27.07.2018 Drucksache 6/5999Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 9. August 2018 Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Lebenszeitverbeamtung von Kanzlerinnen und Kanzlern an den Hochschulen - Auswirkungen auf Thüringen Die Kleine Anfrage 3152 vom 26. Juni 2018 hat folgenden Wortlaut: Am 24. April 2018 hat das Bundesverfassungsgericht auf Vorlage des Bundesverwaltungsgerichts die Regelung des Brandenburgischen Hochschulgesetzes zur Verbeamtung auf Zeit von Kanzlerinnen und Kanzlern mit Berufung auf Artikel 33 Abs. 5 des Grundgesetzes für nichtig erklärt. Auch das Thüringer Hochschulgesetz sieht in § 32 Abs. 6 eine Ernennung der Kanzlerinnen und Kanzler der Thüringer Hochschulen auf Zeit vor. Vor dem Hintergrund des Bundesverfassungsgerichtsurteils stellt sich die Frage, inwieweit Auswirkungen auch auf das Thüringer Hochschulgesetz existieren. Ich frage die Landesregierung: 1. Welche Kernaussagen stehen im Mittelpunkt des oben genannten Urteils? 2. Inwieweit besteht eine über das Land Brandenburg hinausgehende Rechtsfolge aus dem Urteil? 3. Sieht die Landesregierung unmittelbare oder mittelbare Auswirkungen des Urteils für die Gültigkeit der Regelung im Thüringer Hochschulgesetz und wenn ja, welche und wenn nein, warum nicht? 4. Ergibt sich aus Sicht der Landesregierung eine rechtliche Notwendigkeit zu Anpassungen des Thüringer Hochschulgesetzes im Nachgang des oben genannten Urteils? Das Thüringer Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft hat die Kleine Anfrage namens der Lan desre gierung mit Schreiben vom 26. Juli 2018 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat aufgrund einer Vorlage des Bundesverwaltungsgerichts am 24. April 2018 entschieden, dass die Regelung des Beamtenverhältnisses auf Zeit für Hochschulkanzler im Hochschulgesetz Brandenburgs nicht mit dem durch Artikel 33 Abs. 5 Grundgesetz (GG) geschützten Lebenszeitprinzip vereinbar und demzufolge nichtig ist. Die maßgeblichen Entscheidungsgründe des Bundesverfassungsgerichts sind: Ein hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums, der durch Artikel 33 Abs. 5 GG geschützt ist, ist das Lebenszeitprinzip. Eine Ausnahme von der Geltung des Lebenszeitprinzips sei für bestimmte Beamtenver- K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Schaft (DIE LINKE) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/5999 hältnisse traditionell anerkannt, insbesondere für kommunale Wahlbeamte und für sogenannte politische Beamte wie Staatssekretäre. Ein Eingriff in das Lebenszeitprinzip könne jedoch nur mit Blick auf die Besonderheiten des betroffenen Sachbereichs und der damit verbundenen Aufgabenwahrnehmung gerechtfertigt werden. Das Bundesverfassungsgericht betont ausdrücklich, dass die Frage, ob eine solche Sachgesetzlichkeit eine Ausnahme vom Lebenszeitprinzip rechtfertigt, nicht generalisierend für die Position des Hochschulkanzlers im Allgemeinen beantwortet werden kann; vielmehr sei eine konkrete alle erheblichen Gesichtspunkte berücksichtigende Bewertung der jeweiligen Regelungsstruktur im Einzelfall erforderlich. Die konkrete Regelung im brandenburgischen Hochschulgesetz begründet keine derartige Sachgesetzlichkeit , die eine Ausnahme vom Lebenszeitprinzip rechtfertige, und sei daher nichtig. Zu 2.: Der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts entfaltet unmittelbare Rechtswirkung nur für das brandenburgische Hochschulgesetz. Die Regelungen des Thüringer Hochschulgesetzes (ThürHG) sind zudem nicht mit den Regelungen im brandenburgischen Hochschulgesetz identisch. Zu 3.: Der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts entfaltet weder unmittelbare noch mittelbare Auswirkungen auf die Gültigkeit der Regelung des Thüringer Hochschulgesetzes, da der vom Bundesverfassungsgericht angewandte Prüfungsmaßstab nicht dazu führt, dass die Regelungen des Thüringer Hochschulgesetzes als verfassungswidrig anzusehen sind. Das Bundesverfassungsgericht hat Gründe für die Herausnahme des Kanzlers aus dem Schutzbereichs des Artikels 33 Abs. 5 GG geprüft und diese Gründe mit denen für kommunale Wahlbeamte als akzeptierte Fälle für die Durchbrechung des Lebenszeitprinzips verglichen. Im Ergebnis verneint das Bundesverfassungsgericht eine Vergleichbarkeit des Kanzlers nach dem brandenburgischen Hochschulgesetz mit einem kommunalen Wahlbeamten, da es an einer Rückkopplung des Kanzlers an den Willen eines Wahlorgans der Hochschule und an einem hinreichend gewichtigen eigenständigen Entscheidungs- und Gestaltungsspielraum des Kanzlers fehle. Nach dem brandenburgischen Hochschulgesetz wird der Kanzler nicht von einem Hochschulgremium gewählt, sondern vom Präsidenten bestellt. Ein Kanzler einer Hochschule in Brandenburg ist ferner kein gleichberechtigtes Präsidiumsmitglied, da er die Verwaltung lediglich unter der Verantwortung des Präsidenten leitet. Zu 4.: Aus Sicht der Landesregierung ergibt sich keine rechtliche Notwendigkeit zur Anpassung des Thüringer Hochschulgesetzes, da die vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Gründe zur Durchbrechung des Lebenszeitprinzips bei Kanzler im Thüringer Hochschulgesetz vorliegen. Der Kanzler wird in Thüringen wegen seiner wissenschaftsrelevanten Entscheidungsbefugnisse ebenso wie der Präsident von der Hochschulversammlung mit deren Mehrheit sowie der Mehrheit der Stimmen der Hochschullehrer nach § 32 Abs. 2 ThürHG gewählt. Außerdem ist er nach § 29 Abs. 2 ThürHG gleichberechtigtes Mitglied des Präsidiums mit gesetzlich definierten gewichtigen Geschäftsbereichen nach § 32 Abs. 1 ThürHG; diese Aufgaben nimmt er eigenverantwortlich und selbständig wahr (§ 32 Abs. 2 Satz 2 ThürHG). In Vertretung Kerst Staatssekretärin Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Lebenszeitverbeamtung von Kanzlerinnen und Kanzlern an den Hochschulen - Auswirkungen auf Thüringen Ich frage die Landesregierung: Zu 1.: Zu 2.: Zu 3.: Zu 4.: