31.07.2018 Drucksache 6/6002Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 13. August 2018 Thüringer Jugendarrestvollzugsgesetz (ThürJAVollzG, Gesetzentwurf der Landesregierung , Drucksache 6/5827) - Auswirkungen auf Kommunen und Wirtschaft sowie Umwelt und Private Die Kleine Anfrage 3129 vom 20. Juni 2018 hat folgenden Wortlaut: Ich frage die Landesregierung: 1. Werden durch die Regelung neue Pflichten für die Vollzugsbehörde eingeführt beziehungsweise bestehende Pflichten erweitert oder reduziert (bitte getrennt nach "Mitwirkungsvorbehalten", "Kontrollpflichten ", "Berichtspflichten", "Statistiken" und "Sonstige Pflichten" aufschlüsseln)? 2. Werden durch die Regelung neue Pflichten für Unternehmen eingeführt beziehungsweise bestehende Pflichten erweitert oder reduziert (bitte getrennt nach "Anzeige-/Meldepflichten", "Mess-/Aufzeichnungspflichten ", "Mitführungspflichten", "Nachweis-/Aufbewahrungspflichten", "Duldungs-/Mitwirkungspflichten " und "Sonstige Pflichten" aufschlüsseln)? 3. In welcher Höhe wird der öffentliche Haushalt des Landes beziehungsweise werden die öffentlichen Haushalte der kommunalen Gebietskörperschaften durch das Regelungsvorhaben belastet? 4. In welcher Höhe wird die Wirtschaft durch das Regelungsvorhaben jährlich finanziell belastet beziehungsweise entlastet? 5. Anhand welcher Verfahren und Methoden wurden die Belastungen beziehungsweise Entlastungen ermittelt ? 6. Sind von dem Regelungsvorhaben kleine und mittlere Unternehmen (KMU) betroffen und wenn ja, welche finanziellen und sonstigen Erfüllungsaufwände sind damit verbunden? 7. Mit welchen Methoden wurden die finanziellen und sonstigen Erfüllungsaufwände erhoben? 8. Welche konkreten KMU-Belastungen sind voraussichtlich zu erwarten? 9. In welcher Höhe werden die Bürger durch das Regelungsvorhaben jährlich belastet, begünstigt oder entlastet? 10. Welche konkreten Regelungen belasten Private und greifen gegebenenfalls in deren grundrechtliche Freiheiten ein (bitte aufschlüsseln nach "Regelung", "betroffene Grundrechte", "Umfang des Eingriffs")? 11. Anhand welcher Methoden, Verfahren und empirischer Daten wurden potenzielle Grundrechtseingriffe abgeschätzt? K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Krumpe (fraktionslos) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Migration, Justiz und Verbraucherschutz 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/6002 12. Worin liegt der Mehrwert für Private und anhand welcher Methoden, Verfahren und empirischer Daten wurde er ermittelt? 13. Welche Auswirkungen hat das Regelungsvorhaben auf die Umwelt? Das Thüringer Ministerium für Migration, Justiz und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 30. Juli 2018 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Nein Zu 2.: Nein Zu 3.: Der öffentliche Haushalt des Landes beziehungsweise die öffentlichen Haushalte der kommunalen Gebietskörperschaften werden durch das Regelungsvorhaben nicht belastet. Zu 4.: Die Wirtschaft wird durch das Regelungsvorhaben finanziell weder be- noch entlastet. Zu 5.: Die Wirtschaft ist durch das Regelungsvorhaben finanziell nicht betroffen, so dass Be- und Entlastungen nicht zu ermitteln waren. Zu 6.: Kleine und mittlere Unternehmen sind durch das Regelungsvorhaben nicht betroffen. Zu 7.: Kleine und mittlere Unternehmen sind durch das Regelungsvorhaben nicht betroffen, so dass finanzielle und sonstige Erfüllungsaufwände nicht zu erheben waren. Zu 8.: Keine (siehe Antwort zu Frage 6) Zu 9.: Die Bürger werden durch das Regelungsvorhaben finanziell nicht belastet, begünstigt oder entlastet. Zu 10.: a) Das Gesetz regelt den Vollzug des Jugendarrestes in einer Jugendarrestanstalt (vergleiche § 1 ThürJA- VollzG-Entwurf). Es betrifft Jugendliche und Heranwachsende, gegen die durch eine gerichtliche Entscheidung ein Arrest verhängt worden ist. Der Vollzug des Jugendarrestes ist mit einer Freiheitsentziehung verbunden und betrifft damit die Freiheit der Person im Sinne des Artikels 2 Abs. 2 Satz 2 Grundgesetz (GG) und des Artikels 3 Abs. 1 Satz 2 der Verfassung des Freistaats Thüringen. Für die gerichtlich angeordnete Dauer des Arrests werden die Arrestierten in der Jugendarrestanstalt festgehalten. Das Freiheitsgrundrecht von Besuchern ist durch die mit einer Durchsuchung oder Absuchung nach § 18 Abs. 2 Satz 1 ThürJAVollzG-Entwurf verbundene Freiheitsbeschränkung tangiert. Nach dieser Vorschrift können Besuche aus Gründen der Sicherheit davon abhängig gemacht werden, dass sich die Besucher durchsuchen lassen. b) Das Gesetz enthält mehrere Regelungen zur Erhebung und Übermittlung personenbezogener Daten der Arrestierten. Gemäß § 3 Abs. 3 ThürJAVollzG-Entwurf sind die Arrestierten verpflichtet, an Maßnahmen, die der Erreichung des Vollzugsziels dienen, mitzuwirken. 3 Drucksache 6/6002Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Vor diesem Hintergrund werden von ihnen personenbezogene Daten erhoben. Nach § 7 Abs. 1 ThürJA- VollzG-Entwurf ist mit den Arrestierten baldmöglichst im Rahmen der Aufnahme ein Gespräch zu führen , in dem ihre gegenwärtige Lebenssituation erörtert wird. § 8 Abs. 1 Satz 1 und 2 ThürJAVollzG-Entwurf bestimmt, dass nach dem Aufnahmeverfahren alsbald ein ausführliches Gespräch mit den Arrestierten geführt wird, bei dem der Hilfebedarf unter Berücksichtigung ihrer Persönlichkeit, ihrer Lebenslagen, ihrer Herkunft, ihrer Religion, ihrer Weltanschauung, ihrer sexuellen Identität und ihrer Fähigkeiten sowie Fertigkeiten ermittelt wird. Nach § 8 Abs. 1 Satz 3 ThürJAVollzG-Entwurf werden Erkenntnisse aus den Vollstreckungsunterlagen und Erkenntnisse der Jugendgerichtshilfe und Bewährungshilfe einbezogen. Nach § 6 Abs. 3 Satz 2 ThürJAVollzG-Entwurf sind die Personensorgeberechtigten über besondere Begebenheiten während des Vollzugs des Jugendarrests zu informieren. § 7 Abs. 3 ThürJAVollzG-Entwurf sieht vor, dass die Personensorgeberechtigten und das Jugendamt von der Aufnahme des Arrestierten in die Jugendarrestanstalt unverzüglich schriftlich benachrichtigt werden . Stehen Arrestierte unter Bewährungsaufsicht, ist auch die Bewährungshilfe von der Aufnahme zu unterrichten. Nach § 8 Abs. 2 Satz 3 ThürJAVollzG-Entwurf wird der nach Ermittlung des Hilfebedarfs erstellte Erziehungs - und Förderplan auf Verlangen den Personensorgeberechtigten übermittelt. Nach § 30 Abs. 1 ThürJAVollzG-Entwurf ist zum Ende des Vollzugs ein Schlussbericht zu erstellen, der für die Vollzugs- und Strafakten bestimmt ist (§ 30 Abs. 3 Satz 1 ThürJAVollzG-Entwurf). § 30 Abs. 3 Satz 2 ThürJAVollzG-Entwurf bestimmt, dass eine Ausfertigung des Berichts der Jugendgerichtshilfe und bei unter Bewährungsaufsicht stehenden Arrestierten der Bewährungshilfe, sowie auf Verlangen auch den Personensorgeberechtigten zuzuleiten ist. § 38 Abs. 1 ThürJAVollzG-Entwurf sieht vor, dass der Vollzug von dem Kriminologischen Dienst in Zusammenarbeit mit den Hochschulen oder anderen Stellen wissenschaftlich begleitet werden soll. Für die Übermittlung personenbezogener Daten gilt § 476 Strafprozessordnung mit der Maßgabe entsprechend , dass auch elektronisch gespeicherte personenbezogene Daten übermittelt werden können (§ 38 Abs. 2 ThürJAVollzG-Entwurf). Die vorgenannten Regelungen greifen in das Grundrecht auf Schutz der personenbezogenen Daten nach Artikel 6 Abs. 2 der Verfassung des Freistaats Thüringen sowie in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, das eine Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts nach Artikel 2 Abs. 1 GG darstellt, ein. Artikel 2 Abs. 1 GG unterfällt nicht dem Zitiergebot gemäß Artikel 19 Abs. 1 GG und ist deshalb in § 45 ThürJAVollzG-Entwurf nicht genannt. Für den Datenschutz gelten gemäß § 39 ThürJAVollzG-Entwurf die Bestimmungen des Abschnitts 22 des ThürJVollzGB in der jeweils gültigen Fassung entsprechend. c) Durch die im Gesetz in Ausgestaltung des § 90 Jugendgerichtsgesetz (JGG) vorgesehene erzieherische Einflussnahme auf jugendliche Arrestierte (insbesondere §§ 4 Abs. 1, 5, 8 ThürJAVollzG-Entwurf) ist der Schutzbereich des Elternrechts gemäß Artikel 6 Abs. 2 GG und Artikel 18 Abs. 1 der Verfassung des Freistaats Thüringen, das die Pflege und Erziehung der Kinder umfasst, tangiert. d) Nach § 15 Abs. 2 ThürJAVollzG-Entwurf ist der Zugang zum Rundfunk zu ermöglichen. Jedoch sind eigene Hörfunk- oder Fernsehgeräte und eigene Geräte der Informations- und Unterhaltungselektronik nicht zugelassen. Die Regelung greift in den Schutzbereich der Informationsfreiheit nach Artikel 5 Abs. 1 Satz 1 GG und Artikel 11 Abs. 1 der Verfassung des Freistaats Thüringen ein. e) § 17 Abs. 2 Satz 1 ThürJAVollzG-Entwurf bestimmt, dass die Arrestierten das Absenden und den Empfang ihrer Schreiben durch die Anstalt vermitteln zu lassen haben. Eine inhaltliche Kontrolle findet nicht statt (§ 17 Abs. 2 Satz 2 ThürJAVollzG-Entwurf). Jedoch können ein- und ausgehende Schreiben auf verbotene Gegenstände kontrolliert werden. Nach § 18 Abs. 1 ThürJAVollzG-Entwurf kann den Arrestierten gestattet werden, unter Vermittlung der Anstalt Telefongespräche zu führen, wenn dies dem Vollzugsziel förderlich ist und die Sicherheit oder 4 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/6002 Ordnung der Anstalt nicht gefährdet wird. § 18 Abs. 2 Satz 3 und 4 ThürJAVollzG-Entwurf bestimmen, dass Telefongespräche beaufsichtigt und abgebrochen werden dürfen, wenn die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt gefährdet würde. Durch die vorgenannten Regelungen ist der Schutzbereich des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses nach Artikel 10 Abs. 1 GG und Artikel 7 Abs. 1 der Verfassung des Freistaats Thüringen betroffen. f) § 20 ThürJAVollzG-Entwurf enthält Regelungen zur Religionsausübung durch die Arrrestierten. Nach § 20 Abs. 2 ThürJAVollzG-Entwurf dürfen die Arrestierten grundlegende religiöse Schriften sowie in angemessenem Umfang Gegenstände des religiösen Gebrauchs besitzen. Bei grobem Missbrauch dürfen ihnen diese Sachen entzogen werden. § 20 Abs. 4 ThürJAVollzG-Entwurf enthält die Ermächtigung, Arrestierte von der Teilnahme an religiösen Veranstaltungen auszuschließen, wenn dies aus überwiegenden Gründen der Sicherheit oder Ordnung geboten ist. Für Angehörige weltanschaulicher Bekenntnisse gelten die Regelungen entsprechend (§ 20 Abs. 5 Thür- JAVollzG-Entwurf). Die Regelungen zur Ausübung der Religion beziehungsweise weltanschaulicher Bekenntnisse greifen in den Schutzbereich der Glaubens- und Gewissensfreiheit gemäß Artikel 4 Abs. 1 und 2 GG und Artikel 39 der Verfassung des Freistaats Thüringen ein. g) §§ 27 und 28 ThürJAVollzG-Entwurf regeln die Anwendung unmittelbaren Zwangs im Kontext des Vollzugs des Jugendarrrests. Unmittelbarer Zwang ist die Einwirkung auf Personen oder Sachen durch körperliche Gewalt, ihre Hilfsmittel und Waffen (§ 27 Abs. 1 Satz 1 ThürJAVollzG-Entwurf). Nach § 27 Abs. 3 ThürJAVollzG-Entwurf dürfen Bedienstete unmittelbaren Zwang anwenden, wenn sie Maßnahmen des Vollzugs rechtmäßig durchführen und der damit verfolgte Zweck auf keine andere Weise erreicht werden kann. § 27 Abs. 4 ThürJAVollzG-Entwurf bestimmt, dass gegen andere Personen als die Arrestierten unmittelbarer Zwang nur angewendet werden darf, wenn sie es unternehmen, Arrestierte zu befreien oder widerrechtlich in die Anstalt einzudringen oder wenn sie sich unbefugt darin aufhalten. Durch die Regelungen zur Anwendung unmittelbaren Zwangs ist der Schutzbereich des Grundrechts auf körperliche Unversehrtheit nach Artikel 2 Abs. 2 Satz 1 GG und Artikel 3 Abs. 1 Satz 1 der Verfassung des Freistaats Thüringen betroffen. Zu 11.: Für die Abschätzung potenzieller Grundrechtseingriffe bedurfte es keiner besonderen Methoden beziehungsweise Verfahren oder der Heranziehung empirischer Daten. Die mit den gesetzlichen Regelungen verbundenen Grundrechtseingriffe sind ohne Weiteres erkennbar. Zu 12.: Aus dem Vorhaben resultiert kein Mehrwert für außenstehende Private. Zu 13.: Das Regelungsvorhaben hat keine Auswirkungen auf die Umwelt. In Vertretung von Ammon Staatssekretär Thüringer Jugendarrestvollzugsgesetz (ThürJAVollzG, Gesetzentwurf der Landesregierung, Drucksache 6/5827) - Auswirkungen auf Kommunen und Wirtschaft sowie Umwelt und Private Ich frage die Landesregierung: Zu 1.: Zu 2.: Zu 3.: Zu 4.: Zu 5.: Zu 6.: Zu 7.: Zu 8.: Zu 9.: Zu 10.: Zu 11.: Zu 12.: Zu 13.: