16.12.2014 Drucksache 6/57Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 6. Januar 2015 Mediation in Thüringen - Kommunale Schiedsstellen Die Kleine Anfrage 33 vom 30. Oktober 2014 hat folgenden Wortlaut: Das "Thüringer Gesetz über die Schiedsstellen in den Gemeinden" (Thüringer Schiedsstellengesetz - ThürSchStG -) wurde zuletzt 1996 einer grundlegenden Novellierung unterzogen. Seitdem sind ihre Aufgaben die außergerichtliche Schlichtung von Bagatellfällen bürgerlicher Streitigkeiten, eine außergerichtliche Konfliktlösung bei geringfügigen Strafsachen sowie die Durchführung eines Sühneversuchs nach § 380 Abs. 1 Strafprozessordnung (StPO). Nach § 3 ThürSchStG erfordert die Ausübung des Schiedsamts keine besonderen Qualifikationen, auch macht das Gesetz keine Vorgaben bezüglich notwendiger Weiterbildungen während der fünfjährigen Amtszeit . Gleichzeitig ist die Schiedsperson nach § 24 Abs. 2 ThürSchStG befugt, Ordnungsgelder bei Nichterscheinen zu verfügen und damit eine hoheitliche Aufgabe auszuüben. § 50 ThürSchStG regelt zudem die Erhebung der Verfahrensgebühren von mindestens zehn und maximal 35 Euro, die nach § 54 ThürSchStG zu gleichen Teilen der Schiedsperson und der Gemeinde zustehen. Ich frage die Landesregierung: 1. Wie beurteilt die Landesregierung generell die Arbeit der Schiedsstellen in den Gemeinden? 2. Wie viele Fälle wurden im Zeitraum 1996 bis 2013 jährlich im Rahmen der kommunalen Schiedsstellen verhandelt (bitte nach Jahresscheiben aufschlüsseln)? 3. Wie viele davon wurden jeweils erfolgreich mit einem Vergleich abgeschlossen? 4. Wie hoch war der jeweilige Anteil von Verfahren im Rahmen eines Sühneversuchs nach § 380 Abs. 1 StPO? 5. Sieht die Landesregierung die Notwendigkeit einer erneuten Novellierung des Thüringer Schiedsstellengesetzes ? Wenn ja, in welchen Punkten und wann wird diese geplant; wenn nein, warum nicht? 6. Hält die Landesregierung die in § 3 ThürSchStG formulierten Eignungskriterien aus heutiger Sicht für ausreichend? Wenn ja, warum; wenn nein, warum nicht und welche Änderungen plant sie? 7. Gibt es nach Kenntnis der Landesregierung Qualifizierungsangebote für Schiedspersonen in den Thüringer Kommunen, auch wenn diese im Gesetz nicht explizit benannt sind? Wenn ja, welche sind das und wie häufig werden sie von wem angeboten? 8. Wie bewertet die Landesregierung, dass Schiedspersonen keine besonderen Qualifikationsanforderungen erfüllen müssen, jedoch belastende Entscheidungen für Betroffene treffen können? K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Berninger (DIE LINKE) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Migration, Justiz und Verbraucherschutz 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/57 9. Wie viele Ordnungsgelder haben Schiedspersonen nach § 24 Abs. 2 ThürSchStG in den Jahren 1996 bis 2013 verhängt (bitte nach Jahresscheiben aufschlüsseln)? 10. Wie hoch waren im Zeitraum 1996 bis 2013 die Einnahmen aus Ordnungsgeldern, Auslagen und Gebühren nach §§ 24, 50, 54 ThürSchStG der Thüringer Gemeinden (bitte nach Jahresscheiben aufschlüsseln)? 11. Wie hoch waren im Zeitraum 1996 bis 2013 die Aufwendungen der Thüringer Gemeinden für die kommunalen Schiedsstellen (bitte nach Jahresscheiben aufschlüsseln)? 12. Wie stellt sich die Tätigkeit der kommunalen Schiedsstellen nach Kenntnis der Landesregierung im bundesweiten Vergleich dar? Das Thüringer Ministerium für Migration, Justiz und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage namens der Lan desre gierung mit Schreiben vom 15. Dezember 2014 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Die Landesregierung sieht die Arbeit der Schiedsstellen in Thüringen in Ansehung der hohen Erfolgsquoten (vgl. Antworten zu den Fragen 2 und 3) positiv und ist den Schiedsfrauen und Schiedsmännern für ihr außerordentliches ehrenamtliches Engagement dankbar. Zu 2.: Folgende Daten zum Geschäftsanfall können mitgeteilt werden: Zahl der Sachen überhaupt Zahl der Sachen in denen beide Parteien erschienen sind Zahl der Sachen überhaupt Zahl der Sachen in denen beide Parteien erschienen sind 223 203 194 187 262 184 229 233 214 336 21 25 21 12 10 15 97 26 23 20 2012 2008 2009 2010 2011 246 199 197 158 43 38 24 21 2005 2006 191 201 191 198 143 159 220 194 289 249 248 252 69 54 24 36 1998 1999 142 106 2000 2001 2002 2003 109 70 36 49 138 96 92 72 1997 79 66 Strafsachen Bürgerliche Rechtsstreitigkeiten Jahr 2004 37 28 260 205 2007 47 29 280 206 2013 21 16 245 199 3 Drucksache 6/57Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Zu 3.: Folgende Daten können hierzu mitgeteilt werden: Jahr Bürgerliche Rechtsstreitigkeiten Zahl der durch Vergleich erledigten Sachen 1997 87 1998 113 1999 131 2000 169 2001 144 2002 151 2003 157 2004 158 2005 152 2006 110 2007 166 2008 152 2009 161 2010 140 2011 206 2012 145 2013 169 Zu 4.: Folgende Daten können hierzu mitgeteilt werden: Strafsachen Jahr Zahl der Sachen überhaupt Zahl der Anträge auf Sühneversuch 1997 79 72 1998 138 106 1999 96 90 2000 109 96 2001 70 62 2002 36 32 2003 49 44 2004 37 34 2005 43 40 2006 38 26 2007 47 38 2008 97 92 2009 26 20 2010 23 18 2011 20 19 2012 21 21 2013 21 21 Zu 5.: Das Thüringer Schiedsstellengesetz wurde zuletzt durch Artikel 5 des Thüringer Gesetzes zur Anpassung von Landesrecht an das Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit sowie zur Änderung von Justizvorschriften vom 9. September 2010 (GVBl. S. 291) geändert. Erneuten Änderungsbedarf sieht die Landesregierung derzeit nicht. Auch die vorgenannten Zahlen , insbesondere die Vergleichsquote, geben zu etwaigen Regelungsänderungen keine Veranlassung. 4 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/57 Zu 6.: § 14 ThürSchStG regelt den Zweck des Schlichtungsverfahrens. Danach ist das Schlichtungsverfahren darauf gerichtet, die Streitsache im Wege eines Vergleichs beizulegen. Wie die in den Antworten zu den Fragen 2 und 3 ersichtlichen Zahlen belegen, wird dieser Verfahrenszweck mit hervorragenden Ergebnissen in der ganz überwiegenden Zahl der Fälle erreicht. Aus rechtstatsächlichen Gründen besteht daher kein gesetzgeberischer Handlungsbedarf, insbesondere nicht bezüglich der Eignungskriterien für das Schiedsamt nach § 3 ThürSchStG. Zu 7.: Der Landesverband Thüringen des Bundes Deutscher Schiedsmänner und Schiedsfrauen bietet für die Thüringer Schiedsleute spezielle Seminare in Thüringen an, insbesondere einen Einführungslehrgang sowie Fortbildungslehrgänge zum Zivilrecht, zum Strafrecht, zum Nachbarrecht und zur Mediation. Gemäß den Informationen über die Homepage der Landesvereinigung der Thüringer Schiedsleute sind im Jahr 2015 folgende Kurse vorgesehen: 27./28.02.2015 Lehrgang Mediation II in Erfurt 03./04.07.2015 Einführungslehrgang in Suhl 04./05.09.2015 Fortbildungslehrgang 2 in Erfurt 23./24.10.2015 Nachbarrecht in Jena Zu 8.: Die Thüringer Schiedsleute sind für die ehrenamtliche Aufgabenwahrnehmung gut befähigt. Das bestätigen auch die hohen Erfolgsquoten (siehe Antworten zu den Fragen 2 und 3). Aus Sicht der Landesregierung bestehen gegen die moderaten Gebühren (grundsätzlich zehn Euro, im Falle eines Vergleichs 20 Euro, ausnahmsweise bei besonders schwierigen und umfangreichen Fällen unter Berücksichtigung der Verhältnisse des Kostenschuldners höchstens 35 Euro, § 50 Abs. 1 und 2 ThürSchStG) und gegen die gesetzliche Ermächtigung zur Verhängung eines relativ geringen Ordnungsgeldes (bis zu 25 Euro, § 24 Abs. 2 ThürSchStG) keine Bedenken. Zu 9.: Folgende Daten können hierzu mitgeteilt werden: Strafsachen Bürgerliche Rechtsangelegenheiten Jahr Zahl der Personen, gegen die Ordnungsgeld verhängt wurde Zahl der Personen, gegen die Ordnungsgeld verhängt wurde 1997 7 5 1998 19 10 1999 1 5 2000 11 15 2001 3 16 2002 3 9 2003 6 24 2004 2 8 2005 6 9 2006 1 8 2007 8 15 2008 2 15 2009 1 14 2010 6 6 2011 1 16 2012 2 9 2013 3 10 5 Drucksache 6/57Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Zu 10.: Statistische Daten liegen nur hinsichtlich der Gebühreneinnahmen vor: Jahr Summe der Gebühren (ohne Schreib- und bare Auslagen), die zugeflossen sind den Gemeinden den Schiedsstellen 1997 2.942,70 DM 3.059,30 DM 1998 4.794,40 DM 4.333,88 DM 1999 4.027,40 DM 3.811,10 DM 2000 6.026,25 DM 4.673,30 DM 2001 4.765,34 DM 4.286,55 DM 2002 2.657,82 Euro 2.087,50 Euro 2003 2.667,26 Euro 2.224,27 Euro 2004 2.445,05 Euro 1.936,65 Euro 2005 2.702,93 Euro 2.214,57 Euro 2006 2.056,90 Euro 1.749,10 Euro 2007 2.668,96 Euro 2.653,26 Euro 2008 2.415,27 Euro 2.230,91 Euro 2009 2.530,08 Euro 2.151,45 Euro 2010 2.295,32 Euro 1.810,48 Euro 2011 2.820,32 Euro 2.768,63 Euro 2012 2.456,27 Euro 2.000,12 Euro 2013 2.510,53 Euro 2.462,96 Euro Zu 11.: Hierzu verfügt die Landesregierung über keine statistischen Daten. Zu 12.: Hierzu verfügt die Landesregierung über keine statistischen Daten. Lauinger Minister