06.06.2018 Drucksache 6/5800Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 21. Juni 2018 Nachversicherung von Beamten in Thüringen Die Kleine Anfrage 3004 vom 20. April 2018 hat folgenden Wortlaut: Gemäß § 233 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch werden Beamte beim Ausscheiden (aus den unterschiedlichsten Gründen) in der gesetzlichen Rentenversicherung nachversichert. Die Zusatzversicherung des öffentlichen Dienstes (VBL) ist von der Nachversicherung ausgeschlossen, so dass nachversicherte Beamte immer schlechter gestellt werden als öffentliche Arbeitnehmer. Der Europäische Gerichtshof hat nun in der Rechtssache C-187/15 entschieden, dass Beamte vor Verlusten beim Ruhegehalt geschützt sind, wenn sie das Freizügigkeitsrecht der Europäischen Union (EU) für Arbeitnehmer nutzen und in eine Arbeitsstelle im EU-Ausland wechseln. Dies bedeutet, dass die Ansprüche aus der Altersversorgung von Beamten beim freiwilligen Ausscheiden und Arbeitsaufnahme im EU-Ausland durch die Nachversicherung nicht gekürzt werden dürfen. Das Urteil betrifft Beamte, die von einem Beamtenverhältnis in ein Arbeitsverhältnis in einem anderen EU-Land wechseln. Der Bund hat sich mit dem Altersgeldgesetz der Problematik angenommen. Ich frage die Landesregierung: 1. Hat die Landesregierung die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs bereits in Landesrecht umgesetzt? a) Wenn nicht, wann ist mit einer Umsetzung zu rechnen? b) Wenn nicht, wie kann nach Auffassung der Landesregierung eine Regelung zum Erhalt der Ansprüche der Altersversorgung aussehen? 2. Wie viele Beamte, die das Urteil betreffen würde, sind nach Kenntnis der Landesregierung freiwillig ausgeschieden und haben eine Tätigkeit im EU-Ausland aufgenommen (es wird gebeten, den Zeitraum von 2012 bis 2017 zu erheben)? 3. Ist eine gegebenenfalls länderübergreifende einheitliche Lösung vorgesehen? Wurde die Thematik in Ländergremien beraten? 4. Wird nach Ansicht der Landesregierung die Rechtsprechung nur auf Arbeitgeberwechsel ins EU-Ausland anzuwenden sein oder ist aus Gründen der Gleichbehandlung eine Regelung vorzusehen, die einen Verlust der erworbenen Pensionsansprüche generell ausschließt? K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Kießling (AfD) und A n t w o r t des Thüringer Finanzministeriums 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/5800 5. Wie viele Beamte sind a) freiwillig oder b) unfreiwillig ausgeschieden und wurden daher nachversichert (es wird gebeten, den Zeitraum von 2012 bis 2017 zu betrachten)? 6. Wie hoch waren die Zahlungen zur Nachversicherung aller ausgeschiedenen Beamten in den Jahren 2012 bis 2017 (bitte nach der Art der Beendigung des Beamtenverhältnisses, die eine Nachversicherung zur Folge hatte, unterteilen, und anonymisiert nach Alter, erworbenen Pensionsansprüchen, Nachversicherungssumme und durch die Nachzahlungen erworbene Rentenansprüche aufschlüsseln)? 7. Kann das Altersgeldgesetz Grundlage für eine Thüringer Regelung sein, auch wenn dieses hinsichtlich der Höhe der Rentenleistungen die Vorgaben der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs nicht ganz erfüllt (15 prozentiger Abschlag), jedoch den Geltungsbereich weiter fasst (nicht auf das EU-Ausland beschränkt)? Das Thüringer Finanzministerium hat die Kleine Anfrage namens der Lan desre gierung mit Schreiben vom 6. Juni 2018 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Aufgrund der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) gibt es keine unmittelbare Verpflichtung zum Erlass einer gesetzlichen Regelung. Daher erfolgte bislang weder eine politische Positionierung noch wurde auf Arbeitsebene ein Gesetzentwurf erstellt. a) Eine Entscheidung über das weitere Vorgehen wird frühestens nach bestandskräftigem Abschluss des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens erfolgen, um berücksichtigen zu können, wie die Verwaltungsgerichtsbarkeit das EuGH-Urteil in dem Einzelfall umgesetzt hat. b) Um der Rechtsprechung des EuGH gerecht zu werden, wäre eine Regelung zur Zahlung einer einmaligen Abfindung genauso möglich wie eine Altersgeldregelung. Zu 2.: Die Beamten sind nicht verpflichtet anzugeben, welcher Tätigkeit sie nach dem freiwilligen Ausscheiden aus dem Beamtenverhältnis nachgehen. Daher ist den personalverwaltenden Dienststellen dies in der Regel nicht bekannt. Lediglich aus dem Hochschulbereich ist bekannt, dass im maßgeblichen Zeitraum sieben Beamte freiwillig aus dem Landesdienst ausgeschieden sind, um eine entsprechende Tätigkeit im EU- Ausland aufzunehmen. Zu 3.: Eine länderübergreifende einheitliche Lösung ist derzeit nicht vorgesehen. Die Thematik wurde jedoch im Arbeitskreis für Versorgungsfragen erörtert. Zu 4.: Derzeit wird auf fachlicher Ebene keine Veranlassung gesehen, die Rechtsprechung auch auf Arbeitgeberwechsel im Inland anzuwenden. Innerhalb des öffentlichen Dienstes der Bundesrepublik Deutschland ist ein Wechsel in den Dienst eines anderen Dienstherrn durch Versetzung und damit unter grundsätzlicher Beibehaltung des Anspruchs auf Ruhegehalt möglich. Zu 5.: Aus der Beantwortung der Frage wurden Beamtenanwärter und Referendare, die nach Ende ihrer Laufbahnprüfung aus dem Beamtenverhältnis ausscheiden, ausgenommen, weil ein Beamtenverhältnis auf Widerruf nicht auf Dauer angelegt und eine Versetzung in den Ruhestand mit Anspruch auf Ruhegehalt grundsätzlich nicht vorgesehen ist. Im Übrigen sind in den Jahren 2012 bis 2017 a) 130 Beamte freiwillig auf eigenen Antrag, b) 81 Beamte unfreiwillig sowie 41 Beamte auf Zeit wegen Zeitablaufs aus dem Landesdienst ausgeschieden und wurden nachversichert. Für den Lehrerbereich und den Justizbereich erfolgte keine Erfassung der gewünschten Angaben. 3 Drucksache 6/5800Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Zu 6.: Aus der nachstehenden Übersicht ergibt sich die Anzahl der Nachversicherungsfälle und der daraus resultierenden Nachversicherungsbeträge. Eine Zuordnung der durchgeführten Nachversicherungen entsprechend der gewünschten Aufgliederung ist anhand der in den Bearbeitungslisten der Thüringer Landesfinanzdirektion - Abteilung Bezüge - geführten Angaben nicht möglich. Hierfür wäre eine manuelle Sichtung der einzelnen, bereits archivierten Besoldungsakten (3.342 Fälle) erforderlich. Dies würde einen unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand erfordern, der auch nicht zu aussagekräftigen Ergebnissen führen würde, da für die ausgeschiedenen Beamten keine Festsetzung der Ruhegehaltsansprüche vorgenommen wird und auch keine Aussage darüber getroffen werden kann, wie hoch die (künftigen) Rentenansprüche aufgrund der gezahlten Nachversicherungsbeträge sind. Es ist auch unter Berücksichtigung der Antwort zu Frage 5 jedoch davon auszugehen, dass der größte Teil der Nachversicherungsfälle auf Beamtenanwärter und Referendare entfällt, die nach Abschluss ihrer Laufbahnprüfung aus dem Beamtenverhältnis ohne Anspruch auf Versorgungsbezüge ausscheiden. Aufstellung der durchgeführten Nachversicherungen Anzahl der Fälle Nachversicherungsbetrag in Euro Kalenderjahr 2012 534 4.874.459,46 Kalenderjahr 2013 578 4.826.290,60 Kalenderjahr 2014 554 5.433.730,19 Kalenderjahr 2015 667 5.525.329,60 Kalenderjahr 2016 652 6.152.572,75 Kalenderjahr 2017 357 3.307.057,12 Gesamtsumme 3.342 30.119.439,72 Zu 7.: Überlegungen zur Einführung eines Altersgeldes in Anlehnung an das Altersgeldgesetzes des Bundes bestehen derzeit in Thüringen nicht. Taubert Ministerin Nachversicherung von Beamten in Thüringen Ich frage die Landesregierung: Zu 1.: Zu 2.: Zu 3.: Zu 4.: Zu 5.: Zu 6.: Zu 7.: