12.03.2018 Drucksache 6/5458Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 3. April 2018 Missbrauch von Fentanyl-Präparaten als Droge in Thüringen Die Kleine Anfrage 2780 vom 24. Januar 2018 hat folgenden Wortlaut: Das Opioid Fentanyl wird in zunehmendem Maße missbräuchlich als Droge verwendet. So wird im Nachbarfreistaat Bayern inzwischen bei jedem fünften Drogentoten Fentanyl im Blut gefunden. Ich frage die Landesregierung: 1. Wie viele Fälle von Fentanyl-Missbrauch sind der Landesregierung in den vergangenen fünf Jahren in Thüringen bekannt geworden? 2. Wie viele Todesfälle in Thüringen sind in den vergangenen fünf Jahren auf Fentanyl-Missbrauch zurückzuführen (inklusive Mischkonsum mit anderen Substanzen)? 3. Aus welchen Quellen stammen nach Kenntnis der Landesregierung die als Droge verwendeten Fentanyl -Präparate? 4. Ist nach Kenntnis der Landesregierung eine steigende Zahl von Verordnungen fentanylhaltiger Arzneimittel in Thüringen zu beobachten und falls ja, worauf führt die Landesregierung diese Entwicklung zurück? 5. Sieht die Landesregierung Handlungsbedarf hinsichtlich der Verordnungspraxis von fentanylhaltigen Arzneimitteln? 6. Sieht die Landesregierung die Notwendigkeit, das medizinische Fachpersonal in Thüringen verstärkt für den Umgang mit fentanylhaltigen Arzneimitteln, insbesondere deren Entsorgung, zu sensibilisieren? Das Thüringer Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie hat die Kleine Anfrage namens der Lan desre gierung mit Schreiben vom 12. März 2018 wie folgt beantwortet: Vorbemerkung: Fentanyl ist ein synthetisch hergestelltes Opioid, welches über eine deutlich höhere Wirkstärke (80-fach) als Morphin verfügt. Es wirkt schmerzlindernd und beruhigend. Fentanyl ist ein Betäubungsmittel gemäß Anlage III des Betäubungsmittelgesetzes und wird als Bestandteil von Arzneimitteln in der Regel erst bei starken oder chronischen Schmerzen verabreicht, die sich nicht mehr durch andere Schmerzmittel behandeln lassen. Fentanylhaltige Arzneimittel dürfen nur auf einem gesonderten Rezeptformular verordnet werden, K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Zippel (CDU) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/5458 welches von der Bundesopiumstelle übermittelt wird. Die Verordnungsmengen sind nach Betäubungsmittelverschreibungsverordnung beschränkt. Fentanyl wird auch zu Rauschzwecken missbraucht. Es liegen keine systematischen Erfassungen zum Missbrauch von Fentanyl vor, jedoch sind bereits Konsumierende durch die missbräuchliche Anwendung von Fentanylpflastern zu Tode gekommen. Berichten zufolge steigt der Missbrauch von Fentanyl besonders dann, wenn sich die Verfügbarkeit oder der Reinheitsgrad von Heroin verschlechtert. Zu 1.: In Thüringen existieren keine validen Daten zu Fentanyl-Missbrauchsfällen, die Evidenz aufweisen. Zur Beantwortung der Kleinen Anfrage wurden alle Thüringer Krankenhäuser angeschrieben, wovon sich 13 Antworten inhaltlich mit einer oder mehreren der Fragen auseinander gesetzt haben. Den Angaben zufolge wiesen lediglich im Universitätsklinikum Jena von den in den Jahren 2003 bis 2017 mit Opiatmisssbrauch behandelten 300 Patienten circa fünf bis zehn Prozent eine Fentanyl-Abhängigkeit aus. Auf Nachfrage bei den 29 Thüringer Psychosozialen Beratungsstellen für Suchtkranke hat nur eine Beratungsstelle in Gotha auf entsprechende Missbrauchsfälle hingewiesen, ansonsten wurde eine zunehmende Problematik bei den Klientinnen/Klienten thüringenweit verneint. Zu 2.: Nach Angaben der jährlichen polizeilichen Kriminalstatistik konnte im Jahr 2017 bei drei von fünfzehn Drogentoten Fentanyl nachgewiesen werden. Im Jahr 2016 starben zwölf Menschen an ihrem Drogenkonsum. Bei vier der Personen (drei Männer, eine Frau) war das Injizieren von Fentanyl aus ausgekochten Fentanylpflastern die Todesursache. Auch im Vorjahr waren unter 25 Drogentoten vier Menschen, die am Konsum von injiziertem Fentanyl starben. Im Jahr 2014 starben zwei Menschen durch mehrere in der Mundhöhle festgestellte Fentanylpflaster und eine Intoxikation aus einem Mix aus Alkohol und Methadon. Jahr 2012 2013 2014 2015 2016 2017 Drogentote (insgesamt) 9 12 15 25 12 15 Fentanyl verursacht Keine Aufschlüsselung der Substanzen 2 2 4 4 3 Zu 3.: Fentanyl wird intravenös, als Pflaster, in Form von Buccaltabletten oder als Nasenspray im Rahmen der Arzneimitteltherapie bei Patienten verabreicht. Da Pflaster auch nach Gebrauch noch einen hohen Wirkstoffgehalt aufweisen, könnten die Abfälle von Altenheimen und Krankenhäusern mögliche Quellen für eine illegale Beschaffung sein. Zudem bietet der Schwarzmarkt eine weitere Möglichkeit, Fentanyl-Präparate zu erwerben. Zu 4.: Nein, ein Anstieg der Verordnungen fentanylhaltiger Arzneimittel ist nicht zu beobachten. Nach Angabe der Kassenärztlichen Vereinigung Thüringen ist seit 2009 ein langfristiger Rückgang der Anzahl der Verordnungen von Fentanylpräparaten durch Thüringer Ärzte zu verzeichnen. Zu 5.: Unter Bezugnahme auf die Vorbemerkung und die Antwort zu Frage 4 ergibt sich kein unmittelbarer Handlungsbedarf . Seitens der Kassenärztlichen Vereinigung Thüringen wird darauf hingewiesen, dass die Thüringer Vertragsärzte auch aus Wirtschaftlichkeitsgründen im Rahmen der Arzneimittelvereinbarung seit einigen Jahren zur nachrangigen Verordnung von Opioidpflastern (inklusive Fentanylpflastern) und seit 2017 auch zur nachrangigen Verordnung oraler Fentanylpräparate angehalten sind, so dass auch hierdurch die Verordnung von Fentanylpräparaten eine Restriktion erfährt. Zu 6.: Es liegen keine Erkenntnisse zum unsachgemäßen Umgang mit betäubungsmittelhaltigen Arzneimitteln im Rahmen der Patientenversorgung vor. 3 Drucksache 6/5458Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Für den sachgerechten Umgang einschließlich der ordnungsgemäßen Entsorgung von betäubungsmittelhaltigen Arzneimitteln wird grundsätzlich auf die Angaben in den Packungsbeilagen, den Fachinformationen an die Heilberufe, die Hinweise der Standesvertretungen und die Mitteilungen der Bundesopiumstelle verwiesen. Ergänzend wird auf die Informationen der Kassenärztlichen Vereinigung Thüringen (Homepage KV Thüringen ) zu Verdachtsfällen bei Medikamentenmissbrauch verwiesen. Außerdem seien Ärzte/Ärztinnen aus der Praxiserfahrung der letzten Jahre zunehmend alarmiert, wenn gezielt nach fentanylhaltigen Präparaten gefragt werde. Es empfiehlt sich dennoch immer, medizinisches Fachpersonal in Thüringen hinsichtlich aller opioidhaltigen Analgetika zu sensibilisieren, da diese neben der akuten Schmerzlinderung auch eine starke Abhängigkeit auslösen und verursachen können. Werner Ministerin Missbrauch von Fentanyl-Präparaten als Droge in Thüringen Ich frage die Landesregierung: Vorbemerkung: Zu 1.: Zu 2.: Zu 3.: Zu 4.: Zu 5.: Zu 6.: