05.07.2018 Drucksache 6/5935Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 18. Juli 2018 Praxis der Vollzugslockerungen in der Justizvollzugsanstalt Tonna Die Kleine Anfrage 3074 vom 24. Mai 2018 hat folgenden Wortlaut: Der moderne Justizvollzug des Freistaats Thüringen ist geleitet vom Gedanken der Resozialisierung. Zur Reintegration in die Gesellschaft nach verbüßter Haftstrafe sind daher schon während der Dauer der Haft Möglichkeiten zu Vollzugslockerungen vorgesehen. Ich frage die Landesregierung: 1. Wie viele Strafgefangene der Justizvollzugsanstalt Tonna haben Vollzugslockerungen nach § 46 Thüringer Justizvollzugsgesetzbuch im Zeitraum von 2009 bis heute, aufgeschlüsselt nach Art, Jahren und soweit möglich nach Hafthäusern, erhalten? 2. Werden die Vollzugsbeamten, die mit der Entscheidung über Vollzugslockerungen betraut sind, beständig über die neueste Rechtsprechung informiert und geschult? 3. Werden im Vergleich zu anderen Thüringer Justizvollzugsanstalten in der Justizvollzugsanstalt Tonna seltener Vollzugslockerungen gewährt und wenn ja, was sind hierfür die vornehmlichen Gründe? 4. Sind Vergleiche zur Praxis bei Vollzugslockerungen mit anderen Bundesländern möglich und wenn ja, mit welchem Ergebnis, aufgeschlüsselt nach Art der jeweils durchschnittlich gewährten Vollzugslockerungen je Gefangenem? Das Thüringer Ministerium für Migration, Justiz und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage namens der Lan desre gierung mit Schreiben vom 4. Juli 2018 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Eine Übersicht der gewährten Lockerungen in der Justizvollzugsanstalt Tonna für die Jahre 2009 bis 2017 ist der Anlage zu entnehmen. Es wird darauf hingewiesen, dass das Thüringer Justizvollzugsgesetzbuch (ThürJVollzGB) erst im Jahr 2014 in Kraft getreten ist. Somit können die Lockerungen nach § 46 ThürJVollzGB mit den Jahren davor nicht gleichgesetzt werden. Weiterhin ist zu beachten, dass sich die Zählweise der Lockerungen durch die Möglichkeit des Langzeitausgangs erheblich verändert hat und noch verändert. Das bis zu dem Zeitpunkt geltende Strafvollzugsgesetz, bis 2014 Grundlage der Gewährung von Vollzugslockerungen , differenzierte zwischen Lockerung im engeren Sinn (Ausgang) in § 11 Strafvollzugsgesetz K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Pfefferlein (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Migration, Justiz und Verbraucherschutz 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/5935 (StVollzG) und Urlaub (mehrtägige Abwesenheit) in § 13 StVollzG. Das Thüringer Justizvollzugsgesetzbuch kennt diese Unterscheidung nicht mehr. In § 46 ThürJVollzGB sind sowohl die eintägigen (Ausgänge) als auch die mehrtägigen Abwesenheiten (Langzeitausgänge) unter dem Begriff der "Lockerung" erfasst. Weiterhin ist zu beachten, dass die Zahl der Urlaubstage im Strafvollzugsgesetz auf 21 Tage limitiert war, während das Thüringer Justizvollzugsgesetzbuch eine Obergrenze nicht festlegt. Folglich fehlt im Bereich des Urlaubs/Langzeitausgangs ebenfalls eine Vergleichbarkeit. Unabhängig davon ist eine Differenzierung nach Hafthäusern nicht möglich, da Inhaftierte während des Vollzugs entsprechend den Abläufen und Schwerpunkten in der Behandlung (Zugangsabteilung, Sozialtherapeutische Abteilung) zugeordnet werden oder gegebenenfalls in verschiedene Hafthäuser verlegt werden, zum Beispiel aufgrund von Maßnahmen zur Sicherheit und Ordnung (zum Beispiel Trennung von Mitgefangenen). Zu 2.: Entscheidungen über Erstlockerungen werden in den Anstaltskonferenzen immer von der Anstaltsleitung getroffen. Bei diesen Konferenzen werden auch Hinweise zur aktuellen Rechtsprechung gegeben und besprochen . Des Weiteren ist für alle Bediensteten ein Zugang zu Beiträgen in Fachzeitschriften und zu aktuellen gerichtlichen Entscheidungen gewährleistet. Entsprechende Fortbildungsangebote werden über die Justizvollzugsausbildungsstätte vorgehalten. Zudem ist jeder Beamte verpflichtet, sich mit der Rechtsmaterie seines Aufgabengebiets vertraut zu machen und dabei die aktuellen Entwicklungen einzubeziehen. Zu 3.: Die Inhaftierten in der Justizvollzugsanstalt Tonna sind Gefangene, die zu langen Haftstrafen verurteilt worden sind und entsprechend erheblich schwere Straftaten begangen haben. Bei diesen Inhaftierten ist aufgrund der vorherigen Delinquenz von einer erheblicheren Gefährlichkeit auszugehen. Insoweit sind hier die Hürden für eine Lockerung in der Regel höher. Trotz dieser Hürden erfolgt die Prüfung für eine Lockerungseignung regelmäßig und stets individuell. Zu 4.: Das Bundesamt für Justiz veröffentlicht jährlich eine Länderübersicht über Beurlaubungen/Freistellungen sowie Freigang/Ausgang und Nichtrückkehr von Gefangenen. Darin wird nach Gesamtzahl und Geschlecht unterschieden. Ein Vergleich der Praxis von Vollzugslockerungen der Bundesländer untereinander ist jedoch aufgrund der unterschiedlichen Regelungen in den Strafvollzugsgesetzen der Bundesländer kaum möglich. Diese unterscheiden sich nicht nur hinsichtlich des Sprachgebrauchs, sondern auch im Hinblick auf Möglichkeiten und Umfang von Lockerungsmaßnahmen (zum Beispiel maximal mögliche Anzahl von Tagen, für die in einem Jahr Langzeitausgang/Urlaub/Freistellung aus beziehungsweise von der Haft gewährt werden kann). Lauinger Minister 3 Drucksache 6/5935Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Anlage B eu rl au bu ng en , F re ig an g, A us ga ng (2 00 9– 20 14 ) A nl ag e zu K A 3 07 4 S ei te 1 v on 2 Fr ei ga ng A us ga ng ge sc hl os se ne r V ol lz ug 11 1 73 - 1 - 37 - - 41 2 of fe ne r V ol lz ug 10 34 28 4 - 66 6 - 84 - 63 14 6 ge sa m t 11 45 35 7 - 66 7 - 12 1 - 63 55 8 ge sc hl os se ne r V ol lz ug 13 0 77 1 - - 52 - - 40 4 of fe ne r V ol lz ug 15 51 40 6 - 95 4 8 18 3 - 88 31 8 ge sa m t 16 81 48 3 1 95 4 8 23 5 - 88 72 2 ge sc hl os se ne r V ol lz ug 15 7 97 2 6 - 50 - - 44 8 of fe ne r V ol lz ug 13 68 38 3 - 82 3 20 15 0 - 84 30 1 ge sa m t 15 25 48 0 2 82 9 20 20 0 - 84 74 9 ge sc hl os se ne r V ol lz ug 10 7 62 - 3 - 42 - - 29 2 of fe ne r V ol lz ug 10 64 36 5 - 57 8 10 11 1 - 76 35 9 ge sa m t 11 71 42 7 - 58 1 10 15 3 - 76 65 1 ge sc hl os se ne r V ol lz ug 51 35 - 2 1 13 - - 27 5 of fe ne r V ol lz ug 12 96 43 9 - 74 7 16 94 - 90 58 1 ge sa m t 13 47 47 4 - 74 9 17 10 7 - 90 85 6 ge sc hl os se ne r V ol lz ug 88 75 2 - 2 9 - - 17 7 of fe ne r V ol lz ug 14 96 85 0 2 50 9 27 10 8 - 94 10 49 ge sa m t 15 84 92 5 4 50 9 29 11 7 - 94 12 26 § 35 + § 3 6 S tV ol lz G § 16 (2 ) T hü rJ S t V ol lz G § 43 ( 7 ) S tV ol lz G § 58 (1 ) Th ür JS t V ol lz G § 19 (4 ) Th ür JS t V ol lz G G es am t (M än ne r + Fr au en ) 20 12 20 13 20 14 § 13 (1 ) S tV ol lz G § 16 (1 ) Th ür JS t V ol lz G § 15 (3 ) S tV ol lz G § 19 (3 ) S . 1 Th ür JS t V ol lz G Ja hr V ol lz ug sa rt 20 09 20 10 20 11 B eu rl au bu ng en G es am t (M än ne r + Fr au en ) da ru nt er U rl au b na ch G es am t (M än ne r + Fr au en ) § 15 (4 ) S tV ol lz G § 19 (3 ) S . 2 Th ür JS t V ol lz G 4 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/5935 B eu rl au bu ng en , F re ig an g, A us ga ng (2 00 9– 20 14 ) A nl ag e zu K A 3 07 4 S ei te 2 v on 2 Fr ei ga ng A us ga ng ge sc hl os se ne r V ol lz ug 12 5 82 3 7 33 - 89 2 of fe ne r V ol lz ug 16 49 15 12 16 26 95 10 1 34 8 ge sa m t 17 74 15 94 19 33 12 8 10 1 12 40 ge sc hl os se ne r V ol lz ug 10 4 71 2 5 26 - 66 2 of fe ne r V ol lz ug 12 10 10 64 20 33 93 77 36 0 ge sa m t 13 14 11 35 22 38 11 9 77 10 22 ge sc hl os se ne r V ol lz ug 42 41 - 1 - - 79 9 of fe ne r V ol lz ug 11 77 10 25 16 31 10 5 85 53 7 ge sa m t 12 19 10 66 16 32 10 5 85 13 36 Lo ck er un ge n Th ür JV ol lz G B G es am t (M än ne r + Fr au en ) da ru nt er U rl au b na ch G es am t (M än ne r + Fr au en ) G es am t (M än ne r + Fr au en ) § 46 A bs .1 N r.3 Th ür JV ol lz G B § 50 A bs .3 Th ür JV ol lz G B § 47 Th ür JV ol lz G B § 32 A bs .3 Th ür JV ol lz G B Ja hr V ol lz ug sa rt 20 15 20 16 20 17 Praxis der Vollzugslockerungen in der Justizvollzugsanstalt Tonna Ich frage die Landesregierung: Zu 1.: Zu 2.: Zu 3.: Zu 4.: