07.02.2018 Drucksache 6/5295Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 20. Februar 2018 Involvierung von Polizeieinsatzkräften in notärztlichen Einsätzen in Thüringen Die Kleine Anfrage 2732 vom 18. Dezember 2017 hat folgenden Wortlaut: Durch den (übermäßigen) Konsum legaler wie illegaler Rauschmittel kann es zu gesundheitlichen Problemen kommen. Geschieht dies durch letztere, stehen Konsumentinnen und Konsumenten sowie ihr Umfeld stets vor der Frage, ob trotz einer möglicherweise bedrohlichen Situation für Gesundheit und Leben wirklich notärztliche Hilfe herbeigerufen werden soll. Grund ist, dass die latente Gefahr besteht, dass bei Äußerungen gegenüber der Notruf-Zentrale zum Hintergrund des Gesundheitszustands diese die Polizei hiervon in Kenntnis setzt, damit jene entsprechende Ermittlungen im Bereich der Betäubungsmittelkriminalität einleiten kann. Dieses Dilemma wird auch immer wieder in Fachkreisen und der Presse (vergleiche zum Beispiel Online-Ausgabe der "Vice" vom 24. Februar 2016 "Warum es gefährlich ist, wenn der Notarzt bei Drogennotfällen die Polizei mitbringt") diskutiert. Um die Gesundheit und das Leben von Betroffenen zu schützen und zu vermeiden, dass aus Furcht vor strafrechtlichen Repressalien die Inanspruchnahme notärztlicher Hilfe unterbleibt, muss aus Sicht des Fragestellers sichergestellt werden, dass die ärztliche Schweigepflicht nicht dadurch unterlaufen wird, dass bei Anforderung der ärztlichen Hilfe eine Involvierung von Polizeieinsatzkräften stattfindet, sofern diese ausschließlich der Strafverfolgung im Bereich der Betäubungsmittelkriminalität aufgrund der zuvor konsumierten Substanz dient. Ich frage die Landesregierung: 1. Inwieweit findet in Thüringen eine Zusammenarbeit zwischen den für die Koordinierung der notärztlichen Einsätze zuständigen Einsatzzentralen und der Polizei statt? Auf welcher Rechtsgrundlage geschieht dies? 2. Wie viele Fälle gab es zwischen den Jahren 2012 und 2017 in Thüringen, in denen per Notruf ärztliche Hilfe wegen des Konsums illegaler Substanzen angefordert wurde und die Notrufzentrale hierüber die Polizei in Kenntnis setzte, sodass diese zum Einsatz hinzukam und entsprechende Ermittlungen einleitete (bitte aufgeschlüsselt nach Jahresscheiben und Substanztypen)? 3. Wie bewertet die Landesregierung vor dem Hintergrund eines effektiven Schutzes von Gesundheit und Leben, dass die faktische Inanspruchnahme notärztlicher Hilfe dadurch verringert wird, dass bei Betroffenen die begründete Befürchtung besteht, mit der Herbeirufung der notärztlichen Hilfe zugleich auch strafrechtliche Ermittlungen ausgelöst zu haben? 4. Was gedenkt die Landesregierung zu unternehmen, um Konsumentinnen und Konsumenten von illegalen Substanzen, die aufgrund des Konsums gesundheitliche Beschwerden bekommen, dazu zu motivieren und bei diesen das Vertrauen zu schaffen, um notärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen? K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Dittes (DIE LINKE) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/5295 Das Thüringer Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie hat die Kleine Anfrage namens der Lan desre gierung mit Schreiben vom 7. Februar 2018 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Sofern von am Rettungsdienst beteiligten Stellen personenbezogene Daten an die Polizei übermittelt werden, richtet sich die Übermittlung nach § 30 Abs. 4 Nr. 3 Thüringer Rettungsdienstgesetz (ThürRettG). Gemäß Landesrettungsdienstplan (LRDP) Ziffer 4.1 Abs. 8 haben die Zentralen Leitstellen mit anderen betroffenen Behörden, z.B. der Polizei, zusammenzuarbeiten. Nach Ziffer 4.3 des LRDP muss die fernmeldetechnische Ausstattung einer Zentralen Leitstelle eine Fernsprechleitung zur Polizei über Zielwahltastentelefon oder eine Standleitung umfassen. Nach § 41 Abs. 2 Polizeiaufgabengesetz (PAG) kann die Polizei bei ihr vorhandene personenbezogene Daten an andere für die Gefahrenabwehr zuständige Behörden oder öffentliche Stellen übermitteln, soweit die Kenntnis dieser Daten zur Erfüllung der Aufgaben des Empfängers erforderlich erscheint. Darüber hinaus erfolgt die Zusammenarbeit auf Grundlage der jeweiligen gesetzlichen Aufgabenzuweisung (§ 2 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 3 Satz 1 PAG, § 4 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 ThürRettG). Zu 2.: Der Landesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. Zu 3.: Der Notarzt ist grundsätzlich an seine ärztliche Schweigepflicht gebunden. Insofern ist die beschriebene Konfliktlage diesem gegenüber objektiv grundsätzlich nicht gegeben. Die Polizei wird von den Rettungsleitstellen nur dann über einen Sachverhalt in Kenntnis gesetzt, wenn die polizeiliche Zuständigkeit, insbesondere zur Abwehr einer Gefahr, zum Beispiel zum Schutz der Rettungskräfte, gegeben ist. Strafrechtliche Ermittlungen werden ausgelöst, wenn der Polizei Anhaltspunkte bekannt werden, die das Vorliegen einer Straftat begründen. Neben der Strafverfolgung wird die betroffene Person auch über Beratungs- und Hilfsangebote informiert. Unter Umständen kann die jeweils eingenommene Substanz nicht nur einen Rausch bewirken, sondern auch die Fähigkeit reduzieren, rationale Entscheidungen zu treffen. Die Landesregierung teilt die Einschätzung , dass bei Betroffenen die Befürchtung bestehen kann, dass das Herbeirufen notärztlicher Hilfe zugleich auch strafrechtliche Ermittlungen auslösen kann. Die Landesregierung sieht dies mit Besorgnis, weist jedoch darauf hin, dass die Rechtsordnung derartige Konfliktlagen aufgrund general- und spezialpräventiver Erwägungen hinnimmt. Im Rahmen ihrer Zuständigkeit und Einflussmöglichkeiten wird sie eruieren, inwiefern ein Tätigwerden zur Modifikation dieses bestehenden Rechtsrahmens hin zu einem effektiven Schutz der Betroffenen im Sinne der Fragestellung als sinnvoll und zielführend erscheint. Zu 4.: Entsprechende Aufklärungshinweise im Rahmen der angebotenen Präventionsprojekte und Maßnahmen könnten dazu beitragen, Konsumentinnen und Konsumenten von illegalen Substanzen dazu zu motivieren , notärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Es ist beabsichtigt, die Arbeit des Suchtpräventionsprojekts "Drogerie" des Präventionszentrums der Suchthilfe in Thüringen GmbH um diese Problematik für Konsumentinnen und Konsumenten zu erweitern. Werner Ministerin Involvierung von Polizeieinsatzkräften in notärztlichen Einsätzen in Thüringen Ich frage die Landesregierung: Zu 1.: Zu 2.: Zu 3.: Zu 4.: