04.05.2018 Drucksache 6/5660Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 31. Mai 2018 Einfluss von RHDV-2 auf die Feldhasenpopulation in Thüringen - Teil I Die Kleine Anfrage 2937 vom 19. März 2018 hat folgenden Wortlaut: Nachdem seit Jahrzehnten europaweit ein Rückgang der Feldhasen zu verzeichnen ist, stellt sich auch die Frage nach der Beteiligung von Krankheiten. Dabei steht unter anderem der aus RHD (rabbit haemorrhagic disease) - neben der Myxomatose die gefährlichste Kaninchenkrankheit - mutierte Virus RHDV-2 im Fokus . Der Virus, der erstmals im Jahr 2010 in Frankreich nachgewiesen wurde und sich seit dem Jahr 2012 verstärkt in Deutschland ausbreitet, ist aufgrund seiner direkten und indirekten Übertragung als höchstgefährlich einzustufen. Nachdem von RHD, auch als Chinaseuche bezeichnet, bislang nur Kaninchen befallen wurden, können an der mutierten Form RHDV-2 auch Feldhasen erkranken. Gegen die meist tödlich verlaufende Erkrankung gibt es keine wirkungsvolle Behandlung; die einzige sichere Option ist die Prävention und hierbei bei Haustieren vordergründig die Impfung. Jedoch bestehen weder eine generelle Impf- noch eine Meldepflicht. Im Jahr 1995 wurde die Chinaseuche aus der Liste der anzeigepflichtigen Tierseuchen gestrichen und somit liegen auch keine amtlichen Zahlen über das Ausmaß der Seuche vor. Nach Daten des Friedrich-Loeffler-Instituts für Virusdiagnostik ist die Ausbreitung in Thüringen jedoch bislang noch nicht so weit fortgeschritten wie in Westdeutschland. Ich frage die Landesregierung: 1. Liegen der Landesregierung Erkenntnisse über die Ausbreitung der Seuche sowohl bei den Haustierbeständen inklusive Masttierbeständen als auch bei Wildtierbeständen des Kaninchens sowie Feldhasen in Thüringen vor und wenn ja, welche Ausbrüche mit welchen Ausmaßen sind ihr für Thüringen bekannt (bitte nach Jahren und Ausmaß darstellen)? 2. Wie wurden die Daten zur Frage 1 ermittelt und wie zuverlässig sind sie? Wie hoch wird die Dunkelziffer geschätzt? 3. Was ist der Landesregierung über die Übertragung der Chinaseuche in seinen verschiedenen Varianten von Haustierbeständen (Hauskaninchen) auf Wildbestände, Wildkaninchen und/oder Feldhasen beziehungsweise umgekehrt bekannt? 4. Was ist der Landesregierung über die Übertragung der Chinaseuche in der mutierten Form RHDV-2 vom Wildkaninchen auf Feldhasen bekannt? 5. Wie wird der Einfluss des RHDV-2-Virus auf die Feldhasenpopulation in Thüringen eingeschätzt und welche Entwicklung wird im Angesicht der weiteren Ausbreitung der Seuche für Thüringen erwartet? K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Kießling (AfD) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/5660 6. Welche Maßnahmen sollen seitens der Landesregierung ergriffen werden beziehungsweise wurden bereits ergriffen, um die weitere Ausbreitung der Chinaseuche in Thüringen zu verhindern? Sofern keine Maßnahmen ergriffen werden, wie wird dies begründet? 7. Welche Maßnahmen werden seitens der Landesregierung oder ihr untergeordneter Einrichtungen ergriffen beziehungsweise wurden bereits ergriffen, um insbesondere die Feldhasenpopulation vor Verlusten durch den RHDV-2-Virus zu schützen? Sofern keine Maßnahmen ergriffen werden, wie wird dies begründet? Das Thüringer Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie hat die Kleine Anfrage namens der Lan desre gierung mit Schreiben vom 3. Mai 2018 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Der Landesregierung liegen keine Angaben zur Häufigkeit des Auftretens von RHDV-2-Infektionen vor. Die Erkrankung ist weder anzeige- noch meldepflichtig. Seit 2015 ist eine Ausbreitung der Hämorrhagischen Kaninchenkrankheit (RHDV-2-Infektionen) über das gesamte Bundesgebiet festzustellen. Genaue Zahlen zum Vorkommen liegen jedoch weder dem Friedrich- Loeffler-Institut (FLI), Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit, noch den Länderministerien bzw. -instituten vor. Im Thüringer Landesamt für Verbraucherschutz (TLV) wurden Sektionen bei Kaninchen und Feldhasen mit folgenden Ergebnissen durchgeführt: Jahr Anzahl der Einsendungen (Verteilung Arten) RHDV- positiv insgesamt (RHDV a/ RHDV 2) Verteilung der RHD-positiven unterteilt nach Tierarten 2015 38 (3 Feldhasen, Rest Hauskaninchen ) 14 (7/6) 14 x Kaninchen 2016 121 (3 Feldhasen, 2 Wildkaninchen , Rest Hauskaninchen ) 87 (3/84) 2 Wildkaninchen, Rest Kaninchen 2017 87 (3 Feldhasen, Rest Hauskaninchen ) 62 (0/62) 1 Feldhase, Rest Kaninchen 2018 (Stand: 06.04.2018) 4 (nur Kaninchen) 1 (0/1) Kaninchen Zu 2.: Die Zahlen beruhen auf Sektionsergebnissen, die im TLV erstellt worden sind. Eine Schätzung der Dunkelziffer ist auf dieser Datengrundlage nicht möglich. Zu 3.: Für Kaninchen (Haus- und Wild-) gibt es viele Ansteckungswege. Besonders im Frühjahr und Herbst kommt es vermehrt zu Krankheitsausbrüchen, da eine rasche Verbreitung durch fliegende Insekten gegeben ist. Man unterscheidet grundsätzlich zwischen direkter Erregerübertragung, zum Beispiel durch Kot, Harn, Speichel , Nasen- und Augensekret sowie Deckakt, und indirekter Erregerübertragung, zum Beispiel durch Grünfutter , Einstreu, Reinigungs- und Arbeitsgeräte, Schuhe, Insekten, Wildvögel und Schadnager. Tierzukäufe und Ausstellungen sind immer wieder Ursachen von Infektionen bei Hauskaninchen. Eine RHDV-Infektion wurde bei Feldhasen (Lepus europaeus) im Gegensatz zu RHDV-2 in Europa nicht beobachtet (R. Velarde et al., Sporadic RHDV2 Cases in Brown Hares, Transboundary and Emerging Diseases 64 (2017) 1750-1761). RHDV-2-Infektionen sind bei Feldhasen anscheinend aber auch nur sporadischer Natur. Genetisch waren die isolierten Viren mit denen der Kaninchen verwandt, die Tiere nutzten auch dasselbe Habitat. Es wird vermutet, dass bei Feldhasen nur einzelne Individuen bei besonders hohem Infektionsdruck infiziert werden ("Übersprung-Wirt"). Zu 4.: Siehe Frage 3 3 Drucksache 6/5660Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Zu 5.: Die Landesregierung schätzt den Einfluss des RHDV-2 in seiner jetzigen Form auf die Feldhasenpopulation aufgrund der in anderen europäischen Ländern gemachten Erfahrungen als nicht dramatisch ein. Das niederländische Wildtier-Gesundheits-Zentrum veröffentlicht am 12. Januar 2017: "Die Anzahl Feldhasen ist im Gebiet, in dem der an RHDV-2 verendete Feldhase gefunden worden ist, nicht beeinflusst worden und es konnte kein Anstieg an Todesfälle beobachtet werden." Zu 6.: Besitzer von Kaninchen können diese mittels Impfung und durch das Einhalten von Hygienemaßnahmen schützen. Dies wurde mehrfach über die Presse und über Informationen an Tierärzte und Tierhalter kommuniziert . Das Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie hat, solange keine in Deutschland zugelassenen Impfstoffe verfügbar waren, Ausnahmegenehmigungen für die Anwendung im Ausland hergestellter Impfstoffe erteilt. Zu 7.: Unter Bezugnahme auf die Antwort zu Frage 5 wird derzeit keine Notwendigkeit gesehen, Maßnahmen zu ergreifen. In Thüringen ist bis jetzt ein Feldhase positiv auf RHDV-2 getestet worden. Werner Ministerin Einfluss von RHDV-2 auf die Feldhasenpopulation in Thüringen - Teil I Ich frage die Landesregierung: Zu 1.: Zu 2.: Zu 3.: Zu 4.: Zu 5.: Zu 6.: Zu 7.: