19.05.2015 Drucksache 6/608Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 1. Juni 2015 Abschaffung des Mittelverteilungsmodells KLUG-Thüringen-2012 ab 2016 Die Kleine Anfrage 240 vom 26. März 2015 hat folgenden Wortlaut: Die am 26. Juni 2014 dem Thüringer Landtag durch den damaligen Thüringer Minister für Bildung, Wissenschaft und Kultur, Christoph Matschie (SPD), vorgestellte "Hochschulstrategie Thüringen 2020" favorisiert noch das Mittelverteilungsmodell KLUG-Thüringen-2012. Bei dem Modell handelt es sich um ein im Wesentlichen über verschiedene, die Belastungen der Hochschulen sowie die gesetzlich vorgegebenen Leistungsbereiche abbildende Indikatoren gesteuertes sogenanntes "Drei-Säulen-Modell", das aus einem "Grundbudget ", dem "Leistungsbudget" und einem "Allgemein-, Gestaltungs- und Innovationsbudget" besteht. Drei Jahre nach dessen Einführung in Thüringen bzw. wenige Monate nach der Vorstellung der Hochschulstrategie Thüringen 2020 möchte der nunmehr zuständige Minister Wolfgang Tiefensee (ebenfalls SPD) Verlautbarungen zufolge das Mittelverteilungsmodell KLUG-Thüringen-2012 zum 31. Dezember 2015 auslaufen lassen und durch ein neues Verteilungsmodell ersetzen. Ich frage die Landesregierung: 1. Nach welchen Mittelverteilungsmodellen gestaltet sich die Hochschulfinanzierung nach Kenntnis der Landesregierung in den anderen deutschen Bundesländern? Welche Länder haben nach Kenntnis der Landesregierung ein ähnliches Finanzierungsmodell wie in Thüringen und gibt es Erkenntnisse, dass dort ebenfalls dieses Modell abgeschafft werden soll bzw. aufgrund positiver Erfahrungen beibehalten werden soll? 2. Wie bewertet die Landesregierung insgesamt die Anwendung des Mittelverteilungsmodells KLUGThüringen -2012 in Thüringen in den vergangenen drei Jahren? 3. Wo liegen die Schwachstellen dieses Modells bzw. welche Kritikpunkte des bisherigen Modells veranlassen die Landesregierung, ein neues Modell zu schaffen? 4. Gibt es eine Stellungnahme des Thüringer Landesrechnungshofs bezüglich des Mittelverteilungsmodells und wie lautet diese? Falls ja, welche Berücksichtigung soll diese in den Überlegungen der Landesregierung bezüglich einer Neukonzeptionierung des Modells finden? 5. Wie bewerten die Thüringer Hochschulen das Mittelverteilungsmodell KLUG-Thüringen-2012? Welche konkreten Einschätzungen der einzelnen Hochschulen liegen der Landesregierung vor? K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Dr. Voigt (CDU) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/608 6. Werden die Thüringer Hochschulen an der Verarbeitung eines Mittelverteilungsmodells beteiligt? Wenn ja, wie? 7. Sollen auch künftig Indikatoren für Leistungsanreize in einem neuen Verteilungsmodell eingebaut werden ? Wenn ja, welche? Das Thüringer Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft hat die Kleine Anfrage namens der Lan desre gierung mit Schreiben vom 12. Mai 2015 (Eingang: 19. Mai 2015) wie folgt beantwortet : Einleitend stelle ich fest, dass bereits in der Hochschulstrategie Thüringen 2020 festgelegt wurde, dass "zur Gewährleistung der weiteren Profilierung der einzelnen Thüringer Hochschulen und vor dem Ziel, die Thüringer Hochschullandschaft als Gesamtsystem fortzuentwickeln, eine Umstellung der Finanzierung hin zu struktur- und profilbildenden sowie qualitätsorientierten hochschulspezifischen Vereinbarungen (Hochschulfinanzierungsverträge ) geplant" ist (Abschnitt 4.13, letzter Absatz). Insofern wurde in der Hochschulstrategie das bestehende Mittelverteilungsmodell KLUG dargestellt, es war aber bereits seine Ablösung vorgesehen. Zu 1.: In der Mehrzahl der Länder werden seit vielen Jahren vergleichbare Mittelverteilungsmodelle eingesetzt. Allerdings differieren diese erheblich in Bezug auf den Umfang der einbezogenen Mittel der Hochschulen bzw. Hochschularten sowie bezüglich der Indikatoren und Ausgleichsmechanismen. Einen Überblick gibt etwa die Publikation "Ziel- und Leistungsvereinbarungen als Instrument der Hochschulfinanzierung. Ausgestaltung und Anwendung" der HIS Hochschul-Informations-System GmbH. Auch in anderen Ländern werden die Mittelverteilungssysteme einer Überprüfung unterzogen. So hat die HIS GmbH im Jahr 2013 eine Stellungnahme "Hochschulsteuerung durch Leistungsorientierte Mittelvergabe in NRW" abgegeben. In Baden -Württemberg wurde jüngst vereinbart, dass Wissenschaftsministerium und Hochschulen in einer gemeinsamen Arbeitsgruppe in den nächsten zwei Jahren aussagekräftige und messbare Kennziffern in den zentralen Leistungsdimensionen der Hochschulen für ein neues Mittelverteilungsmodell erarbeiten. Zu 2.: Das Mittelverteilungsmodell KLUG beruht auf insgesamt acht - auch in §13 Thüringer Hochschulgesetz (ThürHG) umschriebenen - leistungs- und belastungsbezogenen Indikatoren, die zu einer relativen Mittelverteilung zwischen den Hochschulen führt. Damit setzt es einerseits einen Anreiz zur Leistungssteigerung in den durch die Indikatoren abgebildeten Bereichen, kann diese Leistung aber nur belohnen, wenn andere Hochschulen relativ geringer wachsen. Die durch das Modell gesteuerte Mittelverteilung hat zu relevanten Veränderungen der Zuweisungen an die Hochschulen geführt und spiegelt damit die unterschiedliche Leistungsentwicklung der Hochschulen wieder. So stieg der Landeszuschuss bei einer Hochschule von 2011 bis 2015 um 14,7 Prozent an einer anderen Hochschule aber nur um 1,3 Prozent. Die im Modell vorgesehenen Verlustbegrenzungen durch Mindestgrenzen im Grund- und Leistungsbudget kamen dabei zur Anwendung . Insofern hat das Modell die bei seiner Einführung bestehenden Erwartungen erfüllt. Zu 3.: Wie bereits dargestellt, handelt es sich um ein relatives Mittelverteilungsmodell. Es ist daher für die einzelne Hochschule nicht absehbar, ob eine Leistungssteigerung in einem Bereich auch eine entsprechend höhere Mittelzuweisung nach sich zieht. Zudem werden alle Hochschulen nach den gleichen Indikatoren beurteil, die spezifischen Profile der Hochschulen können damit nur über die einbezogenen Gewichtungsfaktoren einzelner Indikatoren berücksichtigt werden. Das Modell ist zudem einerseits auf Wachstum jeder einzelnen Hochschule in den Leistungsbereichen und andererseits auf Konkurrenz untereinander ausgelegt . Die Landesregierung geht aber in der Hochschulstrategie Thüringen 2020 davon aus, dass die Thüringer Hochschullandschaft in den nächsten Jahren von der Auf- und Ausbauphase in eine Profilierungsphase eintritt. So werden die Studierendenzahlen in den nächsten Jahren etwa auf dem heutigen Niveau bleiben. Damit würde ein im Wesentlichen auf Mengenwachstum basierendes Mittelverteilungsmodell Fehlanreize für die weitere Entwicklung der Thüringer Hochschulen setzen. Außerdem soll die weitere Profilentwicklung nicht im Wettbewerb, sondern grundsätzlich komplementär innerhalb der Fächergruppen und des Gesamtsystems der Thüringer Hochschullandschaft mit seinen unterschiedlichen Hochschultypen erfolgen. Diesen Zielen soll die neue Hochschulfinanzierung ab 2016 gerecht werden. 3 Drucksache 6/608Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Zu 4.: Der Thüringer Rechnungshof hat sich in seiner Prüfungsmitteilung zu "Finanzierung, Rechnungs- und Berichtswesen der Hochschulen des Landes" vom 2. März 2015, die derzeit zur Stellungnahme im Thüringer Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft vorliegt, kritisch zum bisherigen Mittelverteilungsmodell geäußert: "Das maßgebliche Steuerungsinstrument ist derzeit die Mittelverteilung nach dem Modell KLUG-Thüringen 2012. Es weist zahlreiche Defizite auf. Das Mittelverteilungsmodell ist hochkomplex, intransparent und nicht praktikabel. Einer effizienten Steuerung durch das Ministerium und einer Anreizfunktion für die Hochschulen läuft dies zuwider. Die Mittelverteilung bedarf deshalb einer grundlegenden Überarbeitung. Durch die vom Ministerium praktizierte Mittelverteilung gehen die - durch den flexibilisierten Haushaltsvollzug gewonnenen , verwaltungsmäßigen - Freiräume der Hochschulen wieder verloren. Der Rechnungshof empfiehlt , die Zuschüsse künftig in Form eines tatsächlichen Globalhaushalts zu verteilen. Das Ministerium sollte ausschließlich mittels wirksamer ZLV hochschulspezifisch steuern." Diese Kritik hält das Ministerium für überzogen, da in den Kritikpunkten teilweise Widersprüche als auch falsche Annahmen enthalten sind. Wie oben dargestellt, ist jedoch bereits in der Hochschulstrategie Thüringen 2020 eine Umstellung der Finanzierung hin zu struktur- und profilbildenden sowie qualitätsorientierten hochschulspezifischen Vereinbarungen (Hochschulfinanzierungsverträgen) vorgesehen. Das Vereinbarungsbudget jeder Hochschule soll aus einem für die vier Jahre fest vereinbarten Grundbudget (voraussichtlich 85 Prozent) und einem Leistungsbudget bestehen. Für dieses Leistungsbudget sollen in der Hochschulfinanzierungsvereinbarung hochschulspezifische Indikatoren und Entwicklungsziele festgelegt werden. Zu 5.: Die Hochschulen teilen die unter Antwort zu Frage 3 dargestellte Einschätzung. Kritisch wurde zudem gesehen , dass Mittel des Struktur- und Gestaltungsfonds teilweise kleinteilig auf die Hochschulen verteilt wurden , was jedoch auch seinen Grund in der Förderung hochschulspezifischer oder hochschulpolitischer Besonderheiten hatte. Das Thema wurde mit allen Hochschulen in einer gemeinsamen Arbeitsgruppe erörtert, die am 14. Juli 2014 zum ersten Mal getagt hat. Zu 6.: Die Erarbeitung der Grundsätze und Instrumente neuer Hochschulfinanzierung findet in der o.g. Arbeitsgruppe gemeinsam mit allen Hochschulen statt. Die Arbeitsgruppe hat bis heute vier Mal getagt, außerdem fanden zwei Sitzungen von Unterarbeitsgruppen statt. In den Beratungen wurde das bisherige Modell bewertet , Mittelverteilungsmodelle anderer Länder analysiert und die Grundzüge der neuen Hochschulfinanzierung erarbeitet. Gegenwärtig finden Abstimmungen zur Gliederung und Gestaltung der zukünftigen Hochschulfinanzierungsverträge sowie zur Überleitungsrechnung statt. Zu 7.: Die Hochschulfinanzierungsverträge werden gemäß den Vorgaben aus § 13 ThürHG Indikatoren für wesentliche Leistungsbereiche enthalten. Dabei sollen einige wenige Indikatoren für alle Hochschulen vereinbart werden. In der Diskussion sind hier: Studierende in der Regelstudienzeit, vereinnahmte Drittmittel, der Anteil ausländischer Studierender sowie der Anteil von Frauen am akademischen Personal. Darüber hinaus sollen mit den Hochschulen weitere hochschulspezifische Indikatoren vereinbart werden, etwa die Zahl der Promotionen an den Universitäten. Entscheidend ist aber, dass dabei mit jeder Hochschule individuelle Zielwerte vereinbart werden sollen, um den unterschiedlichen Profilen der Hochschulen gerecht zu werden. Tiefensee Minister