08.08.2018 Drucksache 6/6025Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 22. August 2018 Wortbruch in der "Lauinger-Affäre"? - erneut nachgefragt Die Kleine Anfrage 3153 vom 26. Juni 2018 hat folgenden Wortlaut: Im August 2016 wurde bekannt, dass der Sohn von Minister Dieter Lauinger ohne erfolgreiche Teilnahme an der Besonderen Leistungsfeststellung (BLF) in die Oberstufe an einem Thüringer Gymnasium versetzt wurde. Inzwischen beschäftigt sich ein Untersuchungsausschuss mit den Vorgängen im Sommer 2016. Im Zuge des Bekanntwerdens der "Lauinger-Affäre" kündigte Dieter Lauinger am 14. August 2016 in der Presse an (vergleiche Online-Ausgabe der Thüringer Allgemeinen vom 14. August 2016), dass sein Sohn "so dies rechtlich möglich ist" in der 11. Klasse eine gleichgestellte Prüfung ablegen werde. "Weder er noch wir wollten und wollen den Eindruck, dass er sich mit meiner Hilfe um eine Prüfung drücken wollte, im Raum stehen lassen." Der Thüringer Ministerpräsident Bodo Ramelow hat in Tweets auf Twitter und Beiträgen auf Facebook am 22. Juni 2018 in genannter Affäre zum bestandenen Abitur gratuliert und ausgeführt: "Damit ist die besondere Leistungsfeststellung erfolgreich erbracht und die Allgemeine Hochschulreife erreicht!". In einem Kommentar auf seinem Facebook-Profil heißt es weiterhin, "Schüler die […] im Ausland sind, können davon befreit werden." Weiter heißt es dort: "Seine Schule hatte ihm die Befreiung von der Prüfung vorher zugesagt". Ich frage die Landesregierung: 1. Wurde von der Familie Lauinger nach dem 1. Januar 2018 ein Antrag auf Teilnahme an einer Externenprüfung zur Erlangung des Realschulabschlusses beim Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport, dem Staatlichen Schulamt Mitte oder beim Schulträger gestellt und wie ist der Stand des Verfahrens? 2. Ist die BLF oder die Teilnahme an einer Externenprüfung zur Erlangung des Realschulabschlusses Voraussetzung für die Zulassung zur Teilnahme an den Prüfungen zur Allgemeinen Hochschulreife? Welche darüber hinaus gehenden Voraussetzungen müssen vorliegen und wer hat über die Zulassung zur Allgemeinen Hochschulreife auf welcher geltenden Rechtsgrundlage zu entscheiden? 3. Können Schüler, die zuvor nicht an der BLF teilgenommen haben, mit dem Bestehen der Allgemeinen Hochschulreife die BLF rechtsverbindlich erfolgreich erbringen? 4. Aus welchen Gründen können Thüringer Schulen die Nichtteilnahme an der BLF und die Versetzung in die Thüringer Oberstufe rechtverbindlich zusagen? K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Tischner (CDU) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/6025 5. Können Schüler, die zum Zeitpunkt der BLF im Ausland sind, von dieser ohne Weiteres freigestellt werden ? Welche Regelungen gelten hierfür im Freistaat Thüringen? 6. Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit Thüringer Schüler die Thüringer Oberstufe besuchen können? Welche rechtlichen Ausnahmen gibt es? 7. Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit Thüringer Schüler an den Prüfungen zur Allgemeinen Hochschulreife teilnehmen können? Welche rechtlichen Ausnahmen gibt es? 8. Wie viele Schülerinnen und Schüler haben wann und wie die BLF des Schuljahres 2016/2017 nachträglich (Nachtermine) abgelegt? 9. Wie viele Schülerinnen und Schüler haben im Schuljahr 2017/2018 an der BLF regulär teilgenommen? 10. Wie viele Schülerinnen und Schüler haben beziehungsweise werden die BLF des Schuljahres 2017/2018 nachträglich ablegen? 11. Wie viele Schülerinnen und Schüler wurden im Schuljahr 2017/2018 ohne Teilnahme an der BLF in die Thüringer Oberstufe versetzt? 12. Wie viele Schülerinnen und Schüler haben im Schuljahr 2017/2018 an den Prüfungen zur Allgemeinen Hochschulreife teilgenommen? 13. Wie viele Schülerinnen und Schüler haben im Schuljahr 2017/2018 die Abiturprüfungen nicht erfolgreich mit dem Erwerb der Allgemeinen Hochschulreife abgeschlossen? Das Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport hat die Kleine Anfrage namens der Lan desregierung mit Schreiben vom 8. August 2018 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Es wird auf die Antwort zu Frage 4 der Kleinen Anfrage 2460 in Drucksache 6/4585 verwiesen. Zu 2.: Die besondere Leistungsfeststellung oder die Teilnahme an einer Externenprüfung zur Erlangung des Realschulabschlusses ist nicht Voraussetzung für die Zulassung zur Teilnahme an den Prüfungen zur Allgemeinen Hochschulreife. Zur schriftlichen Prüfung zum Erwerb der allgemeinen Hochschulreife wird zugelassen, wer die Qualifikation im Bereich der Halbjahresergebnisse erreicht und die Seminarfachleistung mit mindestens einem Punkt abgeschlossen hat (§ 95 Abs. 3 Thüringer Schulordnung - ThürSchulO -). Über die Zulassung zur schriftlichen Prüfung entscheidet die Prüfungskommission der Schule (§ 95 Abs. 4 ThürSchulO). Die mündliche Prüfung erfolgt im Anschluss an die schriftliche Prüfung (§ 100 Abs. 1 ThürSchulO). Die Abiturprüfung hat bestanden, wer die Qualifikation im Bereich der Prüfung (§ 91 ThürSchulO) erreicht hat (§ 102 Abs. 3 ThürSchulO). Wer die Prüfung bestanden hat, erhält das Zeugnis der allgemeinen Hochschulreife (§ 103 Abs. 1 ThürSchulO). Zu 3.: Das Abitur wird am Ende der Qualifikationsphase in Klassenstufe 12 nach §§ 83 bis 107 ThürSchulO abgelegt . Abiturprüfung und besondere Leistungsfeststellung sind voneinander unabhängig. Die bestandene besondere Leistungsfeststellung am Gymnasium bescheinigt den Teilnehmerinnen und Teilnehmern eine dem Realschulabschluss gleichwertige Schulbildung. Die allgemeine Hochschulreife als höherwertiger Abschluss schließt alle Berechtigungen ein, die ein Realschulabschluss beinhaltet. Zu 4. bis 6.: Die geltenden Regelungen zu Auslandsaufenthalten in den Durchführungsbestimmungen zur Thüringer Oberstufe am Gymnasium, an der Gemeinschaftsschule, Gesamtschule, am beruflichen Gymnasium und Kolleg (Verwaltungsvorschrift des Thüringer Kultusministeriums vom 29. Juni 2009, Az.: 31/5411, zuletzt geändert durch Verwaltungsvorschrift vom 3. März 2014) sehen eine Möglichkeit für den Besuch der Qualifikationsphase ohne Teilnahme an der besonderen Leistungsfeststellung vor: 3 Drucksache 6/6025Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Bei einem ganzjährigen Auslandsaufenthalt von Schülern eines Gymnasiums in der Klassenstufe 10 kann ein Schüler auf vorherigen Antrag der Eltern oder des volljährigen Schülers nach Entscheidung der Klassenkonferenz ohne Teilnahme an einer besonderen Leistungsfeststellung am Unterricht der Klassenstufe 11 teilnehmen . In diesen Fällen erfolgt jedoch keine Versetzung. Die Schülerin/der Schüler "rückt vor". Eine dem Realschulabschluss gleichwertige Bildung wird nicht bescheinigt. Der Schüler erhält die Möglichkeit, am Ende der Klassenstufe 11 an der Externenprüfung zur Erlangung des Realschulabschlusses teilzunehmen. Die Entscheidung trifft die Schule in alleiniger Verantwortung. Laut § 73 ThürSchulO definiert sich die Oberstufe aber aus den Klassenstufen 10 bis 12. Die Klassenstufe 10 bildet die Einführungsphase, die Klassenstufen 11 und 12 bilden die Qualifikationsphase. Nach § 81 Abs. 1 ThürSchulO heißt es, dass für die Versetzung von der Einführungsphase in die Qualifikationsphase § 51 Abs. 1 und 2 gilt: Bestandteil der Versetzung ist die erfolgreiche Teilnahme an der besonderen Leistungsfeststellung nach § 68. Bei Schülern mit Realschulabschluss ist die besondere Leistungsfeststellung nicht Bestandteil der Versetzung. Dass der Besuch durch Vorrücken grundsätzlich möglich ist, wird bereits in den vorstehenden Ausführungen deutlich. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen. Zu 7.: Auf die Antwort zu Frage 2 wird verwiesen. Rechtliche Ausnahmen gibt es nicht. Zu 8.: Für eine vollständige Übersicht müssten alle Gymnasien und Thüringer Gemeinschaftsschulen mit gymnasialer Oberstufe einzeln befragt werden. Diese Abfrage ist für die Schulen und die dort tätigen Lehrkräfte mit hohem Verwaltungsaufwand verbunden, da die Leistungsfeststellungen in den Fächern nach § 68 Abs. 2, 3 und 5 ThürSchulO unterschiedlichen Modalitäten folgen. Der Landesregierung liegen im Rahmen der amtlichen Schulstatistik nur die Zahlen für die beiden zentral geprüften Fächer Deutsch und Mathematik vor. Im Schuljahr 2016/2017 haben demzufolge im Fach Deutsch 28 Schülerinnen und Schüler, im Fach Mathematik 39 Schülerinnen und Schüler am jeweiligen zentralen Nachtermin der besonderen Leistungsfeststellung teilgenommen. Wie diese Schülerinnen und Schüler die besondere Leistungsfeststellung nachträglich (Nachtermine) abgelegt haben, kann nicht beantwortet werden. Falls sich die Fragestellung "Wie" auf die Rahmenbedingungen der besonderen Leistungsfeststellung bezieht, wird auf die Regelungen des § 68 ThürSchulO verwiesen. Zu 9.: Laut amtlicher Schulstatistik für das Schuljahr 2017/2018 nahmen insgesamt 6.219 Schülerinnen und Schüler an der besonderen Leistungsfeststellung teil, davon 6.014 erfolgreich. Zu 10.: Auf die Antwort zu Frage 8 wird verwiesen. Im Schuljahr 2017/2018 haben im Fach Deutsch 51 Schülerinnen und Schüler, im Fach Mathematik 68 Schülerinnen und Schüler am jeweiligen zentralen Nachtermin der besonderen Leistungsfeststellung teilgenommen . Die Staatlichen Schulämter meldeten insgesamt drei Fälle, bei denen das Verfahren der besonderen Leistungsfeststellung krankheitsbedingt noch nicht abgeschlossen ist (Stand: 13. Juli 2018). Zu 11.: Es wird auf die Antwort zu den Fragen 4, 5 und 6 verwiesen. Demzufolge werden prinzipiell alle Schülerinnen und Schüler am Gymnasium versetzt, die die Versetzungsvoraussetzungen der Klassenstufe 10 erfüllen (Eingangsphase der Thüringer Oberstufe), da die erfolgreiche Teilnahme an der besonderen Leistungsfeststellung erst für die Versetzung in die Klassenstufe 11 (Beginn der Qualifikationsphase) erforderlich wird. Sollte sich die Fragestellung auf die Versetzung in die Qualifikationsphase beziehen, muss die besondere Regelung für Schülerinnen und Schüler mit Realschulabschluss beachtet werden (§ 81 Abs. 2 ThürSchulO). 4 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/6025 Laut amtlicher Schulstatistik besuchten im Schuljahr 2017/2018 235 Schülerinnen und Schüler mit Realschulabschluss die Einführungsphase an einem Gymnasium (§ 80 ThürSchulO). Für die Versetzung dieser Schülerinnen und Schüler von der Einführungsphase (Klasse 10 oder Klasse 11S des Gymnasiums gemäß § 80 Abs. 1 und 2 ThürSchulO) in die Qualifikationsphase gilt § 51 Abs. 1 und 2 ThürSchulO in Verbindung mit § 81 Abs. 1 Satz 2 ThürSchulO. Bei Vorliegen der Versetzungsvoraussetzungen wurden diese Schülerinnen und Schüler am Ende des Schuljahres 2017/2018 ohne Teilnahme an der besonderen Leistungsfeststellung in die Qualifikationsphase der Thüringer Oberstufe versetzt. Weitere Fälle, in denen eine Versetzung ohne Teilnahme an der besonderen Leistungsfeststellung erfolgte , sind der Landesregierung nicht bekannt. Auf die Möglichkeit der Teilnahme an der Qualifizierungsphase im Rahmen der geltenden Regelungen zu Auslandsaufenthalten in den Durchführungsbestimmungen zur Thüringer Oberstufe am Gymnasium, an der Gemeinschaftsschule, Gesamtschule, am beruflichen Gymnasium und Kolleg (Verwaltungsvorschrift des Thüringer Kultusministeriums vom 29. Juni 2009, Az.: 31/5411, zuletzt geändert durch Verwaltungsvorschrift vom 3. März 2014) wird erneut verwiesen. Zu 12.: Laut amtlicher Schulstatistik für das Schuljahr 2017/2018 nahmen insgesamt 6.722 Schülerinnen und Schüler an den Abiturprüfungen teil. Zu 13.: 135 Schülerinnen und Schüler haben die Abiturprüfungen nicht erfolgreich abgeschlossen. Holter Minister Wortbruch in der "Lauinger-Affäre"? - erneut nachgefragt Ich frage die Landesregierung: Zu 1.: Zu 2.: Zu 3.: Zu 4. bis 6.: Zu 7.: Zu 8.: Zu 9.: Zu 10.: Zu 11.: Zu 12.: Zu 13.: