26.04.2018 Drucksache 6/5637Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 16. Mai 2018 Prävention und Maßnahmen zur Bekämpfung der Kriminalität von Flüchtlingen/Migranten in Thüringen Die Kleine Anfrage 2886 vom 23. Februar 2018 hat folgenden Wortlaut: In einem Bericht auf der Internetseite von Welt wurde am 3. Januar 2018 eine Studie des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zum Anstieg von Gewaltstraftaten mit Analyseschwerpunkt des Bundeslandes Niedersachsen vorgestellt. Die Studie zeige laut polizeilicher Kriminalstatistik einen Zusammenhang zwischen Kriminalität und Flüchtlingszuzug. Im Betrachtungszeitraum (2014 bis 2016) sei die Zahl polizeilich registrierter Gewalttaten in Niedersachsen demnach um 10,4 Prozent gestiegen. Zu 92,1 Prozent sei dieser Anstieg auf die Zunahme von Flüchtlingen zurückzuführen. Damit fielen sie deutlich häufiger als Verdächtige einer Straftat auf, als es ihren Anteil an der Bevölkerung entspräche. Da Niedersachsen in gewisser Weise eine Art Durchschnittsregion für Deutschland darstelle, seien die Daten durchaus repräsentativ (vergleiche Online-Ausgabe des Tagesspiegels vom 3. Januar 2018). Ich frage die Landesregierung: 1. Welche Präventionsmaßnahmen wurden von Seiten der Polizei und/oder Seiten der Landesregierung bereits initiiert beziehungsweise sind geplant, um Flüchtlingskriminalität einzudämmen (bitte nach Jahr, Ort, Maßnahme und Zielgruppe aufschlüsseln)? Wie erfolgreich waren die bereits durchgeführten Maßnahmen ? 2. Welche Präventionsmaßnahmen zur Kriminalitätsbekämpfung in Flüchtlingssammelunterkünften wurden bereits durchgeführt beziehungsweise sind geplant (bitte nach Jahr, Ort, Maßnahme und Zielgruppe aufschlüsseln)? Wie erfolgreich waren die bereits durchgeführten Maßnahmen? 3. Wie viele Flüchtlings-/Migrantenfrauen befinden sich allein oder mit ihren Kindern in Frauenhäusern und warum (bitte nach Jahr, Ort/Einrichtung, Anzahl, Herkunftsland, Kindern und Grund des Aufenthalts aufschlüsseln )? 4. Unterliegen bestimmte Personen oder Einrichtungen in Hinsicht auf Flüchtlingskriminalität einem bestimmten Schutz durch die Polizei und wenn ja, um welche Personen und Einrichtungen handelt es sich im Speziellen und warum erfolgen die bestimmten Schutzmaßnahmen? 5. Gibt es von Seiten der Landesregierung im Zusammenhang mit Flüchtlingskriminalität bestimmte Opferschutzprogramme und wenn ja, um welche handelt es sich dabei (bitte nach Jahr, Ort, Maßnahme und Zielgruppe aufschlüsseln)? K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Kießling (AfD) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Inneres und Kommunales 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/5637 6. Wie viele antisemitische Übergriffe auf Juden beziehungsweise deren Einrichtungen von Flüchtlingen beziehungsweise Migranten sind bisher bekannt geworden (bitte nach Jahr, Ort, Opfer beziehungsweise Einrichtung, Täter und dessen Herkunftsland aufschlüsseln)? Worin liegen die Ursachen? 7. Existieren bestimmte Rückkehrprogramme zur Rückführung von Flüchtlingen und/oder Migranten in ihre Herkunftsländer und wenn ja, um welche Programme handelt es sich dabei und welche Personengruppen sollen damit angesprochen werden und wenn nein, sind entsprechende Programme geplant? 8. Wie hoch ist die Abschiebungsquote von straffällig gewordenen Flüchtlingen/Migranten (bitte nach Jahr, Ort und Anzahl aufschlüsseln)? Warum stellt sich der Befund so dar? 9. Gibt es von Seiten der Landesregierung bestimmte Programme zur Terrorabwehr und wenn ja, um welche handelt es sich dabei (bitte nach Jahr, Ort, Maßnahme und Zielgruppe aufschlüsseln)? 10. Welche Kosten für den Ilm-Kreis sind bereits entstanden und werden erwartet für Programme und Maßnahmen im Zusammenhang mit Flüchtlingskriminalität, Polizeieinsätze durch Flüchtlingskriminalität, Maßnahmen zur Terrorabwehr, Maßnahmen zum Schutz von bestimmten Personen, Personengruppen und Einrichtungen im Zusammenhang mit Flüchtlingskriminalität, Unterbringung von Migranten-/Flüchtlingsfrauen und deren Kindern in Frauenhäusern und Abschiebungen (bitte einzeln nach Jahr aufschlüsseln)? Das Thüringer Ministerium für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage namens der Lan desregierung mit Schreiben vom 24. April 2018 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Die Ursachen von Kriminalität sind vielfältig. Um Kriminalität vorzubeugen müssen die Maßnahmen und Programme hierauf ausgerichtet sein. Hierbei sind alle staatlichen und nichtstaatlichen Stellen, die Wirtschaft und die Medien gefragt. Um Kriminalität von Menschen, die aus anderen Ländern zugewandert sind, vorzubeugen , bedarf es zuvorderst einer erfolgreichen Integrationspolitik. Hierzu trägt das Thüringer Integrationskonzept im wesentlichen Maße bei. Die Polizei leistet ihren Anteil mit präventiven und repressiven polizeilichen Maßnahmen. Polizeiliche Prävention im Allgemeinen ist auf die Aufklärung zu Kriminalitätsphänomenen ausgerichtet und nicht auf die Aufklärung zur Kriminalität durch Zugewanderte im Speziellen. Alle Präventionsmaßnahmen verfolgen das Ziel, die Begehung von Straftaten zu vermeiden oder zumindest zu verringern, Viktimisierung zu vermeiden beziehungsweise zu minimieren sowie das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung zu stärken. Dazu setzt die Thüringer Polizei unter anderem Präventionskampagnen des Programms Polizeiliche Kriminalprävention der Länder und des Bundes (ProPK) um, indem sie mit Hilfe thematischer Medien Zielgruppen für bestimmte Kriminalitätsphänomene sensibilisiert. Seit 2016 erfuhr das Medienangebot des ProPK mehrsprachige Ergänzungen, um unter anderem auch Geflüchtete mit Präventionsbotschaften zu erreichen und über Rechte und Pflichten der in der Bundesrepublik lebenden Bürgerinnen und Bürger sowie über die Rolle der Polizei aufzuklären. Auf der Grundlage der Richtlinie "Örtliche Jugendförderung" werden durch örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe sowie freie Jugendhilfeträger Projekte/Maßnahmen für straffällig gewordene Jugendliche und Heranwachsende angeboten. Die Maßnahmen dienen entsprechend des Erziehungsgedankens des Jugendgerichtsgesetzes (JGG) auch der Erziehung zu einem straffreien Leben und verfolgen damit das Ziel der Prävention. Die Angebote der Jugendgerichtshilfe stehen allen jungen Menschen zur Verfügung. Die Deutsche Vereinigung für Jugendgerichte und Jugendgerichtshilfen e. V. (DVJJ) bietet durch die Landesgruppe Thüringen auf Anfrage Informationsveranstaltungen in einfacher Sprache zu Rechten und Pflichten im Strafverfahren an. Das Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport hat die DVJJ fachlich bei der Umsetzung unterstützt. Im Übrigen agiert die Landesgruppe der DVJJ e. V. ehrenamtlich. Die Informationen stehen in den Sprachen der Hauptherkunftsländer auf der Homepage der DVJJ e. V. als Download zur Verfügung. Mit den Hinweisen auf die Auswirkungen strafbarer Handlungen werden auch präventive Zwecke verfolgt. 3 Drucksache 6/5637Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Zu 2.: In der Erstaufnahmeeinrichtung des Landes in Suhl werden allein reisende Männer grundsätzlich örtlich getrennt von Familien und alleinreisenden Frauen untergebracht. Diese Maßnahme hat sich bewährt und wird fortgeführt. Zudem wird ein Gewaltschutzkonzept für diese Aufnahmeeinrichtung unter Berücksichtigung der konkreten Abläufe und örtlichen Gegebenheiten erarbeitet. Zur Deeskalation werden nach Mitteilung des Landesverwaltungsamtes neuankommende Flüchtlinge in kleineren Gruppen (bis zehn Personen) in der Erstaufnahmeeinrichtung durch den Sozialdienst über das Verfahren, das erwartete Verhalten in der Erstaufnahmeeinrichtung und den Ablauf im täglichen Betrieb informiert . Des Weiteren werden nach Bedarf mit größeren Gruppen im Hörsaal das Gemeinwesen störende Vorkommnisse reflektiert. Dieses Vorgehen hat sich bislang als wirkungsvoll für das Zusammenleben in der Einrichtung erwiesen. Zu 3.: Entsprechende Angaben können aus der Bewohnerinnenstatistik des Frauenhauskoordinierung e. V. für das Jahr 2016 entnommen werden. Die Bewohnerinnenstatistik erscheint jährlich etwa im Sommer für das jeweils vorangegangene Jahr. Zahlen für das Jahr 2017 liegen daher noch nicht vor. Im Jahr 2016 befanden sich 127 Frauen mit Migrationshintergrund in einem Thüringer Frauenhaus und 255 Frauen ohne Migrationshintergrund . Zu 19 Frauen liegen hierzu keine Angaben vor. Die Herkunft (Kontinent) dieser Frauen mit Migrationshintergrund ist aus nachfolgender Tabelle entnehmbar (Für das Jahr 2016 übernommen aus Tabelle 6 der Bewohnerinnenstatistik des Frauenhauskoordinierung e.V.). Herkunft (Kontinent) Anzahl der Bewohnerinnen absolut in Prozent der Grundgesamtheit Europa (EU) 13 10,2 Europa (nicht EU) 30 23,6 Afrika 16 12,6 Asien 63 49,6 Nord-Amerika 0 0,0 Süd-Amerika 3 2,4 Australien und Ozeanien 0 0,0 Summe 125 98,4 Weitere Daten liegen nur für die Frauenhausbewohnerinnen in Gesamtzahl vor und können nicht der Gruppe der Frauen mit Migrationshintergrund zugeordnet werden. Zu 4.: Erkannten Kriminalitätsbrennpunkten, zum Beispiel in Jena, wird insbesondere mit erhöhter polizeilicher Präsenz und konsequentem Einschreiten bei erkannten Verstößen begegnet. Es wird auf die Antwort zur Kleinen Anfrage 2881 vom 23. Februar 2018 verwiesen. Zu 5.: Opferschutzprogramme richten sich an alle Menschen, die in Deutschland leben und Opfer einer Straftat wurden. Für Geflüchtete erarbeitete die Polizei spezifische Opferinformationen, welche im Internet* eingestellt sind und als Kompaktinformation in einem mehrsprachigen Faltblatt, einschließlich der Aufnahme von Hinweisen auf Hilfeeinrichtungen für traumatisierte Personen, zur Verfügung stehen. Der Thüringer Landtag verfasste am 5. Mai 2017 einen Beschluss - Drucksache 6/3877 - zum "Humanitären Bleiberecht für Opfer rassistischer und rechter Gewalt". Dieser beinhaltet, dass vollziehbar ausreisepflichtige Opfer einer rechtsextremistischen und rassistischen Gewaltstraftat und deren Angehörige auf Grundlage des geltenden Aufenthaltsrechts zu einem humanitären Bleiberecht verholfen werden soll. Ein entsprechender Erlass des Ministeriums für Migration, Justiz und Verbraucherschutz befindet sich derzeit in der Ressortabstimmung. 4 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/5637 Des Weiteren wird auf die Angebote von Opferhilfeorganisationen, wie dem WEISSEN RING e. V. hingewiesen , welche umfassende Hilfe und Beratung für Kriminalitätsopfer von Straftaten aller Deliktsbereiche sowie deren Angehörige anbieten. Zu 6.: Im Sinne der Fragestellung sind in den Jahren 2014 bis 2017 keine Straftaten bekannt geworden. Zu 7.: Thüringen beteiligt sich am Rückkehrförder- und Starthilfeprogramm REAG/GARP (Reintegration and Emigration Programme for Asylum Seekers in Germany/Government Assisted Repatriation Programme) sowie am Kosovo-Reintegrationsprojekt URA 2 (kosovarisch: Die Brücke). Bei REAG/GARP handelt es sich um ein Programm der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Bundesländer für die finanzielle und operationelle Unterstützung der Beförderung und Reintegration von Asylbewerbern, abgelehnten Asylbewerbern, anerkannten Flüchtlingen, Bürgerkriegsflüchtlingen, ausreisepflichtigen Ausländern, Opfern von Zwangsprostitution oder Menschenhandel sowie von sonstigen Ausländern im Sinne des § 1 Asylbewerberleistungsgesetz, die aus eigenem Entschluss freiwillig in ihr Heimatland zurückkehren oder in einen aufnahmebereiten Drittstaat weiterwandern wollen. Das Bundesprogramm StarthilfePlus, welches auch durch Thüringen in Anspruch genommen wird, bietet in Ergänzung des Bund-Länder-Programms REAG/GARP eine zusätzliche finanzielle Unterstützung für Asylsuchende , die sich verbindlich für eine freiwillige Ausreise entscheiden. Die Antragstellung ist zu jedem Zeitpunkt des Asylverfahrens möglich, muss jedoch spätestens innerhalb der Ausreisepflicht erfolgen. Voraussetzung für die Gewährung von StarthilfePlus ist, dass eine freiwillige Rückkehr mit dem REAG/ GARP-Programm bewilligt wird und dem Rückkehrwilligen eine Starthilfe nach der Liste der GARP-geförderten Herkunftsländer gewährt wird. Im URA 2-Projekt unterstützt Thüringen Personen, die freiwillig in die Republik Kosovo zurückgekehrt sind. Zu 8.: Im Landesverwaltungsamt werden alle Abschiebungen statistisch erfasst. Eine separate Erfassung von abgeschobenen , straffällig gewordenen Personen erfolgt nicht und ist auch nicht gesetzlich vorgeschrieben. Daher kann keine Abschiebungsquote von Straftätern im Sinne der Fragestellung benannt werden Zu 9.: Die Thüringer Sicherheitsbehörden nehmen ihre Aufgaben zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung einschließlich des Terrorismus wahr. Sie arbeiten in diesem Zusammenhang mit den Sicherheitsbehörden des Bundes und der Länder zusammen, wie zum Beispiel im Gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrum (GTAZ) und im Gemeinsamen Extremismus- und Terrorismusabwehrzentrum (GETZ). Zu 10.: Die Kosten für Abschiebungen werden in einem Haushaltstitel des Landesverwaltungsamtes zusammengefasst . Eine Aufschlüsselung auf einzelne Landkreise oder kreisfreie Städte erfolgt nicht. Eine Beantwortung der Frage im Hinblick auf die Kosten der Abschiebungen im Ilm-Kreis ist daher nicht möglich. Darüber hinaus liegen über Kosten entsprechend der Fragestellung keine statistischen Daten vor. Maier Minister Endnote: * Siehe unter www.polizei-beratung.de. Prävention und Maßnahmen zur Bekämpfung der Kriminalität von Flüchtlingen/Migranten in Thüringen Ich frage die Landesregierung: Zu 1.: Zu 2.: Zu 3.: Zu 4.: Zu 5.: Zu 6.: Zu 7.: Zu 8.: Zu 9.: Zu 10.: Endnote: