08.05.2015 Drucksache 6/594Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 27. Mai 2015 Evaluation der Orte, an denen polizeiliche Identitätsfeststellungen nach § 14 Abs. 1 Nr. 2 Polizeiaufgabengesetz und Folgemaßnahmen durchgeführt werden Die Kleine Anfrage 115 vom 22. Januar 2015 hat folgenden Wortlaut: In Beantwortung einer Kleinen Anfrage der Abgeordneten Katharina König im Juli 2014 (vgl. Drucksache 5/8087) hatte die Landesregierung fünf Orte nach § 14 Abs. 1 Nr. 2 Polizeiaufgabengesetz (PAG) für das Jahr 2013 in Thüringen bestätigt. Bei drei dieser Orte, in denen nicht jährlich wiederkehrende Konzertveranstal tungen stattfinden, wurde eine jährliche Evaluierung bzw. eine Evaluierung im Oktober 2014 angekündigt. In der Thüringischen Landeszeitung erschien am 13. Januar 2015 ein Artikel, in dem vorgenannte Orte vor gestellt werden und zum Teil scharfe Kritik an der polizeilichen Praxis geübt wird. So wird unter anderem angeführt, die höhere Zahl an Delikten erkläre die Polizei teilweise selbst mit den verstärkten Kontrollen. Ich frage die Landesregierung: 1. Welche Voraussetzungen müssen für die Ausweisung eines Ortes als Ort im Sinne des § 14 Abs. 1 Nr. 2 PAG in Bezug auf Art der Straftaten und deren Häufigkeit erfüllt sein? 2. Welche Delikte und Deliktgruppen in welcher Häufigkeit sind Anlass für die Einstufung als Ort im Sinne des § 14 Abs. 1 Nr. 2 PAG gewesen (bitte aufschlüsseln nach Orten)? 3. Welche Kriterien sind der Evaluation der Orte im Sinne des § 14 Abs. 1 Nr. 2 PAG zugrunde gelegt worden (bitte gegebenenfalls nach Orten aufschlüsseln)? 4. Sind nach Auffassung der Landesregierung nach der Evaluation die in der Antwort zu Frage 1 zu nen nenden Voraussetzungen für die fünf in Thüringen ausgewiesenen Orte weiterhin erfüllt (bitte anhand der Beurteilungskriterien begründen)? 5. Wurden im Rahmen der Evaluation polizeiliche Kontrollen nach ihrer Zahl erfasst und ist in diesem Zu sammenhang eine Zunahme der Kontrolltätigkeit im Verhältnis zum Zeitraum vor der Ausweisung als Ort im Sinne des § 14 Abs. 1 Nr. 2 PAG zu konstatieren (bitte aufschlüsseln nach Orten)? 6. Wie korreliert die Anzahl polizeilicher Kontrollen mit der Anzahl an festgestellten Delikten a) im unmittelbaren Zusammenhang mit den polizeilichen Kontrollen, b) im ausgewiesen Gebiet insgesamt (bitte aufschlüsseln nach Orten und Deliktgruppen)? K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Dittes (DIE LINKE) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Inneres und Kommunales 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/594 7. Hat sich in Bezug auf die durch die Einordnung als Ort im Sinne des § 14 Abs. 1 Nr. 2 PAG für die vorgenommene Einordnung, soweit zutreffend, maßgeblicher Straftaten im Evaluationszeitraum eine signifikante Veränderung der Häufigkeit feststellen lassen (bitte aufschlüsseln nach Orten)? Das Thüringer Ministerium für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage namens der Lan desre gierung mit Schreiben vom 7. Mai 2015 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Als "Gefährliche Orte" im Sinne des § 14 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a Doppelbuchst. aa PAG werden solche Orte verstanden, an denen aufgrund tatsächlicher Anhaltspunkte vermehrt Straftaten begangen wurden und de ren Kriminalitätsbelastung sich deutlich von anderen Örtlichkeiten abhebt. Der Begriff "Ort" im Sinne des § 14 Abs. 1 Nr. 2 PAG ist gesetzlich nicht näher bestimmt. Nach gängiger Rechtsprechung können als "Orte" auch Straßenzüge, Bahnhöfe, Parkanlagen, Gebäudepassagen, be stimmte Straßen und Plätze und dergleichen in Betracht kommen. Die Annahme, dass an einem bestimmten Ort Straftaten begangen werden, setzt objektive, der Nachprüfung zugängliche Tatsachen darüber voraus, dass an diesem Ort bereits in der Vergangenheit Straftaten began gen wurden. Die Erkenntnisse der Polizei können auf Mitteilungen anderer Behörden, Strafanzeigen Drit ter, Hinweisen von polizeilichen Informanten oder eigenen, in Lageberichten und Einsatzkonzeptionen nie dergelegten Beobachtungen der Polizei beruhen. Die polizeilichen Erkenntnisse müssen dabei nicht über einen längeren Zeitraum gesammelt worden sein. Es genügt, dass sie überraschend, zum Beispiel auch durch ein einzelnes Vorkommnis, vorliegen. Zu 2.: Mit der Stellungnahme des Thüringer Innenministeriums zur Kleinen Anfrage 3963 der Abgeordneten Kö nig (DIE LINKE) vom 30. Juli 2014 wurde eine Übersicht von fünf Orten im Sinne des § 14 Abs. 1 Nr. 2 PAG veröffentlicht. Bei diesen benannten Örtlichkeiten konnte ein überproportionales Straftatenaufkommen bestimmter De liktsgruppen festgestellt werden (siehe Anlage 2). Ergänzend hierzu ist die Deliktgruppenhäufigkeit im Ver hältnis zu den örtlich erfassten Straftaten dargestellt. Zu 3.: Als grundlegendes Kriterium wurde das Verhältnis der festgestellten Straftaten einer Deliktgruppe zum Ge samtaufkommen an Straftaten zur Örtlichkeit festgelegt (siehe Anlage 1). Zu 4.: Aufgrund der Evaluierungsergebnisse zu den benannten Orten sieht die Landesregierung, mit Ausnahme des Musikfestivals "Waldschall", die Voraussetzungen für eine Einstufung als Orte gemäß § 14 Abs. 1 Nr. 2 PAG weiterhin als gegeben an. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 3 verwiesen. Zu 5.: Der Landesregierung liegen hierzu keine statistischen Angaben vor. Zu 6.: Auf die Antwort zu den Fragen 5 und 7 wird verwiesen. Zu 7.: Zur Kriminalitätsentwicklung an den in Rede stehenden Orten gemäß § 14 Abs. 1 Nr. 2 PAG ist festzustel len, dass sich im Bereich des Festivals "SonneMondSterne" eine abnehmende Tendenz auf erhöhtem Ni veau, im Bereich des Festivals "Waldschall" eine abnehmende Tendenz auf niedrigem Niveau sowie an den übrigen Orten eine zunehmende Tendenz ergibt. 3 Drucksache 6/594Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Der überwiegende Anteil der Straftaten ist dem Phänomenbereich der Betäubungsmittelkriminalität zuzu rechnen. Hierbei handelt es sich um Kontrollkriminalität. Die Aufhellung der tatsächlich vorhandenen Krimi nalität hängt damit im Wesentlichen von der Intensität der Kontrollen der Polizei ab. Die aufgezeigten Wer te bei der registrierten Rauschgiftkriminalität sind damit ein Beleg für erfolgreiche Polizeiarbeit. Hierzu wird auf die Übersicht in Anlage 2 verwiesen. Dr. Poppenhäger Minister Anlagen*) *) Hinweis: Auf den Abdruck der Anlagen wurde verzichtet. Ein Exemplar mit Anlagen erhielten jeweils die Fraktionen und die Landtagsbibliothek. Des Weiteren können sie im Abgeordneteninformationssystem unter der oben genannten Druck sachennummer sowie im Internet unter der Adresse: www.parldok.thueringen.de eingesehen werden. Kleine Anfrage 115 des Abgeordneten Dittes (DIE LINKE) Anlage 1 lfd. Nr. Räumliche Lage des „gefährlichen Ortes“ Dauer der Einstufung Grund/Lageerkenntnisse 1 Musikfestival „SonneMondSterne“ an der Talsperre Bleiloch und dazu gehörende Zuund Abgangswege seit 2000, zum Veranstaltungszeitraum einschließlich der An- und Abreisezeiten der Veranstaltungsteilnehmer temporärer, lokaler Kriminalitätsschwerpunkt mit deliktischer Häufung von Straftaten gegen das Betäubungsmittelgesetz/Fahren unter Alkohol- oder Drogeneinfluss (besonderer Gefahrenaspekt) 2 Musikfestival „Waldschall“ in Breitungen/Seeblick dazu gehörende Zu- und Abgangswege seit 2011, zum Veranstaltungszeitraum einschließlich der An- und Abreisezeiten der Veranstaltungsteilnehmer temporärer, lokaler Kriminalitätsschwerpunkt mit deliktischer Häufung von Straftaten gegen das Betäubungsmittelgesetz 3 Allendestraße, Schmalkalden seit 2011, jährliche Evaluierung lokaler Kriminalitätsschwerpunkt mit deliktischer Häufung von Straftaten u. a. gegen das Betäubungsmittelgesetz 4 Magdeburger Allee, Erfurt und definierte Teilbereiche angrenzender Straßen seit November 2013, Evaluierung Oktober 2014 überproportionales Aufkommen von Straftaten gegen das Betäubungsmittelgesetz sowie von Körperverletzungsdelikten 5 Willy-Brandt-Platz, Erfurt und definierte Teilbereiche angrenzender Straßen (gleichzeitig auch „gefährdeter Ort“ gem. § 14 Abs. 1 Nr. 3 PAG) seit November 2013, Evaluierung Oktober 2014 überproportionales Aufkommen von Straftaten gegen das Betäubungsmittelgesetz sowie von Körperverletzungsdelikten Kleine Anfrage 115 des Abgeordneten Dittes (DIE LINKE) Anlage 2 lfd. Nr. Räumliche Lage des „gefährlichen Ortes“ Gesamtstraftaten im Jahr: 2011 Gesamtstraftaten im Jahr: 2012 Gesamtstraftaten im Jahr: 2013 Gesamtstraftaten im Jahr: 2014 1 Musikfestival „SonneMondSterne“ an der Talsperre Bleiloch und dazu gehörende Zu- und Abgangswege 603 546 432 283 2 Musikfestival „Waldschall“ in Breitungen/Seeblick dazu gehörende Zu- und Abgangswege Veranstaltung fand im Jahr 2011 nicht statt. Einstufung erfolgte aufgrund Feststellungen aus dem Jahr 2010 18 29 11 3 Allendestraße, Schmalkalden 199 185 215 345 4 Magdeburger Allee, Erfurt und definierte Teilbereiche angrenzender Straßen 258 305 5 Willy-Brandt-Platz, Erfurt und definierte Teilbereiche angrenzender Straßen 203 290 115 Anlage2.pdf Kleine Anfrage 115 des Abgeordneten Dittes (DIE LINKE)