09.03.2018 Drucksache 6/5396Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 23. März 2018 Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum "dritten Geschlecht" - Schlussfolgerungen für Thüringen Die Kleine Anfrage 2779 vom 22. Januar 2018 hat folgenden Wortlaut: Auch in Thüringen leben intersexuelle Menschen, die von der aktuellen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum "dritten Geschlecht" beziehungsweise zur personenstandsrechtlichen Neuordnung der Angaben zum Geschlecht betroffen sind. Mit dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 10. Oktober 2017 (veröffentlicht am 8. November 2017) - Az.: 1 BvR 2019/16 - zur Notwendigkeit der Einführung der Kategorie eines "dritten Geschlechts" ist ein wichtiger Schritt gemacht worden in Sachen Beseitigung der Diskriminierung von Menschen, die sich nicht in die starren Geschlechterkategorien "weiblich" und "männlich" einordnen lassen/wollen. Mit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts wird die Tatsache verdeutlicht: Die Kategorie "Geschlecht" ist in weiten Teilen eine gesellschaftliche Konstruktion, keine "natürliche", absolut eindeutige Gegebenheit. Die Reduzierung von Menschen auf die beiden Kategorien "weiblich" und "männlich" verstößt gegen das Grundgesetz, insbesondere gegen die Garantie der Menschenwürde (Artikel 1 Grundgesetz), das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit (Artikel 2 Grundgesetz ) sowie das Gleichheitsgrundrecht (Artikel 3 Grundgesetz), so das Bundesverfassungsgericht. Daher sind mögliche Schlussfolgerungen auch für Thüringen - insbesondere mit Blick auf die Arbeit der öffentlichen Stellen und das Wirken der Landesregierung - auch in Bundesgremien (Bundesrat, Fachministerkonferenzen ) - aus diesem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 10. Oktober 2017 zu klären. Thüringen hat bezogen auf dieses Thema eine besondere Handlungsverpflichtung, weil in der Verfassung des Freistaats Thüringen seit ihrem Inkrafttreten in Artikel 2 ein ausdrückliches Diskriminierungsverbot bezogen auf die sexuelle Orientierung enthalten ist. Ich frage die Landesregierung: 1. Inwiefern sieht die Landesregierung die Notwendigkeit einer Verfassungsänderung als Konsequenz aus dem oben genannten Beschluss des Bundesverfassungsgerichts? Welche Position hat die Landesregierung in ihrer Stellungnahme im Verfahren vertreten und warum? Welche Ministerien haben in welcher Form an der Erarbeitung der Stellungnahme mitgewirkt? 2. Welche rechtlichen Lösungen für die Neugestaltung des Personenstandsgesetzes auf Bundesebene fasst die Landesregierung ins Auge - insbesondere wie steht sie zum Vorschlag, in Zukunft auf das Kriterium "Geschlecht" zu verzichten? Welchen weiteren Änderungsbedarf über das Personenstandsrecht hinaus sieht die Landesregierung ausgehend von dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts? K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Stange (DIE LINKE) und A n t w o r t der Thüringer Staatskanzlei 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/5396 3. Für welche Betroffenengruppen ist der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts von (rechtlicher) Bedeutung ? Nur für die Gruppe der Intersexuellen oder auch andere Personengruppen, die sich nicht in die Kategorien "weiblich" beziehungsweise "männlich" einordnen lassen/wollen? Inwiefern gibt nach Einschätzung der Landesregierung die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts Personen ein Wahlrecht bei der Festlegung ihres Geschlechts? 4. Wie haben öffentliche Stellen in Thüringen bis zur vom Bundesverfassungsgericht verlangten gesetzlichen Neuregelung konkret zu handeln, wenn Personen bei Angaben zum Geschlecht mit Berufung auf die neue Rechtsprechung eine andere Einordnung wählen wollen als "weiblich" beziehungsweise "männlich "? Inwiefern werden die Landesregierung beziehungsweise die zuständigen Ministerien gegenüber den nachgeordneten Behörden auf eine einheitliche Vorgehensweise hinwirken? 5. Inwiefern geht die Landesregierung davon aus, dass der Sprachgebrauch bei Rechtssetzung und in der Behördenkommunikation generell geändert werden muss? Gibt es hierzu schon Überlegungen hinsichtlich der Art und Weise der Umsetzung? 6. Bei welchen anderen politischen beziehungsweise fachlichen Vorhaben der Landesregierung ist nach ihrer Auffassung der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts zum "dritten Geschlecht" inhaltlich zu berücksichtigen? Wie wirkt sich insbesondere der Beschluss auf die Ausgestaltung bestehender beziehungsweise in Arbeit befindlicher Aktionsprogramme beziehungsweise Aktionspläne des Landes aus? 7. Inwiefern befasst sich die Landesregierung auf der Grundlage des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts mit der Thematik des "dritten Geschlechts" vor allem unter dem Gesichtspunkt der vollständigen Beseitigung von Diskriminierung und Benachteiligung sowie mit Blick auf notwendige und sinnvolle Handlungsvorschläge bezogen auf Thüringen? Inwieweit wird bei den geplanten Handlungsschritten durch die Landesregierung die Sichtweise der Betroffenen sowie weiterer außerparlamentarischer Sachverstand aus Wissenschaft und Praxis einbezogen? Die Thüringer Staatskanzlei hat die Kleine Anfrage namens der Lan desre gierung mit Schreiben vom 8. März 2018 wie folgt beantwortet: Vorbemerkung: Der Freistaat Thüringen hat auf Initiative der Thüringer Staatkanzlei als einziges Bundesland in dem zur genannten Entscheidung führenden Verfahren gegenüber dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) im Januar 2017 eine die Intention der beschwerdeführenden Person unterstützende Stellungnahme abgegeben. Die Landesregierung begrüßt den Veränderungsprozess, der mit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts im Interesse der Betroffenen angestoßen wurde. Er trägt dazu bei, die Akzeptanz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt zu fördern, wie es zuletzt auch im Entwurf des Koalitionsvertrages zwischen CDU/ CSU und SPD auf Bundesebene am 7. Februar 2018 als Ziel formuliert wurde. Zu 1.: Das Bundesverfassungsgericht führt in seinem Beschluss aus, dass das Grundgesetz (GG) keine Binarität der Geschlechter vorschreibe und "Geschlecht" daher nicht allein auf "Männer" und "Frauen" festgelegt sei. Soweit das Bundesverfassungsgericht früher formuliert habe, die Rechtsordnung und das soziale Leben gingen von dem Prinzip aus, dass jeder Mensch entweder "männlichen" oder "weiblichen" Geschlechts sei, habe es sich schon damals nicht um die Feststellung gehandelt, eine Geschlechterbinarität sei von Verfassungs wegen vorgegeben. Es habe sich um eine bloße Beschreibung des zum damaligen Zeitpunkt vorherrschenden gesellschaftlichen und rechtlichen Verständnisses der Geschlechtszugehörigkeit gehandelt (vergleiche Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 10. Oktober 2017 - 1 BvR 2019/16 - Rdn. 50). Vor dem Hintergrund dieser Ausführungen wird eine Verfassungsänderung nicht für zwingend notwendig erachtet. Die Thüringer Landesregierung hat mit ihrer Stellungnahme gegenüber dem Bundesverfassungsgericht die Intention der Verfassungsbeschwerde unterstützt. Grund für die Abgabe dieser Stellungnahme der Thüringer Landesregierung war unter anderem, dass die Intention der Verfassungsbeschwerde dem im Koalitionsvertrag vom 4. Dezember 2014 in Thüringen festgeschriebenen Ziel, ein diskriminierungsfreies Leben in Vielfalt zu realisieren, entspricht. Konkretisierend heißt es hier: "Homosexuelle, Bi- und Transsexuelle, Transgender und intergeschlechtliche Menschen sol- 3 Drucksache 6/5396Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode len in Thüringen diskriminierungsfrei und gleichberechtigt leben können und weder im Alltag noch durch Verwaltungshandeln benachteiligt werden." Auch die Konferenz der Gleichstellungs- und Frauenministerinnen und -minister, -senatorinnen und -senatoren der Länder (GFMK) sprach sich zuletzt auf ihrer 25. Sitzung am 2./3. Juli 2015 in Berlin unter TOP 10.1 "Rechtliche Absicherung der selbstbestimmten Geschlechtsidentität " und in Weiterführung ihrer Beschlüsse der 22. und 24. GFMK deutlich für die Selbstbestimmung - auch minderjähriger - intergeschlechtlicher Menschen aus. Die Stellungnahme wurde in der Thüringer Staatskanzlei vorbereitet und vom Thüringer Ministerium für Migration , Justiz und Verbraucherschutz gegenüber dem Bundesverfassungsgericht abgegeben. Zu 2.: Der Bund hat mit dem Personenstandsgesetz von seiner Kompetenz nach Artikel 74 Abs. 1 Nr. 2 GG umfassend Gebrauch gemacht. Daher liegt die Änderung des Personenstandsgesetzes in der Gesetzgebungskompetenz des Bundes. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts lässt theoretisch die Möglichkeit offen, gänzlich auf einen Geschlechtseintrag im Personenstandsregister zu verzichten. Da ein Verzicht auf den Geschlechtseintrag im Personenstandsregister konsequenterweise auch den Wegfall dieses Eintrages in anderen Registern zur Folge haben würde (zum Beispiel im Melderegister oder im Ausländerzentralregister, vergleiche § 3 Abs. 1 Nr. 7 Bundesmeldegesetz, § 3 Abs. 1 Nr. 4 AZR-Gesetz), wäre diese theoretisch bestehende Option allerdings in Bezug auf Konsequenzen für weitere Rechtsgebiete zu prüfen. Da der Bundesgesetzgeber gehalten ist, bis zum 31. Dezember 2018 eine Neuregelung zum Personenstandsrecht zu treffen, bleibt es abzuwarten, wie der Gestaltungsspielraum für eine neue Regelung genutzt wird. Zu 3.: Die genannte Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ist in einem Verfahren ergangen, in welchem sich die beschwerdeführende Person als intergeschlechtlich bezeichnet. Hieraus zu schließen, dass der Gesetzgeber nunmehr lediglich gehalten wäre für diesen Personenkreis eine Rechtsänderung herbeizuführen , griffe indes zu kurz. Die Entscheidung ist im Kontext einer sich fortentwickelnden Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu sehen. Das Bundesverfassungsgericht hat bereits in vorgehenden Verfahren betreffend das "Gesetz über die Änderung der Vornamen und die Feststellung der Geschlechtszugehörigkeit in besonderen Fällen" (Transsexuellengesetz - TSG -) aus dem Jahr 1980 wesentliche Regelungen für verfassungswidrig erklärt. So hat das Bundesverfassungsgericht bezüglich der Forderung geschlechtsangleichender Operationen ausgeführt (vergleiche Bundesverfassungsgericht, Urteil vom 11. Januar 2011 - 1 BvR 3295/07 - Rdn. 57): "Die personenstandsrechtliche Anerkennung des empfundenen Geschlechts darf nicht von Voraussetzungen abhängig gemacht werden, die schwere Beeinträchtigungen der körperlichen Unversehrtheit bedingen und mit gesundheitlichen Risiken verbunden sind, wenn diese nach wissenschaftlichem Kenntnisstand keine notwendige Voraussetzung einer dauerhaften und erkennbaren Änderung der Geschlechtszugehörigkeit sind." Diese Entscheidung hat dazu beigetragen, dass die Rechtskategorie "Geschlecht" zunehmend als von körperlichen Merkmalen gelöst betrachtet wird. In der in der Fragestellung in Bezug genommenen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 10. Oktober 2017 wird dargelegt, dass Artikel 3 Abs. 3 Satz 1 GG nicht nur Männer vor Diskriminierungen wegen ihres männlichen Geschlechts und Frauen vor Diskriminierungen wegen ihres weiblichen Geschlechts schützt, sondern auch Menschen, die sich diesen beiden Kategorien in ihrer geschlechtlichen Identität nicht zuordnen, vor Diskriminierungen wegen dieses weder allein männlichen noch allein weiblichen Geschlechts (vergleiche am angegebenen Ort, Rdn. 58). Die Frage, inwiefern Personen ein Wahlrecht bei der Festlegung ihres Geschlechts zuzugestehen ist, wurde in der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 10. Oktober 2017 nicht explizit erörtert. Auch transidente und queere Menschen sind an der Möglichkeit eines weiteren Geschlechtseintrags interessiert . So wird in der Entscheidung die Stellungnahme des Deutschen Instituts für Menschenrechte zitiert (vergleiche am angegebenen Ort, Rdn. 22). Hier wird auf die Befragung inter- und transgeschlechtlicher Personen Bezug genommen, von denen ein Viertel bis ein Drittel eine nicht-binäre Identifikation angab. Es ginge um die rechtliche Anerkennung der Geschlechtlichkeit auf der Grundlage der psychischen und physischen Konstitution. Ebenso plädiert die Bundesvereinigung Trans* für die Schaffung eines dritten Personenstands , dessen Zugang einzig auf individueller Selbstbestimmung und Selbstdefinition beruhen sollte (vergleiche am angegebenen Ort, Rdn. 32). 4 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/5396 Es bleibt abzuwarten, in welchem Maße der Gesetzgeber der Intention transidenter und queerer Menschen folgt und damit der in der verfassungsrechtlichen Rechtsprechung zum Transsexuellengesetz entwickelten zunehmenden Loslösung der Geschlechtsdefinition von der Bestimmung körperlicher Merkmale. Zu 4.: Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung festgelegt, dass Gerichte und Verwaltungsbehörden die Normen im Umfang der festgestellten Unvereinbarkeit nicht mehr anwenden dürfen und der Gesetzgeber bis zum 31. Dezember 2018 eine Neuregelung treffen muss (vergleiche am angegebenen Ort, Rdn. 66). Verfahren, in denen eine Person mit Varianten der Geschlechtsentwicklung, die sich zudem selbst dauerhaft weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zuordnen, die Eintragung einer anderen Geschlechtsbezeichnung als männlich oder weiblich begehrt, sind bis zu einer Neuregelung auszusetzen . Das bedeutet, dass die Standesämter bis zum Inkrafttreten einer Neuregelung keine Entscheidung über einen Antrag auf Eintragung eines "dritten" Geschlechts in das Personenstandsregister treffen können. Zu 5.: Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts hat zur Folge, dass sich Legislative, Exekutive und Judikative auf die Selbstbezeichnung von Menschen mittels eines weiteren Geschlechts neben männlich und weiblich einzustellen haben. Dies zieht unter anderem sprachliche Anpassungen nach sich, welche auch ihren Niederschlag in der Behördenkommunikation, zum Beispiel in der Ausgestaltung von Formularen, finden werden . Hier hat jede Behörde unter Beachtung der gesetzlichen Vorgaben zu prüfen, ob beispielsweise dritte Felder einzufügen sind oder auf Angaben zur Geschlechtszugehörigkeit verzichtet werden kann. Von Bedeutung ist dabei im Sinne des Datenschutzes die Einhaltung des Erforderlichkeitsgrundsatzes, der die Erfassung von personenbezogenen Daten auf das zur Zweckerreichung unbedingt Erforderliche beschränkt. Ob Angaben zur Geschlechtszugehörigkeit aufgrund bestimmter rechtlicher Folgen, zur Identifizierung, zur Datenvalidierung oder zu statistischen Zwecken benötigt werden und ob hierfür eine gesetzliche Grundlage existiert, ist im Einzelfall zu untersuchen. Der § 28 des Thüringer Gleichstellungsgesetzes (ThürGleichG) in der novellierten Fassung vom 6. März 2013 normiert die gesetzliche Grundlage der Verwendung von Sprache. Im Gesetz wird ausgeführt, dass alle Behörden und Dienststellen beim Erlass von Rechtsvorschriften, Verwaltungsvorschriften, bei der Gestaltung von Vordrucken, in amtlichen Schreiben und bei Stellenausschreibungen soweit wie möglich geschlechtsneutrale Bezeichnungen zu wählen haben. In der Praxis wird die geschlechtsneutrale Bezeichnung bislang jedoch nur unzureichend angewandt. Um diese Situation zu verändern, wurde seitens der Landesregierung bereits am 10. Juni 2016 ein Kabinettsbeschluss "Empfehlung zur Nutzung gendersensibler Sprache " gefasst, der es den Beschäftigten in den Behörden der Thüringer Landesverwaltung erleichtern soll, sprachliche Formulierung zu verwenden, die alle gleichermaßen berücksichtigt. Dabei sind Gesichtspunkte der Praktikabilität, Lesbarkeit und Verständlichkeit z.B. bezogen auf Rechtsvorschriften nicht außer Acht zu lassen. Dies gilt auch deshalb, weil die Verwendung von Alternativworten oder zusammengesetzten Teilworten insbesondere für Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen zusätzliche Sprachbarrieren bedeuten , die den Zugang zu ohnehin oft schwer verständlichen Texten weiter einschränken. Des Weiteren ist in diesem Zusammenhang auf das am 30. Januar 2018 von der Landesregierung beschlossene Thüringer Landesprogramm für Akzeptanz und Vielfalt zu verweisen. Gemäß den darin aufgeführten Maßnahmen sind bereits jetzt alle Ressorts und Behörden aufgefordert, bei der Gestaltung amtlicher Formulare und Anträge auf die Umsetzung des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 10. Oktober 2017 zu achten. Dies heißt insbesondere, soweit Informationen geschlechtsneutral möglich sind, auf Geschlechtseinträge zu verzichten sowie auch Regenbogenfamilien, gleichgeschlechtliche Ehen und weitere Lebensmodelle bei der Formulargestaltung angemessen zu berücksichtigen. Bei der Rechtssetzung wird bereits darauf geachtet, möglichst geschlechtsneutrale Formulierungen und Bezeichnungen zu verwenden. Eine etwaig nötig werdende Anpassung der Rechtssprache muss sowohl unter dem Gesichtspunkt einer langfristig tragfähigen Formulierung, als auch im Hinblick auf die Bundesgesetzgebung geprüft werden. Insoweit bleiben entsprechende Änderungen in der Bundesgesetzgebung zunächst abzuwarten. Zu 6.: Die enge inhaltliche Verzahnung des genannten Thüringer Landesprogramms für Akzeptanz und Vielfalt mit der Zielrichtung des Bundesverfassungsgerichtsurteils vom 10. Oktober 2017 ist bereits daraus ersichtlich , dass die Antidiskriminierungsstelle in der Thüringer Staatskanzlei sowohl die zentrale zuständige Organisationseinheit innerhalb der Landesregierung für dieses Landesprogramm ist als auch Initiator der ein- 5 Drucksache 6/5396Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode gangs erwähnten unterstützenden Stellungnahme im Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht war. Dies wird bei den anstehenden Umsetzungsprozessen fortwirken. Aufgrund der engen Abstimmung und Kooperation zwischen dem Thüringer Landesprogramm für Akzeptanz und Vielfalt (TSK) und dem Thüringer Landesprogramm für Demokratie, Toleranz und Weltoffenheit (TMBJS) sowie der jeweiligen Zielstellungen beider Programme werden sich in deren Umsetzung die inhaltlichen Auswirkungen der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vollumfänglich widerspiegeln. Dem derzeit konzipierten Landesprogramm "Solidarisches Zusammenleben der Generationen" (LSZ) liegt ein moderner Familienbegriff zugrunde, der besagt, dass - neben anderen Merkmalen - Familien unabhängig vom Geschlecht ihrer Mitglieder bestehen. Zu 7.: Nach Artikel 2 Abs. 3 der Verfassung des Freistaats Thüringen darf niemand wegen seiner Herkunft, seiner Abstammung, seiner ethnischen Zugehörigkeit, seiner sozialen Stellung, seiner Sprache, seiner politischen , weltanschaulichen oder religiösen Überzeugung, seines Geschlechts oder seiner sexuellen Orientierung bevorzugt oder benachteiligt werden. Der der Arbeit der Thüringer Landesregierung zugrundeliegende Koalitionsvertrag konkretisiert diesen Verfassungsauftrag , mit der in der Antwort zur ersten Frage bereits zitierten Verpflichtung die Akzeptanz und Gleichstellung aller Lebensweisen zu befördern. Dieser Zielstellung dient nicht nur die entsprechende Ausrichtung des Handelns der Landesverwaltung, sondern auch die Gestaltung partizipativer Prozesse zur Einbeziehung von Betroffenen. Dies ist bei der Erarbeitung des Thüringer Landesprogramms für Akzeptanz und Vielfalt beispielhaft geschehen . Dabei wurden auch wissenschaftliche Expertise und Erfahrungen von weiteren Interessensvertreterinnen und -vertretern einbezogen. Diese Vorgehensweise, die Betroffene zu Beteiligten macht, die zivilgesellschaftliches Engagement und Mitsprache kombiniert mit darauf eingehendem Verwaltungshandeln, gilt es insbesondere im Rahmen der Antidiskriminierungsarbeit fortzusetzen und zu intensivieren. Prof. Dr. Hoff Minister Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum "dritten Geschlecht" - Schluss-folgerungen für Thüringen Ich frage die Landesregierung: Vorbemerkung: Zu 1.: Zu 2.: Zu 3.: Zu 4.: Zu 5.: Zu 6.: Zu 7.: