23.05.2018 Drucksache 6/5759Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 11. Juni 2018 Sonntags- und Feiertagsarbeit in Thüringen Die Kleine Anfrage 2979 vom 11. April 2018 hat folgenden Wortlaut: Die Lebensqualität von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern wird maßgeblich durch die Arbeitszeit bestimmt . Der Sonntag dient der Erholung und soll Zeit für die Familie, für Kinder und Freunde bringen und für die Gestaltung sozialer, sportlicher, kultureller und auch religiöser Aktivitäten genutzt werden. In Deutschland ist die Sonn- und Feiertagsruhe verfassungsrechtlich geschützt. Es ist Aufgabe des Gesetzgebers, diesen Schutz auch in der Arbeitswelt zu realisieren. Deshalb ist Sonn- und Feiertagsarbeit grundsätzlich verboten. Die Beschäftigung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern an diesen Tagen ist nur in engen Grenzen möglich. Die Allianz für den freien Sonntag macht darauf aufmerksam, dass Sonntags- und Feiertagsarbeit auch in Thüringen zugenommen hat. Ich frage die Landesregierung: 1. Wie viele Anträge auf Genehmigung von Sonntagsarbeit und Feiertagsarbeit wurden jeweils in den Jahren zwischen 2012 und 2017 bei der zuständigen Landesbehörde gestellt (bitte aufgegliedert nach Jahresscheiben und den unterschiedlichen Branchen)? 2. Welche Gründe wurden wie häufig von den Antragstellern beim Beantragen einer Ausnahmegenehmigung in dem oben genannten Zeitraum geltend gemacht? 3. Wie viele Anträge wurden davon positiv beschieden (bitte getrennt gliedern nach den §§ 13, 14 und 15 Arbeitszeitgesetz)? 4. Wie viele dieser Anträge wurden im oben genannten Zeitraum jeweils mit welchen Begründungen abgelehnt ? Das Thüringer Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie hat die Kleine Anfrage namens der Lan desre gierung mit Schreiben vom 22. Mai 2018 wie folgt beantwortet: Vorbemerkung: Die Kleine Anfrage zur Sonntags- und Feiertagsarbeit in Thüringen bezieht sich nach Verständnis der Landesregierung auf betriebsbezogene Anträge auf behördliche Ausnahmebewilligung nach dem Arbeitszeitgesetz (ArbZG), für deren Entscheidung das Thüringer Landesamt für Verbraucherschutz (TLV) zuständig ist. Dabei handelt es sich um die im Folgenden beschriebenen Ausnahmetatbestände: K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Leukefeld (DIE LINKE) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/5759 - § 13 Abs. 3 Nr. 2a ArbZG im Handelsgewerbe an bis zu zehn Sonn- und Feiertagen im Jahr, an denen besondere Verhältnisse einen erweiterten Geschäftsverkehr erforderlich machen, - § 13 Abs. 3 Nr. 2b ArbZG an bis zu fünf Sonn- und Feiertagen im Jahr, wenn besondere Verhältnisse zur Verhütung eines unverhältnismäßigen Schadens dies erfordern, - § 13 Abs. 3 Nr. 2c ArbZG an einem Sonntag im Jahr zur Durchführung einer gesetzlich vorgeschriebenen Inventur, - § 13 Abs. 4 ArbZG mit Arbeiten, die aus chemischen, biologischen, technischen oder physikalischen Gründen einen ununterbrochenen Fortgang auch an Sonn- und Feiertagen erfordern, - § 13 Abs. 5 ArbZG, wenn bei einer weitgehenden Ausnutzung der gesetzlich zulässigen wöchentlichen Betriebszeiten und bei längeren Betriebszeiten im Ausland die Konkurrenzfähigkeit unzumutbar beeinträchtigt ist und durch die Genehmigung von Sonn- und Feiertagsarbeit die Beschäftigung gesichert werden kann, - § 15 Abs. 2 ArbZG für weitergehende Ausnahmen, soweit sie im öffentlichen Interesse dringend nötig werden. Zu 1. bis 4.: Die Fragen 1 bis 4 werden im Zusammenhang beantwortet. Bewilligungen nach § 13 Abs. 4 und 5 sowie § 15 Abs. 2 ArbZG betreffen überwiegend längerfristige Sonnund Feiertagsarbeit. Sie haben sich in den letzten Jahren wie folgt entwickelt: Jahr Bewilligungen § 13 Abs. 4 ArbZG § 13 Abs. 5 ArbZG § 15 Abs. 2 ArbZG Gesamt 2012 2 42 44 88 2013 2 64 17 83 2014 3 78 5 86 2015 1 67 8 76 2016 2 81 1 84 2017 7 63 2 72 Die Übersicht zu den längerfristigen Bewilligungen von Sonn- und Feiertagsarbeit schließt auch die Verlängerung oder die Erweiterung bestehender Anträge mit ein. Für Antragsteller stehen im Serviceportal der Landesregierung Antragsformulare beziehungsweise Nachweiskataloge mit Erläuterungen zur Verfügung. Dadurch wird weitgehend erreicht, dass Anträge auf Bewilligung von Sonn- und Feiertagsbeschäftigung nur in den gesetzlich definierten, engen Grenzen gestellt werden . Wenn die Tatbestandsvoraussetzungen für längerfristige Ausnahmen nicht erfüllt sind, wirkt das TLV auf eine Rücknahme des Antrags hin, die in der Statistik nicht erfasst wird. Zu Ablehnungen kam es nur in wenigen Einzelfällen. Eine Untersetzung längerfristiger Bewilligungen nach Branchen kann Anlage 1 entnommen werden. Die Daten bezüglich der Bewilligungsverfahren nach § 13 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. a, b und c ArbZG, jeweils begrenzt auf ein oder wenige Sonn- beziehungsweise Feiertage im Jahr, stehen erst ab dem Jahr 2014 mit Einführung eines speziellen Moduls "Vollzug ArbZG" im Informationssystem für den Arbeitsschutz - IFAS beim TLV zur Verfügung. Auskunft darüber gibt die Anlage 2. Die dort ausgewiesenen Ablehnungen von Anträgen betrafen Fälle, bei denen zum Beispiel die besonderen Verhältnisse oder der drohende unverhältnismäßige Schaden vom Antragsteller nicht ausreichend nachgewiesen wurde. Dabei fand auch die aktuelle Rechtsprechung (unter anderem Oberverwaltungsgericht Bautzen vom 11. Dezember 2015, 3 B 369/15; Bayerischer Verwaltungsgerichtshof vom 18. Dezember 2015, 22 CS 15.2716; Oberverwaltungsgericht Münster vom 18. Dezember 2015, 4 B 1463 und 1465/15; Verwaltungsgericht Augsburg vom 14. April 2016, Au K 15.1834; Verwaltungsgericht Kassel vom. 16. Mai 2017, 3 K 2203/14. KS) Berücksichtigung. Die von der 90. Arbeits- und Sozialministerkonferenz am 27./28. November 2013 beschlossenen "Grundsätze für eine einheitliche Genehmigungspraxis der Länder bei Anträgen auf Sonn- und Feiertagsbeschäf- 3 Drucksache 6/5759Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode tigung" sowie die aktuelle Rechtsprechung werden vom TLV in den genannten Verfahren berücksichtigt. Ziel ist es, Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden, die Aushöhlung des verfassungsrechtlich verankerten Sonn- und Feiertagsschutzes zu verhindern und die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Beschäftigten zu gewährleisten. Nach diesen Grundsätzen sind Anträge auf Sonn- und Feiertagsarbeit grundsätzlich nicht bewilligungsfähig, wenn die Arbeiten an Werktagen vorgenommen werden können. Soweit die Ausnahmeregelung behördliches Ermessen einräumt, sind im Rahmen der Interessenabwägung die Besonderheiten des Sonn- und Feiertagsschutzes, die unterschiedlichen Interessen der Beschäftigten und der Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber und gegebenenfalls andere verfassungsrechtliche Grundsätze gegeneinander abzuwägen. Ausnahmen vom grundsätzlichen Sonn- und Feiertagsbeschäftigungsverbot dürfen nicht zu Lasten der Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten gehen. Werner Ministerin 4 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/5759 A nl ag e 1 A nz ah l de r B ew ill ig un ge n vo n lä ng er fri st ig er S on nun d Fe ie rta gs ar be it ge m äß A rb ZG n ac h B ra nc he n 20 12 b is 2 01 7 B ra nc he n 20 12 20 13 20 14 20 15 20 16 20 17 § 13 A bs . 5 § 15 A bs . 2 § 13 A bs . 4 § 13 A bs . 5 § 15 A bs . 2 § 13 A bs . 4 § 13 A bs . 5 § 15 A bs . 2 § 13 A bs .4 § 13 A bs . 5 § 15 A bs .2 § 13 A bs . 4 § 13 A bs . 5 § 15 A bs . 2 § 13 A bs .4 § 13 A bs . 5 § 15 A bs . 2 § 13 A bs .4 E is en in du st rie 1 M as ch in en ba u 6 2 6 1 1 3 M et al lin du st rie 10 5 10 7 9 1 7 1 6 5 K un st st of fin du st rie 5 8 10 1 12 3 1 13 6 A ut oi nd us tri e 15 9 21 2 45 3 41 5 49 45 1 H er st el lu ng v on B au el em en te n 2 4 1 1 E rn äh ru ng sg ew er be 3 5 6 2 4 8 5 2 P ap ie r- , Ve rla g- u nd D ru ck ge - w er be 1 1 1 1 1 1 1 G la sg ew er be 1 C he m ie in du st rie 1 1 1 2 1 1 2 1 1 1 3 1 E le kt ro in du st rie 1 1 3 1 1 3 1 B au ge w er be 2 1 2 1 1 1 1 6 H ol zg ew er be 1 1 Er br in gu ng v on D ie ns tle is tu ng en 6 1 1 1 1 2 3 Te xt il- u nd B ek le id un gs ge w er be 1 1 1 S um m e 42 44 2 64 18 2 78 5 3 67 8 1 81 1 2 63 2 7 88 84 86 76 84 72 5 Drucksache 6/5759Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode A nl ag e 2 A nz ah l de r B ew ill ig un ge n vo n S on nun d Fe ie rta gs ar be it ge m äß § 1 3 A bs . 3 N r. 2a , 2 b un d 2c A rb ZG m it A ng ab en d er a m H äu fig st en b et ro ffe ne n W irt - sc ha fts kl as se n 2 01 4 bi s 20 17 Ja hr A nz ah l e nt sc hi ed en e A nt rä ge § 13 A bs . 3 N r. 2a A rb ZG § 13 A bs . 3 N r. 2b A rb ZG § 13 A bs . 3 N r. 2c A rb ZG B ew ill ig un ge n A bl eh nu ng en B ew ill ig un ge n A bl eh nu ng en B ew ill ig un ge n A bl eh nu ng en 20 14 22 0 58 6 4 79 0 20 15 22 0 54 4 10 60 1 20 16 25 0 59 1 10 53 1 20 17 21 0 56 4 8 53 0 K la ss ifik at io n na ch W irt - sc ha fts - zw ei ge n* 46 G ro ßh an de l ( oh ne H an de l m it K ra ftf ah rz eu ge n) ci rc a 50 P ro ze nt 1 1 G et rä nk eh er st el lu ng 31 H er st el lu ng v on M öb el n 43 V or be re ite nd e B au st el le na rb ei te n, B au in st al la tion u nd s on st ig es A us ba ug ew er be c irc a 20 P ro ze nt 25 H er st el lu ng v on M et al le rz eu gn is se n ci rc a 17 P ro - ze nt 41 H oc hb au c irc a 15 P ro ze nt 28 M as ch in en ba u ci rc a 8 P ro ze nt 47 E in ze lh an de l ( oh ne H an de l m it K ra ftf ah rz eu ge n) ci rc a 80 P ro ze nt * D ie p ro ze nt ua le n A ng ab en b ez üg lic h de r K la ss ifi ka tio n na ch W irt sc ha fts zw ei ge n sc hw an ke n vo n Ja hr z u Ja hr g er in gf üg ig , s ie g eb en a be r z um in d es t e in en Ü be rb lic k zu d en S ch w er pu nk tb ra nc he n. Sonntags- und Feiertagsarbeit in Thüringen Ich frage die Landesregierung: Vorbemerkung: Zu 1. bis 4.: Anlage 1 Anlage 2