07.05.2015 Drucksache 6/587Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 27. Mai 2015 Bedrohung einer Mitarbeiterin des Greizer Landratsamts durch einen Asylbewerber Die Kleine Anfrage 207 vom 6. März 2015 hat folgenden Wortlaut: Laut Pressemeldung der Landespolizeiinspektion Gera vom 8. Januar 2015 hat ein Asylbewerber an diesem Tag eine Mitarbeiterin des Greizer Landratsamts in der Gemeinschaftsunterkunft in der Reichenbacher Straße mit einem Messer bedroht. Nur dank des beherzten Eingreifens einer weiteren Angestellten habe Schlimmeres verhindert werden können und es sei niemand verletzt worden. Als offizielle Begründung teilte die Landespolizeiinspektion mit: "Der 33-jährige Angreifer leidet an einer psychischen Krankheit und lebt seit circa zwölf Jahren als Asylbewerber in Deutschland. Er wurde vorläufig festgenommen. Die Kriminalpolizeiinspektion Gera hat die Ermittlungen zum Fall übernommen." Ich frage die Landesregierung: 1. Aus welchem Land (Staat) stammt der Tatverdächtige und aus welchem Grund hat er in der Bundesrepublik Deutschland Asyl beantragt? 2. Trifft es zu, dass der Tatverdächtige seit zwölf Jahren in Deutschland lebt? 3. Wenn ja: Wie ist der Status seines Asylantrags, wieso wurde in zwölf Jahren noch nicht über den Asylantrag abschließend entschieden und wer ist für diese Entscheidung auf welcher gesetzlichen Grundlage örtlich und sachlich zuständig? 4. Sofern in der Antwort zu Frage 3 auf eine etwaige "Duldung" nach § 60a Abs. 4 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) verwiesen wird: Liegt wegen möglicher Versäumnisse der Fachbehörden hier bereits ein sogenanntes Bleiberecht nach § 25 Abs. 5 AufenthG vor und wenn ja, wie wird dies begründet? 5. Hat der nun Tatverdächtige die Voraussetzungen für eine Aufenthaltserlaubnis zum Zweck der Beschäftigung (§ 18a AufenthG) oder für eine Aufenthaltsgewährung bei gut integrierten Jugendlichen und Heranwachsenden (§ 25a AufenthG) erfüllt? Wenn ja, in welcher Form? Wenn nein, warum erfolgte in diesem Einzelfall dann keine Abschiebung? 6. Welche Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz oder anderer Rechtsvorschriften (z.B. § 264 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch, Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch) hat der Tatverdächtige in den zwölf Jahren seines Asylverfahrens in Anspruch genommen und worauf begründet sich gegebenenfalls der Rechtsanspruch (bitte Einzelaufstellung nach Jahren und Leistungen)? K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Rudy (AfD) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Migration, Justiz und Verbraucherschutz 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/587 7. Welche Leistungen zur medizinischen Versorgung (nach Asylbewerberleistungsgesetz oder anderen Rechtsvorschriften) wurden dem Tatverdächtigen in der Zeit seines Asylaufenthalts in der Bundesrepublik Deutschland gewährt und wer war/ist Kostenträger dieser Maßnahmen (bitte Einzelaufstellung nach Jahren, gegebenenfalls unter dem Blickwinkel des Datenschutzes nur die daraus resultierenden Fiskalbeträge ohne Rückschluss auf medizinische Daten)? 8. Wie viele Asylbewerberinnen und Asylbewerber (inklusive Duldungen/Bleiberecht) gibt es in Thüringen, bei denen ebenfalls akute oder chronische "psychische Krankheiten" diagnostiziert wurden? 9. Welche Position vertritt die Landesregierung zu der daraus resultierenden Gefährdungslage für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Landratsämter sowie der Polizeidienststellen in Thüringen? 10. Wie setzen Thüringer Behörden die deutschen Rechtsvorschriften in Bezug auf das Asyl-/Aufenthaltsrecht um, wenn Asylbewerber bzw. Ausländer mit Duldung strafrechtlich relevant in Erscheinung treten? 11. Was passiert gegebenenfalls nach einer strafrechtlichen Verurteilung und möglichen Verbüßung einer Freiheitsstrafe mit (dann vorbestraften) Asylsuchenden in Bezug auf ihr anhängiges/laufendes Asylverfahren? 12. Wie wird im Freistaat Thüringen mit Asylsuchenden verfahren, die Straftaten gegen Leib und Leben (in diesem Fall von öffentlich Bediensteten) begehen? Das Thüringer Ministerium für Migration, Justiz und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage namens der Lan desre gierung mit Schreiben vom 7. Mai 2015 wie folgt beantwortet: Vorbemerkung: Unter Bezugnahme auf Artikel 67 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Verfassung des Freistaats Thüringen erfolgt keine Beantwortung der Fragen 1 bis 7, da die Beantwortung mit der Weitergabe schützenswerter persönlicher Daten verbunden wäre. Eine Weitergabe dieser Daten in anonymisierter Form ist ebenfalls nicht möglich, da Rückschlüsse auf den Betroffenen gezogen werden könnten. Zu 1. bis 7.: Es wird auf die Vorbemerkung verwiesen. Zu 8.: Gemäß Presse-Information Nr. 37 der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) vom 27. November 2014 haben ca. 40 Prozent der in Deutschland befindlichen Flüchtlinge und Asylsuchenden mehrfach traumatisierende Erfahrungen gemacht. Unter Zugrundelegung der Prognose des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 18. Februar 2015 über die voraussichtliche Entwicklung der Zugänge von Asylbegehrenden wären das für Thüringen 2015 ca. 3.360 Flüchtlinge, die auf Grund ihrer Erfahrungen möglicherweise krankheitsgefährdet und bei Feststellung einer posttraumatischen Belastungsstörung einer psychotherapeutischen Behandlung bedürfen. Zu 9.: Vorfälle, wie in der Begründung dargestellt, stellen grundsätzlich eine Gefahr für alle Beteiligten dar. Polizeibeamtinnen und -beamte der Thüringer Polizei werden gelegentlich mit Sachverhalten konfrontiert, an denen Personen mit akuten bzw. chronischen "psychischen Krankheiten" beteiligt sind. Eine erhöhte Gefährdung für Polizeibedienstete kommt insbesondere dann in Betracht, wenn Verständigungsschwierigkeiten bestehen bzw. eine Verständigung nicht gewollt ist. Oberste Priorität hat daher für die einschreitenden Polizeibediensteten die Eigensicherung und die Einbeziehung des sozialpsychiatrischen Dienstes sowie von Dolmetschern. Liegen Erkenntnisse zu einzelnen Personen vor, werden bei Folgeaufträgen die Polizeikräfte entsprechend sensibilisiert. Weitere präventive Handlungsmöglichkeiten zur Verhinderung derartiger Gefährdungssituationen bestehen aus polizeilicher Sicht nicht. Zu 10.: Thüringer Behörden setzen aufenthalts- und asylrechtliche Rechtsvorschriften unter Beachtung bestehender Anwendungshinweise und Erlassregelungen um. 3 Drucksache 6/587Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Zu 11.: Eine strafrechtliche Verurteilung oder Verbüßung einer Freiheitsstrafe hat keinen direkten Einfluss auf das Asylverfahren. Für einen Ausländer, der strafrechtlich verurteilt wurde, kann eine Ausweisung nach den §§ 53 bis 56 Aufenthaltsgesetz in Betracht kommen. Ob eine Ausweisungsverfügung erfolgt, wird im Rahmen einer Einzelfallprüfung durch die zuständige Ausländerbehörde entschieden. Zu 12.: Die entsprechenden strafrechtlichen Vorschriften finden auf alle Personen Anwendung, unabhängig von der Staatsangehörigkeit oder ob es sich bei ihnen um Asylsuchende handelt. Ergänzend wird auf die Antwort zu Frage 11 verwiesen. Lauinger Minister