11.04.2018 Drucksache 6/5548Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 25. April 2018 Missstände am Landgericht Erfurt Die Kleine Anfrage 2862 vom 23. Februar 2018 hat folgenden Wortlaut: Laut einem Presseartikel in der Südthüringer Zeitung vom 21. Februar 2018 gibt es an den Thüringer Gerichten Probleme mit veralteter Technik, zu wenig Personal und einer gestiegenen Anzahl von Verfahren. Der Vorsitzende des Thüringer Richterbundes beklagt unter anderem, dass am Landgericht Erfurt inzwischen auch an Samstagen verhandelt werden müsse, ebenso die fehlende Ausstattung für die Richter. So habe man dort bis vor Kurzem kein gängiges PC-Laufwerk am Arbeitsplatz gehabt, sodass Beweismaterial teilweise zuhause habe gesichtet werden müssen. Die beschriebenen Missstände stehen im Widerspruch zur Darstellung des Thüringer Ministeriums für Migration, Justiz und Verbaucherschutz, nach der das Landgericht Erfurt, was die Zahlen der Richter im Verhältnis zu den Verfahrenszahlen angeht, gut ausgestattet sei (unter anderem MDR Aktuell am 11. Juni 2017). Ich frage die Landesregierung: 1. Trifft es zu, dass jüngst ein Verfahren an einer Erfurter Strafkammer zunächst nicht stattfinden konnte, weil nicht genügend Wachtmeister vorhanden waren, um die Häftlinge aus der Untersuchungshaft vorzuführen ? 2. Wenn Frage 1 mit "Ja" beantwortet wird, wie beurteilt die Landesregierung die Situation und wie gedenkt sie, solche Personalprobleme künftig zu vermeiden? 3. Wie häufig wurde aufgrund des hohen Verfahrensaufkommens am Erfurter Landgericht an Samstagen verhandelt (bitte aufschlüsseln nach Strafkammern, jährliche Zahlen ab dem Jahr 2007)? 4. Wie hat sich die durchschnittliche Verfahrensdauer am Landgericht Erfurt entwickelt (bitte aufschlüsseln nach Strafkammern, jährliche Zahlen ab dem Jahr 2007)? 5. Welche technische Ausstattung steht den Richtern am Erfurter Landgericht zur Verfügung und wie beurteilt die Landesregierung diese (insbesondere Computertechnik, Software und gängige CD-, DVD- und USB-Laufwerke)? 6. Ist der Landesregierung bekannt, welche Probleme es mit der neuen Software gibt, mit der Richter arbeiten sollen? K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Meißner (CDU) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Migration, Justiz und Verbraucherschutz 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/5548 Das Thüringer Ministerium für Migration, Justiz und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage namens der Lan desre gierung mit Schreiben vom 10. April 2018 wie folgt beantwortet: Zu 1.: In dem erwähnten Fall war zur Vorführung die Mithilfe von Polizeibeamten vonnöten, deren Einsatz auch geplant war. Aufgrund ihrer eigenen Dienstobliegenheiten trafen die Polizeibeamten verspätet ein und der Verhandlungsbeginn verzögerte sich infolgedessen. Zu 2.: Die Beanspruchung des Wachtmeisterdienstes unterliegt unvermeidlichen Schwankungen, die sich insbesondere durch umfangreiche Hauptverhandlungen mit zahlreichen Vorführungen von Angeklagten temporär deutlich erhöhen kann. An Verhandlungstagen mit der Notwendigkeit der Absicherung von Vorführungen von Angeklagten kann dies dazu führen, dass der vorhandene Personalstamm in der Wachtmeisterei verstärkt werden muss, um allen anfallenden weiteren Aufgaben gerecht zu werden. Dazu gehört sowohl die Betreuung der in den Verwahrzellen verbliebenen Angeklagten als auch die Absicherung und Organisation des Vorführdienstes. Hierbei wird ein ausgewogener Einsatz der vorhandenen Ressourcen angestrebt. Über- oder Unterkapazitäten gilt es zu vermeiden. Deshalb werden Vorführungen grundsätzlich durch alle Wachtmeister im Landgerichtsbezirk Erfurt abgesichert. Reichen diese Kapazitäten wegen eigener Vorführungen nicht aus, werden auch Wachtmeister der übrigen Landgerichtsbezirke und des Thüringer Oberlandesgerichts herangezogen. Kann der Bedarf an Wachtmeistern auf diese Weise immer noch nicht gedeckt werden, wird bei den Justizvollzugsanstalten um Mithilfe ersucht und, als letzte Anlaufstelle, die Polizei um Unterstützung gebeten. Im Vordergrund steht bei jeder stattfindenden Hauptverhandlung immer auch der Aspekt der Sicherheit. Bei einer Abwägung zwischen der Verzögerung eines Verhandlungsbeginns und der Gewährleistung eines sicheren Ablaufs der Verhandlung ist im Interesse der Allgemeinheit und der Landesbediensteten der Sicherheit der Vorrang einzuräumen. Wie auch in anderen Bereichen werden sich auch hier personelle Engpässe aus nicht vorhersehbaren Gründen nie ausschließen lassen. Zu 3.: Ursächlich für die Verhandlungen an Samstagen ist nach Mitteilung der Präsidentin des Landgerichts Erfurt nicht das absolute Verfahrensaufkommen, sondern in einer Vielzahl von Fällen die Unmöglichkeit, einen Termin mit den Verteidigern abzustimmen. Unter Berücksichtigung des Beschleunigungsgebots in Haftsachen sind von den Strafkammern alle Möglichkeiten zur Verhandlung auszuschöpfen. Seit dem Jahr 2007 wurde am Landgericht Erfurt an Samstagen wie folgt verhandelt: zweimal im Jahr 2016 - bei der 3. Strafkammer zweimal im Jahr 2017 - einmal bei der 2. und einmal bei der 3. Strafkammer Zu 4.: Verfahrensdauer der beim Landgericht Erfurt durch Urteil erledigten Verfahren in Monaten Kammerart 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 Strafsachen 1. Instanz (Spruchkörper insgesamt) 6,8 7,1 7,9 5,5 6,1 8,0 7,2 6,4 9,1 6,3 7,7 Strafsachen 1. Instanz Große Strafkammer 8,9 7,9 8,3 6,1 5,9 7,9 7,0 6,0 9,8 6,6 8,2 Strafsachen 1. Instanz Jugendkammer 4,0 5,3 5,5 4,8 5,6 7,3 7,2 6,8 8,4 6,5 6,9 Strafsachen 1. Instanz Schwurgericht 6,7 9,2 11,4 5,5 10,6 12,2 9,1 7,3 5,6 5,0 7,1 3 Drucksache 6/5548Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Kammerart 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 Strafsachen 2. Instanz (Spruchkörper insgesamt) 4,4 4,2 5,3 5,2 5,3 6,5 6,1 6,5 6,2 5,9 5,8 2. Instanz Kleine Strafkammer (Berufungen gegen Strafrichterentscheidungen ) 4,5 4,7 5,7 5,4 5,5 6,3 6,0 6,1 5,7 5,7 5,6 2. Instanz Kleine Strafkammer (Berufungen gegen Urteile des Schöffengerichts) 5,6 4,6 7,1 7,0 5,7 7,6 6,3 8,7 8,6 6,1 7,7 2. Instanz Kleine Jugendkammer 2,0 2,2 3,0 2,5 3,0 1,6 1,4 3,9 4,5 2,2 3,3 2. Instanz Große Jugendkammer 2,4 3,2 3,4 3,2 3,7 5,9 9,3 5,1 2,8 8,8 4,9 Quelle: Auswertungstabellen des Thüringer Landesamtes für Statistik zur StP/OWi-Statistik Zu 5.: Die Arbeitsplätze der Richter des Landgerichts Erfurt sind je mit einem Notebook nebst Docking Station und Eingabegeräten (Maus und Tastatur), mindestens einem 24 Zoll Monitor sowie einem Arbeitsplatzdrucker ausgestattet. Bei dem Notebook handelt es sich um ein Fujitsu LIFEBOOK E756 non VPro (Intel Core i7 - Prozessor; 16 GB Arbeitsspeicher) mit einem DVD-Laufwerk. Ergänzt wird die Notebookausstattung um eine Notebooktasche und ein Kensignton Schloss. Die Richterarbeitsplätze verfügen weiterhin über mobile digitale Diktiergeräte mit Docking Station sowie Headsets zur Nutzung einer Spracherkennungssoftware. Alle Richterarbeitsplätze des Landgerichts sind mit dem Betriebssystem "MS WINDOWS 7 Prof", einem Standard-Office "MS Office 2003" (MS Word, MS Excel, MS PPT und MS Outlook), der Spracherkennung Dragon NaturallySpeaking Version 11 oder Version 12, Webbrowser (Internet, Intranet) und dem Adobe Reader ausgestattet. Je nach Zuständigkeit wird die Softwareausstattung um das Fachsystem forumSTAR und/oder MEGA (Zivil- u. Strafmodul - Altsystem zur Recherche) ergänzt. Die technische Ausstattung wird als ausreichend beurteilt. Zu 6.: Die Kammern des Landgerichts Erfurt sind seit dem 20. November 2014 (Zivilsachen) und dem 21. September 2016 (Strafsachen) mit dem IT-Fachsystem forumSTAR und dem integrierten Textsystem forum- STAR-Text ausgestattet. Bei forumSTAR/-Text handelt es sich um eine IT-Länderverbundlösung, die in neun weiteren Bundesländern Verwendung findet. Änderungen und Erweiterungen am Programm erfolgen im Regelfall einheitlich verbundweit. Derzeit erfolgt unter Beteiligung aller 16 Bundesländer eine grundlegende Programmmodernisierung unter dem Namen "GeFa" (Gemeinsames Fachverfahren). Die Bediensteten des Landgerichts Erfurt wurden bei der Einführung der Programmmodule, insbesondere im Strafbereich, umfänglich vor Ort betreut, um den Anlauf zu erleichtern. Konkrete Probleme und Arbeitshemmnisse , die auf dem Programm basieren, sind nach Rückfrage in den Fachgruppen hier derzeit nicht bekannt. Lauinger Minister Missstände am Landgericht Erfurt Ich frage die Landesregierung: Zu 1.: Zu 2.: Zu 3.: Zu 4.: Zu 5.: Zu 6.: