12.05.2015 Drucksache 6/598Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 28. Mai 2015 Einhaltung der Thüringer Kommunalordnung/Vertragskündigung durch Stadtmarketingverein Greiz e.V. Die Kleine Anfrage 206 vom 6. März 2015 hat folgenden Wortlaut: Laut verschiedenen Presseveröffentlichungen hat der Vorstand des Stadtmarketingvereins (SMV) Greiz e.V. in der Vorstandssitzung vom 4. Februar 2015 beschlossen, den am 10. November 1998 zwischen der Stadt Greiz und dem SMV geschlossenen Vertrag gemäß § 4 unzeitig zu kündigen (vgl. Ostthüringer Zeitung und Vogtlandspiegel). Der nun gegenüber dem amtierenden hauptamtlichen Bürgermeister von Greiz gekündigte Vertrag wurde am 10. November 1998 zwischen dem SMV Greiz e.V. und der Stadt Greiz geschlossen. Zum damaligen Zeitpunkt war sein Amtsvorgänger als Bürgermeister gemäß § 31 Thüringer Kommunalordnung (ThürKO) der gesetzliche Vertreter der Stadt Greiz. Dieser ist Vereinsvorsitzender des SMV Greiz e.V. und inzwischen Stadtratsvorsitzender. Als hauptamtliche Geschäftsführerin des SMV wurde die Beigeordnete des Landkreises bestellt, die zugleich Mitglied des Greizer Stadtrats sowie des Kreistags Greiz ist. Ich frage die Landesregierung: 1. Wer war 1998 jeweils gesetzlich Vertretungsberechtigter bzw. wer hat den o.g. Vertrag jeweils für die Vertragsparteien rechtswirksam unterzeichnet? 2. Wer war bzw. ist konkret seit Vereinsgründung (bitte Einzelaufstellung nach Wahlperioden) berechtigt, den SMV Greiz e.V. nach außen rechtlich wirksam zu vertreten und enthält die Vereinsverfassung des SMV eine Aufhebung des Selbstkontrahierungsverbots nach § 181 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)? 3. Welchen Leistungsinhalt sowie welche pauschalen oder individuellen Vergütungsansprüche (von wem) enthielt der o.g. Vertrag? 4. War oder ist die Stadt Greiz als Körperschaft des öffentlichen Rechts selbst Mitglied im SMV Greiz e.V.? Wenn ja, von wem wurde dies veranlasst (gab es dazu einen Beschluss des Stadtrats), welche Kosten ergaben/ergeben sich daraus (bitte Einzelaufstellung nach Jahren) und wer vertritt die Stadt Greiz gesetzlich in der Mitgliederversammlung des SMV? Aufgrund welcher Rechtsvorschriften ist dieses Vertretungsrecht gegebenenfalls delegierbar? K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Rudy (AfD) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Inneres und Kommunales 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/598 5. Welche Haushalts- und sonstigen Beschlüsse fasste der Stadtrat der Stadt Greiz seit Gründung des SMV Greiz e.V., die direkte und/oder indirekte fiskalische Auswirkungen auf den SMV hatten (bitte Einzelaufstellung nach Jahren und Positionen)? 6. Haben zu den einzelnen Beschlüssen im Stadtrat (vgl. Frage 5) der o.g. ehemalige Bürgermeister bzw. die o.g. Beigeordnete oder andere Vertreter des SMV mit Vertretungsmacht an der Beratung bzw. Abstimmung mitgewirkt? Wenn ja: Haben die Stadträte mit Hinblick auf die Bestimmungen des § 38 ThürKO (Persönliche Beteiligung) entsprechende Tatsachen dem Stadtrat unaufgefordert offenbart und an der Abstimmung nicht teilgenommen (vgl. § 31 Abs. 1, § 38 Abs. 3 ThürKO)? 7. Sofern Frage 6 bejaht bzw. die Offenbarung verneint wurde: Welche rechtliche Position vertritt die Landesregierung zu diesem Vorgehen (inklusive Unterlassung jedweder Aktivitäten seitens der Kommunalaufsicht ) sowie zu der Wirksamkeit gefasster Beschlüsse unter Berücksichtigung der Tatsache, dass auch kraft Gesetzes oder Vollmacht bestellte Vertreter von juristischen Personen nicht an Beratungen und Abstimmungen teilnehmen dürfen (vgl. § 31 Abs. 1 Satz 1 ThürKO)? Das Thüringer Ministerium für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage namens der Lan desregierung mit Schreiben vom 11. Mai 2015 wie folgt beantwortet: Zu 1. bis 3.: Der Stadtmarketingverein Greiz e.V. ist eine juristische Person des privaten Rechts (§§ 21 ff. Bürgerliches Gesetzbuch - BGB -) und unterliegt nicht dem Verantwortungsbereich der Thüringer Landesregierung. Gesetzlicher Vertreter des Vereins ist der Vorstand, der Umfang der Vertretungsmacht kann durch die Satzung mit Wirkung gegen Dritte beschränkt werden (§ 26 BGB). Der Anmeldung des Vereins sind Abschriften der Satzung und der Urkunden über die Bestellung des Vorstands beizufügen, die Satzung soll von mindestens sieben Mitgliedern unterzeichnet sein (§ 59 BGB). Bei der Eintragung sind die Mitglieder des Vorstands und ihre Vertretungsmacht anzugeben (§ 64 BGB). Jede Änderung des Vorstands ist von dem Vorstand zur Eintragung anzumelden; eine Abschrift der Urkunde über die Änderung ist beizufügen (§ 67 BGB). Zu den nachgefragten Informationen können das Vereinsregister und die von dem Verein bei dem Amtsgericht eingereichten Dokumente, wie die Abschriften der Vereinssatzung und der Urkunden über die Bestellung bzw. Änderung des Vorstands, herangezogen werden. Die Einsicht des Vereinsregisters sowie der von dem Verein bei dem Amtsgericht eingereichten Dokumente ist jedem gestattet (§ 79 BGB) und kann bei dem zuständigen Amtsgericht Greiz erfolgen. Der in Bezug genommene Vertrag ist nicht bekannt. Zu 4. bis 7.: Nach Mitteilung der für die Stadt Greiz zuständigen Rechtsaufsichtsbehörde liegen ihr die nachgefragten Informationen nicht vor. Die Rechtsaufsichtsbehörde ist zur Informationsbeschaffung auch nicht berechtigt, da anderenfalls in das Selbstverwaltungsrecht der Gemeinde eingegriffen würde. Dr. Poppenhäger Minister