15.05.2015 Drucksache 6/605Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 1. Juni 2015 Probleme an der ersten Schwelle: eine neue Rolle für die Berufsschule? Die Kleine Anfrage 241 vom 27. März 2015 hat folgenden Wortlaut: Aktuell bleiben in Thüringen über 1.000 duale Berufsausbildungsplätze unbesetzt, andererseits gibt es hunderte Schulabgänger dieses und der letzten Jahre, die weder ein Studium anstreben noch den Eintritt in eine duale Berufsausbildung bewerkstelligen können. Dies hat negative Folgen für die Zukunftschancen der Betreffenden wie für die regionale Fachkräftesituation. Was die individuellen Ursachen für diese Situation angeht, so liegen diese teils in gesundheitlichen Problemen , sehr häufig aber auch in Motivations- und Bildungsschwächen begründet. Um hier etwas positiv verändern zu können, scheint eine Evaluierung und Neuaufstellung der Unterstützungspotentiale an der ersten Schwelle notwendig. Dabei kommt den Berufsschulen eine besondere Bedeutung zu. Wir fragen die Landesregierung: 1. Wie hat sich die Ausbildung in vollzeitschulischen Bildungsgängen an den Thüringer Berufsschulen seit 2009 zahlenmäßig entwickelt (bitte nach Berufsvorbereitungsjahr, ein- und zweijähriger Berufsfachschule und nach weiteren Bildungsgängen aufgliedern)? 2. Wie entwickelte sich die Abbrecherquote in diesen Bildungsgängen? 3. Wie bewertet die Landesregierung die Einmündung der Absolventinnen und Absolventen und wie hoch war jeweils der Anteil der jungen Menschen, die aus diesen Bildungsgängen in ein weiterführendes Studium, eine duale Berufsausbildung, ein festes Arbeitsverhältnis oder in andere Verbleibsgruppen einmündeten (hier sind auch Schätzungen interessant)? 4. Wie sollen sich nach Auffassung der Landesregierung unter den neuen Anforderungen das Berufsvorbereitungsjahr und die vollzeitschulischen Bildungsgänge an den Berufsschulen zukünftig entwickeln und wie sollen sie sich verändern, um junge Menschen mit Problemlagen effektiver in einer eigenen stabilen beruflichen Entwicklung unterstützen zu können? 5. Wie beurteilt die Landesregierung das Modell von Jugendberufsagenturen als eine in anderen Bundesländern (besonders Hamburg) bereits angewandte, mögliche Form einer Unterstützung von Jugendlichen mit Defiziten an der ersten Schwelle und wie kann gegebenenfalls eine regelhafte Anwendung dieses Modells in Thüringen erfolgen? K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Leukefeld und Engel (DIE LINKE) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/605 6. Wie steht die Landesregierung zur Überlegung, rein oder vorwiegend schulisch ausgebildete Berufe, vor allem im Gesundheitsbereich, in duale Ausbildungsgänge zu überführen? Das Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport hat die Kleine Anfrage namens der Lan desregierung mit Schreiben vom 12. Mai 2015 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Die entsprechenden Daten sind in der Anlage 1 dargestellt. Zu 2.: Die entsprechenden Daten sind in der Anlage 2 dargestellt. Zu 3.: Der Landesregierung liegen hierzu keine statistischen Daten vor; eine Bewertung ist daher nicht möglich. Zu 4.: Es soll ein Berufsvorbereitungsjahr(BVJ)-S für Schüler nichtdeutscher Herkunftssprache angeboten werden . Die Stundentafel weist hier einen wesentlich erhöhten Anteil im Fach Deutsch aus, um die Schüler auf eine spätere berufliche Entwicklung vorzubereiten. Schüler mit Vorkenntnissen können innerhalb des ersten Halbjahres in ein reguläres BVJ wechseln und dadurch innerhalb eines Jahres den Hauptschulabschluss erwerben. Die anderen Schüler können nach erfolgreichem Absolvieren des BVJ-S ebenfalls in ein reguläres BVJ wechseln. Des Weiteren besteht für diese Schüler die Möglichkeit, das reguläre BVJ bis zu zweimal zu wiederholen. Das Höchstalter für die Aufnahme in ein BVJ-S soll 25 Jahre betragen. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass der angesprochene Kreis von Jugendlichen in vielen Fällen im Vergleich zu Jugendlichen, die in der Bundesrepublik Deutschland geboren wurden, in einem deutlich höheren Lebensalter ein deutlich geringeres Maß an Bildung aufweisen. Eine höhere Altersgrenze erscheint pädagogisch nicht vertretbar. Weiterhin wird das reguläre BVJ angeboten, das im Zuge des inklusiven Gedankens das ehemalige BVJ 1, BVJ 2 und BVJ-B zusammenfasst. Hiermit soll auch der UN-Menschenrechtskonvention Rechnung getragen werden. Das BVJ Impuls (BVJ in Teilzeitform) wird ab dem Schuljahr 2015/2016 nicht mehr angeboten, da es nicht mehr Bestandteil der ESF-Förderrichtlinie ist. Zur Entwicklung der vollzeitschulischen Bildungsgänge wird auf die Ausführungen zu Frage 6 verwiesen. Zu 5.: Die Jugendberufsagentur Hamburg wird nicht von der Landesregierung bzw. Senatsverwaltung, sondern vom Jobcenter, der Stadt und der Arbeitsagentur getragen. Sie ist nicht in den staatlichen schulischen Bereich integriert. Auch die Jobcenter/Arbeitsagenturen in Thüringen bieten vergleichbare Beratungsangebote für Jugendliche und Eltern an. Zu 6.: Die Ausbildung in den meist vollzeitschulischen Gesundheitsfachberufen ist bundesrechtlich durch die Berufsgesetze und die entsprechende Ausbildungs- und Prüfungsverordnung geregelt. Eine Überführung in duale Ausbildungsgänge nach Landesrecht ist somit nicht möglich. Für vollzeitschulische Bildungsgänge in den Wahlschulformen wurde in den letzten Jahren die Anzahl der Fachrichtungen in erheblichem Umfang reduziert. So wurde die Berufsfachschule - zweijährig nicht berufsqualifizierend - von 13 auf vier Bildungsgänge und die Fachoberschule von 13 auf fünf Fachrichtungen reduziert . 3 Drucksache 6/605Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Darüber hinaus erfolgte durch Aufnahme der Schülermindestzahl in der Verwaltungsvorschrift zur Organisation der Schuljahre eine Regulierungsmöglichkeit für Klassen mit weniger als 20 Schülern. Bei Schließung unterfrequentierter Klassen werden die Schüler auf adäquate duale Ausbildungen umgelenkt. Dr. Klaubert Ministerin Anlagen*) *) Hinweis: Auf den Abdruck der Anlagen wurde verzichtet. Ein Exemplar mit Anlagen erhielten jeweils die Fraktionen und die Landtagsbibliothek. Des Weiteren können sie im Abgeordneteninformationssystem unter der oben genannten Drucksachennummer sowie im Internet unter der Adresse: www.parldok.thueringen.de eingesehen werden. Anlage 1 09/10 10/11 11/12 12/13 13/14 14/15 Zusammengefasst Zusammengefasst 30.022 27.777 26.080 24.295 24.119 24.072 Zusammengefasst 6.233 5.501 4.751 4.076 4.050 4.009 BFS-1-Tz-nbq 50 BFS-1-Vz-bq 104 98 116 124 138 177 BFS-1-2-Vz-nbq 2.621 2.398 1.967 1.551 1.577 1.661 BFS-2-Vz-bq 2.630 2.474 2.348 2.211 2.194 2.051 BFS-3-Vz-bq 643 482 320 190 141 120 BFS-3-Tz-bq 185 49 Zusammengefasst 10.412 9.752 9.145 8.568 8.208 8.112 HBFS-2-Vz 3.470 3.084 2.735 2.572 2.477 2.509 HBFS-2-Tz 33 18 32 23 29 HBFS-3-Vz 6.828 6.487 6.228 5.731 5.469 5.247 HBFS-3-Tz 114 148 164 233 239 327 Zusammengefasst 2.556 2.236 1.996 1.613 1.581 1.689 FOS 2.556 2.236 1.996 1.613 1.581 1.689 Zusammengefasst 3.093 2.573 2.490 2.548 2.732 2.995 BG-bq 186 296 106 65 24 BG-nbq 2.907 2.277 2.384 2.483 2.708 2.995 Zusammengefasst 6.064 6.199 6.398 6.429 6.500 6.205 FS-Vz 4.674 4.798 4.886 4.808 4.817 4.613 FS-Tz 1.390 1.401 1.512 1.621 1.683 1.592 FS Schüler in den Wahlschulformen der berufsbildenden Schulen BFS HBFS FOS BG Anlage 2-1 Abbrecher-Anzahl 09/10 10/11 11/12 12/13 13/14 Zusammengefasst Zusammengefasst 2.014 2.491 2.988 2.758 2.875 Zusammengefasst 658 801 883 792 835 BFS-1-Tz-nbq 5 BFS-1-Vz-bq 6 5 9 13 26 BFS-1-2-Vz-nbq 241 353 341 308 312 BFS-2-Vz-bq 343 397 490 455 482 BFS-3-Vz-bq 58 46 43 16 15 BFS-3-Tz-bq 5 Zusammengefasst 622 718 917 885 934 HBFS-2-Vz 233 309 284 300 317 HBFS-2-Tz 2 HBFS-3-Vz 379 400 607 560 590 HBFS-3-Tz 10 9 24 25 27 Zusammengefasst 223 349 336 243 252 FOS 223 349 336 243 252 Zusammengefasst 135 145 199 226 249 BG-bq 16 14 8 1 BG-nbq 119 131 191 226 248 Zusammengefasst 283 348 431 416 454 FS-Vz 212 262 330 318 353 FS-Tz 71 86 101 98 101 BFS HBFS FOS BG FS Anlage-2-2 Abbrecher-Quote (Abbrecher bezogen auf die Schülerzahl) 09/10 10/11 11/12 12/13 13/14 Zusammengefasst Zusammengefasst 7% 9% 11% 11% 12% Zusammengefasst 11% 15% 19% 19% 21% BFS-1-Tz-nbq 10% BFS-1-Vz-bq 6% 5% 8% 10% 19% BFS-1-2-Vz-nbq 9% 15% 17% 20% 20% BFS-2-Vz-bq 13% 16% 21% 21% 22% BFS-3-Vz-bq 9% 10% 13% 8% 11% BFS-3-Tz-bq 3% 0% Zusammengefasst 6% 7% 10% 10% 11% HBFS-2-Vz 7% 10% 10% 12% 13% HBFS-2-Tz 0% 11% 0% 0% HBFS-3-Vz 6% 6% 10% 10% 11% HBFS-3-Tz 9% 6% 15% 11% 11% Zusammengefasst 9% 16% 17% 15% 16% FOS 9% 16% 17% 15% 16% Zusammengefasst 4% 6% 8% 9% 9% BG-bq 9% 5% 8% 0% 4% BG-nbq 4% 6% 8% 9% 9% Zusammengefasst 5% 6% 7% 6% 7% FS-Vz 5% 5% 7% 7% 7% FS-Tz 5% 6% 7% 6% 6% BG FS BFS HBFS FOS