17.12.2014 Drucksache 6/61Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 7. Januar 2015 Mediation in Thüringen - Allgemeine Aspekte Die Kleine Anfrage 32 vom 30. Oktober 2014 hat folgenden Wortlaut: Mediation beschreibt ein Verfahren zur konsensualen Konfliktlösung, welches Streitparteien mit Unterstützung einer dritten Person in die Lage versetzt, einen bestehenden Konflikt eigenverantwortlich beizulegen. Dabei können grundsätzlich jegliche Konfliktbereiche bearbeitet werden. Typische Tätigkeitsfelder der Mediation sind etwa der Täter-Opfer-Ausgleich, Familien- und Trennungsmediation, Schulmediation (oft unter dem Begriff "Streitschlichter"), Wirtschafts- und Umweltmediation und vieles mehr. Dabei ist die Mediation von anderen Konfliktlösungsverfahren, wie etwa der Schlichtung oder dem Schiedsspruch, klar zu unterscheiden . Seit dem 21. Juli 2012 gibt es mit Beschluss des Deutschen Bundestages ein eigenständiges Mediationsgesetz , welches die Verfahrensumstände beschreibt und regelt. In § 7 Mediationsgesetz wird festgestellt, dass neben dem Bund auch die einzelnen Bundesländer wissenschaftliche Forschungsvorhaben bezüglich der Nutzung von Mediation finanziell fördern können. Ferner ermöglicht das Mantelgesetz vom 21. Juli 2012 (Gesetz zur Förderung der Mediation und anderer Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung) in Artikel 7 den einzelnen Landesregierungen durch Rechtsverordnung zu bestimmen, dass bestimmte Gerichtsgebühren ermäßigt werden können oder entfallen, wenn das Verfahren nach einer Mediation oder nach einem anderen Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung durch Zurücknahme der Klage oder des Antrags beendet wird ("Öffnungsklausel"). Ich frage die Landesregierung: 1. Wie beurteilt die Landesregierung die Möglichkeiten der Nutzung von Mediation in Thüringen? 2. In welchen Konfliktsituationen wäre nach Auffassung der Landesregierung das Verfahren der Mediation in Thüringen einsetzbar? 3. Gab es in der Vergangenheit Konfliktsituationen, bei denen die Landesregierung oder eine ihr nachgeordnete Behörde eine Mediation zur Konfliktlösung angeregt oder genutzt hat? Wenn ja, welche; wenn nein, warum nicht? 4. In welchen Ministerien und weiteren Dienststellen des Freistaats Thüringen gibt es eigenständige Mediationsstellen oder vergleichbare Institutionen zur Beilegung interner Konflikte oder von Konflikten zwischen Bürgerinnen und Bürgern und der jeweiligen Dienststelle (bitte einzeln und unter Benennung der Dienstbezeichnung auflisten)? K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Berninger (DIE LINKE) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Migration, Justiz und Verbraucherschutz 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/61 5. Welche Kenntnis hat die Landesregierung über die Nutzung von Mediation in den Landkreisen und kreisfreien Städten des Freistaats Thüringen (bitte soweit möglich nach Kreisen, kreisfreien Städten und Konfliktfeldern aufschlüsseln)? 6. Wie viele selbstständige Mediatorinnen und Mediatoren gibt es nach Kenntnis der Landesregierung in Thüringen? 7. Gibt oder gab es im Rahmen des Haushalts des Freistaats Thüringen einen Haushaltstitel, welcher zur Förderung von Mediation oder anderen außergerichtlichen Konfliktlösungsmechanismen angesetzt war? Wenn ja, welche, in welchen Jahren und in welcher Höhe; wenn nein, warum nicht? 8. Hat die Landesregierung wissenschaftliche Forschungsvorhaben im Sinne von § 7 Mediationsgesetz seit dessen Inkrafttreten unterstützt? Wenn ja, welche und in welcher Form; wenn nein, warum nicht? 9. Hat die Landesregierung eine Rechtsverordnung im Sinne der Öffnungsklausel nach Artikel 7 des Gesetzes zur Förderung der Mediation und anderer Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung seit dessen Inkrafttreten diskutiert? Wenn ja, mit welchem Ergebnis; wenn nein, warum nicht? 10. Wie steht die Landesregierung derzeit zu einer entsprechenden Rechtsverordnung oder vergleichbaren Möglichkeiten einer "Mediationskostenhilfe" in Thüringen? Das Thüringer Ministerium für Migration, Justiz und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage namens der Lan desre gierung mit Schreiben vom 16. Dezember 2014 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Die Möglichkeiten der Nutzung von Mediation bestehen in Thüringen gleichermaßen wie in allen übrigen Bundesländern. Mediationsinteressierten Bürgerinnen und Bürgern steht ein breites Angebot zur Verfügung. Zu 2.: Mediation kann in zahlreichen Konfliktsituationen geeignet sein. Die denkbare Spannbreite reicht von den Bereichen Wirtschaft/Unternehmen/Arbeit über Verbraucher bis hin zu Familienkonflikten und Nachbarschaftsstreitigkeiten . Entscheidend ist, dass alle Konfliktparteien daran interessiert sind, eigenverantwortlich eine ihren Bedürfnissen und Vorstellungen entsprechende Lösung zu finden. Ein wesentlicher Erfolgsgrundsatz der Mediation ist die Freiwilligkeit. Zu 3.: Eine landesweite statistische Erfassung von Konfliktsituationen, bei denen die Landesregierung oder eine ihr nachgeordnete Behörde eine Mediation angeregt oder genutzt hat, erfolgt nicht. Entsprechende Informationen können daher nur beispielhaft gegeben werden. Im Geschäftsbereich des Ministeriums für Landwirtschaft, Forsten, Umwelt und Naturschutz gab es ein außergerichtliches Mediationsverfahren in der Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft und ein weiteres Mediationsverfahren in der Lehr- und Versuchsanstalt Gartenbau (LVG). Hierbei ging es jeweils um persönliche Konflikte zwischen zwei Bediensteten. Darüber hinaus gab es im Fall der Erweiterung der Kern- und Pflegezonen des Biosphärenreservats Rhön Konfliktsituationen zwischen Biosphärenreservatsverwaltung und den Betroffenen. Bei diesen Konflikten wurde kein Mediator beauftragt, da gerade die Einbindung externer Moderatoren in den Abstimmungsprozess ein Auslöser für die Konflikte war. Die Region hat im Rahmen der Abstimmungen deutlich gemacht, dass auf externe Berater verzichtet werden solle, die direkten Abstimmungen zwischen Biosphärenreservatsverwaltung und Betroffenen haben Konfliktpotential erheblich reduziert. Sollte sich herausstellen, dass bestimmte Konfliktlagen nicht geklärt werden können, soll der Einsatz eines Mediators voraussichtlich geprüft werden. Im Zuständigkeitsbereich des dem Thüringer Ministerium für Bau, Landesentwicklung und Verkehr nachgeordneten Landesamtes für Bau und Verkehr wurde in der Vergangenheit ein Mediationsverfahren angestrengt . Ziel des Verfahrens war die konstruktive Beilegung eines internen Konflikts zwischen einer Führungskraft und den ihr unterstellten Mitarbeitern, nachdem zuvor geführte Personalgespräche mit Vorgesetzten, Personalrat als auch im Rahmen des betrieblichen Eingliederungsmanagement(BEM)-Verfahrens ergebnislos geblieben waren. 3 Drucksache 6/61Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Zu 4.: Im Geschäftsbereich der Thüringer Staatskanzlei wird vom Chef der Staatskanzlei ein Konfliktbeauftragter bestellt. Der Konfliktbeauftragte hat von Mobbing, Diskriminierung oder sexueller Belästigung betroffene Beschäftigte, sofern sie das wünschen, über die Möglichkeiten zur Bewältigung der Konfliktsituation zu informieren und zu beraten. Im Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport wurde eine Beschwerdestelle eingerichtet. Die Person , die diese Funktion inne hat, ist zur Mediation ausgebildet worden. Im Geschäftsbereich des Thüringer Ministeriums für Umwelt, Energie und Naturschutz gibt es einen Konfliktbeauftragten . Zur Beilegung interner Konflikte wird überwiegend der persönliche und lösungsorientierte Kontakt in Form von Gesprächen gesucht und angeboten. Im Geschäftsbereich des Thüringer Ministeriums für Migration, Justiz und Verbraucherschutz wurde für die Beschäftigten der ordentlichen Gerichtsbarkeit und der Staatsanwaltschaften im Rahmen des Gesundheitsmanagements die Möglichkeit einer Sozialberatung eingerichtet. Diese bietet Beratung sowie Begleitung für Mitarbeiter und Vorgesetzte in schwierigen Lebenssituationen. Unter anderen können auch interne Konflikte aus dem Arbeitsalltag im Rahmen der Sozialberatung bearbeitet werden. Zu 5.: Entsprechende Informationen liegen der Landesregierung nicht vor. Zu 6.: Die Zahl der selbstständigen Mediatorinnen und Mediatoren in Thüringen wird statistisch nicht erhoben. Dies ist bereits deshalb nicht möglich, weil die Bezeichnung "Mediator" in Deutschland nicht geschützt ist. Zu 7.: Im Haushalt des Freistaats Thüringen gab es keinen entsprechenden Haushaltstitel. Etwaige anfallende Kosten wurden im Rahmen anderer Haushaltstitel beglichen (z.B. Kosten für Sachverständige). Zu 8.: Nein; ein entsprechendes Forschungsvorhaben existiert nicht. Zu 9.: Das Kabinett wurde über die praktische Umsetzung des Gesetzes zur Förderung der Mediation und anderer Verfahren der außerordentlichen Konfliktbeilegung informiert. Soweit Artikel 7 des Gesetzes den Landesregierungen per Verordnungsermächtigung die Möglichkeit einräumt, bestimmte Verfahrensgebühren zu ermäßigen oder entfallen zu lassen, wurde davon in Thüringen bislang kein Gebrauch gemacht. Zu 10.: Die Einführung einer "Mediationskostenhilfe" wird für Thüringen derzeit nicht erwogen. Zunächst sollen die Ergebnisse der Gesetzesevaluierung des Bundes und die Praxiserfahrungen anderer Länder abgewartet und ausgewertet werden. Lauinger Minister