23.04.2015 Drucksache 6/539Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 6. Mai 2015 Zu den Umweltauswirkungen innerstädtischer Betriebe in Heilbad Heiligenstadt - Teil 1 Die Kleine Anfrage 158 vom 12. Februar 2015 hat folgenden Wortlaut: In unmittelbarer Nähe zum Umweltamt des Landkreises Eichsfeld in Heilbad Heiligenstadt wird ein oder werden mehrere Unternehmen zur Textilreinigung (Chemische Reinigung und Wäscherei) betrieben. Anwohner fühlen sich von Lärm, Gerüchen und Staub aus diesem Betrieb bzw. aus diesen Betrieben seit Jahren in ihrem Wohnumfeld erheblich belastet und zunehmend in ihrer Lebensqualität eingeschränkt. Beklagt werden wechselnde Betriebsabläufe, die sowohl Sonn- und Feiertage als auch die Nachtzeiten betreffen sowie unzureichende Schutzmaßnahmen gegen Lärm und andere Umweltauswirkungen. In der Vergangenheit wurden dem Umweltamt des Landkreises Eichsfeld verschiedentlich Beobachtungen zu möglichen Verstößen des Unternehmens bzw. der Unternehmen durch die Anwohnerinnen und Anwohner mitgeteilt. Zudem gab es Gesprächsrunden zwischen Anwohnerinnen und Anwohnern und der Unternehmensleitung bzw. den Unternehmensleitungen im Umweltamt. Diese haben aber offenbar die Situation nicht spürbar entlastet. Ich frage die Landesregierung: 1. Welche Unternehmen sind am oben genannten Standort ansässig? 2. Welche Behörden im Freistaat Thüringen sind für die Genehmigung, die Überwachung sowie die Beobachtung der gesundheitlichen Auswirkungen der Firmen, insbesondere des bzw. der oben genannten Unternehmen am oben genannten Standort zuständig (bitte zuständige Behörde auf Landes- sowie Kreisebene mit Anschrift angeben)? 3. Welche Emissionsgrenzen (Lärm, Luft) gelten für den oben genannten Standort (bitte Grenzwerte, Schadstoffe auflisten) und auf Basis welcher rechtlichen Grundlagen werden diese ermittelt? 4. Wann und mit welchen Ergebnissen wurden diese Emissionsgrenzen in den letzten zwei Jahren überprüft (bitte Auflistung der Termine der Messungen und gegebenenfalls von Überschreitungen der Grenzwerte bei den vorgenommenen Emissionsmessungen sowie der gemessenen Schadstoffe)? 5. Auf Basis welcher rechtlichen Grundlagen ist die Arbeit des oben genannten Unternehmens bzw. der oben genannten Unternehmen an Sonn- und Feiertagen sowie in den Nachtzeiten gerechtfertigt bzw. genehmigt worden? K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Adams (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Umwelt, Energie und Naturschutz 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/539 6. Sind Änderungen an den Betriebsabläufen des oben genannten Unternehmens bzw. der oben genannten Unternehmen am oben genannten Standort geplant und wenn ja, mit welchen Auswirkungen hinsichtlich der Emissionen (Lärm, Luft) rechnen bzw. rechneten die zuständigen Behörden? 7. Welchen Planungsstand hat das Gebiet am oben genannten Standort und sind Änderungen durch die Stadt Heilbad Heiligenstadt geplant? Das Thüringer Ministerium für Umwelt, Energie und Naturschutz hat die Kleine Anfrage namens der Lan desre gierung mit Schreiben vom 20. April 2015 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Am nachgefragten Standort ist eine Vielzahl von Unternehmen, überwiegend historisch gewachsen, ansässig . Dies sind ein Heizkraftwerk, diverse weitere Unternehmen, zahlreiche kleinere gewerbliche Nutzungen , ein Berufsbildungszentrum, eine Schule, eine Kaufhalle, historisch gewachsene Wohnnutzungen sowie ein Wäschereibetrieb. Zu 2.: Alle unter der Antwort zu Frage 1 erwähnten Anlagen oder Unternehmen stellen, bis auf das Heizkraftwerk, nicht genehmigungsbedürftige Anlagen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG) dar. Für diese ist das Bauamt des Landkreises Eichsfeld die zuständige Genehmigungsbehörde. Zuständige immissionsschutzrechtliche Überwachungsbehörde dieser Anlagen ist die Untere Immissionsschutzbehörde des Landkreises Eichsfeld (Landkreis Eichsfeld, Friedensplatz 8, 37308 Heilbad Heiligenstadt). Bei dem Heizkraftwerk handelt es sich um eine genehmigungsbedürftige Anlage im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes . An diesem Unternehmen ist der Landkreis Eichsfeld beteiligt. Die Unternehmensbeteiligung des Landkreises führt dazu, dass das Thüringer Landesverwaltungsamt Weimar zuständige Genehmigungs - und Überwachungsbehörde ist (Thüringer Landesverwaltungsamt, Weimarplatz 4, 99423 Weimar). Eine Beobachtung von gesundheitlichen Auswirkungen der Firmen fällt in den Aufgabenbereich des Gesundheitsamtes des Landkreises Eichsfeld (Landkreis Eichsfeld, Friedensplatz 8, 37308 Heilbad Heiligenstadt). Für die Überwachung der Arbeitsschutzbestimmungen einschließlich der Arbeitszeit ist das Thüringer Landesamt für Verbraucherschutz (TLV) zuständig (Thüringer Landesamt für Verbraucherschutz, Abteilung 6 Arbeitsschutz, Regionalinspektion Nordthüringen, Gerhart-Hauptmann-Straße 3, 99734 Nordhausen). Zu 3.: Emissionsbegrenzungen werden in der Regel in den jeweiligen Anlagenzulassungen, hier in den Baugenehmigungen , auf der Grundlage des Baurechts und des Bundes-Immissionsschutzgesetzes festgelegt, sofern genehmigungspflichtige Änderungen nach 1990 vorgenommen wurden oder eine Anordnung zu treffen war bzw. ergeben sich anlagenspezifisch aus den jeweils maßgebenden Verordnungen zum BundesImmissionsschutzgesetz . Immissionsrichtwerte für Lärm werden in Abhängigkeit von der Gebietsnutzung durch die Sechste Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Bundes-Immissionsschutzgesetz (Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm - TA Lärm) definiert. Das hier in Rede stehende Gebiet wird hinsichtlich seiner Nutzung als Mischgebiet eingestuft. Die Immissionsrichtwerte betragen gemäß Nr. 6.1 c) TA Lärm tagsüber (6.00 bis 22.00 Uhr) 60 dB(A) und nachts (22.00 bis 6.00 Uhr) 45 dB(A). Für den Wäschereibetrieb wurden in den "Altgenehmigungen" keine Lärmrichtwerte festgelegt. Bezüglich der Luftreinhaltung gelten für den Wäschereibetrieb die Anforderungen aus der Zweiten Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Verordnung zur Emissionsbegrenzung von leichtflüchtigen halogenierten organischen Verbindungen - 2. BImSchV). Gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 1 der 2. BImSchV darf die Massenkonzentration an leichtflüchtigen halogenierten organischen Verbindungen in der Trocknungsluft am Austritt aus dem Trommelbereich zwei Gramm je Kubikmeter nicht überschreiten. Zu 4.: Für nicht genehmigungsbedürftige Anlagen existieren keine rechtlichen Festlegungen hinsichtlich regelmäßiger Vor-Ort-Überwachungen. Gleichwohl werden diese bei gegebenem Anlass durchgeführt, z. B. bei 3 Drucksache 6/539Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Bürgerbeschwerden. Beschwerden benachbarter Anwohner über die vom Wäschereibetrieb ausgehenden Geräusche resultieren bereits aus dem Jahre 2003. Eine erste stichprobenhafte Lärmmessung wurde am 15. Juli 2005 durchgeführt. Sie ergab eine Überschreitung zulässiger Immissionsrichtwerte nach TA Lärm für Mischgebiete nachts. Nach durchgeführten Lärmminderungsmaßnahmen erfolgte am 29. August 2005 eine stichprobenhafte Nachmessung, welche eine Einhaltung des Immissionsrichtwertes nachts ergab. Auf Grund neuer Anwohnerbeschwerden wurde am 18. September 2008 nochmals orientierend gemessen. Hierbei wurden wiederum Überschreitungen der zulässigen Lärmimmissionsrichtwerte nachts festgestellt. Nach umfangreichen Lärmminderungsmaßnahmen durch den Wäschereibetrieb sowie im Zusammenhang mit einem Baugenehmigungsverfahren wurde am 5. Februar 2015 erneut gemessen. Danach werden die Tag- und Nachtwerte der TA Lärm für ein Mischgebiet eingehalten. Luftseitig unterliegt die als geschlossenes System betriebene chemische Reinigungsanlage des Wäschereibetriebes den Anforderungen der Zweiten Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes . Der Nachweis der Einhaltung des o. g. Grenzwertes aus der Zweiten Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes ist durch jährlich wiederkehrende Messungen einer dafür zugelassenen Messstelle zu erbringen. In den letzten zwei Jahren wurden diese Messungen am 28. Juni 2013 und am 10. Juni 2014 durchgeführt. Der Grenzwert nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 der 2. BImSchV wurde jeweils mit 1,16 bzw. 1,48 Gramm je Kubikmeter eingehalten. Zu 5.: Regelungen zu Arbeitszeiten gelten gemäß Arbeitszeitgesetz (ArbZG). Danach ist die Beschäftigung an Sonn- und Feiertagen grundsätzlich nicht zulässig. Neben gesetzlich definierten Ausnahmen kann im Einzelfall die zuständige Behörde unter bestimmten Bedingungen Ausnahmen bewilligen. Zu der in Rede stehenden Firma liegen eine solche Bewilligung oder ein Antrag aktuell nicht vor. Das TLV hat daher eine Prüfung eingeleitet, ob und wenn ja auf welcher gesetzlichen Grundlage im o. g. Unternehmen Arbeitnehmer an Sonn- und Feiertagen beschäftigt werden. Sonn- und Feiertagsarbeit wurde im Ergebnis der Überprüfung grundsätzlich nicht festgestellt. Betriebliche Aktivitäten (Waschen, Bügeln, chemische Reinigung, Kommissionierung ) finden zulässigerweise an Werktagen statt. Für die Beschäftigung von Arbeitnehmern zur Nachtzeit gibt es gemäß Arbeitszeitgesetz keine weitergehenden gesetzlichen Beschränkungen im Sinne der Nachfrage. Zu 6.: Änderungen an den geplanten Betriebsabläufen des Wäschereibetriebes sind nur bedingt bekannt. Bei der Unteren Immissionsschutzbehörde ging ein Bauantrag zur Verlagerung des Ladengeschäftes (einschließlich der chemischen Reinigung) und der Instandsetzung des Büro- und Sozialtraktes am jetzigen Standort am 4. November 2014 zur Stellungnahme ein. U. a. wurde dazu eine Lärmprognose zum Nachweis der Einhaltung der Immissionsrichtwerte der TA Lärm an den maßgeblichen Immissionsorten unter Berücksichtigung der betriebseigenen und betriebsfremden Vorbelastung nachgefordert. Mit einem schalltechnischen Gutachten vom 5. Dezember 2014 wurden zunächst die Antragsunterlagen ergänzt , wonach die lärmseitige Irrelevanz des Vorhabens nachgewiesen wurde. Eine ergänzende Ermittlung der Geräuschimmissionen wurde am 5. Februar 2015 unter behördlicher Begleitung durchgeführt. Hinsichtlich der Ergebnisse wird auf die Antwort zu Frage 2 der Kleinen Anfrage Nr. 159 verwiesen. Zu 7.: Der Anlagenstandort befindet sich im nicht überplanten Innenbereich der Stadt Heilbad Heiligenstadt, wobei sich die nähere Umgebung des Gewerbestandortes als Gemengelage darstellt. Im Flächennutzungsplan ist der Anlagenstandort als gewerbliche Baufläche, angrenzend an eine Gemeinbedarfsfläche dargestellt . Änderungen bzw. eine verbindliche Bauleitplanung obliegen der Kommune. Siegesmund Ministerin