24.07.2018 Drucksache 6/5995Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 8. August 2018 Angriffe auf Journalistinnen und Journalisten in Thüringen Die Kleine Anfrage 3058 vom 22. Mai 2018 hat folgenden Wortlaut: Am Sonntag, dem 29. April 2018 kam es nach Polizei- und Presseberichten im Eichsfeld zu einem brutalen Übergriff auf zwei Journalisten durch mehrere Neonazis. Zwei Journalisten fertigten erst Aufnahmen zu Recherchezwecken vom Grundstück des NPD-Landesvorsitzenden Thorsten Heise, woraufhin sie durch mindestens zwei Neonazis vertrieben worden seien. Als sie mit dem Auto wegfuhren, wurden sie von zwei maskierten Männern verfolgt und angegriffen. Dabei wurden durch die mutmaßlichen Neonazis unter anderem ein Baseballschläger, ein Messer, ein circa 40 Zentimeter großer Schraubenschlüssel und Pfefferspray eingesetzt. Beide Journalisten wurden verletzt, einer erlitt eine Stichwunde im Oberschenkel, der andere eine Kopfplatzwunde. Das Auto wurde zerstört, die Kameraausrüstung geraubt. Zwischenzeitlich erstatteten die beiden Fotografen Strafanzeige wegen Verdachts des schweren Raubs und eines Tötungsdelikts. Auch in der Vergangenheit gab es bereits Berichte von Angriffen auf Journalistinnen und Journalisten insbesondere im Umfeld von Demonstrationen rechter Gruppierungen. Ich frage die Landesregierung: 1. Wie stellt sich nach Kenntnis der Landesregierung der Stand der Ermittlungen im oben beschriebenen Fall dar? 2. Gegen wie viele Personen wird im oben beschriebenen Fall wegen welcher Vorwürfe ermittelt (bitte einzeln auflisten)? 3. Sind die mutmaßlichen Täter bisher polizeilich in Erscheinung getreten und wenn ja, handelt es sich dabei um Delikte der Politisch motivierten Kriminalität - Rechts? 4. Kann die Landesregierung bestätigen, dass mindestens einer der Tatverdächtigen Mitglied des NPD- Landesvorstands Niedersachsen ist, wie die Zeitung "Göttinger Tageblatt" am 4. Mai 2018 berichtete? 5. Kann die Landesregierung bestätigen, dass es sich bei einem weiteren Tatverdächtigen um einen engen Angehörigen des NPD-Landesvorsitzenden handelt, wie die Thüringer Allgemeine am 4. Mai 2018 berichtete? 6. Welche Ermittlungs- und gegebenenfalls Durchsuchungsmaßnahmen wurden seitens der Polizei seit der Alarmierung mittels Notruf am 29. April 2018 in welchem zeitlichen Ablauf ergriffen und welche Beweismittel wurden gegebenenfalls dabei sichergestellt (bitte einzeln auflisten)? K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten König-Preuss (DIE LINKE) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Inneres und Kommunales 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/5995 7. Wie viele Journalistinnen und Journalisten wurden seit dem 1. Januar 2015 in Thüringen nach Kenntnis der Landesregierung im Umfeld von Versammlungen Opfer einer Straftat und um welche Situation handelte es sich jeweils (bitte einzeln auflisten nach Tag, Ort, Anzahl der Täter, Verletzungen, gegebenenfalls Sachschaden, eingeleiteten Ermittlungsverfahren/Delikt, ob es eine Einordnung als Politisch motivierte Kriminalität gab und wenn ja, welche sowie gegebenenfalls Ergebnis des Strafverfahrens)? 8. Wurden der Landesregierung über die in Frage 7 genannten Fälle hinaus seit dem 1. Januar 2015 in Thüringen Straftaten in Thüringen bekannt, die als Politisch motivierte Kriminalität eingeordnet wurden und bei denen die Opfer Journalisten waren (bitte einzeln auflisten nach Tag, Ort, Anzahl der Täter, Verletzungen , gegebenenfalls Sachschaden, eingeleiteten Ermittlungsverfahren/Delikt, ob es eine Einordnung als Politisch motivierte Kriminalität gab und wenn ja, welche sowie gegebenenfalls Ergebnis des Strafverfahrens)? 9. Mit welchen Maßnahmen wird die Arbeit von Journalistinnen und Journalisten insbesondere im Umfeld von Demonstrationen rechter Gruppierungen in Thüringen abgesichert? Das Thüringer Ministerium für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage namens der Lan desregierung mit Schreiben vom 20. Juli 2018 wie folgt beantwortet: Die Vorfälle sind Gegenstand strafrechtlicher Ermittlungen. Unter Hinweis auf Artikel 67 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Verfassung des Freistaats Thüringen und § 477 Abs. 2 Satz 1 der Strafprozessordnung wird insbesondere aus Datenschutzgründen (Grundrecht der informationellen Selbstbestimmung nach Artikel 2 Abs. 1 in Verbindung mit Artikel 1 Abs. 1 Grundgesetz, Artikel 6 Abs. 2 der Verfassung des Freistaats Thüringen, § 2 Abs. 8 Thüringer Datenschutzgesetz) und vor dem Hintergrund der im Strafverfahren zu beachtenden Unschuldsvermutung (Artikel 6 Abs. 2 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten) von weiteren als nachstehenden Angaben abgesehen (vergleiche auch Beschluss des Thüringer Oberverwaltungsgerichts vom 5. März 2014, Az.: 2 EO 386/13). Zu 1.: Nach Kenntnis der Landesregierung haben die Ermittlungen bislang Folgendes ergeben: Am 29. April 2018 fertigten zwei Personen, bei denen es sich nach eigenen Angaben um Mitarbeiter der "Freien Presse" handeln soll, in Thüringen Fotos vom Grundstück eines Funktionärs der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD). Das Fertigen dieser Aufnahmen wurde von zwei Personen bemerkt, die in der Folge die beiden Mitarbeiter der Presse verfolgten, welche mit ihrem Fahrzeug die Flucht ergriffen. Die Tatverdächtigen verfolgten die Opfer und versperrten in der Folge deren Fluchtweg. Hier sollen sich die Tatverdächtigen zum Fahrzeug der Geschädigten begeben und das Fahrzeug erheblich beschädigt haben. Die beiden Insassen wurden bedroht und verletzt. Dabei wurden dem Beifahrer eine Umhängetasche und eine Kameraausrüstung entrissen. Als Tatmittel sollen ein Messer, Reizgas, ein sehr großer Schraubenschlüssel und ein Baseballschläger zur Anwendung gekommen sein. Danach beendeten die Tatverdächtigen ihr Handeln und entfernten sich vom Tatort. Während ihres Tathandelns trugen sie Tücher vor ihrem Gesicht. Die beiden Opfer erlitten Verletzungen, die in einem Krankenhaus ambulant versorgt wurden. Im Zuge der sofort aufgenommenen Ermittlungen wurde das von den Tatverdächtigen benutzte Fahrzeug vor einem Wohnobjekt festgestellt und beides in der Folge durchsucht. Die Tatverdächtigen, die Tatmittel und die Kameraausrüstung wurden nicht aufgefunden. Das von den Tatverdächtigen benutzte Fahrzeug wurde sichergestellt. Die Ermittlungen wegen des Verdachts des schweren Raubes und weiterer Delikte dauern an. Zu 2.: Es wird auf die Vorbemerkung und die Antwort zu Frage 1 verwiesen. Zu 3.: Zu einem Tatverdächtigen liegen Erkenntnisse vor, dass er wegen des Verdachts der Begehung von Delikten der Politisch motivierten Kriminalität - rechts - polizeilich in Erscheinung getreten ist. Zu 4. und 5.: Es wird auf die Vorbemerkung verwiesen. 3 Drucksache 6/5995Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Zu 6.: Es wird auf die Vorbemerkung und die Antwort zu Frage 1 verwiesen. Zu 7.: Vom 1. Januar 2015 bis zum 8. Juni 2018 wurden in Thüringen sechs Straftaten der Politisch motivierten Kriminalität (PMK) registriert, die sich bei Versammlungen gegen Vertreter der Medien richteten. Tatzeit Tatort Delikt Anzahl Tatverdächtige Anzahl Geschädigte Zuordnung Ausgang des Verfahrens 01.05.2015 Saalfeld Gefährliche Körperverletzung (§ 224 Strafgesetzbuch - StGB -) 1 1 PMK -rechts- Einstellung § 154 Abs. 2 Strafprozessordnung (StPO) 15.07.2017 Themar Beleidigung (§ 185 StGB) 1 1 PMK -rechts- Strafbefehlsantrag 15.07.2017 Themar Beleidigung (§ 185 StGB 1 1 PMK -rechts- Einstellung § 153a StPO 12.09.2017 Jena Körperverletzung (§ 223 StGB) 1 1 PMK -nicht zuzuordnen- Einstellung § 170 Abs. 2 StPO 14.04.2018 Erfurt Körperverletzung (§ 223 StGB) 1 1 PMK -nicht zuzuordnen- Ermittlungen dauern an 08.06.2018 Themar Körperverletzung (§ 223 StGB) 1 1 PMK -rechts- Ermittlungen dauern an Zu 8.: Neben dem Inhalt der Antwort zur Frage 1 und den in der Antwort zu Frage 7 genannten Fällen wurden vom 1. Januar 2015 bis zum 8. Juni 2018 in Thüringen acht Straftaten der PMK registriert, die sich gegen Medien beziehungsweise gegen Vertreter der Medien richteten. Tatzeit Tatort Delikt Anzahl Tatverdächtige Anzahl Geschädigte Zuordnung Ausgang des Verfahrens 04.03.2015 Gera Hausfriedensbruch (§ 123 StGB) 1 1 PMK -nicht zuzuordnen - Strafbefehl: Geldstrafe 03.01.2016 Arnstadt Sachbeschädigung (§ 303 StGB) 1 PMK -nicht zuzuordnen - Einstellung § 170 Abs. 2 StPO 28.02.2016 Arnstadt Sachbeschädigung (§ 303 StGB) 1 PMK -nicht zuzuordnen - Einstellung § 170 Abs. 2 StPO 16.01.2017 Erfurt Gefährliche Körperverletzung (§ 224 StGB) 3 1 PMK -rechtszwei Gesamtfreiheitsstra - fen von mehr als einem Jahr bis einschließlich zwei Jahre mit Bewährung, nicht rechtskräftig ; eine Einstellung § 154 Abs. 1 StPO 4 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/5995 Tatzeit Tatort Delikt Anzahl Tatverdächtige Anzahl Geschädigte Zuordnung Ausgang des Verfahrens 10.01.2018 Erfurt Bedrohung (§ 241 StGB) 1 PMK -rechts- Einstellung § 170 Abs. 2 StPO 11.01.2018 Erfurt Bedrohung (§ 241 StGB) 1 PMK -rechts- Einstellung § 170 Abs. 2 StPO 11.01.2018 Erfurt Bedrohung (§ 241 StGB) 1 PMK -rechts- Einstellung § 170 Abs. 2 StPO 07.02.2018 Erfurt Volksverhetzung (§ 130 StGB) 1 1 PMK -rechts- Einstellung § 170 Abs. 2 StPO Zu 9.: Die Pressestellen der Thüringer Polizei stehen als Ansprechpartner für Journalistinnen und Journalisten zur Verfügung. Die Zusammenarbeit mit ihnen kann Missverständnissen sowie Konfliktsituationen vorbeugen und dient der Vermeidung von Behinderungen bei der Durchführung polizeilicher Maßnahmen unter Sicherstellung der freien Ausübung der Berichterstattung. Bei besonderen Gefährdungslagen können durch die Polizeiführer Maßnahmen zur Absicherung journalistischer Tätigkeit getroffen werden. In Vertretung Höhn Staatssekretär Angriffe auf Journalistinnen und Journalisten in Thüringen Ich frage die Landesregierung: Zu 1.: Zu 2.: Zu 3.: Zu 4. und 5.: Zu 6.: Zu 7.: Zu 8.: Zu 9.: