28.06.2018 Drucksache 6/5913Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 9. Juli 2018 Fremdenhass an Thüringer Schulen - Teil II Die Kleine Anfrage 3032 vom 8. Mai 2018 hat folgenden Wortlaut: Wie einem Bericht der Thüringischen Landeszeitung am 23. April 2018 zu entnehmen war, wurden im ver gangenen Jahr 51 Fälle von Fremdenhass an Thüringer Schulen registriert. In dem Bericht ist weiterhin die Rede von einem Problem mit Fremdenfeindlichkeit in Ostdeutschland und gerade in den ländlichen Regionen. Ich frage die Landesregierung: 1. Wie viele rassistisch motivierte, rechtsextreme oder ausländerfeindliche Vorfälle sind an Thüringer Schu len im vergangenen Jahr beziehungsweise im laufenden Jahr bekannt geworden? 2. Haben Thüringer Lehrer Handlungsleitfäden, wie sie mit rassistischen, ausländerfeindlichen oder anti semitischen Einstellungen bei Schülern umgehen sollen? 3. Wie sieht der "Notfallplan Extremismus" aus und wer hat ihn erarbeitet? 4. Welche Maßnahmen ergreift die Landesregierung, um Rassismus, Antisemitismus und Ausländerfeind lichkeit an Thüringer Schulen zu verhindern oder einzudämmen? 5. Wie überprüft die Landesregierung Bewerberinnen und Bewerber für Lehrerstellen? 6. Gäbe es Kriterien, die einen Bewerber aus politischen Gründen (zum Beispiel Nähe zu verfassungs feindlichen Organisationen) disqualifizieren? Das Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport hat die Kleine Anfrage namens der Lan desre gierung mit Schreiben vom 28. Juni 2018 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Im Jahr 2017 wurden in Thüringen 65 Delikte der "Politisch motivierten Kriminalität rechts" an Schulen re gistriert: Für das Jahr 2018 liegen noch keine statistischen Auswertungen vor. Zu 2.: Die Thüringer Schulen haben einen Bildungs und Erziehungsauftrag, der in § 2 des Thüringer Schulgeset zes niedergeschrieben ist und den die Lehrkräfte in der täglichen Arbeit mit den Schülerinnen und Schü K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Lehmann (SPD) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/5913 lern umsetzen. Dieser Auftrag ist auf Vermittlung der in § 2 beschriebenen Werte gerichtet. Zur Vermittlung dieser Werte gehört auch die Auseinandersetzung mit Einstellungen, die diesen Werten entgegenstehen. Für die Fälle, in denen sich die genannten Einstellungen in Auseinandersetzungen äußern, wurde, nach dem Amoklauf am Staatlichen GutenbergGymnasium in Erfurt am 26. April 2002, der Ordner "Umgang mit Krisen und Notfällen an Schulen" erarbeitet. Dieser Notfallordner, der auch Hinweise zum Krisenmanage ment und zu Notfallplänen enthält, liegt allen staatlichen Schulen im Freistaat Thüringen seit Ende 2002 vor. Zwischenzeitlich gab es eine Ergänzungslieferung (2004) sowie eine grundsätzliche Überarbeitung des Notfallordners im Jahr 2009. Ende 2014 erhielten alle staatlichen Schulen mit der erneut aktualisierten Fassung der Unterlagen "Um gang mit Krisen und Notfällen an Schulen" neben bereits enthaltenen Hinweisen zum Krisenmanagement, Notfallplänen und Ratgebern erstmalig auch "Leitlinien Erste Hilfe". Den Schulträgern und Schulen in freier Trägerschaft wurden die Unterlagen "Umgang mit Krisen und Not fällen an Schulen" zur Verfügung gestellt. Im Zusammenhang mit der Thematik rassistischer, ausländerfeindlicher oder antisemitischer Einstellungen bei Schülern enthalten die Unterlagen "Umgang mit Krisen und Notfällen an Schulen" unter anderem die Notfallpläne "Körperliche Auseinandersetzung" und "Extremismus" beziehungsweise die Ratgeber "Kon fliktklärungsgespräche", "Mobbing" und "Verhalten bei körperlichen Auseinandersetzungen". Darüber hinaus wurden ebenfalls erstmalig allen Lehrerinnen und Lehrern, Erzieherinnen und Erziehern, Sonderpädagogischen Fachkräften und Lehramtsanwärterinnen und Lehramtsanwärtern an den staatli chen Schulen die "Sofortmaßnahmen im Krisenfall Handreichung für Lehrerinnen und Lehrer" zur Verfü gung gestellt. Diese Handreichung enthält für alle in den Unterlagen "Umgang mit Krisen und Notfällen an Schulen" enthaltenen Notfallpläne auszugsweise die Handlungshinweise für die sofort notwendigen Maß nahmen in Notfällen, unter anderem für den Notfall "Extremismus". Zu 3.: Die Unterlagen "Umgang mit Krisen und Notfällen an Schulen" wurden von einer Arbeitsgruppe unter Lei tung des damaligen Thüringer Ministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur (TMBWK) aktualisiert. Bei der Erarbeitung war unter anderem auch die Thüringer Polizei involviert. Der Notfallplan "Extremismus" (öffentliche verfassungsfeindliche Äußerungen, gewalttätige Übergriffe und Aktivitäten in extremer Form, die der freiheitlichdemokratischen Grundordnung entgegenstehen) enthält Handlungshinweise für Schulen zu Sofortmaßnahmen, zum Stabilisieren der Situation bis hin zur Aufarbei tung und zur Nachsorge. Zu 4.: Die Landesregierung stellt den Thüringer Schulen vielfältige Maßnahmen zur Verfügung, genannt seien beispielhaft Folgende: Beteiligung am länderübergreifenden Förderprogramm "Demokratisch Handeln" Beteiligung am bundesweiten Projekt "Jugend debattiert" Nutzung der Unterrichtsmethode "Lernen durch Engagement Service Learning" Mitwirkung am DKJSProjekt OPENION Bildung für eine starke Demokratie Mitwirkung am Projekt "Mean it!" der Politiksprecher e.V. und der Bundesstiftung Aufarbeitung der SED Diktatur Mitwirkung am Projekt "100 Jahre Weimarer Verfassung 70 Jahre Grundgesetz 30 Jahre friedliche Revolution" Beteiligung an schulischen Gedenkstättenfahrten zu Orten der nationalsozialistischen Vernichtung in Po len Förderung der Durchführung von Demokratietagen und Demokratieprojekten an Thüringer Schulen Förderung der Durchführung von Projekten an Thüringer Gedenkstätten für Opfer der Diktaturen im 20. Jahrhundert Über das Thüringer Schulportal kann zudem seit Mai 2018 die kommentierte Materialsammlung der Kultus ministerkonferenz und des Zentralrats der Juden in Deutschland zum Thema "Vermittlung des Judentums in der Schule" abgerufen werden. 3 Drucksache 6/5913Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Zudem bietet das Thüringer Institut für Lehrerfortbildung, Lehrplanentwicklung und Medien (Thillm) in Zu sammenarbeit mit dem Landesprogramm für Demokratie, Toleranz und Weltoffenheit verschiedene Lehr erfortbildungen an, die ebenfalls im Thüringer Schulportal abrufbar sind. Im Rahmen des Thüringer Landesprogramms für Demokratie, Toleranz und Weltoffenheit werden zwei Pro jekte zum genannten Thema gefördert: Das Projekt "Für Demokratie Courage zeigen!" in Trägerschaft des Arbeit und Leben e.V. Thüringen und "Schule ohne Rassismus Schule mit Courage: Schülerinnen/Schü ler für Demokratie und Vielfalt an Thüringer Schulen" in Trägerschaft der Europäischen Jugendbildungs und Jugendbegegnungsstätte Weimar. Des Weiteren bietet die Stabsstelle "Polizeiliche Extremismusprävention" der Landespolizeidirektion eine Weiterbildung für Lehrerinnen und Lehrer sowie Schülerinnen und Schüler hinsichtlich der Formen des Rechtsextremismus und der Handhabung dieses Phänomens an. Ebenso stellt das Amt für Verfassungs schutz zur genannten Thematik vielfältige Informationsangebote zur Verfügung. Darüber hinaus ist im Infoportal* ein interaktives Angebot des Programms "Polizeiliche Kriminalprävention der Länder und des Bundes" für die Zielgruppe der Schülerinnen und Schüler abrufbar, in dem umfangrei che Informationen unter der Rubrik "Politisch motivierte Gewalt rechts" bereitgestellt sind. Zu 5.: Die Überprüfung der Bewerber für Lehrerstellen erfolgt auf der Grundlage des Runderlasses über die Prü fung der persönlichen Eignung für den öffentlichen Dienst vom 6. Dezember 2016 (Thüringer Staatsanzei ger Nr. 52/2016). Danach sind Bewerber vor der Einstellung in den öffentlichen Dienst zu belehren (Anlage 1 des Runderlas ses). Ferner haben sie eine Erklärung über die Pflicht zur Verfassungstreue (Anlage 2a des Runderlasses) zu unterzeichnen. Eine zusätzliche Erklärung (Anlage 3a des Runderlasses) haben Bewerber, die vor dem 12. Januar 1972 geboren sind, abzugeben. Sofern Zweifel daran bestehen, dass Bewerber jederzeit für die freiheitlich demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes und der Thüringer Verfassung eintreten, müssen diese vor einer Einstellung ausgeräumt werden. Dies geschieht insbesondere im Rahmen von Anfragen beim Thüringer Ministerium für Inneres und Kommunales und/oder beim Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheits dienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik. Anderenfalls darf der Bewerber nicht in den öffentlichen Dienst eingestellt werden. Zu 6.: Beamte und Tarifbeschäftigte sind nach § 33 Abs. 1 Satz 3 Beamtenstatusgesetz beziehungsweise nach § 3 Abs. 1 Satz 2 des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) verpflichtet, sich mit ih rem gesamten Verhalten zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes zu bekennen, respektive für deren Erhaltung einzutreten. Die Teilnahme an Aktionen und Maßnahmen, die sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung richten, ist unvereinbar mit den Pflichten eines im öffentlichen Dienst Beschäftigten. Dabei ist es ohne Be deutung, ob diese Aktionen und Maßnahmen im Rahmen einer Organisation oder außerhalb einer solchen verfolgt werden. Betreffende Bedienstete dürfen mithin nicht eingestellt werden. Detaillierte Regelungen zu den Rechtsgrundlagen und dem Verfahren können dem Runderlass der Thü ringer Landesregierung über die Prüfung der persönlichen Eignung für den öffentlichen Dienst (Thüringer Staatsanzeiger Nr. 52/2016) entnommen werden. Holter Minister Endnote: * www.polizeifürdich.de Fremdenhass an Thüringer Schulen - Teil II Ich frage die Landesregierung: Zu 1.: Zu 2.: Zu 3.: Zu 4.: Zu 5.: Zu 6.: Endnote: