07.08.2018 Drucksache 6/6020Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 21. August 2018 Lehrermangel im Bereich der Förderpädagogik Die Kleine Anfrage 3169 vom 4. Juli 2018 hat folgenden Wortlaut: In Thüringen ist gemeinsamer inklusiver Unterricht erklärtes Ziel. Dies bedeutet Vorrang des gemeinsamen Lernens vor Förder- beziehungsweise Sonderschulen. Um die Anforderungen des Inklusionsunterrichtes personell absichern zu können, müssen Pädagogen entsprechende Qualifikationen aufweisen. In der Praxis aber haben nicht genügend Pädagogen eine solche Ausbildung. Zugleich sollen Eltern nach den Worten von Thüringens Bildungsminister Helmut Holter auch weiterhin ein Wunsch- und Wahlrecht zwischen der inklusiven Beschulung und dem Besuch einer Förderschule haben. Im "Thüringenplan Zukunft Schule" wird den Eltern die Möglichkeit eingeräumt Schulempfehlungen abzulehnen . In den Förderschulen und Förderzentren gibt es ebenfalls das Problem, ausreichend geschultes Fachpersonal zu bekommen. Dies gilt insbesondere für Schulen in freier Trägerschaft. Wir fragen die Landesregierung: 1. Wie hat sich die Zahl der Absolventen im Bereich der Förderpädagogik in Thüringen seit dem Jahr 2013 entwickelt (bitte nach Jahren aufschlüsseln)? 2. Wie viele Absolventen, die das Referendariat nicht in Thüringen absolviert haben, wurden seit dem Jahr 2010 (aufgeschlüsselt nach Schulart) in den Thüringer Schuldienst übernommen? Wie viele darunter hatten eine Sonderpädagogische Ausbildung? 3. Wie viele Lehramtsabsolventen haben demgegenüber Thüringen nach ihrer Ausbildung verlassen (aufgeschlüsselt nach Studienabschluss)? 4. Liegen der Landesregierung Informationen über die beruflichen Tätigkeitsfelder der Absolventen im Bereich Förderpädagogik in Thüringen seit dem Jahr 2013 vor? Wenn ja, bitte jährlich aufgeschlüsselt nach Förder- und Sonderschulen, Grund- und Regelschulen sowie außerschulischen inklusiven Bildungsbereichen , bitte getrennt nach Schulen in freier Trägerschaft und staatlichen Schulen angeben. 5. Wie viele Lehrerstellen im Bereich der Förderpädagogik insgesamt und speziell an Förderschulen sind unbesetzt (bitte aufgeschlüsselt nach Schulart und Jahren seit dem Jahr 2013 getrennt nach Schulen in freier Trägerschaft und staatlichen Schulen)? 6. Welche Möglichkeiten bestehen zur fachlichen und methodisch-didaktischen Qualifizierung der Lehrerinnen und Lehrer ohne eine Hochschulausbildung in Sonder- beziehungsweise Förderpädagogik für den Einsatz in Förderschulen beziehungsweise bietet der Freistaat Thüringen spezielle Umschulungs- K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Wirkner und Tischner (CDU) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/6020 maßnahmen für Lehrer anderer Schularten an, die mit dieser Weiterbildung die sozialpädagogische Befähigung erhalten, an einer Förderschule zu unterrichten? Gelten diese Angebote auch für Pädagogen an Schulen in freier Trägerschaft? 7. Welche Maßnahmen und Strategien unternimmt der Freistaat Thüringen, um die Ausbildung zum Förderpädagogen , insbesondere im Hinblick auf den späteren Einsatz an staatlichen Förderschulen, beziehungsweise Förderschulen in freier Trägerschaft und den Lehrerberuf allgemein attraktiv zu gestalten? 8. Welche Aufgaben sollen Förderschulen und Förderzentren künftig angesichts der Pläne zum konsequenten inklusiven Unterricht übernehmen? Das Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport hat die Kleine Anfrage namens der Lan desregierung mit Schreiben vom 6. August 2018 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Die Entwicklung der Absolventenzahl im Bereich Förderpädagogik gestaltet sich laut der amtlichen Hochschulstatistik wie folgt: Jahr 2013 2014 2015 2016 2017 BA-Studienrichtung Förderpädagogik 48 43 38 39 43 MA-Education Studiengang Förderpädagogik 29 26 32 25 19 Summe: 77 69 70 64 62 Zu 2.: Die Anzahl der Lehrerinnen und Lehrer, die seit 2010 in den einzelnen Lehrämtern in den Thüringer Schuldienst eingestellt wurden, ohne dass sie zuvor in Thüringen den Vorbereitungsdienst absolviert haben, ergibt sich aus der Anlage. Davon hatten 89 eine sonderpädagogische Ausbildung. Es wird auf die Anlage verwiesen. Zu 3. und 4.: Hierzu liegen der Landesregierung keine Erkenntnisse vor. Zu 5.: Im Einzelplan 04 sind für das Haushaltsjahr 2018 insgesamt 21.026 Planstellen/Stellen ausgebracht. Planstellen /Stellen für Lehrer im Bereich der Förderpädagogik im staatlichen Bereich sind im Kapitel 04 08 - Förderschulen - ausgebracht. Infolge von Einstellungen sowie dem vorzeitigen und unvorhergesehenen Ausscheiden aus dem Dienst infolge Versetzung in ein anderes Bundesland auf eigenem Wunsch, dauerhafte Dienstunfähigkeit, Kündigung et cetera unterliegt die Besetzung von Planstellen erheblichen Schwankungen. Im Rahmen der Bewirtschaftung sind dem Finanzministerium regelmäßig Übersichten zur Stellenbesetzung zu übersenden. Aus diesen Stichtagsmeldungen wurden die Angaben zu den zu diesem Stichtag freien Planstellen/Stellen ermittelt. Eine Aufteilung zwischen Einsatz im gemeinsamen Unterricht oder Förderschule erfolgt nicht. Freie Planstellen werden den Staatlichen Schulämtern im Rahmen der Einstellungstermine zur Wiederbesetzung zugewiesen. Mit dem Haushalt 2018 und dem Personalentwicklungskonzept 2025 hat die Landesregierung beschlossen, in den Jahren 2018 sowie 2019 jede freiwerdende Planstelle umgehend wiederzubesetzen , das heißt, aktuell ist jede dieser Planstellen/Stellen mit einem laufenden Einstellungsverfahren belegt. Freie Planstellen/Stellen für Lehrer zum Stichtag in Kapitel 04 08 - Förderschulen - Jahr Stichtag Anzahl 2013 31.10.2013 14,4 2014 31.10.2014 44,58 3 Drucksache 6/6020Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Jahr Stichtag Anzahl 2015 31.10.2015 106,67 2016 31.10.2016 117,18 2017 31.10.2017 146,11 2018 31.10.2018 Liegt noch nicht vor Zahlen zu den Stellenbedarfen und -besetzungen im Bereich der Freien Träger liegen in deren Zuständigkeitsbereich und liegen somit dem Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport nicht vor. Zu 6.: Für Lehrerinnen und Lehrer aller Schularten bietet das Thüringer Institut für Lehrerfortbildung, Lehrplanentwicklung und Medien Fortbildungsmöglichkeiten an. Dazu gehören: - Themenreihen zu den Förderschwerpunkten im Rahme des Qualifizierungskonzeptes "inklusive Bildung im Umfang von circa 50 Stunden, - Grundkurs für Mitarbeiter/-innen im Team zur Qualitätssicherung sonderpädagogische Begutachtung (TQB) auf der Grundlage des Thüringer Diagnostikkonzepts, - Angebot von Fortbildungsmodulen zur pädagogischen und sonderpädagogischen Diagnostik für Mitarbeiter des TQB, des MSD und Lehrer/-innen aller Schularten. Nach Maßgabe des Thüringer Gesetzes über Schulen in freier Trägerschaft sind für Teilnehmer von Schulen in freier Trägerschaft entsprechende Plätze vorgesehen. Zudem können freie Träger, die für die Weiterbildung und Fortbildung der bei ihnen beschäftigten Lehrkräfte zuständig sind, entsprechende Vereinbarungen mit Universitäten über entsprechende Weiterbildungsangebote für die bei ihnen beschäftigten Lehrer abschließen. Zu 7.: An der Universität Erfurt ist ein konsekutives Bachelor-/Masterstudium für das Lehramt für Förderpädagogik eingerichtet, mit dem die fachlichen Zugangsvoraussetzungen für den Vorbereitungsdienst für das Lehramt für Förderpädagogik vermittelt werden. Dieses Bachelor-/Masterstudienkonzept umfasst zwei sonderpädagogische Fachrichtungen und erfüllt die Vorgaben der Kultusministerkonferenz. Die Bewerberzahlen für den Studienplatz überschreiten das vorhandene Angebot. Dies ist ein Beleg für die hohe Attraktivität der Lehramtsausbildung in dem Bachelor-/Masterstudienkonzept und die anschließenden Berufsperspektiven im Thüringer Schuldienst. Vor diesem Hintergrund wurde die kapazitätsbedingte Zulassungsbeschränkung in der BA-Studienrichtung Förderpädagogik für das Wintersemester 2016/2017 von 50 auf 57 und für das Wintersemester 2017/2018 auf 63 und damit um 26 Prozent angehoben. Der MA-Education-Studiengang Förderpädagogik ist nicht zulassungsbeschränkt, dass heißt, jeder Studienbewerber, der die allgemeinen und fachspezifischen Zugangsvoraussetzungen nachweist, erhält den Zugang zum Studium. Zu 8.: Förderschulen/Förderzentren werden künftig Beratungs- und Unterstützungszentren für den gemeinsamen Unterricht sein. Thüringen bekennt sich zur Existenz von Förderzentren. Sie sind Bestandteil des inklusiven Bildungssystems und enthalten in der Regel einen Schulteil. Den bisherigen Vorschlägen aus der Arbeit des Beirats "Inklusive Bildung" und der bundesweiten Entwicklung folgend verändern sich jedoch Auftrag und Struktur der Förderzentren im Sinne eines Paradigmenwechsels von der "Fürsorge" zur "Teilhabe". Die aktuellen und künftigen Aufgaben der Förderzentren Thüringens vor dem Hintergrund einer Beschulung von Schülerinnen und Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf im gemeinsamen Unterricht sind im Thüringer Entwicklungsplan zur Umsetzung der UNKonvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (Artikel 7 und 24) im Bildungswesen bis 2020, S. 46 ff. (TMBWK 2013) eingehend beschrieben. Holter Minister 4 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/6020 Anlage Einstellungen von Lehrern/Lehrerinnen, die nicht den Vorbereitungsdienst in Thüringen absolviert haben von 2010 bis 2017 Jahr Alle Lehrämter davon Lehrämter der Grundschule bzw. des Primarbereichs Übergreifende Lehrämter des Primarbereichs und aller oder einzelner Schularten des Sek I Lehrämter für alle oder einzelne Schularten des Sek I Lehrämter für den Sek II (allg. bild. Fächer ) oder für das Gymnasium Lehrämter für den Sek II (berufl. Fächer ) oder für die beruflichen Schulen Sonderpädagogische Lehrämter 2010 110 68 11 12 9 10 2011 133 77 18 26 1 11 2012 112 58 19 31 0 4 2013 149 31 30 71 2 15 2014 108 35 27 38 1 7 2015 160 51 13 26 50 6 14 2016 141 29 10 17 61 7 17 2017 199 36 9 36 102 5 11 Lehrermangel im Bereich der Förderpädagogik Wir fragen die Landesregierung: Zu 1.: Zu 2.: Zu 3. und 4.: Zu 5.: Zu 6.: Zu 7.: Zu 8.: Anlage