16.05.2018 Drucksache 6/5717Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 5. Juni 2018 Medizinische Behandlungszentren für Erwachsene mit geistiger Behinderung oder schweren Mehrfachbehinderungen in Thüringen Die Kleine Anfrage 2954 vom 22. März 2018 hat folgenden Wortlaut: Mit dem am 23. Juli 2015 in Kraft getretenen Gesetz zur Stärkung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung sind die Grundlagen für eine Verbesserung bei der gesundheitlichen Versorgung für Menschen mit geistiger Behinderung oder schweren Mehrfachbehinderungen, die das 18. Lebensjahr überschritten haben, geschaffen worden. Die medizinische Versorgung für Erwachsene mit geistiger Behinderung oder schweren Mehrfachbehinderungen sollte sich also nach meiner Einschätzung auch in Thüringen verbessert haben. Ich frage die Landesregierung: 1. Wie viele Sozialpädiatrische Zentren werden in Thüringen von welchem Träger und seit wann betrieben? 2. Wie viele der Medizinischen Behandlungszentren für Erwachsene mit geistiger Behinderung oder schweren Mehrfachbehinderungen (MZEB) werden in Thüringen derzeit und seit wann betrieben? 3. In welcher Trägerschaft befinden sich die derzeit in Thüringen aktiven MZEB? 4. Wie unterstützt die Landesregierung die in Thüringen befindlichen MZEB? 5. Gibt es aus Sicht der Landesregierung derzeit genügend MZEB in Thüringen, um den Patientinnen und Patienten jederzeit eine flächendeckende Versorgungssicherheit zu gewährleisten? 6. Wie viele Patientinnen und Patienten werden nach Kenntnis der Landesregierung in diesen Einrichtungen betreut (bitte nach Standorten aufschlüsseln)? 7. Welche Qualitäts- oder Mindeststandards oder rechtlichen Vorgaben gelten für die MZEB in Thüringen? 8. Welche Kontrollen zum Nachweis des Einhaltens der Qualitäts- und Mindeststandards werden in den MZEB durchgeführt? 9. Gibt es nach Kenntnis der Landesregierung Spezialisierungen der in Thüringen betriebenen MZEB? 10. Wie wertvoll schätzt die Landesregierung die MZEB in Thüringen im Hinblick auf Prävention und die Gesundheitsziele ein? K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Pfefferlein (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/5717 11. Sieht die Landesregierung noch Entwicklungsbedarf bei der medizinischen Versorgung von Erwachsenen mit geistiger Behinderung oder schweren Mehrfachbehinderungen in Thüringen? Das Thüringer Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie hat die Kleine Anfrage namens der Lan desre gierung mit Schreiben vom 16. Mai 2018 wie folgt beantwortet: Vorbemerkung: Der Zulassungsausschuss kann zur ambulanten Behandlung von Erwachsenen mit geistiger Behinderung oder schweren Mehrfachbehinderungen entsprechende Medizinische Behandlungszentren für Erwachsene mit geistiger Behinderung oder schweren Mehrfachbehinderungen (MZEB) ermächtigen. Die Ermächtigung ist zu erteilen, soweit und solange sie notwendig ist, um eine ausreichende Versorgung von Erwachsenen mit geistiger Behinderung oder schweren Mehrfachbehinderungen sicherzustellen (§ 119c Fünftes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung [SGB V]). Der Zulassungsausschuss orientiert sich bei der Beurteilung der Frage der ausreichenden Versorgung derzeit an den bestehenden Versorgungsstrukturen für Sozialpädiatrische Zentren (SPZ). Zur Feststellung des Umsetzungsstandes der (geplanten) Errichtung von MZEB hat das Thüringer Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie die Leiter der SPZ in Thüringen und des künftigen MZEB Suhl, welches zu diesem Zeitpunkt bereits ermächtigt war, sowie die Geschäftsführer der Kliniken , an welchen diese Einrichtungen angeschlossen sind, zu einem Informationsaustausch am 3. November 2016 eingeladen. Im Rahmen des Informationsaustausches wurden Fragen und Erfahrungen bei der Errichtung eines MZEB, zu den Verhandlungen über die Vergütung mit den Krankenkassen, die Bedarfsprognose, der Inhalt und Umfang des Versorgungsauftrages, die qualitative und quantitative Ausstattung und die Frage der Bereitschaft , MZEB zu gründen, erörtert. Übereinstimmend wurde seitens der Experten eingeschätzt, dass die Errichtung nicht auf der Basis einer Maximalplanung erfolgen kann, sondern davon auszugehen ist, dass sich die Inanspruchnahme entwickeln wird. Dabei wurde davon ausgegangen, dass cirka 30 Prozent der Fälle von SPZ auf das MZEB übergehen werden. Insgesamt wird von cirka 1.000 bis 1.500 Behandlungsfällen je Jahr und Einrichtung bei einer Behandlungsfrequenz von ein bis drei Behandlungen je Patient ausgegangen. Dies entspricht etwa 300 bis 500 Patienten je Einrichtung. Hinsichtlich der fachlich personellen Ausgestaltung wurde die Notwendigkeit von Kernteams thematisiert. Diese sollten grundsätzlich doppelt besetzt sein, um die Vertretung sicherzustellen . In den Kernteams müssen die Bereiche Neurologie, Psychiatrie, Allgemeinmedizin und Innere Medizin abgedeckt werden. Konsiliarisch können andere Facharztrichtungen, zum Beispiel Orthopädie, hinzugezogen werden. Seitens der Teilnehmenden des Informationsaustausches wurde übereinstimmend festgestellt, dass ein Verbund von SPZ und MZEB mit dem jeweiligen Klinikum, an dem die SPZ derzeit angesiedelt sind, erhebliche Vorteile hat. In diesem Zusammenhang haben alle Betreiber von SPZ erklärt, die Errichtung vom MZEB in Erwägung zu ziehen. Anlässlich des Folgetermins am 4. April 2017 zum vorgenannten Informationsaustausch wurde mitgeteilt, dass das MZEB Suhl die Arbeit am 1. Februar 2017 aufgenommen hat. Das Universitätsklinikum Jena und das Helios Klinikum Erfurt teilten mit, dass die Entscheidung für die Errichtung von MZEB getroffen wurde. Seitens des Eichsfeld-Klinikums wurde mitgeteilt, dass die konzeptionelle Phase noch nicht abgeschlossen sei und eine Kooperation mit dem Ökumenischen Hainich Klinikum (ÖHK) für ein gemeinsames MZEB erwogen wird. Aus den Gesprächen mit den Beteiligten war ersichtlich, dass die Errichtung eines MZEB sowohl hinsichtlich der personellen als auch räumlichen Ausstattung einer längeren Vorlaufzeit bedarf. Die Frage der Investitionskosten konnte lediglich allgemein erörtert werden, da auf Grund der fehlenden Erfahrungen erhebliche Unsicherheiten zur tatsächlichen Inanspruchnahme bestehen. Zum Stand der Umsetzung und der Vergütungs- und Qualitätsvereinbarungen wurde die AOK PLUS um Mitteilung zum Sachstand gebeten. Die Antworten der AOK PLUS sind in die Stellungnahme eingeflossen. 3 Drucksache 6/5717Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Zu 1.: In Thüringen sind vier SPZ etabliert. Träger, Standort sowie Eröffnungsdaten entnehmen Sie bitte nachstehender Übersicht: Träger Standort in Betrieb seit: SRH Zentralklinikum Suhl GmbH Sozialpädiatrisches Zentrum 98527 Suhl Albert-Schweitzer-Str. 2 1991 Neuropädiatrie Sozialpädiatrisches Zentrum Klinik für Kinder- und Jugendmedizin Universitätsklinikum Jena Am Klinikum 1 07747 Jena 2001 Kinderzentrum im Eichsfeld Sozialpädiatrisches Zentrum Eichsfeld-Klinikum gGmbH Klosterstraße 7 37355 Kleinbartloff OT Reifenstein 1992 Helios Klinikum Erfurt GmbH Sozialpädiatrisches Zentrum Nordhäuser Straße 74 99089 Erfurt 1991 Zu 2.: In Thüringen werden derzeit zwei MZEB betrieben: - MZEB SRH Klinikum Suhl - seit 1. Januar 2017 - MZEB Helios Klinikum Erfurt - ab 1. April 2018 Das MZEB ÖHK Mühlhausen ist seit dem 6. Dezember 2017 durch den Zulassungsausschuss ermächtigt, jedoch noch nicht in Betrieb. Zu 3.: Das MZEB des SRH Klinikum Suhl befindet sich in der Trägerschaft der Stiftung Rehabilitation Heidelberg SdbR, Zentralklinikum Suhl GmbH. Das MZEB des Heliosklinikum Erfurt befindet sich in der Trägerschaft der Helios Kliniken GmbH. Zu 4.: Eine finanzielle Unterstützung der in Thüringen befindlichen MZEB erfolgt derzeit nicht, da dem Thüringer Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie im Vorfeld der Haushaltsplanung keine Investitionskonzepte beziehungsweise belastbare Kostenplanungen vorlagen und somit eine Veranschlagung im Haushaltsplan 2018/2019 nicht möglich war. Zu 5.: Die Versorgungsstrukturen der MZEB befinden sich, wie Eingangs ausgeführt, sowohl im Hinblick auf die Anzahl der Standorte, als auch der Kapazitäten innerhalb der Standorte im Aufbau. Auch liegen keine belastbaren Angaben zu möglichen Bedarfen vor. Auf Grund des aktuellen Sachstandes kann zur Versorgungssicherheit keine Aussage getroffen werden. Zu 6.: Der Landesregierung liegen dazu keine eigenen Informationen vor. Deshalb wurde die AOK PLUS hierzu um Mitteilung gebeten. Seitens der AOK PLUS wurde dazu mitgeteilt: "Bisher sind zwei Einrichtungen aktiv, die Fallzahlen sind weiterhin steigend - es können daher keine genauen Zahlen genannt werden. Die seit 1. Januar 2017 tätige Einrichtung (das MZEB Suhl) hat entsprechend der Behandlungsnotwendigkeit folgende Patientenzahlen registriert: Quartal I/2017 II/2017 III/2017 IV/2017 Erstkontakt 4 15 16 4 Folgekontakt - 3 14 20 Eine genauere Betrachtung möglicher Fallzahlen beziehungsweise Patientenzahlen ist selbst den Einrichtungen nur schwer möglich, da der Bedarf aufgrund der Bekanntheit dieser neuen Einrichtung nur schwer abschätzbar ist und aufgrund der breiten Altersspanne (18 bis 99 Jahre) keine belastbaren Patientenzahlen vorliegen. Aus den vorliegenden Konzepten kann festgestellt werden, dass die Einrichtungen mit einem 4 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/5717 Potential von cirka drei Prozent des SPZ-Klientel rechnen. Bei einem SPZ mit 1.800 Patienten entspricht das cirka 50 bis 60 erwachsenen Patienten, was bei einer Konsultationsfrequenz von 3/a zu 150 bis 180 Behandlungsfällen führt." Zu 7.: Es gelten die gesetzlichen Vorgaben des § 135 ff. SGB V. Weiterhin sind durch die Bundesarbeitsgemeinschaft MZEB e. V. einheitliche Qualitätsstandards für die Errichtung und den Betrieb von MZEB definiert worden. In der Mustervergütungsvereinbarung ist zur Qualitätssicherung folgende Regelung enthalten: "Für die Prüfung der Qualität der Leistungserbringung gelten die Qualitätssicherungsvereinbarungen nach § 135 Abs. 2 SGB V, § 136 SGB V und die 'Qualitätsprüfungs-Richtlinie vertragsärztliche Versorgung' des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) entsprechend. Die Prüfung erfolgt durch die Krankenkassen in entsprechender Anwendung von § 136 SGB V (Stichproben nach Maßgabe der 'Qualitätsprüfungs-Richtlinie vertragsärztliche Versorgung' des G-BA). Das MZEB ist verpflichtet, ein einrichtungsinternes Qualitätsmanagement in Anlehnung der Qualitätsmanagement -Richtlinie zur vertragsärztlichen Versorgung in der jeweils gültigen Fassung vorzuhalten und weiterzuentwickeln ." Zu 8.: Seitens der AOK PLUS wurde dazu wie folgt mitgeteilt: "Die Qualitätsprüfung erfolgt entsprechend § 136 SGB V. Die Prüfung der MZEBs erfolgt anhand der genannten Kriterien und durch Begehungen mit dem Medizinischen Dienst der Krankenversicherung." Zu 9.: Zurzeit besteht keine Spezialisierung. Zu 10.: Die MZEB sind ein wichtiges Versorgungs- und Hilfeangebot für die Betroffenen und deren Angehörige. Sie bieten ärztliche und nichtärztliche Leistungen an. Von zentraler Bedeutung ist dabei, dass die MZEB die von Erwachsenen mit Behinderung benötigten Leistungen "aus einem Guss" und damit insbesondere interdisziplinär erbringen. Dies schließt nichtärztliche Leistungen und folglich beispielsweise auch Leistungen , die durch Pflegefachkräfte, Heilmittelerbringer oder Hilfsmittelerbringer erbracht werden, ein (vergleiche Begründung zum Gesetzentwurf GKV-VSG). In der Rahmenkonzeption MZEB der Bundesarbeitsgemeinschaft MZEB e.V. wird unter anderem ausgeführt , dass MZEB für die Gesundheitsversorgung von Menschen mit Behinderungen die fachliche Expertise und Handlungskompetenz im Hinblick auf zielgruppenspezifische Diagnostik, Therapie, Rehabilitation, Prävention sowie sozialmedizinische Beurteilung bieten. Vor dem Hintergrund schätzt die Landesregierung die MZEB als wichtiges Angebot im Sinne der Fragestellung ein. Zu 11.: Ja, da sich die MZEB in Thüringen derzeit erst im Aufbau befinden. Werner Ministerin Medizinische Behandlungszentren für Erwachsene mit geistiger Behinderung oder schweren Mehrfachbehinderungen in Thüringen Ich frage die Landesregierung: Vorbemerkung: Zu 1.: Zu 2.: Zu 3.: Zu 4.: Zu 5.: Zu 6.: Zu 7.: Zu 8.: Zu 9.: Zu 10.: Zu 11.: