04.07.2018 Drucksache 6/5931Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 18. Juli 2018 Unternehmensnachfolge in Thüringen - Teil I Die Kleine Anfrage 3053 vom 18. Mai 2018 hat folgenden Wortlaut: Laut Angaben der Thüringer Aufbaubank stehen in Thüringen jährlich zwischen 500 und 600 Firmen zur Übernahme an. Die Unternehmensnachfolge in Thüringen ist eines der wichtigsten wirtschaftspolitischen Themen der nächsten Jahre. Damit der Wirtschaftsstandort Thüringen weiterhin wettbewerbsfähig ist, müssen die anstehenden Unternehmensnachfolgen erfolgreich gemeistert werden. Die Wirtschaftspolitik muss Rahmenbedingungen schaffen, die potenzielle Nachfolger unter anderem bei der Beschaffung von Eigenkapital unterstützt. Ich frage die Landesregierung: 1. Wie viele Unternehmensnachfolgen stehen in Thüringen bis zum Jahr 2025 an (bitte nach Jahresscheiben aufschlüsseln)? 2. Wie ist die prozentuale Verteilung der anstehenden Unternehmensnachfolgen nach Unternehmensgrößen auf Basis der KMU-Definition (Kleinstunternehmen, kleine und mittlere Unternehmen) der Europäischen Kommission in Thüringen? 3. Wie viele Unternehmensnachfolgen stehen nach Kenntnis der Landesregierung bundesweit bis zum Jahr 2025 an und wie verteilen sich diese nach Kenntnis der Landesregierung auf die einzelnen Bundesländer (bitte in absoluten und relativen Zahlen bezogen auf die Gesamtanzahl der Unternehmen in den jeweiligen Bundesländern aufschlüsseln)? 4. Welche Beratungsleistungen werden in Thüringen für potenzielle Nachfolger angeboten (bitte die Einrichtungen sowie die entsprechenden Programme einzeln auflisten)? 5. Welche finanziellen Förderungen können potenzielle Nachfolger in Thüringen in Anspruch nehmen (bitte das jeweilige Förderprogramm und die Mittelherkunft angeben)? 6. Welche Programme und in welcher Höhe können potenzielle Nachfolger, um ihre Eigenkapitalbasis zu erhöhen, in Thüringen in Anspruch nehmen (bitte getrennt nach Landes- und Bundesprogrammen sowie die jeweiligen Finanzierungsmodalitäten auflisten)? K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Prof. Dr. Voigt (CDU) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/5931 7. Wie viele potenzielle Nachfolger haben entsprechende Programme in Thüringen seit dem Jahr 2015 in Anspruch genommen, um ihre Eigenkapitalbasis für die Finanzierung einer Übernahme zu verbessern (bitte in Jahresscheiben und nach Förderprogrammen auflisten)? 8. Welche Bürgschaftsprogramme des Freistaats Thüringen stehen potenziellen Nachfolgern zur Verfügung (bitte jedes Programm einzeln und mit den entsprechenden Bedingungen sowie Konditionen auflisten)? 9. Wie viele Bürgschaften oder stille Beteiligungen und in welcher Höhe hat der Freistaat Thüringen für Unternehmensnachfolgen in Thüringen seit dem Jahr 2015 ausgestellt beziehungsweise eingegangen (bitte nach Jahresscheiben auflisten)? 10. Sind der Landregierung Programme anderer Bundesländer bekannt, die mit Landesmitteln potenziellen Nachfolgern "Eigenkapital" zur Finanzierung von Unternehmensnachfolgen zur Verfügung stellen (bitte die jeweiligen Bundesländer und das zur Verfügung stehende Volumen einzeln auflisten)? Das Thüringer Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft hat die Kleine Anfrage namens der Lan desre gierung mit Schreiben vom 3. Juli 2018 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Eine genaue statistische Erhebung über die Unternehmensnachfolgen im Freistaat Thüringen im Zeitraum bis 2025 in Jahresscheiben besteht nicht. Das Institut für Mittelstandsforschung Bonn geht jedoch davon aus, dass im Zeitraum von 2018 bis 2022 in Thüringen 3.100 Unternehmensnachfolgen anstehen. Unternehmensnachfolgen sind Prozesse, die sich über drei bis sieben Jahre erstrecken. Laut Thüringer Nachfolgereport 2017 des Thüringer Zentrums für Existenzgründungen und Unternehmertum (ThEx) plant die Mehrheit der übergabewilligen Unternehmen die Nachfolge innerhalb der nächsten sechs Jahre. Zu 2.: Statistische Erhebungen über die prozentuale Verteilung der anstehenden Unternehmensnachfolgen auf Basis der Größenklassen der Definition zu kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) liegen nicht vor. Zu 3.: Genaue statistische Erhebungen über Unternehmensnachfolgen im gesamten Bundesgebiet, aufgeteilt nach den einzelnen Ländern im Zeitraum bis 2025, liegen nicht vor. Das Institut für Mittelstandsforschung Bonn geht davon aus, dass im Zeitraum von 2018 bis 2022 im gesamten Bundesgebiet 149.010 Unternehmensnachfolgen anstehen. Die Verteilung ist der Anlage 1 zu entnehmen. Die Angaben zu den jeweiligen Ländern entstammen den Informationen der jeweiligen Statistischen Landesämter und der Studie des Instituts für Mittelstandsforschung Bonn. Zu 4.: Potentielle Nachfolger können sich je nach Wirtschaftszweig an ihre Kammern wenden. Über die ThEx- Nachfolgelotsen für den Bereich der Industrie- und Handelskammern (IHK) und die Handwerkskammern (HWK) werden Veranstaltungen mit dem Ziel der Information, Sensibilisierung und Vernetzung angeboten. Dazu zählen die "Roadshow Unternehmensnachfolge", die "Thüringer Nachfolgewoche" und Unternehmerabende zum Thema "Unternehmensnachfolge". Im Handwerk stehen die organisationseigenen Berater im Handwerk bei den Handwerkskammern und den Fachverbänden des Handwerks zur Verfügung, die von Bund und Land gefördert werden. Über Zuschüsse an Personen beziehungsweise Unternehmen werden Beratungsleistungen für potentielle Nachfolger gefördert. Potentielle Nachfolger gelten im Sinne dieser Förderung als Existenzgründer. 3 Drucksache 6/5931Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Mit Hilfe des Existenzgründerpasses können Beratungsleistungen, Qualifizierungen und Unterstützungsangebote im Zusammenhang mit der Sicherung eines Unternehmens im Rahmen einer Unternehmensnachfolge durch einen Zuschuss gefördert werden. Zur Beantragung ist die Erstellung eines individuellen Betreuungsplans in Zusammenarbeit mit einer fachkundigen Stelle (IHK oder HWK) auf Grundlage der Geschäftsidee notwendig. Die Bewilligung erfolgt durch die Gesellschaft für Arbeits- und Wirtschaftsförderung des Freistaats Thüringen mbH (GFAW). Ferner werden Intensivberatungen für Existenzgründer und potentielle Nachfolger durch selbständige Unternehmensberater über die Beratungsrichtlinie gefördert. Die Qualitätssicherung wird durch RKW Thüringen und durch Ellipsis sichergestellt. Die Bewilligung erfolgt über die GFAW. Zu 5.: Hierzu wird auf die Darstellung in Anlage 2 verwiesen. Zu 6.: Die potentiellen Nachfolger können auf die in Antwort zu Frage 5 genannten Programme zurückgreifen. Eine Verbesserung der Eigenkapitalbasis kann mit den unter Ziffer 1, 2, 8, 9, 10, 11 und 14 bis 17 genannten Programme erreicht werden. Die Höhe der Förderung ist abhängig vom jeweiligen Förderinstrument beziehungsweise jeweiligen Einzelfall. Zu 7.: Die Programme werden durch die potentiellen Nachfolger in Abhängigkeit von der Größe und der konkreten Unternehmenssituation genutzt. Für die von der Beteiligungsmanagement Thüringen GmbH (bm-t) verwalteten Fonds (Thüringer Industriebeteiligungs -GmbH & Co. KG [TIB] und Mittelstands-Fonds Thüringen GmbH & Co. KG [MFT]), die Programme der Thüringer Aufbaubank ("einzelbetriebliche GRW" [Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" ] und "Thüringen-Invest") und die von der Mittelständischen Beteiligungsgesellschaft Thüringen GmbH (MBG) ausgereichten stillen Beteiligungen und das Mikromezzaninprogramm ergeben sich nachfolgende Fallzahlen: 2015 2016 2017 2018 (Stichtag 31.05.) TIB 1 0 0 0 MFT 0 0 1 0 einzelbetriebliche GRW 0 1 5 0 Thüringen-Invest 13 15 17 1 stille Beteiligungen der MBG 1 1 3 2 Mikromezzanin 1 2 1 1 Eine entsprechende Aufgliederung für die übrigen Programme ist nicht möglich. Zuschüsse für individuelle Beratungsleistungen mit der thematischen Zuordnung zur Unternehmensnachfolge wurden wie folgt genutzt: 2015 2016 2017 2018 (Stichtag 31.05.) Gründerrichtlinie Existenzgründerpässe 133 173 166 43 Gründerrichtlinie Intensivberatung 8 10 9 3 KMU-Beratungsförderung 13 14 13 2 Zu 8.: Bürgschaftsprogramme (80-prozentige Ausfallbürgschaft für die Kredite der Banken): - der Bürgschaftsbank Thüringen (Investitions- und Betriebsmittelfinanzierung mit einem Bürgschaftsobligo von bis zu 1,25 Millionen Euro) • Bearbeitungskosten: 0,5 bis 1,0 Prozent des Kreditbetrages • Entgelt: 1,0 Prozent per annum des verbleibenden Kreditbetrages 4 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/5931 • Laufzeit: bis zu 15 Jahre • Tilgung: entsprechend Kreditvertrag • Unternehmensgröße: kleine und mittlere Unternehmen (KMU) - Garantien der Bürgschaftsbank (bis zu 1,0 Millionen Euro) • Bearbeitungskosten: bis zu 2,0 des Garantiebetrages • Entgelt: bis zu 2,0 Prozent per annum des Garantiebetrages • Laufzeit: bis zu 12,5 Jahre • Tilgung: endfällig • Unternehmensgröße: mittelständische Unternehmen - der Thüringer Aufbaubank (Investition- und Betriebsmittelfinanzierung mit einem Bürgschaftsobligo von 1,25 Millionen Euro bis zu drei Millionen Euro) • Bearbeitungskosten: bis zu 0,45 Prozent des Bürgschaftsbetrages, minimum 2.500,00 Euro, maximum 10.000,00 Euro • Entgelt: mindestens 1,0 Prozent per annum des verbleibenden Bürgschaftsbetrages • Laufzeit: bis zu 15 Jahre • Tilgung: entsprechend Kreditvertrag • Unternehmensgröße: keine Einschränkung - Landesbürgschaftsprogramm (Investitions- und Betriebsmittelfinanzierung mit einem Bürgschaftsobligo von drei Millionen Euro bis zu zehn Millionen Euro) • Bearbeitungskosten: 0,45 Prozent des Bürgschaftsbetrages, • minimum 10.000,00 Euro maximum 40.000,00 Euro • Entgelt: min. 1,0 Prozent per annum des verbleibenden Bürgschaftsbetrages • Laufzeit: bis zu 15 Jahre • Tilgung: entsprechend Kreditvertrag • Unternehmensgröße: keine Einschränkung Zu 9.: 2015 2016 2017 2018 (Stichtag 31.05.) Anzahl 39 36 37 17 Volumen der Bürgschaften beziehungsweise Garantien des Freistaates (Euro) 3.708.000 3.330.000 3.507.000 3.197.000 2015 2016 2017 2018 (Stichtag 31.05.) Anzahl 1 0 1 0 Volumen stille Beteiligungen (Euro) 2.519.000 0 2.152.000 0 Zu 10.: Die Landesregierung besitzt keine näheren Informationen im Sinne der Fragestellung. Es ist allerdings davon auszugehen, dass entsprechende Programme in anderen Ländern in einem vergleichbaren Maß wie in Thüringen aufgelegt werden. Tiefensee Minister 5 Drucksache 6/5931Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Anlage 1 Verteilung der Unternehmensnachfolgen in der Bundesrepublik Deutschland aufgeteilt nach den jeweiligen Bundesländern Land Unternehmensnachfolgen insgesamt prozentuale Verteilung insgesamt Unternehmensnachfolgen pro Jahr prozentuale Verteilung pro Jahr Baden-Württemberg 21.700 4,64 4.340 0,93 Bayern 27.400 4,42 5.480 0,88 Berlin 6.200 3,45 1.240 0,69 Brandenburg 3.700 3,76 740 0,48 Bremen 1.200 4,31 240 0,86 Hamburg 4.800 5,34 960 1,07 Hessen 11.500 4,03 2.300 0,81 Mecklenburg-Vorpommern 2.600 3,96 520 0,79 Niedersachsen 14.000 4,87 2.800 0,97 Nordrhein-Westfalen 32.300 4,67 6.460 0,93 Rheinland-Pfalz 7.000 4,36 1.400 0,87 Saarland 1.700 4,53 340 0,91 Sachsen 6.200 3,73 1.240 0,75 Sachsen-Anhalt 3.000 3,93 600 0,79 Schleswig-Holstein 5.400 4,70 1.080 0,94 Thüringen 3.100 3,75 620 0,75 6 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/5931 Anlage 2 Darstellung von Fördermöglichkeiten für potentielle Nachfolger im Freistaat Thüringen Einrichtung Richtlinie Art der Förderung Mittelherkunft TAB 1 Einzelbetriebliche GRW Zuschuss Landes- und Bundesmittel 2 Thüringen-Invest Zuschuss und Kredit EFRE- und Landesmittel 3 Thüringen Dynamik Kredit EFRE- und Landesmittel 4 Thüringen Kapital Kredit Kapitalmarkt, Garantie des Freistaates 5 Gründungs- und Wachstumsfinanzierung Kredit TAB 6 Konsortialfinanzierung Kredit TAB 7 Bürgschaftsprogramm Bürgschaft Absicherung aus Landesmitteln bm-t 8 MFT offene und stille Beteiligungen Landesmittel und private Investoren 9 TIB offene und stille Beteiligungen Landesmittel GFAW 10 KMU Beratungsförderung Zuschuss ESF und Landesmittel 11 Gründerrichtlinie (Existenzgründerpass u. Intensivberatung ) Zuschuss ESF und Landesmittel BBT 12 Bürgschaftsprogramm Bürgschaft Absicherung aus Bundesund Landesmitteln 13 Garantieprogramm Bürgschaft Absicherung aus Bundesund Landesmitteln MBG 14 MBG classic stille Beteiligung Absicherung aus Bundesund Landesmitteln 15 BBT/MBG kombi stille Beteiligung + Bürgschaft Absicherung aus Bundesund Landesmitteln 16 MBG Mikromezzanin stille Beteiligung Absicherung aus Bundesund Landesmitteln 17 MBG direkt direkte Beteiligung Absicherung aus Bundesund Landesmitteln KfW 18 ERP-Gründerkredit Kredit Absicherung durch EFSI 19 StartGeld Kredit Absicherung durch EFSI Freistaat Thüringen 20 Landesbürgschaftsprogramm Bürgschaft Landesmittel Unternehmensnachfolge in Thüringen - Teil I Ich frage die Landesregierung: Zu 1.: Zu 2.: Zu 3.: Zu 4.: Zu 5.: Zu 6.: Zu 7.: Zu 8.: Zu 9.: Anlage 1 Anlage 2