22.03.2018 Drucksache 6/5487Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 6. April 2018 Auswirkungen von Organisationsüberlegungen auf den nachgeordneten Bereich des Thüringer Ministeriums für Infrastruktur und Landwirtschaft Die Kleine Anfrage 2826 vom 5. Februar 2018 hat folgenden Wortlaut: Medienberichten zufolge hat die Landesregierung am 26. September 2017 die Modernisierung von Teilen der Landesverwaltung beschlossen. Danach ist geplant, in drei von neun Ministerien Veränderungen vorzunehmen . Dadurch sollen Synergien freigesetzt werden und Querschnittbereiche zentralisiert werden. Konkrete Überlegungen und insbesondere die zu Grunde liegenden entscheidungserheblichen Fakten für den nachgeordneten Bereich des Thüringer Ministeriums für Infrastruktur und Landwirtschaft sind bislang nicht bekannt geworden. Ich frage die Landesregierung: 1. Welche Änderungen plant die Landesregierung für den nachgeordneten Bereich des Thüringer Ministeriums für Infrastruktur und Landwirtschaft und welche Behörden sind davon auf welche Weise betroffen? 2. Wie quantifiziert die Landesregierung Kosten, Synergie- und Effizienzgewinne sowie Nutzen der Organisationsüberlegungen bei den einzelnen betroffenen Behörden? 3. Wie viele Bedienstete sind im nachgeordneten Bereich des Thüringer Ministeriums für Infrastruktur und Landwirtschaft insgesamt von den Organisationsüberlegungen betroffen und wie viele Bedienstete der "Landwirtschafts- und Flurneuordnungsverwaltung" (derzeitige Kapitel 1014, 1015, 1016, 1017 des Landeshaushalts ) würden der "Katasterverwaltung" (derzeitiges Kapitel 1008) zugeordnet und welchem prozentualen Anteil entspricht dies jeweils? 4. Wie definiert die Landesregierung Aufgaben und Instrumente der "Integrierten Ländlichen Entwicklung" und wie schätzt sie die Erfüllung dieser Aufgaben in der bisherigen Verwaltungsstruktur ein? 5. Betrachtet die Landesregierung die Aufgaben der Flurneuordnung/Flurbereinigung als Aufgaben im Rahmen der "Integrierten Ländlichen Entwicklung" und wie begründet sie dies? 6. Beabsichtigt die Landesregierung, die Ämter für Landentwicklung und Flurneuordnung und die Landwirtschaftsämter aufzulösen und deren bisherige Aufgaben teilweise in unterschiedlichen Landesämtern anzusiedeln und wie begründet dies die Landesregierung? 7. Hält die Landesregierung die Bündelung aller bisherigen Aufgaben der Landwirtschaftsämter und der Ämter für Landentwicklung und Flurneuordnung in einer starken und effizienten Landesbehörde für sinn- K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Malsch (CDU) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Infrastruktur und Landwirtschaft 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/5487 voll und wenn nein, bezüglich welcher Aufgabenbereiche sieht die Landesregierung abweichendes Zuordnungsbedürfnis und wie begründet sie dies? 8. Betrachtet die Landesregierung die Instrumente der ländlichen Entwicklung, wie zum Beispiel Ländliche und Gemeindliche Entwicklungskonzepte, Dorferneuerung und -entwicklung, Flurneuordnung/Flurbereinigung , ländliche Infrastrukturmaßnahmen, LEADER, als Einheit und wie begründet die Landesregierung ihre Antwort? 9. Gewährleisten die Organisationsüberlegungen der Landesregierung, dass die Förderung und Mittelverwaltung des Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums und der Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes" in einer Zuständigkeit durchgeführt werden und wenn nein, wie begründet sie die Erledigung in unterschiedlichen Behörden? 10. Gehen die Organisationsüberlegungen mit der Aufgabe von Behördenstandorten und damit dem Rückzug aus der Fläche einher und wie begründet die Landesregierung ihre Antwort? Das Thüringer Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft hat die Kleine Anfrage namens der Landesre gierung mit Schreiben vom 21. März 2018 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Für den Geschäftsbereich des Thüringer Ministeriums für Infrastruktur und Landwirtschaft (TMIL) ist geplant, alle bisherigen 19 Behörden, Anstalten, Einrichtungen und Landesbetriebe im unmittelbar nachgeordneten Geschäftsbereich juristisch aufzulösen und mit Wirkung vom 1. Januar 2019 in folgenden drei, durch das noch zu beschließende Thüringer Infrastruktur- und Landwirtschaftsorganisationsgesetz zu errichtenden, Landesoberbehörden strukturell-organisatorisch zusammenzufassen: a) Errichtung des "Landesamtes für Bodenmanagement und Geoinformation" (TLBG) durch Verschmelzung des Landesamtes für Vermessung und Geoinformation und der für Flurbereinigung und Flurneuordnung zuständigen Teile der drei Ämter für Landentwicklung und Flurneuordnung, b) Errichtung des "Landesamtes für Landwirtschaft und Ländlichen Raum" (TLLLR) durch Verschmelzung der Landesanstalt für Landwirtschaft (in diese wird bereits mit Wirkung vom 16. Oktober 2018 die Zahlstelle EGFL/ELER aus dem Landesverwaltungsamt verlagert), der sieben Landwirtschaftsämter, der nicht für Flurbereinigung und Flurneuordnung zuständigen Teile der drei Ämter für Landentwicklung und Flurneuordnung, der Lehr- und Versuchsanstalt Gartenbau sowie der für landwirtschaftliche Aufgaben zuständigen Teile des Referates 460 "Ländlicher Raum" des Landesverwaltungsamtes und c) Errichtung des "Landesamtes für Bau und Verkehr" (TLBV) durch Verschmelzung des Landesamtes für Bau und Verkehr, der vier Straßenbauämter und des Landesbetriebs Thüringer Liegenschaftsmanagement (THÜLIMA). Gleichzeitig mit der Errichtung des TLBV und des TLLLR sollen die Thüringer Straßenbauverwaltung und die Landesabfallverwaltung (noch in Einzelfällen dreistufig) zweistufig werden, indem die Zuständigkeiten der Straßenbauämter (als untere Straßenbaubehörden des Landes) und der Landwirtschaftsämter (im Einzelfall als untere Abfallbehörden des Landes) entfallen bzw. in die Zuständigkeiten der neuen oberen Straßenbaubehörde und der neuen oberen Landwirtschaftsbehörde münden sollen. Weiterhin sollen mit dem Mantelgesetz, d. h. durch eine Änderung des Thüringer Landesplanungsgesetzes, die regionalen Planungsstellen (Teile des Referates 300 des Landesverwaltungsamtes) übertragen werden. Zu 2.: Durch die Behördenstrukturreform entstehen einmalige zusätzliche Kosten insbesondere für: - dienstliche Umzüge einer zweistelligen Anzahl an Bediensteten an andere Dienstorte; - Trennungsgeldzahlungen und Erstattungen von Umzugskostenvergütungen an wenige betroffene Bedienstete , sofern im Einzelfall die Anspruchsvoraussetzungen vorliegen, - zu bestellende neue Türschilder und andere Hinweiszeichen sowie Stempel und Dienstsiegel etc. mit neuen Behördenbezeichnungen, - Umtragungen in Büchern, Dokumenten und Dateien, in denen die neuen Behördenbezeichnungen zwingend anzugeben sind, - die infolge der Behördenstrukturreform notwendigen Änderungen von Richtlinien, Verwaltungsvorschriften und anderen allgemeinverbindlichen Grundlagen der dienstlichen Tätigkeit. 3 Drucksache 6/5487Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Das Gesetzgebungsverfahren zum Thüringer Verwaltungsreformgesetz 2018 befindet sich derzeit zwischen dem 1. und 2. Kabinettdurchgang. Die konkreten Kostenauswirkungen sowohl in kostensteigernder als auch in kostensenkender Hinsicht können derzeit noch nicht exakt berechnet werden. Zu 3.: Im nachgeordneten Bereich des TMIL sind alle Organisationseinheiten und damit über 2.500 Bedienstete von den Strukturveränderungen betroffen. Eine konkrete Bezifferung des jeweils zuzuordnenden Anteils der Bediensteten ist derzeit noch nicht möglich (siehe Antwort zu Frage 1). Zu 4.: Die gesetzliche Grundlage zur Förderung der integrierten ländlichen Entwicklung (ILE) bildet das Gesetz über die Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes" (GAK), mit dem jeweils gültigen Rahmenplan sowie seit 2014 die Verordnung (EU) Nr. 1305/2013 über die Förderung der Entwicklung der ländlichen Räume durch den Europäischen Landwirtschaftsfonds in Europa und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1698/2005. Für die Anwendung und Durchführung der Flurbereinigung, der beschleunigten Zusammenlegung und des freiwilligen Landtausches bildet des Weiteren das Flurbereinigungsgesetz (zuletzt geändert durch Gesetz vom 19. Dezember 2008, BGBl. I S. 2794) die rechtliche Grundlage. Als Instrumente der ILE sind im aktuellen Rahmenplan der Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes" unter dem entsprechend bezeichneten Förderbereich 1 "Integrierte ländliche Entwicklung" die folgenden "Maßnahmen" aufgeführt: - Integrierte ländliche Entwicklungskonzepte, - Pläne für die Entwicklung ländlicher Gemeinden, - Regionalmanagemente, - Dorfentwicklung, - dem ländlichen Charakter angepasste Infrastrukturmaßnahmen, - Neuordnung ländlichen Grundbesitzes und Gestaltung des ländlichen Raumes, - Breitbandversorgung ländlicher Räume, - Kleinstunternehmen der Grundversorgung, - Einrichtungen für lokale Basisdienstleistungen. Zur Erfüllung dieser Aufgabenstellungen in den bisherigen Strukturen kann Folgendes ausgeführt werden: Im investiven Bereich der ILE-Förderung wurden seit 1991 rd. 1,36 Mrd. EUR Fördermittel ausgereicht. Die damit bewegten Investitionen, also die Hebel-, Anstoß- und Bündeleffekte der Fördermittel, übersteigen diese Summe um ein Vielfaches. Auch wenn sich diese Strukturen in der Vergangenheit bewährt haben, sind für die Strukturüberlegungen die sich ändernden gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, die ständig steigenden rechtlichen Anforderungen an die Fördermittelvergabe und die notwendige, im Stellenabbaukonzept der Landesregierung vorgesehene Reduzierung des Personals bzw. der Personalkosten zu berücksichtigen. Hier werden im Thüringer Gesetz über die Grundsätze von Funktional- und Verwaltungsreform die notwendigen Festlegungen getroffen, um diesen Herausforderungen zu begegnen. Die in der Antwort zu Frage 1 dargelegten Strukturvorschläge im Geschäftsbereich des TMIL dienen der Umsetzung dieser Vorgaben. Zu 5.: Die Flurneuordnung/Flurbereinigung ist der Vollzug eines Gesetzes, konkret des Flurbereinigungsgesetzes (FlurbG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. März 1976 (BGBl. I S. 546), zuletzt geändert durch Artikel 17 des Gesetzes vom 19. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2794). Die Förderung der Flurneuordnung/Flurbereinigung dagegen wird durch das Gesetz über die Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes" (GAKG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. Juli 1988 (BGBl. I S. 1055), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 11. Oktober 2016 (BGBl. I S. 2231), geregelt. Die Flurneuordnung/Flurbereinigung ist förderrechtlich den ILE-Fördermaßnahmen zugeordnet (siehe hierzu auch Antwort zu Frage 4). 4 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/5487 Zu 6.: Die Schaffung des Landesamtes für Landwirtschaft und Ländlichen Raum und des Landesamtes für Bodenmanagement und Geoinformation dient der Umsetzung der allgemeinen Ziele der Verwaltungsreform. Es wird auf die Antworten zu den Fragen 1 und 2 verwiesen. Synergien ergeben sich mit der Landwirtschaft durch den Agrarstrukturbezug der Förderinstrumente sowie im Grundstück- und Landpachtverkehrsrecht. Mit Ausnahme der Aufgaben des Bereichs Haushalt, Organisation, Personal und Informationstechnologie (HOPI) haben sämtliche Aufgaben einen unmittelbaren Regionalbezug und sind mit örtlich präsenten Behörden wahrzunehmen. Zu 7.: Die Landesregierung hat sich aufgrund der Größe des Geschäftsbereiches des TMIL mit über 2.500 Bediensteten entschieden, drei große Landesämter zu errichten (siehe hierzu Antwort zu den Fragen 1 und 2). Bei der Aufgabenzuordnung wurden sowohl fachliche (Bündelung von vergleichbaren Aufgabenstellungen) als auch personalplanerische Aspekte (Erhöhung der Flexibilität der Aufgabenwahrnehmung durch Zusammenfassung von Bediensteten mit vergleichbarer Ausbildung) berücksichtigt. Dies trägt insbesondere der Aufgabenwahrnehmung mit künftig zu reduzierendem Personalbestand Rechnung. Zu 8.: In Thüringen kommen wie in den meisten Bundesländern die ILE-Fördermaßnahmen ausschließlich GAKkonform zur Anwendung (vgl. Antwort zu Frage 4). Nach dem GAK-Rahmenplan ist es Zweck der Förderung, die ländlichen Räume als Lebens-, Arbeits- und Naturräume zu sichern und weiterzuentwickeln. Die Maßnahmen der ILE sollen zu einer positiven Entwicklung der Agrarstruktur, zur Verbesserung der Infrastruktur ländlicher Gebiete und zu einer nachhaltigen Stärkung der Wirtschaftskraft beitragen. Günstige Entwicklungsansätze für ländliche Räume können geschaffen werden, wenn einzelne Vorhaben zu einem gemeinde- und fachbereichsübergreifenden Entwicklungsansatz zusammengeführt werden. Integrierte ländliche Entwicklung bedeutet daher: - Handlungskonzepte an den örtlichen/regionalen Bedürfnissen und Möglichkeiten der Menschen ausrichten , - Maßnahmen flexibel und transparent planen, - Maßnahmen schnell und effizient verwirklichen, - Prozesse und Ergebnisse so gestalten, dass sie über den geförderten Zeitraum hinaus Bestand haben (Gewährleistung der Nachhaltigkeit). Dies erfordert jedoch nicht - wie vergleichbare Strukturen in anderen Ländern zeigen - zwingend eine Bündelung aller Aufgabenstellungen in einer Verwaltungseinheit. Ein ganzheitlicher Ansatz zur Entwicklung des ländlichen Raumes geht zudem über die oben genannten Aufgabenstellungen hinaus und umfasst vielfältige Aufgaben beispielsweise auch im Bereich der Daseinsvorsorge, der Verkehrsinfrastruktur, der Landesentwicklung und der Landwirtschaft. Hier bestehen vielfältige Möglichkeiten, diese Aufgabenstellungen im TMIL und innerhalb der Landesregierung zu koordinieren, um den zukünftigen Herausforderungen im ländlichen Raum Rechnung tragen zu können. Zu 9.: Die Strukturüberlegungen berücksichtigen diese Fragestellung. Die genannten Aufgaben sind im TMIL gebündelt . Wie auch bei anderen EU-Fonds und Bundesprogrammen wird die Koordinierung übergeordneter Fragestellungen durch ein zuständiges Referat im TMIL im Rahmen der Fondsverwaltung und der Abwicklung der Gemeinschaftsaufgabe als ELER-Verwaltungsbehörde sichergestellt. Die Mittelzuweisung erfolgt nach den fachlichen Vorgaben; die Förderung wird von den zuständigen Behörden oder Stellen durchgeführt. Zu 10.: Die Organisationsüberlegungen gehen nicht mit der Aufgabe von Behördenstandorten und einem Rückzug aus der Fläche einher, da die bisherigen Ämter zu Außenstandorten der neuen Behörden werden. 5 Drucksache 6/5487Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Aus der Sicht der Landesregierung geht es hier vielmehr um Straffung der Strukturen, Nutzung von Synergieeffekten und Herstellen der Zweistufigkeit gemäß § 11 Abs. 1 des Thüringer Gesetzes über die Grundsätze von Funktional- und Verwaltungsreformen. In Vertretung Dr. Sühl Staatssekretär _GoBack