuge abgefragt werden. Ich frage die Landesregierung: 1. Auf welcher rechtlichen Grundlage versenden private Dienstleister Bußgeldbescheide an Verbraucherinnen und Verbraucher, die mutmaßlich widerrechtlich bei Handelsketten parken? 2. Welche Handelsketten sind der Landesregierung bekannt, die von privaten Dienstleistern die Parkplätze überwachen lassen? 3. Welche privaten Dienstleister sind der Landesregierung bekannt, die in Thüringen Parkplätze bei Handelsketten überwachen? 4. Sind der Landesregierung Beschwerden von Verbraucherinnen und Verbrauchern bekannt, die sich über überhöhte Bußgeldbescheide von privaten Dienstleistern zum Parken beschweren? 5. Wie genau gestaltet sich das oben genannte Geschäftsmodell der privaten Dienstleister auf Parkplätzen von Handelsketten nach Kenntnis der Landesregierung? 6. Dürfen private Dienstleister auf Parkplätzen der Handelsketten Halterabfragen durchführen und wie ist das mit dem Datenschutz vereinbar? 7. Woher bekommen die privaten Dienstleister ihre Informationen bei der Halterabfrage der Fahrzeuge? 8. Sind nach Kenntnis der Landesregierung private Parkplatzüberwachungsunternehmen in Thüringen ansässig ? 9. Wie gestalten sich die Regelungen zur Hinweispflicht und Beschilderung von Parkplätzen bei Handelsunternehmen ? K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Pfefferlein (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Migration, Justiz und Verbraucherschutz 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/5289 10. In welchem Rahmen bewegen sich die möglichen Strafen, die von den privaten Dienstleisterunternehmen verordnet werden können? 11. Sind der Landesregierung gesetzliche Regelungen bekannt, die private Parkplatzüberwachungen und die damit einhergehenden Bußgelder regulieren? 12. An wen können sich Verbraucherinnen und Verbraucher wenden, wenn sie das Gefühl haben, durch einen privaten Dienstleister zu Unrecht mit einem Bußgeldbescheid belegt worden zu sein? Das Thüringer Ministerium für Migration, Justiz und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage namens der Lan desre gierung mit Schreiben vom 1. Februar 2018 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Private Dienstleister sind nicht berechtigt, Bußgeldbescheide zu erlassen. Wenn private Dienstleister Geldforderungen wegen widerrechtlichen Parkens auf einem Privatparkplatz geltend machen, kann es sich um die Geltendmachung zivilrechtlicher Vertragsstrafen aufgrund eines privatrechtlichen Vertrages zwischen dem Parkplatznutzer und dem Parkplatzbetreiber handeln (§§ 339 ff., 535 ff. Bürgerliches Gesetzbuch - BGB). Zu 2.: Nach Auskunft der unteren Gewerbebehörden sind folgende Handelsketten im Zusammenhang mit einer Parkplatzüberwachung durch private Dienstleister in Erscheinung getreten: Altenburg: Penny; EDEKA; Bahnhofscenter (mehrere Handelsunternehmen) Weimar: LIDL Gera: unbestätigte Hinweise auf Überwachung, konkreter Markt nicht bekannt Hildburghausen: EDEKA Schmölln: Kaufland Saalfeld: LIDL Bad Frankenhausen: LIDL (nur bei zwei Veranstaltungen pro Jahr) Zu 3.: Die unteren Gewerbebehörden haben auf Nachfrage folgende Unternehmen benannt: Altenburg: fair parken GmbH (Düsseldorf); PRS Parkraum Service GmbH (Wickede) Hildburghausen: VKS Rostock (Rostock) Ilmenau: ParkRaumManagement GmbH (Erlangen) Schmölln: PRS Parkraum Service GmbH (Wickede) Zu 4.: Die Verbraucherzentrale Thüringen e. V. hat vereinzelt Anfragen zu der Thematik erhalten. Darüber hinaus sind der Landesregierung keine Beschwerden von Verbraucherinnen und Verbrauchern bekannt. Zu 5.: Hierüber liegen der Landesregierung keine konkreten Erkenntnisse vor. Grundsätzlich können Handelsgesellschaften Parkplätze an private Dienstleister zur Parkplatzbewirtschaftung verpachten oder einen privaten Dienstleister mit der Überwachung des Parkplatzes beauftragen und etwaige Ansprüche gegenüber unrechtmäßig Parkenden an den Dienstleister abtreten. Voraussetzung für die Verwirklichung einer Vertragsstrafe ist, dass zwischen dem Nutzer und dem Inhaber beziehungsweise Betreiber eines Parkplatzes ein Vertrag über die Parkplatznutzung zu bestimmten Parkbedingungen geschlossen wird. Nach allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen kommt ein Vertrag über die Nutzung eines der Allgemeinheit zugänglich gemachten Privatparkplatzes in der Weise zustande, dass ein Fahrzeugführer das Fahrzeug dort abstellt und damit das Angebot zum Parken annimmt. Die Parkbedingungen und ein Vertragsstrafe-Versprechen können als Allgemeine Geschäftsbedingungen wirksam in den Vertrag einbezogen sein, wenn darauf ausreichend durch Hinweisschilder aufmerksam gemacht worden ist (vergleiche AG Brandenburg, Urteil vom 26. September 2016 - 31 C 70/15 -, zitiert nach juris). Zu 6.: Die in Registern der örtlichen Kfz-Zulassungsstelle und beim Kraftfahrt-Bundesamt gespeicherten Halterdaten unterliegen als personenbezogene Daten grundsätzlich dem Datenschutz. Als Rechtsgrundlage für 3 Drucksache 6/5289Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode eine Übermittlung von Fahrzeug- und Halterdaten kommt § 39 Abs. 1 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) in Betracht. Danach sind die dort im Einzelnen aufgeführten Fahrzeugdaten und Halterdaten durch die Zulassungsbehörde oder das Kraftfahrt-Bundesamt zu übermitteln, wenn der Empfänger unter Angabe des betreffenden Kennzeichens oder der betreffenden Fahrzeug-Identifizierungsnummer darlegt, dass er die Daten zur Geltendmachung, Sicherung oder Vollstreckung oder zur Befriedigung oder Abwehr von Rechtsansprüchen im Zusammenhang mit der Teilnahme am Straßenverkehr oder zur Erhebung einer Privatklage wegen im Straßenverkehr begangener Verstöße benötigt (einfache Registerauskunft). Der erforderliche Zusammenhang mit dem Straßenverkehr ist nach der Rechtsprechung bei (widerrechtlichem ) Parken auf einem Privatparkplatz gegeben, wenn dieser Parkplatz allgemein zugänglich ist und damit einen öffentlichen Verkehrsraum darstellt; entscheidend ist die ausdrückliche oder stillschweigende Freigabe der Fläche durch den Berechtigten zur allgemeinen Verkehrsbenutzung, wobei maßgeblich ist, dass eine tatsächliche Zugänglichkeit für die Allgemeinheit besteht (vergleiche OLG Düsseldorf, Beschluss vom 26. Mai 1981 - 2 Ss OWi 121/81 - 233/81 I -; VG Gießen, Urteil vom 3. März 1999 - 6 E 81/98 (1) -; jeweils zitiert nach juris). Zu 7.: Auf die Antwort zu Frage 6 wird Bezug genommen. Zu 8.: Nach Auskunft der unteren Gewerbebehörden ist bei der Stadt Erfurt ein Einzelunternehmen gemeldet, das als Tätigkeit unter anderem die Parkplatzaufsicht angegeben hat. Weitere Erkenntnisse über in Thüringen ansässige private Parkplatzüberwachungsunternehmen liegen der Landesregierung nicht vor. Zu 9.: Für den Parkplatznutzer sind die Parkbedingungen nur verbindlich, wenn diese Vertragsbestandteil geworden sind. Da es sich regelmäßig um Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt, gelten die Regelungen zur Einbeziehung und Wirksamkeit von Allgemeinen Geschäftsbedingungen gemäß § 305 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Auf Parkplätzen von Handelsketten und anderen der Allgemeinheit zugänglichen Privatparkplätzen ist gemäß § 305 Abs. 1 Nr. 1 BGB auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen durch deutlich sichtbaren Aushang am Ort des Vertragsschlusses hinzuweisen. Ob eine Beschilderung diesen Anforderungen im Einzelfall genügt, hängt von den jeweiligen Umständen ab. Grundsätzlich gilt, dass der Aushang so angebracht sein muss, dass er bei der Einfahrt auf den Parkplatz nicht übersehen werden kann. Zu 10.: Soweit unter Zugrundlegung des in der Antwort zu Frage 5 skizzierten möglichen Geschäftsmodells eine Vertragsstrafe bei Verstoß gegen die Parkbedingungen vereinbart wurde, unterliegen die dabei einbezogenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen, in denen auch die Höhe der Vertragsstrafe geregelt sein kann, der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB und dürfen den Parkplatznutzer nicht unangemessen benachteiligen. Das Amtsgericht Brandenburg hat in der in der Antwort zu Frage 3 zitierten Entscheidung eine Vertragsstrafe von 30 Euro pro Tag bei Verstößen gegen die Höchstparkdauer als nicht unangemessen beurteilt. Zu 11.: Auf die Antworten zu den Fragen 5, 9 und 10 wird Bezug genommen. Maßgebend für die Begründung von Vertragsstrafenabreden bei der Nutzung von Privatparkplätzen sind die Regelungen zur Einbeziehung und Wirksamkeit von Allgemeinen Geschäftsbedingungen nach § 305 ff. BGB. Zu 12.: Verbraucherinnen und Verbraucher können sich an die Verbraucherzentrale Thüringen e. V. wenden und dort individuelle Verbraucherrechtsberatung erhalten. Lauinger Minister Bußgeldbescheide auf Parkplätzen von Handelsketten in Thüringen Ich frage die Landesregierung: Zu 1.: Zu 2.: Zu 3.: Zu 4.: Zu 5.: Zu 6.: Zu 7.: Zu 8.: Zu 9.: Zu 10.: Zu 11.: Zu 12.: