28.03.2018 Drucksache 6/5556Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 26. April 2018 Keine Landesförderung für Auschwitzfahrt einer Saalfelder Förderschule Die Kleine Anfrage 2863 vom 23. Februar 2018 hat folgenden Wortlaut: Nach einem Bericht der Ostthüringer Zeitung1 organisierte und finanzierte eine Saalfelder Förderschule selbst eine Fahrt in das ehemalige Konzentrationslager Auschwitz, weil es dafür keine Landesförderung gab. Die spezielle Förderklasse habe sieben Schüler. Ein entsprechender Antrag sei abgelehnt worden, da die Gruppe zu klein sei. Es müssten mindestens 15 Teilnehmer sein. Ich frage die Landesregierung: 1. Warum und auf welcher Grundlage wurde der Antrag der Saalfelder Förderschule auf Förderung der Klassenfahrt nach Auschwitz negativ beschieden? 2. Gab es in den Jahren 2016/2017 vergleichbare Förderanträge für Klassenfahrten, die abgelehnt wur den, und wenn ja, wie viele von welchen Schulen? 3. Inwieweit ergibt sich daraus für die Landesregierung die Notwendigkeit zur Änderung gesetzlicher Grund lagen beziehungsweise von Vorschriften zugunsten einer umfassenden und einheitlichen Förderung für Teilnehmer von Klassenfahrten? 4. Welche Fördermöglichkeiten und Programme können aktuell für kleine Schülergruppen genutzt werden? 5. Welche Möglichkeiten gibt es, ein, wie im Bericht der Ostthüringer Zeitung beschriebenes Engagement von Schülerinnen und Schülern zu fördern und zu würdigen? 6. Welche Voraussetzungen müssen Schülergruppen aktuell erfüllen, damit vom Freistaat Thüringen Wan dertage, Exkursionen, Klassenfahrten oder Studienfahrten gefördert werden? Das Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport hat die Kleine Anfrage namens der Lan desre gierung mit Schreiben vom 27. März 2018 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Es ist richtigzustellen, dass von der Landesregierung der Antrag des Staatlichen Regionalen Förderzent rums "Johann Heinrich Pestalozzi" in 07318 Saalfeld auf Kostenerstattung für eine Fahrt zur Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau vom 20. November 2017 bis 24. November 2017 nicht abgelehnt wurde. Die Landes K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Kowalleck (CDU) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/5556 regierung hat vielmehr mit Schreiben vom 6. September 2017 die verantwortliche Lehrkraft der Pestaloz zi-Schule darum gebeten, einen aktualisierten Antrag vor dem Hintergrund der am 7. August 2017 neu ver öffentlichten Antragsregelung an die Landesregierung zu senden. Die neuen Fördermöglichkeiten auf der Grundlage einer Kooperationsvereinbarung mit der "Bethe-Stiftung/Stiftung Erinnern Ermöglichen" im Schul jahr 2017/2018 wurden über das Portal der Landesregierung zum Schuljahresbeginn veröffentlicht.2 Zudem erhielt die verantwortliche Lehrkraft der Pestalozzi-Schule persönlich die Auskunft vom Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport, wonach im Schuljahr 2017/2018 eine Förderung durch die Be the-Stiftung aufgrund der aktuell geringen Teilnehmerzahl leider nicht erfolgen könnte, da laut bundesweit geltender Richtlinie die Bethe-Stiftung mindestens 15 Teilnehmer eine Gruppe/Klasse umfassen soll. Der Pestalozzi-Schule Saalfeld wurde mitgeteilt, dass ein aktualisierter Antrag hinsichtlich der Unterstützungs möglichkeiten geprüft und eine umgehende Information erfolgt. Daraufhin hat die verantwortliche Lehrkraft am 7. September 2017 gegenüber der Landesregierung (per E-Mail) mitgeteilt: "Hiermit ziehen wir den An trag auf Kostenerstattung für eine Schülerfahrt zum Besuch der Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau zurück." Zu 2.: Von der Landesregierung werden keine Klassenfahrten (Schülerkosten) gefördert. Unterstützt werden al lerdings eintägige Fahrten zu Gedenkstätten und weiteren außerschulischen Lernorten in Thüringen so wie bis 15 Fahrten von weiterführenden Thüringer Schulen zu Orten der nationalsozialistischen Vernich tung in Polen. Dieses Unterstützungsangebot für bis zu 15 Thüringer Schulen ist durch die Förderung der Bethe-Stiftung seit dem Schuljahr 2016/2017 möglich. Im Schuljahr 2016/2017 wurden keine Anträge von Thüringer Schulen für Fahrten zu Gedenkstätten in Auschwitz-Birkenau, Belzec, Chelmno/Kulmhof, Majda nek, Sobibor und Treblinka abgelehnt. Zu 3.: Die Kosten der Schülerinnen und Schüler für die Teilnahme an Wandertagen und Klassenfahrten tragen grundsätzlich die Eltern oder volljährigen Schülerinnen und Schüler. Der Freistaat Thüringen erstattet den eine solche Fahrt begleitenden Lehrkräften die ihnen hierbei entstehenden Reisekosten nach den jeweils geltenden Bestimmungen des Thüringer Reisekostengesetzes. Die Verwaltungsvorschrift zur Durchführung von Wandertagen und Klassenfahrten gibt insoweit die aktuelle Rechtslage wieder. Eine Änderung in der Weise, dass Kosten von Klassenfahrten für alle Schülerinnen und Schüler generell vom Freistaat Thürin gen übernommen werden, ist nicht vorgesehen. Für bestimmte Arten von schulischen Fahrten sieht die Landesregierung eine finanzielle Unterstützung vor. Im Einzelnen für: - Fahrten im Rahmen internationaler Schülerbegegnungen, - Fahrten zu Gedenkstätten und weiteren Orten im Rahmen von Maßnahmen des Lernens am anderen Ort in Thüringen, - Fahrten zu Orten der nationalsozialistischen Vernichtung in Polen. Zu 4.: Auf die Antwort zu Frage 3 wird verwiesen. Insbesondere gewährt das Deutsch-Polnische Jugendwerk (DPJW) im Rahmen des Zentralstellenverfah rens für den schulischen Austausch über die Landesregierung Fahrtkostenzuschüsse für deutsch-polnische Schülerbegegnungen, wenn das vorgesehene Begegnungsprogramm den Richtlinien des DPJW entspricht. Bestandteil des Begegnungsprogramms kann dabei auch ein Besuch von polnischen Gedenkstätten, zum Beispiel in Ausschwitz, sein. Für eine Förderung gibt es hinsichtlich der Gruppengröße keine Vorgabe des DPJW, jedoch bedarf eine Schülerbegegnung im Ausland der Genehmigung des zuständigen Staatlichen Schulamtes. Hier wird seitens der Landesregierung auch im Bereich internationale Schulpartnerschaften eine Mindest gruppengröße von zehn Schülerinnen und Schülern gefordert, damit ein Austauschcharakter gewährleis tet werden kann und die vom Freistaat Thüringen zu tragenden Reisekosten der Begleitlehrkräfte in einem angemessenen Verhältnis zum pädagogischen Zweck der Fahrt stehen (siehe Ziff. 4 der Hinweise zur Or ganisation und Durchführung von Schülerbegegnungen im Rahmen internationaler Schulpartnerschaften3). Abweichungen hiervon sind in begründeten Ausnahmefällen möglich. 3 Drucksache 6/5556Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Da laut amtlicher Schuljahresstatistik 2017/2018 keine der Saalfelder Förderschulen Schulpartnerschaften mit einer polnischen Schule pflegt und eine Fahrt zur Gedenkstätte nach Ausschwitz hier offensichtlich uni lateral, nur durch Thüringer Teilnehmende durchgeführt wurde, wären die Voraussetzungen für Fahrtkos tenzuschüsse des DPJW nicht erfüllt. Neben dem Zentralstellenverfahren für den schulischen Austausch bietet das DPJW für deutsch-polnische beziehungsweise trilaterale Gedenkstättenprojekte ein spezielles Förderprogramm "Wege zur Erinnerung" an. Die Förderung erfolgt direkt durch das DPJW, Kriterien des Förderprogramms sind im Internet4 zu fin den. Auch hier liegt jedoch der Fokus auf einem gemeinsamen Gedenkstättenbesuch der deutschen und polnischen Partner. Zu 5.: Das demokratiefördernde Engagement von Thüringer Schülerinnen und Schülern sowie von verantwortli chen Lehrkräften, welche Fahrten zu Orten der nationalsozialistischen Vernichtung in Polen vorbereiten, durchführen und nachbereiten, ist hervorragend. Diesen außerordentlichen Einsatz würdigen Schulen im Rahmen verschiedener Veranstaltungen. Schulen führen im Nachgang der Fahrten schulische Ausstellun gen, Projektauswertungen, Diskussionen oder Elternabende durch. Über Erfahrungen der Schülerinnen und Schüler wird in regionalen Medien zu den Fahrten berichtet. Möglichkeiten der besonderen Förderung und Würdigung des Engagements bestehen durch die Teilnahme der Schulprojekte an bundesweiten Wettbe werben und Förderprogrammen, wie zum Beispiel am Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten/der Körber Stiftung sowie am länderübergreifenden Förderprogramm Demokratisch Handeln. Die Landesre gierung unterstützt die Teilnahme von Thüringer Schulen mit ihren Auschwitz-Projekten an bundesweiten Wettbewerben und Förderprogrammen. In diesem eindrucksvollen Engagement von Thüringer Schülerin nen und Schülern sowie von verantwortlichen Lehrkräften sieht die Landesregierung überzeugende Bei spiele für die lebendige Erfüllung des Thüringer Bildungs- und Erziehungsauftrages. Zu 6.: Die Verwaltungsvorschrift zur Durchführung von Wandertagen und Klassenfahrten enthält keine Fördervor aussetzungen, da eine Schülerförderung hierin nicht vorgesehen ist, sondern lediglich eine Zusammenfas sung der bei Klassenfahrten und Wandertagen zu beachtenden bestehenden Regelungen (zum Beispiel im Thüringer Schulgesetz) sowie den Verfahrenslauf für die Freigabe der Haushaltsmittel für die zu erwar tenden Dienstreisekosten der begleitenden Lehrkräfte. Holter Minister Endnote: 1 Vergleiche http://saalfeld.otz.de/web/saalfeld/startseite/detail/-/specific/Saalfelder-Schueler-Eine-696-Kilometer- Fahrt-fuers-Leben-1591206095. 2 Vergleiche http://www.thueringen.de/th2/tmbjs/bildung/foerderung/gedenkstaettenfahrten. 3 Vergleiche http://www.thueringen.de/mam/th2/tmbwk/bildung/internationales/allgemein_bildende_schulen/hinwei se_und_antworten_auf_haufig_gestellte_fragen_stand_juni_2017.pdf). 4 Vergleiche http://www.dpjw.org/projektfoerderung/wege-zur-erinnerung/. Keine Landesförderung für Auschwitzfahrt einer Saalfelder Förderschule Ich frage die Landesregierung: Zu 1.: Zu 2.: Zu 3.: Zu 4.: Endnote: