20.04.2018 Drucksache 6/5613Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 9. Mai 2018 Vollzug des § 10 des Thüringer Ladenöffnungsgesetzes Die Kleine Anfrage 2912 vom 5. März 2018 hat folgenden Wortlaut: Nach § 10 Thüringer Ladenöffnungsgesetz (ThürLadÖffG) dürfen Verkaufsstellen an höchstens vier Sonnund Feiertagen aus besonderem Anlass für die Dauer von bis zu sechs zusammenhängenden Stunden in der Zeit von 11 bis 20 Uhr geöffnet sein. Diese Öffnungstage werden durch die Landkreise und die kreisfreien Städte im übertragenen Wirkungskreis durch Rechtsverordnung freigegeben. Im Jahr 2017 wurden nach meiner Kenntnis im Landkreis Saalfeld-Rudolstadt neben den Bestimmungen des § 10 ThürLadÖffG weitere Kriterien zur Genehmigung von verkaufsoffenen Sonn- und Feiertagen in Anlehnung an den Kriterienkatalog des Thüringer Landesverwaltungsamts erstellt. Ich frage die Landesregierung: 1. Gab es in den letzten zehn Jahren neben dem Normenkontrollverfahren im Jahr 2016 gegen die Rechtsverordnung über das Offenhalten von Verkaufsstellen in der Landeshauptstadt Erfurt vergleichbare Verfahren im Freistaat Thüringen und wenn ja, gegen welche Rechtsverordnungen welcher Landkreise beziehungsweise kreisfreien Städte? 2. Wurden nach Kenntnis der Landesregierung vom Thüringer Oberverwaltungsgericht im oben genannten Normenkontrollverfahren neben allgemeiner Kritik an der Verwaltungspraxis in Thüringen konkrete Vorgaben zur Anwendung des Thüringer Ladenöffnungsgesetzes genannt und wenn ja, welche? 3. Welche Gründe haben dazu geführt, dass die Landkreise und kreisfreien Städte verpflichtet wurden, eine Stellungnahme durch die Fachaufsicht im Vorfeld der Ausfertigung einer Rechtsverordnung zum § 10 ThürLadÖffG einzuholen? 4. Weshalb hat das Thüringer Landesverwaltungsamt im Jahr 2017 einen Kriterienkatalog zur Anwendung des § 10 ThürLadÖffG erstellt beziehungsweise geändert? 5. Welche Änderungen wurden am Kriterienkatalog des Thüringer Landesverwaltungsamts in Bezug auf den § 10 ThürLadÖffG im Jahr 2017 vorgenommen? 6. Wie haben sich die Änderungen des Kriterienkatalogs des Thüringer Landesverwaltungsamts auf den Aufwand für die Beantragung und Bearbeitung von Anträgen nach § 10 ThürLadÖffG ausgewirkt? 7. Wie haben sich die Bearbeitungszeit sowie die Bewilligungsquote durch den geänderten Kriterienkatalog geändert? K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Kowalleck (CDU) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/5613 8. Wie viele Anträge nach § 10 ThürLadÖffG und von wem wurden im Landkreis Saalfeld-Rudolstadt im Jahr 2017 und bislang im Jahr 2018 gestellt (bitte Anzahl der Anträge und die positiv beschiedenen Anträge auflisten)? 9. Inwieweit werden künftig langjährige Traditionen und die vorab erfolgte positive Abstimmung mit allen Trägern öffentlicher Belange bei der Beurteilung von Anträgen berücksichtigt? Das Thüringer Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie hat die Kleine Anfrage namens der Lan desre gierung mit Schreiben vom 19. April 2018 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Der Landesregierung sind für Thüringen die folgenden Verfahren bekannt: • gegen die Verordnung über das Offenhalten von Verkaufsstellen in der Landeshauptstadt Erfurt aus besonderem Anlass im Jahr 2016 vom 20. November 2015 - Thüringer Oberverwaltungsgericht (ThürOVG) vom 7. März 2016; Az. 3 EN 123/16 - ThürOVG vom 22. September 2016; Az. 3 N 182/16 - ThürOVG vom 30. September 2016; Az. 3 EN 754/16 • gegen die Verordnung über das Offenhalten von Verkaufsstellen aus besonderem Anlass der kreisfreien Stadt Suhl vom 8. Dezember 2015 bezogen auf den Anlass des Suhler Frühlings- mit Pflanzentages und Automeile am Sonntag, den 1. Mai 2016 - ThürOVG vom 20. April 2016; Az. 3 EN 222/16 Darüber hinaus gab es bundesweit hunderte vergleichbare Verfahren. Außerdem wird auf die Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) verwiesen, die auch für die Thüringer Verwaltung maßgeblich sind: - BVerwG vom 6. März 2003; Az. 6 BN 6/02 - BVerwG vom 11. November 2015; Az. 8 CN 2.14 - BVerwG vom 27. Juli 2016; Az. 8 BN 2.14 (8 CN 1.16) - BVerwG vom 17. Mai 2017; Az. 8CN 1.16 Zu 2.: Es wird auf die Antwort der Landesregierung zu Frage 6 der Kleinen Anfrage 2113 des Abgeordneten Bühl (CDU) - Sonderöffnungszeiten von Läden an Sonntagen - (Drucksache 6/4019) verwiesen. Zu 3.: Unter Beachtung der Rechtsprechung von Bundesverfassungsgericht (BVerfG), BVerwG und ThürOVG sollen rechtliche Mängel, die zur Rechtswidrigkeit der Rechtsverordnung führen, ausgeschlossen, sowie eine einheitliche Vollzugspraxis in den Landkreisen und kreisfreien Städten sichergestellt werden. Über eine fachaufsichtliche Stellungnahme vor Ausfertigung einer Rechtsverordnung zu § 10 Thüringer Ladenöffnungsgesetz (ThürLadÖffG) soll gewährleistet werden, dass den Feststellungen des BVerfG sowie den Entscheidungen des BVerwG und des ThürOVG Rechnung getragen wird. Zu 4.: Das Thüringer Landesverwaltungsamt (TLVwA) hat im Jahr 2017 keinen Kriterienkatalog zur Anwendung der § 10 ThürLadÖffG erstellt beziehungsweise geändert. Das TLVwA hat als zuständige obere Fachaufsichtsbehörde vielmehr angewiesen, dass dieser Behörde Entwürfe von Rechtsverordnungen nach § 10 Abs. 3 und Ausnahmebewilligungen nach § 11 Abs. 1 ThürLadÖffG vorzulegen sind, damit das TLVwA auf den Erlass einer rechtmäßigen Verordnung zum Beispiel durch Hinweise zum Änderungsbedarf oder zur Vervollständigung der Dokumentation hinwirken kann. Zu 5.: Im Jahre 2017 wurde vom Thüringer Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie (TMASGFF) ein "Kriterienkatalog zum Erlass von Rechtsverordnungen nach § 10 Abs. 3 Thüringer Ladenöffnungsgesetz (ThürLadÖffG) durch die Landkreise und kreisfreien Städte im übertragenen Wirkungskreis" als Hilfestellung entworfen. Zum Entwurf des Kriterienkataloges hat das TMASGFF Stellungnahmen der Landkreise und kreisfreien Städte, des TLVwA, des Landesamtes für Verbraucherschutz (TLV) sowie vom 3 Drucksache 6/5613Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Thüringischem Landkreistag, Gemeinde- und Städtebund Thüringen, der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, dem Handelsverband Thüringen e. V., der Arbeitsgemeinschaft der Industrie- und Handelskammern , der Arbeitsgemeinschaft der Thüringer Handwerkskammern erbeten und soweit vorgelegt auch weitgehend berücksichtigt. Der Abstimmungsprozess ist noch nicht abgeschlossen. Zum Thüringer Ladenöffnungsgesetz hat es einen vergleichbaren Kriterienkatalog bisher nicht gegeben. Vielmehr wurde seitens des TMASGFF in der Vergangenheit mit Informationsschreiben gearbeitet. Einige Landkreise und kreisfreien Städte haben sich bei der Freigabe verkaufsoffener Sonn- und Feiertage durch Rechtsverordnung weiterhin an einzelne Vorgaben aus der "Richtlinie zur Durchführung der Ladenschlussvorschriften " des Ministeriums für Soziales, Familie und Gesundheit vom 10. Dezember 2003 (ThürStAnz Nr. 8/2004 S. 545-547) orientiert, die seit Inkrafttreten des Thüringer Ladenöffnungsgesetzes im Jahr 2006 keine Anwendung mehr findet. Der Entwurf des Kriterienkatalogs enthält Hinweise, die vergleichbar sind mit der "Richtlinie zur Durchführung der Ladenschlussvorschriften", aber unter Berücksichtigung der aktuellen Rechtsprechung noch deutlich weitergehend untersetzt werden. Zu 6.: Es wird auf die Antwort zu Frage 5 verwiesen. Unter Berücksichtigung der aktuellen Rechtsprechung wird eingeschätzt, dass sich aus den abzuleitenden Vorgaben der Aufwand für die Freigabe verkaufsoffener Sonn- und Feiertage durch die Landkreise und kreisfreien Städte im übertragenen Wirkungskreis erhöht hat. Da es sich bei der Freigabe der Sonderöffnungszeiten durch Rechtsverordnung nicht um ein Genehmigungsverfahren handelt, sind keine gesetzlich verbindlichen Tatbestandsvoraussetzungen für eine "Antragstellung " vorgegeben. Daher wird hier nicht von einem erhöhten Aufwand ausgegangen. Zu 7.: Zu Bearbeitungszeiten und "Bewilligungsquoten" liegen der Landesregierung keine Kenntnisse vor. Der Verordnungsgeber im Sinne des § 10 Abs. 3 ThürLadÖffG entscheidet im eigenen Ermessen, ohne dass ein Rechtsanspruch auf den Erlass einer Rechtsverordnung zur Zulassung von Sonderöffnungszeiten besteht. Die Rechtsverordnungen sind also nicht gleichzusetzen mit Bewilligungen. Zur Entwicklung der Anzahl der Rechtsverordnungen und der davon betroffenen Orte in den Jahren 2012 bis 2017 wird auf die Antwort der Landesregierung zu Frage 2 der Kleinen Anfrage 2113 des Abgeordneten Bühl (CDU) - Sonderöffnungszeiten von Läden an Sonntagen - (Drucksache 6/4019) verwiesen. Zu 8.: Der Landkreis Saalfeld-Rudolstadt hat dem TLVwA den Entwurf einer Rechtsverordnung über zusätzliche Ladenöffnungszeiten nach § 10 ThürLadÖffG für das Jahr 2018 für die folgenden besonderen Anlässe zur fachaufsichtlichen Bewertung vorgelegt: 1. "Lavendelfest" am 22. Juli 2018 in Bad Blankenburg 2. "Weihnachtsmarkt" am 2. Dezember 2018 in Leutenberg 3. "Töpfermarkt" am 15. April 2018 in Rudolstadt 4. "Rudolstadt-Festival" am 8. Juli 2018 in Rudolstadt 5. "Herbstmarkt" am 3. Oktober 2018 in Rudolstadt 6. "1. Advent" am 2. Dezember 2018 in Rudolstadt 7. "Frühlingsfest" am 25. März 2018 in Saalfeld/Saale 8. "Autofrühling" am 6. Mai 2018 in Saalfeld/Saale 9. "Herbstmarkt" am 21. Oktober 2018 in Saalfeld/Saale 10. "Weihnachtsmarkt" am 09. Dezember 2018 in Saalfeld/Saale Das TLVwA hat am 6. Februar 2018 in allen Fällen eine positive fachaufsichtliche Stellungnahme zu den besonderen Anlässen abgegeben. Für das Jahr 2017 wurden vom Landkreis Saalfeld-Rudolstadt keine Rechtsverordnungsentwürfe gemäß § 10 ThürLadÖffG an das TLVwA oder an das TLV übermittelt. 4 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/5613 Zu der Beantwortung der Kleinen Anfrage 2113 des Abgeordneten Bühl (CDU) - Sonderöffnungszeiten von Läden an Sonntagen - wurde mit Stand Mai 2017 ermittelt, dass durch den Landkreis Saalfeld-Rudolstadt im Jahre 2017 eine Freigabe des Sonn- beziehungsweise Feiertagsverkaufs durch Rechtsverordnung nach § 10 ThürLadÖffG wie folgt zugelassen wurde: Königsee-Rottenbach 3x Leutenberg 1x Lichte 1x Piesau 1x Reichmannsdorf 1x Rudolstadt 4x Saalfeld 4x Schmiedefeld 1x Uhlstädt-Kirchhasel 4x Unterwellenborn 3x Zu 9.: Allein aus dem Umstand, dass es sich bei dem in Bezug genommenen besonderen Anlass um eine langjährige Tradition handelt, kann nicht geschlussfolgert werden, dass die Zulassung eines Sonn- und Feiertagsverkaufes rechtmäßig ist. Allerdings können über Jahre gesammelte Informationen und Erfahrungen das Verfahren in Vorbereitung der Freigabe durch Rechtsverordnung vereinfachen sowie den Verwaltungsaufwand reduzieren. So können Unterlagen aus den Vorjahren zur Begründung des erforderlichen Sachgrundes sowie der Ermessensausübung genutzt beziehungsweise fortgeschrieben werden. Auch kann die erforderliche Aussage zu den erwarteten Besucherströmen plausibel auf Erkenntnisse aus den Vorjahren gestützt werden. Eine Verwaltungsvereinfachung, bei über Jahre wiederkehrenden Veranstaltungen, bei denen im Rahmen einer fachaufsichtlichen Prüfung ein besonderer Anlass bereits anerkannt wurde, strebt daher auch das TMASGFF an. Vor Erlass einer Rechtsverordnung sollen die Landkreise beziehungsweise kreisfreie Städte zur Vorbereitung ihrer Ermessensentscheidung eine Abstimmung mit den beteiligten Interessenvertretern herbeiführen. Insbesondere sollen mit Verweis auf § 47 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung die Stellungnahmen der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di und gegebenenfalls weiterer betroffener Branchengewerkschaften sowie der Kirchen eingeholt werden. Im Entwurf des oben genannten Kriterienkataloges wird außerdem eine Abstimmung eines Verordnungsentwurfes zur Freigabe verkaufsoffener Sonn- und Feiertage mit den folgenden Institutionen empfohlen: Industrie- und Handelskammer, Handwerkskammer, betroffene Gemeinde oder Handelsverband Thüringen e. V. Der Weg der Kommunikation mit den Beteiligten hat sich bewährt. Eine positive Abstimmung kann unter Beachtung der Rechtsprechung allerdings kein ausreichendes Indiz dafür sein, dass die Rechtsverordnung rechtskonform ist. Werner Ministerin Vollzug des § 10 des Thüringer Ladenöffnungsgesetzes Ich frage die Landesregierung: Zu 1.: Zu 2.: Zu 3.: Zu 4.: Zu 5.: Zu 6.: Zu 7.: Zu 8.: Zu 9.: